Feige, Feigenbaum
englisch: Fig; französisch: Figue, figuier; italienisch: Fico.
Wolfgang Prohaska (1979)
RDK VII, 1010–1056
F. = Feige; Fb. = Feigenbaum; Fbl(l). = Feigenblatt (-blätter).
I. Botanik
Der Fb., Ficus carica L., ein ursprünglich wohl ostmediterranes Maulbeerbaumgewächs, wird als Baum oder Strauch im Mittelmeergebiet, in S-Tirol und Mittelfrankreich kultiviert. Die mittelgroßen, drei- bis siebenlappigen Blätter sind oberseitig borstig rauh, unterseitig heller und behaart. Die F., 5–8 cm l., sind birnenförmige Scheinfrüchte von grüner, brauner oder violetter Farbe; das grüne oder rote Fruchtfleisch birgt die eigentlichen Früchte („Kerne“).
Die kultivierte, zweihäusige Form (die weibl. Pflanze nennt man Kultur-F., die männl. Bocks- oder Geiß-F., Caprificus) bildet jährlich dreimal Blütenstände, bei der Caprificus auch die sog. Gallblüten, sterile Blüten, in denen die zur Bestäubung notwendigen F.wespen nisten. Die Kultur-F. kann also pro Jahr dreimal Frucht tragen; die erste Generation – sog. Vorfeigen, „grossi“ – fällt jedoch in der Mehrzahl vor der Reife ab (Gustav Hegi, Ill. Flora von Mitteleuropa, Bd. 3,1, Mchn. 19572, S. 277ff.; [32] S. 95–103).
Zwischen Fb. und Sykomore (Maulbeerbaumfeige, Ägyptische F.) wird in Beschreibungen manchmal unterschieden; wesentliche Eigenschaften (und ihre Deutungen, s. Sp. 1013ff.) sind wechselweise übertragbar.
II. Allegorische Ausdeutungen der Pflanzeneigenschaften
Die häufige Erwähnung von Fb. und ihrer Teile in der antiken Mythologie und in der Bibel wurde zum Anlaß vielfältiger allegorischer Auslegungen (z. T. setzt sie in der Bibel sogar schon solche Interpretationen voraus). Die antiken Autoren wie die jüdischen und christlichen Exegeten kamen immer wieder auf den in südlichen Ländern allenthalben wachsenden Fb. zu sprechen: die überaus zahlreichen, der Pflanze und ihren Teilen – zu recht oder zu unrecht – zugeschriebenen Eigenschaften waren allbekannt, sich darauf metaphorisch zu beziehen, bot sich daher bei vielen, untereinander grundverschiedenen Gelegenheiten an und verlieh Gedanken und Phänomenen z. T. drastische Anschaulichkeit, vor allem solchen aus dem Bereich des Numinosen und in sexualibus ([37] passim, bes. S. 52–64).
Demgegenüber bleiben – davon sicher auf das nachhaltigste bestimmte – Darstellungen eigentümlich undeutlich. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der Unbestimmbarkeit vieler bildlicher Wiedergaben (was für viele Pflanzen gilt), sondern speziell in der Vielzahl der jeweils möglichen Ausdeutungen von F., Fb. und Fbll.: wo nicht erklärende Beischriften oder dergleichen zu Hilfe kommen, muß es fast immer unentschieden bleiben, welcher Aspekt der allegorischen Deutung gemeint war, gewöhnlich bieten sich auch im Einzelfall recht verschiedene Erklärungsmöglichkeiten (z. B. kann der Maria attributiv zugeordnete Fb. auf gegensätzliche Eigenschaften der Gottesmutter bezogen werden); häufig ist nicht einmal die Zuordnung des Fb. auf einen Bildgegenstand gesichert.
Besonders aus den kodifizierenden Kompendien der Allegorie im 16. und 17. Jh. lassen sich von den Pflanzeneigenschaften ausgehende Motivkomplexe sondern, die z. T. auch bildlich umgesetzt wurden.
1. Häufigkeit. Da „wenigstens in warmen Ländern ... ein Ueberfluß dieser Frucht“ herrscht, ist ihre Geringschätzung sprichwörtlich: „,ich achte es nicht einer F. werth; es gilt keine F.'“ (Joh. Joachim Winckelmann, Versuch einer Allegorie, bes. für die K., Dresden 1766, S. 143; [29] S. 237, vgl. [30] S. 320).
Alessandro Tassoni (1565–1635) ließ sich mit F. in der Hand porträtieren: durch Dienste bei Hof habe er keine Verdienste erzielt, die einer F. wert gewesen wären (Abb. 26; Lorenzo Bassetti, Iconografia Tassoniana, I ritratti del Tassoni, Modena und Mailand 1965, S. 6–10, Taf. 5; J. J. Winckelmann a.a.O.; Joh. Heinr. Dierbach, Flora mythologica, Ffm. 1833, S. 114; [30] S. 320); bei [26] S. 115 als Zeichen der Erinnerung an eine hübsche Obstverkäuferin interpretiert.
2. An trockenen Boden gewöhnt, bringt der Fb. umso schlechtere Früchte, je mehr er bewässert wird [34, Sp. 2125, 2129]. Er bezeichnet deswegen den Undankbaren („Irrigatione deterior“: [24] S. 559 Nr. 163) und Judas („Riget, dum rigatur“: ebd.; zu Judas s. auch Sp. 1045).
3. Das Holz des Fb. vereinigt gute und schlechte Eigenschaften (allgemein zur Verwendung des Holzes: [34] Sp. 2113f., 2142f.).
Wirft man das Holz (vorzüglich des Ägyptischen Fb.) ins Wasser, sinkt es sofort, taucht nach einiger Zeit wieder auf, schwimmt und kann gebraucht werden. Dieser für nützlich (auch für wunderbar) gehaltenen Eigenschaft wurde (im MA vor allem) oft gedacht (Plinius, Nat. hist. XIII, 14,56; Augustinus, De civitate Dei XXI, 5: [13] Bd. 48 S. 765; [1] XVII, 7,17; [2] S. 176, 483; [3] S. 837; vgl. ferner Felix Fabri [2. H. 15. Jh.], Evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem, ed. Konrad Dietrich Hassler \ = Bibl. des Litt. Ver. in Stg., 4], Bd. 3, Stg. 1849, S. 4f.). Fb.holz bezeichnet den schwachen und sündigen Gerechten, der wegen „mundanae prosperitatis vel voluptatis“ untergeht, den aber „inebriatus ... delitijs peccati“ die Gnade Gottes errettet [9, S. 811]. In der Neuzeit wurde der Topos nur mehr selten gebraucht (vgl. [23] S. 1018: „Poenitentia seria“).
In der Regel hielt man das Fb.holz für ziemlich unnütz (Horaz, Satiren I, 8,1–3: „Olim truncus eram ficulnus, inutile lignum“ – angesichts der Alternative, das Holz für eine Sitzgelegenheit oder eine Priapus-Statue zu verwenden, zog der Künstler den Gott vor; über Bacchus- und Priapus-Statuen aus Fb.holz vgl. Sp. 1034). Valeriano beruft sich auf die Horazstelle, um zu erklären, warum man „stupidos et ineptos“ als „ficones“ bezeichne ([15] Bl. 392: „Contemptibilis“). Nur Würmern angenehm, steht Fb.holz für „Vilis res“ und „Homo inutilis“ [23, S. 1018].
4. Der milchig-fette Saft des Fb., der F. und der Fbll. wurde außer in der Medizin [34, Sp. 2116, 2139f.] zur Gerinnung von Milch bzw. zur Käsebereitung verwendet (ebd. Sp. 2113, 2116, 2137f.; [43] Sp. 648f.; [3] S. 837; [7] S. 387).
Das Weiß des Saftes und der „candor virginitatis (Mariae)“ konnten aufeinander bezogen werden ([4] S. 193; Salzer S. 487). Seine koagulierende Wirkung wurde mit der versöhnenden Kraft der Caritas ([9] S. 8:1; [24] S. 560 Nr. 167: „Lac suo lacte condensat“) und dem Blut Christi verglichen, das „discordibus fidelium animis“ Versöhnung gewährt (ebd.). Wie koagulierte Milch durch Zuführen von F.saft wieder verflüssigt werden kann ([7] S. 387; Castor Durante, Herbario nuovo, Rom 1585, S. 186: auf Ägyptische F. bezogen), so löst die Gnade Gottes Verhärtungen der Sünde ([24] S. 560 Nr. 168: „Lac densum lacte resolvit“, mit Verweis auf C. Durante).
5. Auf die Rauheit des Fbl. spielt ein Emblem Alciatis für Gefangenschaft an (die Icon zeigt einen Mann, der einen Aal mit einem Fbl. in der Hand hält: Abb. 15; vgl. Erasmus von Rotterdam, Adagiorum chiliades tres, Venedig 1508, Bl. 53v, weiter Jer. Held, Liber emblematum, Ffm. 1567, Nr. 123; [17] S. 77; [19] S. 292).
6. Die in der Antike bekannte Art der Fortpflanzung des zahmen Fb. durch in der Caprificus hausende F.-Gallwespen, die den Baum bestäuben und zur Fruchtreifung bringen, während die Caprificus nur unreife Früchte hervorbringt [34, Sp. 2112, 2129–33], wurde im MA dem Wind zugeschrieben [3, S. 838]. Das Grundmuster des Topos: die Caprificus vermittelt zahmen Bäumen die Fruchtbarkeit, die sie aus sich selbst nicht besitzt, wird allegorisch ausgedeutet. Der „malus praedicator“ bringt gerade durch seinen Mangel den Guten Nutzen [9, S. 812]. Emblematisch ist die Caprificus Bild derjenigen, die nichts für sich wollen und dadurch die Tugend der anderen zur Reife bringen [20, S. 487f.]. Bei J. Masen steht die Caprificus für den untätigen Neider [23, S. 1014].
7. Die (unrichtige) Vorstellung, der Fb. bringe Früchte ohne vorausgehende Blüten hervor, steht in vielen naturkundlichen Hdbb. (z. B. Plinius, Nat.hist. XVI, 40, 95; [7] S. 386; [8] S. 277) und wird manchmal auch allegorischen Auslegungen vorausgeschickt (z. B. Bernhard von Clairvaux, Sermones in cantica canticorum LX, 1: [12] Bd. 183 Sp. 1066; vgl. auch [2] S. 483.74). In allen Fällen ist der Fb. Bild des Menschen.
Auf dieser Eigenschaft basiert die Fabel vom Fb. und blühenden Dornbusch, die im 14. Jh. im „Speculum sapientiae“ steht (Joh. Georg Theod. Graesse, Die beiden ältesten lat. Fabelbücher des MA, des Bischof Cyrillus' Spec. Sap. ... [= Bibl. des Litt. Ver. in Stg., 148], Tübingen 1880, S. 60; die dt. ill. Hss. und Drucke von A. 15. – M. 16. Jh. bei Jürgen Werinhard Einhorn, Der Bilderschmuck der Hss. und Drucke zu Ulrich von Pottenstein ‚Buch der natürlichen Weisheit', in: Verbum et signum [Fs. Friedr. Ohly], Bd. 1, Mchn. 1975, S. 389–424; Abb. 10). Auch in der Neuzeit ist sie verbreitet: z. B. Joachim Camerarius, Fabulae Aesopi, Nürnberg 1538, Nr. 273 (ohne Paginierung); vgl. weiter [33] S. 111. Sie wird auf Christen gedeutet, „Wölliche on Glantz und Hochfart/ Ire Frücht bringen gůter Art“ (Daniel Holtzman, Spiegel der Natürlichen Weyßhait, durch den alten in Got gelerten Bischof Cyrillum ... beschriben ..., Augsburg [1571], Bl. 181; J. W. Einhorn a.a.O. S. 403 Nr. 23 mit Ill.-Nachweisen).
Eine negative Rolle spielt der Fb. in der Fabel von Lilien und Rosen im „Speculum sapientiae“ (J. G. T. Graesse a.a.O. S. 115f.; zu Ill. vgl. J. W. Einhorn S. 407 Nr. 9); er ist der Jungfrauen verachtende Unkeusche, dem Blumen nachweisen, er blühe nicht „von wegen deiner Begird fast / Die du zu dem Frucht bringen hast“ (D. Holtzmann a.a.O. Bl. 296v).
Den Fb. zum Vorbild nehmend, soll man „les amys par effect/ ... secourir, sans user de promesse“: die Icon des Emblems zeigt einen Mann unter Fb., der einem anderen einen (Geld)beutel reicht (Guillaume de la Perriere, La morosophie, Lyon 1553, Nr. 33; in die gleiche Richtung [Geldtruhe] weist Petrus Costalius, Pegma, Lyon 1555, S. 40, als Icon verwendet er einen fruchttragenden Fb. in Landschaft). Ein fruchttragender Fb. und das Motto „Benefacere nihil pollici tante“ bildeten die Devise des Nicolas Courtoys, eines Buchhändlers in Poitiers (1583–85: Tervarent Bd. 1 S. 181, mit unzutreffender Erklärung). Unter dem Lemma „Mitte non promitte“ konfrontiert J. Camerarius einen fruchttragenden Fb. im Vordergrund mit zwei Weiden im Hintergrund: das wirklich Hervorgebrachte sei dem Versprochenen vorzuziehen ([18 a] Nr. 9; die Vorstellung von der fruchtabwerfenden Weide geht wohl auf Odyssee X, 510 zurück); dieses Lemma auch bei [21] S. 40 und in der „Emblematischen Gemüths-Vergnügung bey betrachtung der curieusten und ergözlichsten Sinnbildern ...“, Augsburg 1693, S. 29 Nr. 8. Fb. und Mandelbaum besagen, es sei nicht gut, in der Jugend „menar buona vita, et in vecchiezza mala“ (Giulio Cesare Capaccio, Gli apologi ... con le dicerie morali ove ... al modo cortegiano L'Humana vita si dipinge, Venedig 1619, S. 34). „Der Unschädliche“ (Carl von Wülcknitz) erhielt 1623 als Eintrittsemblem für die „Fruchtbringende Gesellschaft“ einen Fb. zum Lemma „Fruchtet ohne blüet“ (Abb. 23): der Mensch gleicht dem Fb., dem ohne Blüten (Verdienste) die Frucht (Heil durch Christus) zukommt. Für J. Masen bezeichnet der Fb. „hominem expectatiorum suorum superantem“ ([23] S. 736, ähnlich ebd. S. 1017f.). Das Motiv leicht abwandelnd, vergleicht Picinelli den Fb. mit Maria, bei der ‚flos virginitatis‘ zugleich ‚fructus maternitatis‘ sei ([24] S. 559 Nr. 160: „Flores mei fructus“; vgl. auch [23] S. 355); „Poma pro floribus“ meint Personen, die mehr mit Taten sprechen als mit Worten, ebenso den Prediger „vitae Apostolicae magis, quam Accademicae studiosum“ [24, S. 559 Nr. 160]. Für Karl Philipp Moritz ist der Fb. Bild eines Menschen, der äußerlich nichts verspricht, aber von desto größerem inneren Gehalt und Nutzen ist (Die symbolische Weisheit der Ägypter, Bln. 1793, S. 103; ähnlich [29] S. 237).
Neue botanische Kenntnisse anwendend, bezeichnet Madame de Genlis die F. als Emblem der Bescheidenheit, „puisqu'il (le fruit) cache et couvre les fleurs, parure brillante de tous les autres arbres“ ([26] S. 102f. Anm. 1; in der dt. Ausg. Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. und Würzburg 1813] bemerkt der Bearbeiter K. J. Stang, die F. sei deshalb Sinnbild der Sittsamkeit: vgl. [27] S. 202).
8. Beim Reifen wird die grüne F. schwarz [34, Sp. 2116, 2126]. Allegorisch wird dies auf die Passion Christi bezogen, der „in fine vitae suae temporalis niger et discolor jacuit in sepulcro“ [4, S. 811]. Ebenso bezieht Picinelli die F. auf Christus am Kreuz und im Grab, als er „nigredine ac deplorando livore totus perfusus“ war ([24] S. 560 Nr. 166: „Maturati nigrescunt“, mit Verweis auf [4] und Cornelius a Lapide: [11] Bd. 7 S. 585, „ficus est Christus et Christi crux“; vgl. Sp. 1037).
Hier anzuschließen ist wohl eine Reihe von Passionsdarstellungen, alle im venezianischen Bereich 2. H. 15. Jh. und im 16. Jh. entstanden, auf denen ein (meist fruchttragender) Fb., manchmal kombiniert mit Ölbaum und Epheu, einen hervorragenden Platz einnimmt (vgl. dagegen [36] passim und [42] S. 117 bis 122, Abb. 91–95, ohne Nennung der oben zit. Quellen).
Ölberg: Andrea Mantegna, Gem., 3. V. 15. Jh., London, Nat.Gall. ([47] S. 10, 185, Taf. 25; [42] S. 81ff., Abb. 53). – Beweinung: Marco Basaiti, Gem., wohl 1. V. 16. Jh., Mchn., Bayer. Staatsgem.slgn. (A. Pin. Mchn., Kat. V, Ital. Mal., Mchn. 1975, S. 17, Abb. 32); Giov. Bellini (Werkstatt, Rocco Marconi?), Gem., 1. V. 16. Jh., Venedig, Gall. dell' Accad. ([44] Bd. 1 S. 119 [S. 202], Bd. 2 Abb. S. 506 Nr. 565); Ercole de Roberti und Seb. Filippi d. Ä., Gem., 1. V. 16. Jh., Bologna, Pin. Naz. (Enrico Mauceri, La Regia Pin. di B., Rom 1935, S. 44, Taf. 2; [36] S. 147); Andrea Busati, Gem., um 1510, London, Nat. Gall. (Cat., The Earlier Ital. Schools, London 1951, S. 101 Nr. 3084; Ill., Ital. Schools, London 1937, Taf. 373); Paolo Morando Cavazzola, Gem., 2. Jz. 16. Jh., Verona, Mus. Civ. ([36] S. 150 Abb. 142). – Grablegung: A. Mantegna (Umkreis?), Kupferstich, B. XIII, 228,2, 60er Jahre 15. Jh. [47, S. 243f., Abb. 46]. – Christus in der Vorhölle: Giov. Bellini, Gem., 70er Jahre 15. Jh., Bristol, City Art Gall. ([45] S. 75, Taf. 54 a; [36] S. 147). – Pietà: Giov. Bellini, Gem., 1. Jz. 16. Jh., Venedig, Gall. dell' Accad. ([45] S. 114f., Taf. 97). – Schmerzensmann: Nicoletto Rosex da Modena, Kupferstich, B. XIII, 267,21, zw. 1500–12 (Hind, Ital. Engr. Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann./Liechtenstein 1970] Bd. 5 S. 127 Nr. 61, Bd. 6 Taf. 675); Giov. Bellini, Gem., 1. Jz. 16. Jh., Stockholm, Nat.mus. ([45] S. 113f., Taf. 95 b; [36] S. 147, 158f., Abb. 143).
Auf die Passion spielt möglicherweise auch die F. an, die das Christuskind auf dem Marienbild des Meisters der Habsburger in der Hand hält; auf der Balustrade im Vordergrund liegen zwei Nelken (tirolisch, um 1490: Abb. 12; zur Nelke als Sinnbild der Passion vgl. Ingvar Bergström, Den symboliska nejlikan, Malmö 1958, passim). Die Deutung der sog. Drei Philosophen Giorgiones, damit die des Fb. und *Epheus am Eingang der Höhle, ist immer noch umstritten (Gem., um 1507/8, Wien, Khist.Mus.: vgl. [36]; Ludwig Baldass und Günther Heinz, G., Wien und Mchn. 1964, S. 132f., Taf. 42; [42] S. 100f.; RDK V 862f.; Edgar Wind, G.'s Tempesta. With comments on G.'s poetic allegories, Oxford 1969, S. 4–7, 23–29 [ohne Erwähnung des Fb.]; Giles Robertson, Burl.Mag. 113, 1971, 476); eine christologische Interpretation (Fb. und Epheu als Hinweise auf Tod und Erlösung) kann nicht ausgeschlossen werden. Ob der Fb. über der Moses-Figur auf Tizians Pietà von 1576 (Gem., Venedig, Gall. dell'Accad.: Harold E. Wethey, The Paintings of T., Bd. 1, London 1969, S. 122f. Nr. 86, Taf. 136ff.) in diesen Zusammenhang gehört [42, S. 122, Abb. 95] oder auf die sonst in der Neuzeit bildlich noch nicht faßbare Synagogendeutung des Fb. (vgl. Sp. 1043f.) zurückzuführen ist (zur Ekklesia-Synagogen-Deutung in diesem Bild vgl. RDK IV 1213), bleibe hier unentschieden.
9. Auf den Wohlgeschmack der F. bei unansehnlichem Äußeren ist mit dem Lemma „Dulcorem, non speciem“ verwiesen, wobei Tugend in häßlichem Körper (z. B. bei Äsop, Sokrates, Diogenes oder Aristoteles), auch süßes Unglück gemeint sind; das Lemma „Sub cortice mella“ betrifft religiöses Leben und, mit Hinweis auf Fellkleid und rauhes Leben, Joh. d. T. [24, S. 559f. Nr. 164f.].
Ob letztere Auslegung auf Darstellungen des Hl. mit prominentem Fb., die meisten im venezianischen Bereich um 1500 entstanden, zurückprojiziert werden kann, bleibt fraglich (andere Begründungen bei [36] S. 156 und [42] S. 134f.): vgl. Cima da Conegliano, Sacra Conversazione (Fb. im Pendentif der Kuppel), Gem., um 1490–1500, Venedig, S. Maria dell'Orto (Luigi Coletti, C. da C. [= Saggi e Stud. di Storia dell'Arte, 2], Venedig 1959, S. 78 Nr. 38, Taf. 38); Pellegrino da S. Daniele, Triptychon, Gem., 1501 bis 1502, Cividale, Mus. Archeol. (Anchise Tempestini, Antichità viva 9, Nr. 5, 1970, S. 7, Abb. 10); Jacopo Palma il Vecchio oder R. Marconi, Sacra Conversazione, Gem., 1. Dr. 16. Jh., Venedig, S. Cassiano ([48] S. 110; [42] S. 134f., Abb. 106); Claude Mellan, Joh. Bapt. in der Einöde, Kupferstich, 1629 (André Chastel [Hrsg.], Nicolas Poussin, Paris 1960, Bd. 1, S. 90, Abb. 55).
10. Die mit dem Fb. verbundenen Vorstellungen zum Geschlechtsleben schließen seine seit ältester Zeit betonte Fruchtbarkeit, bes. das mehrmalige Fruchttragen im Jahr, ein (vgl. [30] S. 317; [34] Sp. 2112–16; [37] S. 65ff.; [43] Sp. 654); im MA wurde dies regelmäßig etymologisch ausgemünzt: „Ficus Latine a fecunditate vocatur“ ([1] XVII, 7, 17; [3] S. 837f.; [7] S. 385f., etc; vgl. Abb. 9). Häufig finden sich Angaben, welche der F.arten fruchtbarer sei (daher wohl auch die wichtige Rolle des Unfruchtbaren Fb. in der Bibel zu verstehen, vgl. Sp. 1043).
In allegorischer Ausdeutung kann der Fb. auf „Religio“ oder „Ecclesia“ bezogen werden, die „semper habet fructus, scilicet bonos viros, nam alio pereunte per peccatum, alius oritur per gratiam, et succedit“ [9, S. 805], auch auf Maria, die „in omni virtute et bona operatione“ fruchtbarer sei als alle Hll.; „carnaliter“ Mutter Christi, ist sie durch diesen „(mater) totius populi Christiani“ [4, S. 811]. In der Nachahmung Christi muß jeder, bes. der „praelatus“, fruchtbarst sein in guten Werken [9, S. 811].
In der Emblematik wird diese Eigenschaft z. T. am Indischen Fb. exemplifiziert (s. Sp. 1022). Eine von Torquato Tassos Impresen soll ein Fb. und ein Weinstock gewesen sein, um „ripugnanza di natura“ darzustellen (ohne Motto; einige antike Autoren berichten – vgl. [34] Sp. 2126 –, daß Fb. und Weinstock, nebeneinander gepflanzt, keine Frucht hervorbringen); dem wird von Giov. Ferro widersprochen [21, S. 178]: auf Tasso bezogen müsse das Motto „In faecundiores proximitate“ heißen. Picinelli spielt unter dem Stichwort „Profectus“ auf die seit der Antike dem Fb. zugeschriebene Eigenschaft an, im Alter noch fruchtbarer als in der Jugend zu sein [34, Sp. 2116]: der Hochbetagte bringe „maximam fructuum virtuosorum copiam“ hervor ([24] S. 559 Nr. 162: „Senectute faecundior“). Im 19. Jh. wird stärker betont, daß die vielen Blätter des Fb. „l'emblème de la generation prompte et abondante“ seien ([26] S. 103, [27] S. 202). Der Titel von [28] steht auf einem Schild, der an einem F.zweig mit Früchten hängt (Abb, 30); mit dem Lemma „Prolific“ ist der Wunsch ausgedrückt, das Buch möge „found prolific of general amusement, and thus become productive of public favour“ (ebd. S. 249).
Aus dem Bericht des Plinius über den fruchtreichen Indischen Fb. (Banyan-Baum, Ficus bengalensis L.; Nat. hist. XII, 11, 22f.), dessen ausgebreitete Äste mit Luftwurzeln waldähnlich um den Mutterstamm „in orbem quodam opere topiario“ gruppiert sind (Hirten und Herden finden in seinem Schatten Schutz), wird in MA und Neuzeit z. T. wörtlich zitiert (z. B. [3] S. 838; [5] Sp. 954f.; [6] S. 319: mit irrigem Verweis auf Isidor und der Behauptung, der Schatten sei schädlich; [8] S. 275; [23] S. 1017; zu seiner Bedeutung im orientalischen Bereich: Gg. Friedr. Creuzer, Symbolik und Mythologie der alten Völker, ..., Lpz. und Darmstadt 18373 [Nachdr. Hildesheim und New York 1973], 1. Teil, S. 444–50).
Petrus Berchorius [9, S. 812] vergleicht diesen Fb. mit Christus: seine Blätter sind die Worte, seine Früchte „opera et exempla“, wegen Pietas und Caritas wohltuend und süß; die Zweige bezeichnen die Gläubigen: die nach oben gerichteten sind „fideles ... contemplativi“, die „in sublimibus meditantur“, die zur Erde geneigten diejenigen, deren Trachten „ad ... temporalia“ gerichtet ist, die „activi omnes“, die dennoch Frucht tragen und „circa matrem Christum per charitatem et gratiam“ ausharren, so daß sich andere in ihrem Schatten, d. h. an ihrem Beispiel, erfreuen.
Wiedergaben des Indischen Fb. in Emblemen scheinen angeregt durch Herbarien wie dem des John Gerard (The Herball, London 1597; vgl. [42] S. 161, Abb. 24). Kinderreichtum bedeutet der Baum bei Julius Wilh. Zincgreff (Emblematum ethico-politicorum centuria, Hdbg. 1619, Nr. 95); Darstellungen in diesem Sinn auf zwei Frankfurter Birnkrügen von 1677 und 1681 (Prag, Kgwb.mus., und Ffm., Hist. Mus., bei letzterem zur Verdeutlichung ein junges Paar im Vordergrund: Konrad Hüseler, Dt. Fayencen, Bd. 2, Stg. 1957, S. 209f., 310, Abb. 292; Abb. 25; [42] S. 161 Anm. 81). Für Gottes Wort, aber auch für Irrlehren steht er bei Barth. Hulsius (Emblemata sacra, o. O. 1631, Nr. 6). Das riesige Schattendach des Baumes wird der „Protectio S. Crucis“ verglichen [23, S. 1017]. Auf die Sanftmütigen ist sinnvoller Weise der Indische Fb. in einem engl. Emblembuch bezogen, das die Seligpreisungen nach Mt. 5 durch Bäume verbildlicht (E. M. Ashrea: or, The Grove of Beatitudes, Represented in Emblems ..., London 1665, zit. bei Rosemary Freeman, Engl. Emblem Books, London 19672, S. 199, 202). In Wolfg. Helmhard Frhr. von Hohbergs „Lust- und Arzeney-Garten des kgl. Propheten Davids“ (Regensburg 1675 [Nachdr. Graz 1969 = Instrumenta artium, 8], Nr. 72) meint der Indische Fb. im Anschluß an Ps. 72 (71), 12f., des Fürsten Gerechtigkeit, unter der „die Armen sicher leben“. Auf die Entstehung des riesigen Baumes aus einem einzigen Blatt spielt Picinelli an: mit „Fronde parit sylvam“ wird das schlechte Beispiel verstanden, aus dem schwerwiegendste und unzählige Übel entstehen, eine einzige noch so läßliche Sünde wächst sich schließlich „in densissimam ... lagitiorum sylvam“ aus [24, S. 560f. Nr. 171]; die Beobachtung, daß – im Gegensatz zur Ficus carica – die Früchte aus den Blättern hervorwachsen, wird auf das Verhältnis von Worten zu Taten, vor allem bei „praelati“, bezogen (ebd. S. 561 Nr. 172). In bürgerlicher Verniedlichung zeigt Lorenz Wolfg. Woytt [25, S. 28 Nr. 165 Taf. 14] den ‚Indianischen‘ Fb. in einem „Garten-Gewächß-Kübel“ und meint Picinellis zweite Auslegung („Et folia et fructus, Gantz nah zusamm verbunden“); auf die theol. Moralisation, traditionell auf Christi Worte und Wundertaten bzw. auf den Prediger anspielend, dessen Lehren mit einem exemplarischen Lebenswandel verbunden sein sollten, folgt die „civile“: „Mancher vermeynt eine reine Jungfer zur Kirche geführt zu haben; es ist aber kaum die Hochzeit vorbey, so muß man auch eine Wiege borgen“ (ebd. S. 23f. Nr. 165).
Zur Identifizierung des Erkenntnisbaumes mit dem Indischen Fb. vgl. Sp. 1037 und 1038.
11. Die Süße der Frucht (pars pro toto der Fb. mit Blättern) steht, vielfach mit erotischen Konnotationen ([34] Sp. 2146, 2148; [37] S. 52–67), allgemein für Wohlbefinden, Glück, Annehmlichkeit(en) des Lebens [43, Sp. 650]; dabei sind wohl heidnisch-antike und biblisch-patristische Überlieferungen zusammengeflossen.
Der Fb. bedeutet bei Valeriane [15, Bl. 391v–393v] „Suavitas sublata“, „Genitale“, „Delectatio“ (auch Voluptas, mit Verweis auf 1. Mos. 3,7; vgl. Sp. 1013), „Dulcedo (veritatis)“ (später ebenso auf Güte des Menschen bezogen: Carel van Mander, Het Schilder-Boeck [Wtlegghingh Op den Metamorphosis ...], Haarlem 1604, Bl. 134v, und Joachim von Sandrart, Iconologia deorum ..., Nürnberg 1680, S. 212), weiters „Progressio“ (Fbll. wurden in der Antike als glückbringende Zeichen bei Abreisen aufgehängt; bei [23, S. 704] unter „Iter prosperum“). Um „doux repos acquis par vertu et travail“ in einer Devise auszudrücken, empfiehlt Pierre Dinet [19, S. 289–92] als Icon F.- und Eichenzweige, bei gestörter Ruhe die Kombination des Fb. mit einer „arbre funeste“ (wie Zypresse oder Pinie); allgemein steht der Baum bei ihm („pour toutes sortes de douceurs, et suavitez“; „empereurs anciens“ hätten Medaillen mit Fb. zwischen zwei Gräbern und dem Motto „Foelicitas“ schlagen lassen. Auf Gottes Gnade und glückliche Regierung bezieht sich ein Emblempaar bei W. Helmhard Frhr. von Hohberg (a.a.O. [Sp. 1022f.] Nr. 108; Icones: Fb. als Blumenstück, Fb.mit Bienenstock). Bei Orlandi-Ripa (Bd. 1 S. 292) hält „Carnevale“ in einer Hand den F.zweig, nach Valeriano Zeichen für „dilettazione, e del piacere, che col senso si piglia“. Der ganze Bedeutungskomplex blieb auch im 19. Jh. lebendig (vgl. [26] S. 102f.: „climat meridional“, „volupté“ etc.; [27] S. 202; [29] S. 237; dazu auch [30] S. 317–9).
Möglicherweise ist auf ihn in einer Reihe von (hauptsächlich oberital.) Darstellungen seit E. 15. Jh. angespielt (in der Lit. wird selten auf das Vorkommen des Fb. eingegangen).
Erotisch-sexueller Bereich: Auf Dürers 1494 dat. Federzchg. mit dem Tod des Orpheus (W. 58) beziehen sich der davonlaufende Knabe und das Spruchband in der mittleren Baumkrone auf Orpheus' Päderastie; hinter dem Knaben steht isoliert ein Fb. (vgl. E. Wind, Warburg Journ. 2, 1938–39, 214: Fb. mit Kind als „ludicrous accessory“ bez.; [36] S. 151; [42] S. 140–43, Abb. 113: identifiziert die botanisch nicht bestimmbaren Schlaginstrumente mit F.zweigen und verweist auf antike Kultpraktiken: das Schlagen mit F.zweigen auf die Geschlechtsteile; zuletzt Erika Simon, D. und Mantegna 1494, Anz. d. Germ. Nat.mus. 1971–72, 23f.). A. Mantegna hat um 1497 in dem Gem. „Mars und Venus“ an dem bogenartigen Felsen einen kleinen Fb. plaziert (Paris, Mus. du Louvre: Egon Verheyen, The Paintings in the Studiolo of Isabella d'Este at Mantua, New York 1971, S. 38, Taf. 12 und 19: dort ohne Erwähnung des Fb. die Feststellung, „no aspect of ... sensuality“ sei in den ikonographischen Zusammenhang eingegangen). Giulio Campagnola setzte auf einem Kupferstich (B. XIV, 188, 233, 1. V. 16. Jh.: Hind a.a.O. [Sp. 1019] Bd. 5 S. 203f. Nr. 19, Bd. 6 Taf. 784; [36] S. 151) einen Fb. neben Leda mit dem Schwan. An prominenter Stelle sind – nicht beachtete – Fb. in erotischen Allegorien Paolo Veroneses angebracht (London, Nat.Gall., um 1565: Abb. 19; Cat. The 16th C. Venetian School, London 1959, S. 149ff. Nr. 1318 und 1324; [49] S. 107f. Nr. 109 B–C, Taf. 32f.; zur umstrittenen Deutung zuletzt E. Wind, Pagan Mysteries in the Renss., London 19682, S. 272–75; vgl. ferner „Mars und Venus“ [?], wo die linke obere Ecke hinter der weiblichen Figur ein Fb. einnimmt: um 1580, New York, Metrop. Mus.: [49] S. 121 Nr. 205, Taf. 59; zu einer Deutung E. Wind a.a.O. S. 89f.). Im Hintergrund von Gius. Cesaris Gem. mit dem Überfall eines Satyrs auf eine Nymphe wachsen u. a. Fb. und Weinstock (gegen 1630, Priv.bes.: Ausst.Kat. „Il Cavalier d'Arpino“, Rom 1973, Nr. 60, Taf. 60). Auf einigen Darstellungen der Bathseba im Bad und der Susanna mit den Alten stehen Fb. an hervorragender Stelle. Bathseba: P. Veronese, um 1575–80, Lyon, Mus. des B.-A., und Cornelisz van Haarlem, dat. 1594, Amst., Rijksmus. (Elisabeth Kunoth-Leifels, Über die Darstellungen der ‚B. im Bad', Essen 1962, S. 39f. und 58f., Abb. 31 und 48; [49] S. 116 Nr. 174). – Susanna: Jacopo Tintoretto, um 1560–70 (Khist.Mus. Wien, Kat. der Gem.gal. I, Wien 1960, S. 125 Nr. 689, Taf. 25); P. Veronese, 1580–90, Genua, Slg. Ambrogio Doria ([51] Bd. 2 Taf. 1079; [49] S. 129 Nr. 280b); Cecco del Caravaggio (?), 1. V. 17. Jh., New York, Slg. Wildenstein (Maurizio Marini, Io Michelangelo da Caravaggio, Rom 1974, S. 392 Nr. 43). – Das in Zusammenarbeit von Peter Paul Rubens, Frans Snijders (und Jan Wildens?) um 1614 entstandene Gem., das ein Weib mit Fruchtkorb, einen in diesem ein Paar F. ergreifenden Jäger und erlegtes Wild zeigt (Slg. des Earl of Plymouth), verdankt seinen altüberlieferten Namen „Die F.“ sicherlich erotischer Ausdeutung der Szene (Michael Jaffé, R. and S.: A Fruitful Partnership, Apollo 93, 1971, 184–96, bes. 186, Taf. III). Ob der F.zweig mit Früchten auf einem Gem. mit der büßenden Magdalena des Adrian van der Werff auf die Vergangenheit der Hl. anspielt, bleibe offen (um 1710, Paris, Mus. du Louvre: Knipping [Ed. Nieuwkoop und Leiden 1974] Bd. 1 S. 61f. Abb. 59). – Auf Überfluß (oder Providentia?) mag der Fb. auf einem Deckenfresko P. Veroneses in der Villa Maser/Asolo hindeuten (wohl 1561, Sala del Cane: [49] S. 102f. Nr. 72; zur Deutung vgl. van Marle, Iconographie Bd. 2 S. 178, 181 Abb. 206, und Richard Cocke, Warburg Journ. 35, 1972, 237, Taf. 37 a). – Auf Ruhe und Frieden weist vielleicht der Fb. auf einem Gem. des Girolamo Bassano (1566 bis 1621) mit hegenden Hirten und Vieh in Landschaft (Budapest, Mus. der Bild. Künste: Kat. der Gal. Alter Meister, Budapest 1967, Bd. 1, S. 46 Nr. 119, Bd. 2 Taf. 101; keine Erwähnung des Fb.). – Neben der Faunfamilie auf dem Kupferstich des Meisters IB mit dem Vogel wächst links ein F.bäumchen (A. 16. Jh.: Hind a.a.O. [Sp. 1019] Bd. 5 S. 256 Nr. 6, Bd. 6 Taf. 837).
Hierher gehört ein (vielleicht norddt.) Familienbildnis, um 1730–40 (Städt. Kslgn. Augsburg: Kat. Bd. 2: Dt. Barockgal., Augsburg 1970, S. 145; Abb. 27): die Mutter, umgeben von vier Kindern, vor sich das Bild des offenbar verstorbenen Mannes, sitzt unter einem Weinstock, rechts in einem großen Gefäß ein mächtiger Fb., von dem eine halberwachsene Tochter eine Frucht pflückt. Offensichtlich ist auf das biblische Bild vom friedlichen, gottbehüteten Dasein angespielt (vgl. Sp. 1041); der Kat. der Slg. meint, F. zusammen mit Weintrauben „dürften ... eine Verbindung zum Süden veranschaulichen“.
Auf mehreren Bildnissen Hans Holbeins d. J. sind im Hintergrund F.zweige bzw. Fb. wiedergegeben, deren Deutung noch aussteht (vgl. Paul Ganz, H. H. Die Gem., Köln 1949, S. 211 Nr. 30, Taf. 61, S. 216 Nr. 43ff., Taf. 75, 77f., S. 225 Nr. 69, 71, Taf. 107f.).
12. F. sind vor allem in den Mittelmeerländern seit der Antike ein geschätztes und billiges Nahrungsmittel ([34] Sp. 2120, 2135–7; [31] S. 138f.); bei Valeriano stehen sie für Ernährung schlechthin ([15] Bl. 393: „Alimonia“).
Im MA wird im besonderen immer wieder nacherzählt, daß sie zur Kräftigung von Athleten (manchmal spezifiziert: von Faustkämpfern) bevorzugt wurden, bevor ein Trainer Pythagoras zu diesem Zweck Fleisch einführte (die Gesch. schon in der Antike geläufig: vgl. [34] Sp. 2135; [1] XVII, 7,17; [3] S. 837; [4] S. 811). P. Berchorius vergleicht Athleten mit jenen, die gegen die Sünde kämpfen und durch das Beispiel der Guten in ihrem Tun bestärkt werden [9, S. 811]; unter F. versteht er auch „dulcedinem pietatis, vel ... devotionis“, Stärkung derjenigen, die gegen Laster und „mundanas tribulationes“ kämpfen (ebd.). Nahrhaftigkeit (und Wohlgeschmack) der F. führte zur Deutung der F. als Bild Christi und des Fb. als eines des Kreuzes Christi, das „devotis dat salutiferum nutrimentum“ [10, S. 229].
Essen alte Leute süße F., so verschwinden die Gesichtsrunzeln (Plinius, Nat.hist. XXIII, 63, 120; [1] XVII, 7, 17; [2] S. 176; [3] S. 819, 837; [6] S. 319; [7] S. 386; [8] S. 275). In der allegorischen Ausdeutung sind Greise die in Sünde alt Gewordenen, denen vor Gott ihre ‚rugositas spiritualis' genommen wird ([4] S. 811; vgl. auch [9] S. 805f.).
Im Sanctuale 15 der Con. car. des Ulrich von Lilienfeld (Lilienfeld, N.Ö., Stiftsbibl., Hs. 151, fol. 172v–173, Gregor d. Gr.) sind ein alter und ein junger Mann, die Früchte zum Mund führen, dargestellt: die Süße der spirituellen Frucht glättet dem „inveteratus dierum malorum vitiis“ alle Falten des verformten Gewissens und führt „ad salubrem puritatem conscientie“.
13. Aus dem medizinischen Anwendungsbereich der F. (vgl. [34] Sp. 2138 bis 2142; [43] Sp. 647f.; [5] Sp. 955f.) sei ihr Gebrauch bei Epilepsie erwähnt ([7] S. 388; Hortus sanitatis [Gart der Gesundheit], Mainz 1485, Kap. 191, Bl. 161f.), auf den Matthias Grünewald wohl anspielte, als er den exorzisierenden hl. Cyriacus vom F.laub überdacht wiedergab (um 1509–10, Ffm., Städelsches K.inst.: Abb. 13; [46] S. 87f. Nr. 11; zur Interpretation vgl. [38] S. 141; dagegen [42] S. 130ff., Abb. 102f.).
Der Fb. ist für Hildegard von Bingen Sinnbild der Furcht (H. von B., Naturkunde, übers. und erläutert von Peter Riethe, Salzburg 1959, S. 69; die Frucht ist schädlich für gesunde Menschen, Ehrsucht, Geiz und Wankelmütigkeit sind Folgen ihres Genusses (ebd.).
14 a. Wilde Stiere und Fb. Die Tiere werden zahm durch Anbinden an den wilden Fb. oder durch Bekränzen mit F.laub (Plutarch, Quaestiones convivales VI, 10; Plinius, Nat. hist. XXIII, 64; [43] Sp. 656). Diese seit dem Hoch-MA allegorisch ausgedeutete Vorstellung blieb bis ins 19. Jh. geläufig, obwohl sie schon Albertus Magnus denen zuschob, „qui magicis student“ [7, S. 389].
Bei Richard von St-Laurent [4, S. 811f.] bedeutet der Fb. Christus, durch dessen Beispiel und Reden die Hochmütigen (superbi) und Zornigen (iracundi) demütig werden (schon Alexander Neckam hoffte, der Fb. möge seine Kraft auch Tyrannen und „sodalibus discolia“ erweisen: [2] S. 176). In der Con. car. (Sp. 1027) steht das Motiv mit Verweis auf Isidor [1, XVII, 7, 17] als Typus der Verkündigung an Maria (Abb. 8): der „Fb. (wird) als Maria gedeutet, Christus ... als der Stier (vgl. Tertullian, Adversus Judaeos, Kap. 10: [12] Bd. 2 Sp. 626), dessen Stärke und Tapferkeit infolge der Menschwerdung durch die Jungfrau in Milde verwandelt worden ist“ ([36] S. 153; ähnlich bei Heinr. von Mügeln [† nach 1371], Der tûm, ed. Ulrich Kube, Vier Meistergesänge von H. von M. [= Germanische Stud., H. 112], Bln. 1932, S. 77). Bei P. Berchorius meint der Fb. das Kreuzesholz ([10] S. 229: Christus ist die süßeste Frucht), an das „lasciv(i) homines, et superb(i)“, auch weltliche Herrscher, gebunden sind und, durch seine Kraft gezähmt, das Joch des chr. Glaubens auf sich genommen haben.
Hieroglyphik und Emblematik nahmen sich in verschiedener Sinngebung häufig der Vorstellung an. Für den durch kürzlich erlittenes Ungemach bescheiden Gewordenen steht sie bei Horapollo (Francesco Sbordone, Hori Apollinis Hieroglyphica, Neapel 1940, S. 187 Nr. 77: der F.kranz Antidotum des brünstigen Stiers gegen seine fleischlichen Gelüste; der sexuelle Aspekt schon im MA anklingend: [10] S. 229), ähnlich bei Valeriano ([15] Bl. 383v: Temperantia, mit Holzschnittill. eines brüllenden, laubbekränzten Stiers vor Fb.strunk), bei Nicolaus Caussinus [20, S. 478] und J. Masen [23, S. 1014]. J. Camerarius meint, es sei schwerer, den Trägen zur Tat zu treiben als den Stier durch den Fb. zu zähmen ([18 b] Nr. 26: „Quantum mutatus ab illo“, dazu laubbekränzter Stier unter Fb.). 1597 erscheint das Motiv auf einer Medaille der Akad. in Altdorf mit der Umschrift „Pariunt adversa salutem“ (Nürnberg, Germ. Nat.mus.: Frederik John Stopp, The Emblems of the A. Acad., Medals and Medal Orations 1577 to 1623 [= Publ. of the Modern Humanities Association, Bd. 6], London 1974, S. 152f. Nr. 79); die zugehörige Akad.-Rede führte aus, daß Gegnerschaft, auch Unglück, zügellose Menschen zähmen kann (ebd.). Picinelli bezieht den Fb. auf die Eucharistie, die die Menschen zähmt ([24] S. 560 Nr. 170: „Mansuescere cogit“, mit Verweis auf Thomas von Aquin); im eucharistischen Zyklus an der Sakristeidecke von S. Maria Assunta dei Gesuiti in Venedig stellte Jacopo Palma il Giovane Elia, vom Engel gespeist, unter einem Fb. dar (um 1588–89: Juergen Schulz, Venetian Painted Ceilings of the Renss., Berkeley und Los Angeles 1968, S. 68f. Nr. 10; fraglich bleibt, ob die botanische Spezifizierung des Baumes ikonographisch relevant ist, denn der biblische Ginsterbusch, 1. [3.] Kön. 19,5, wurde häufig durch einen Baum ersetzt: RDK IV 1397f.). Weiters bedeutet der Fb. bei Picinelli den guten Rat, der die Zornerfüllten milde stimmt (Jonathan besänftigt den gegen David ‚wütenden' Saul: [24] S. 560 Nr. 170); an anderer Stelle meint der Concetto, mit ähnlichem Lemma wie bei J. Camerarius („Mutatus ab illo“), Lascivia, die Heroen zur Schwäche verführt (Samson, Hannibal, Milo von Croton: ebd. S. 423 Nr. 637; vgl. auch Sp. 1032), auch milde Erziehung („Suavitate, non vi“: ebd. Nr. 639). Der mariologische Aspekt wird wieder aufgenommen: der wilde Stier ist mit dem Gott des A.T. verglichen, der als „Christus incarnatus“ in der lieblichen F.pflanzung „pietatis, charitatis, amoris, aliarumque virtutum“ gezähmt wurde (ebd. Nr. 638: „Ex atroci mitis“); mit dem gleichen Lemma kann er für Religio stehen, durch die heidnische Volker zivilisiert werden (ebd.).
Im 18. und 19. Jh. hatte die Vorstellung offenbar ihre allegorische Kraft eingebüßt: man spottete darüber (Zedler Bd. 9 Sp. 427) oder verwies auf die „anciens auteurs“ [26, S. 110].
b. Fb. und Krähe (Rabe, Dohle). Die milesische Hetäre Pasiphile wurde mit einem auf hohem Felsen wachsenden Fb. verglichen, an dem „Scharen von Krähen sich laben, gütig nimmt sie bei sich Gäste auf, allen vertraut“ (Πασιφίλη!: Archilochos, fr. 15 D, 7. Jh. vor Chr.: Vinzenz Buchheit, F.symbolik im antiken Epigramm, Rhein. Mus. für Philol. N. F. 103, 1960, bes. 204–7; zur erotischen Bedeutung des Fb. und seiner Teile ebd. S. 200–21). Der Kyniker Krates von Theben (4. Jh.) benutzte das Bild, um Reiche zu kennzeichnen, deren Güter von Schmeichlern und Hetären verzehrt werden (ebd. S. 206: Wortspiel mit ϰόραξ = Rabe und ϰόλαξ = Schmeichler; leicht verändert auch dem Kyniker Diogenes zugeschrieben: Diogenes Laertius, Leben der Philosophen VI, 60).
Bei Alciati ([14] zuerst Venedig 1546, Bl. 7v), J. Held (a.a.O. [Sp. 1016] Nr. 93) und Geffrey Whitney [17, S. 53] ist mit dem Bild des auf Felsen stehenden, von schwarzen Vögeln besetzten Fb. die Verschwendung an Unwürdige bezeichnet („Luxuriosorum opes“). Valeriano ([15] Bl. 393: „Adulationibus deditus“) und Vincenzo Ricci ([22] S. 7: „Adulatione“) verwiesen auf Krates von Theben; bei [23] S. 469 ist die Gesch. Simile für „Dives alit parasitos“.
Ovid (Fasti II, 247–64) erzählt die Gesch. vom Raben, den Apollo aussendet, Wasser in einem Krug von einer Quelle zu holen, der dort einen Fb. mit unreifen Früchten findet, wartet, bis die Früchte reifen, um dann seine verspätete Rückkunft damit zu entschuldigen, daß eine Wasserschlange die Quelle blockiert habe; Apollo ließ den Vogel fortan während der F.reife dürsten ([34] Sp. 2144; vgl. Plinius, Nat. hist. X, 15,32; vgl. auch Aug. Hausrath, Corpus fabularum Aesopicarum, Bd. 1, Teil 1, Lpz. 194c, S. 154f. Nr. 128: der Fuchs verspottet die Dohle, die darauf wartet, daß aus Vorfeigen reife F. werden). Bei J. Camerarius ist die Erzählung zum Sinnbild der Geduld verkürzt: der Weise trägt die ihm geringe Last des Wartens, bis die Früchte zur gewohnten Zeit reif werden („Expecto minores“: Abb. 22).
c. Ein wilder Fb. sprengte den Grabstein des röm. Feldherrn Messala („marmora Messalae findit caprificus“: Martial, Epigramme X, 2; auch Juvenal, Satiren X, 145). Das ursprünglich auf die Vergänglichkeit des Ruhms anspielende Motiv (vgl. auch [43] Sp. 652) findet sich etymologisch gedeutet bei [1] XVII, 7, 18, und bei Hrabanus Maurus (De universo, Buch 6: [12] Bd. 111 Sp. 513): „caprificus appellata eo quod parietes quibus innascitur carpit“.
Möglicherweise ist auf Vergänglichkeit und Überwindung des Heidentums in A. Mantegnas hl. Sebastian in Paris angespielt (um 1470–75, Paris, Mus. du Louvre: Abb. 11; [47] S. 195): aus geborstenem Gemäuer wächst ein fruchttragender Fb. (Joan G. Caldwell, Warburg Journ. 36, 1973, 376; vgl. auch [42] S. 136f.; unbelegt die Deutung bei Maria Lanckorońska, Neithart in Italien, Mchn. 1967, S. 29).
In der Neuzeit taucht das Motiv bei Devisen und in der Emblematik, z. T. mit hist. Anspielung, wieder auf.
In der Imprese des Grafen Nicola da Campobasso, eines Kondottiere im Dienst Karls des Kühnen, wächst ein Fb. durch ein gesimsartiges Mauerstück mit der Aufschrift „M. Messalae“ (Motto: „Ingenua marmora findit caprificus“); Paolo Giovio empfiehlt die Imprese Fürsten: Sie sollen ihre Untertanen, besonders die „nobili e d'importanza“, nicht im Zorn beleidigen: denn wie der Fb. „con lenta violenza“ den Marmor sprengt, werden sich die Untertanen rächen (Dialogo dell'imprese militari et amorose, Lyon 1574 [1. Ausg. Rom 1555], S. 144f.; Abb. 21; ebenso Gabriele Simeoni, Le sententiose imprese ..., Lyon 1560, S. 91, und Batt. Pittoni, Imprese di diversi Principi, Duchi, Signori ..., Ed. Venedig 1566, Nr. 33); Giov. Ferro [21, S. 178] will sie auch für Personen niedrigen Standes angewendet wissen, denen „da grandi“ Unrecht geschehen ist („Et durissima findit“). Die Devise Campobassos ohne die Messala-Aufschrift (und ohne „caprificus“) übernahm J. Camerarius: gefährlich ist es, den Feind gering zu schätzen [18 a, Nr. 22]. Eine Abwandlung des Lemma („Et durissima mollit“: [24] S. 560 Nr. 169) spielt auf die alte Vorstellung an, zähes Fleisch werde beim Kochen durch beigelegte F.zweige oder durch Aufhängen an den Fb. weich (vgl. [34] Sp. 2113; [19] S. 291) und erinnert an die medizinische Anwendung der F. als Purgativum ([34] Sp. 2138–41; [43] Sp. 647f.): damit ist „Libido“ bezeichnet, durch welche biblische und chr. Heroen (David, Salomo, Samson, Märtyrer) zur Sünde und Schwäche verführt wurden. L. W. Woytt ([25] S. 58f. Nr. 341, Taf. 29; ebd. S. 49 Nr. 341) faßt den Motivkomplex zusammen: der „F.-Ast/ auf diesen (den Marmor-Grabstein) wenig paßt“; seine theol. Moralisation nennt wiederum nicht zu unterschätzende Feinde (Schlange-Eva, Dalila-Samson) – auch gering geachtete Sünden haben schon „ins ewige Verderben gestürtzt“; die ‚civile' Moralisation ermahnt die „Schul-Gesellen“, miteinander freundlich umzugehen: man wisse nie, ob nicht der „jetzige Primus von dem dermaligen Infimo seine dereinstige Beförderung erwarten muß“.
d. Cato-Anekdote. Cato (Censorius) habe, um die gefährliche Nähe Karthagos drastisch darzustellen, den röm. Senatoren drei Tage zuvor gepflückte F. vorgewiesen (z. B. Plinius, Nat. hist. XV, 20, 74ff.; vgl. [34] Sp. 2144); diese Geschichte wurde seit Valeriano öfters wiedererzählt [15, Bl. 393], aber erst spät emblematisch verwendet: H. Philipps [28, S. 64] benutzte sie, um ein schlagendes Argument (auch negativ: aufgezwungene Meinung) zu exemplifizieren.
III. Mythologie
Die Verbindung antiker Gottheiten mit Fb. und F. (vgl. J. H. Dierbach a.a.O. [Sp. 1012] S. 112ff.; [30] S. 317–21; [31] S. 137–43; [34] Sp. 2145–50; Pauly-Wissowa Bd. 17 Sp. 851–6) lebt in der Neuzeit hauptsächlich lit. weiter. Motivisch betrifft sie vorzüglich Opferzeremonien oder Ursprungslegenden des Baumes.
1. Den Ackerbaugott *Saturn, Protektor des Goldenen Zeitalters, hielten die Einwohner von Cyrene für den Erfinder des Obstes und des Honigs; opferten sie dem Gott, bekränzten sie sich mit F.laub und F. (Macrobius, Saturnalia I, 7, 25; vgl. Roscher Bd. 4 Sp. 434).
Valeriano [15, Bl. 393v] nahm das Motiv unter „Cyrenensium pietas in Saturnum“ auf. Giov. Batt. Cini berichtet in der „Descrizione dell'Apparato ... per le Nozze dell' Illustrissimo ... Don Francesco de' Medici“, Florenz 1566, dem „Carro ... di Saturno“ sei die Personifikation der „Quiete“ gefolgt, begleitet von zwei schwarz gekleideten cyrenischen Priestern, „coronati di fico e con un ramo per ciascuno del ... fico nell'una mano“ (Vasari-Milanesi Bd. 8 S. 594; Abb. 17; vgl. Ausst.Kat. „Disegni vasariani, Carri trionfali e costumi per la genealogia degli dei [1565]“, Florenz 1966, S. 28f. Katalognr. 11). Jacob Masen führt die Geschichte unter „Gratitudo in beneficos“ an [23, S. 1018]. Anspielungen auf sie sind bis ins 19. Jh. häufig (vgl. [26] S. 100; [29] S. 237; [31] S. 140: hier Saturn als Chronos bezeichnet).
2. Ceres (Demeter) schenkte zum Dank für gastliche Aufnahme dem attischen Heros Phytalos (= Pflanzer) die ἱερὰ συϰῆ, wovon noch die Aufschrift auf seinem Grab Aufschluß gibt (vgl. Josef Murr, Die Pflanzenwelt in der griech. Mythologie, Innsbruck 1890, S. 31; [34] Sp. 2145; Pauly-Wissowa Bd. 20 Sp. 1176).
Von Valeriano im Zusammenhang mit Nahrung zitiert ([15] Bl. 393, vgl. Sp. 1026), wird die Erzählung in Hdbb. der Mythologie und Allegorie öfters erwähnt ([19] S. 289; [29] S. 237; [31] S. 140). Salvator Rosa stellte die Schenkung des Fb. in einer Radierung dar (B. XX, 166,19, datierbar 1662: Abb. 24; Mario Rotili, S. R. Incisore, Neapel 1974, S. 208f. Nr. 94).
3. Das orgiastische Frauenfest der Nonae Caprotinae zu Ehren der Juno (vgl. Pauly-Wissowa Bd. 17 Sp. 849–56, Bd. 20 Sp. 187) wird zurückgeführt auf die Magd Philotis (Tutula, Tutela), die von einem wilden Fb. aus den Streitkräften des belagerten Rom das Zeichen zum Ausbruch gab; die Römer töteten die von den röm. Sklavinnen betrunken gemachten Feinde. Während des Festes kam es zur Opferung von Milch des Fb. (zur Fb.milch im gynäkologischen Bereich und den damit verbundenen Vorstellungen zur Empfängnis vgl. ebd. Bd. 17 Sp. 851, 855; Joh. Jak. Meyer, Trilogie altindischer Mächte und Feste der Vegetation, Zürich und Lpz. 1937, 1. Stück S. 153ff., 3. Stück S. 195f.; [43] Sp. 653f., 669, und Sp. 1038) und zum Schlagen mit F.zweigen (vgl. Sp. 1024).
Daher der Juno zugeordnet ([15] Bl. 383v f.; [21] S. 177), erachtete P. Dinet [19, S. 291] den wilden Fb. als Symbol der Römer für Keuschheit und Tugend. Der Philotis-Geschichte eingedenk, versteht J. Masen Fb. – und Juno – als Zeichen der „Memoria beneficiorum“ ([23] S. 1014; ebd. auch der Trunkenheit der Römer gedacht: „Intemperantia possundat“, wohl für „pessundat“ = richtet zugrunde). Bei [26, S. 105ff.] ist die Erzählung „beau sujet de mélodrame“.
4. Der Fb. war dem Bacchus heilig (Dionysos Sykites, Dionysos Meilichios: [31] S. 138ff.; [34] Sp. 2145f., 2148), „dessen Wesen er durch das Weichliche aller seiner Theile und besonders durch die strotzende Fruchtfülle ... anschaulich zum Ausdruck bringt“ (J.Murr a.a.O. [Sp. 1033) S. 32).
In der Neuzeit haben bildliche Darstellungen von Wein und Epheu die des Fb. in diesem Zusammenhang fast völlig verdrängt. Ebenso ist der Fb. kaum mehr mit dem „stark sinnliche(n)“, mit Bacchus in engster Verbindung stehenden Priapus [34, Sp. 2148] dargestellt worden (vgl. Hans Herter, De Priapo, Giessen 1932, S. 72f., 120, 145, 164f., mit Nachweis antiker Darstellungen). In Mythographien, Ikonologien etc. jedoch wurde häufig auf diese Verbindung hingewiesen.
Bacchusstatuen wurden in Erinnerung an die vom Gott geliebte Nymphe Syke mit Fbll. bekränzt (Vincenzo Cartari, Imagines deorum, Ed. Lyon 1581, S. 287; Heinrich Schaevius, Mythologia deorum et heroum, Stettin 1700, S. 114). Darauf spielt die Darstellung auf dem von G. B. Cini geschilderten Bacchuswagen im ‚Apparat‘ zur Hochzeit des Francesco de' Medici an, wo „la bella Sica, ... che una ghirlanda ed un ramo di fico in capo ed in mano aveva“, neben dem Wagen ging (Vasari-Milanesi Bd. 8 S. 612; zur Pinselzchg. der Vasariwerkstatt – Abb. 18 vgl. Ausst.Kat. „Disegni vasariani ...“ [Sp. 1032] S. 75f. Nr. 79).
Das Holz des Fb. wurde zu Statuen des Bacchus ([15] Bl. 392; vgl. Athenaeus, Deipnosophistae 3,78 c) und des Priapus (vgl. Sp. 1013) verarbeitet und zur Anfertigung von Phalli benutzt, die man während der Bacchanale um den Hals oder in Körben trug (V. Cartari a.a.O. [Sp. 1034] S. 295, mit Abb. der Phalli; vgl. auch F. Creuzer a.a.O. [Sp. 1021f.] Bd. 4 S. 93). Darauf Bezug genommen ist in einer Zchg. nach N. Poussin (Paris, Mus. du Louvre, R. F. 1163: Walter Friedländer und Anthony Blunt, The Drawings of N. P., Bd. 5, London 1974, S. 114 Nr. A 182, Taf. 32:0). An Darstellungen von Bacchanalen aus dem 15.–18. Jh. ließ sich eindeutig sonst keine Wiedergabe der F. oder des Fb. nachweisen.
5. Bei Adam Breysig [29, S. 237] ist der Fb. *Harpokrates, dem Gott der Verschwiegenheit, zugeordnet, „weil seine Blätter zungenförmig (?)“ sind (Quellen dafür waren nicht beizubringen).
Aus demselben, von Breysig für den Fb. angegebenen Grund hat der Gott sonst in der Regel einen Pfirsichbaum als Attribut (Ripa 1603 S. 454; vgl. zuletzt Gisela Tick, Wallr.-Rich.-Jb. 37, 1975, 215–46, bes. 232–35). Vielleicht gehört auch Goethes den F. unterlegte Frage: „Feigen – Kannst du schweigen?“ (vgl. [27] S. 202) und der Spruch: „Feigen – Dein Joch ist mir lästig, ich will's nicht verschweigen“ in der „Blumensprache des Harem“ (ebd.) in diesen Vorstellungsbereich.
IV. Monatsdarstellungen
In ma. Monatsdarstellungen wird die F.ernte als Beschäftigung im August geschildert oder auf sie durch die Wiedergabe eines Fb. hingewiesen (Beispiele vor allem in der Toskana, vgl. Abb. 6 und die Zusammenstellung bei Hans von der Gabelentz, Ma. Plastik in Venedig, Lpz. 1903, S. 181f.).
V. Bibel
Die seit den Kirchenvätern vorgenommenen Auslegungen der den Fb. und seine Teile betreffenden Bibelstellen [35, S. 103f.] wurden in der 2. H. 16. Jh. von Hieronymus Lauretus zusammengefaßt und systematisiert ([16] S. 435f.; vgl. auch Jean Bapt. Pitra, Spicilegium Solesmense, Bd. 2, Paris 1855, S. 371ff., und [43] Sp. 668–77). Zusätzlich zu benutzen sind die dem Text folgenden, durch Register aufgeschlüsselten Bibelkommentare des Cornelius a Lapide [11].
A. A.T.
In 1. Mos. 2, 9 und 3, 7 ist, neben dem Baum des Lebens und dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, indirekt auch der Fb. genannt; aus seinen Blättern fertigten sich die Protoplasten nach dem Sündenfall Schurze.
1. Die Gleichsetzung des Baums der Erkenntnis mit dem Fb. (zu anderen Identifizierungen vgl. Ginzberg Bd. 5 S. 97f. Anm. 70; [40]; [43] Sp. 660) ist zuerst in der jüdischen pseudepigraphischen Lit. nachzuweisen.
Ein Passus in dem um die Zeitenwende entstandenen Buch der Jubiläen (3,20–22: Kautzsch Bd. 2 S. 45) legt die Identität nahe, die dann in der 2. H. 2. Jh. in der sog. Apokalypse Mosis ausgesprochen ist (20f.: ebd. S. 522; hierzu [40] S. 162–66, 169, 173f.; [43] Sp. 659f.). Eindeutig im chr. Bereich ist sie literarisch erst im 5. Jh. faßbar [40, S. 173f. Anm. 71], im Osten häufiger (vgl. ebd. S. 166 Anm. 39, 173; [43] Sp. 668f.) als im Westen (etwa bei Evagrius; [40] S. 174 Anm. 71). Die botanische Spezifizierung des Erkenntnisbaumes als Fb., exegetisch und theologisch für unwichtig gehalten (ebd. S. 166, 183ff.), findet sich wohl deswegen so selten, weil der verbreiteten sexuellen Konnotationen des Fb. wegen (vgl. Sp. 1024) Bedenken gegen die von den Gnostikern propagierte sexuelle Auffassung des Sündenfalls bestanden [43, Sp. 666f.].
Die Fb.tradition scheint auch im MA exegetisch keine Rolle gespielt zu haben (anders – ohne Quellenbelege – [42] S. 25; s. Kreuz Christi; inzwischen mit reichen Lit.angaben Gerhart B. Ladner, Vegetation Symbolism and the Concept of Renss., in: De artibus opuscula XL, Essays in Honor of Erwin Panofsky, New York 1961, bes. S. 308–17).
Valeriano setzt implizit den Fb. als Baum der Erkenntnis voraus, wenn er meint, „huius generis (fici)
fuisse praedicant Adami pomum“ ([15] Bl. 392v; sein Argument geht jedoch auf die Fbll. der Protoplasten). Joh. Molanus, De historia SS. imaginum et picturarum, Löwen 1570 (ed. Joh. Natalis Paquot, Löwen 1771, S. 90f.), zitiert griech. Väter und bestätigt die Gleichgültigkeit der Baumwahl. Cornelius a Lapide meint zwar „in hac re nihil certo assen potest“ (Commentaria in Genesim: [11] Bd. I S. 88); doch an anderer Stelle (Commentaria in canticum canticorum: ebd. Bd. 7 S. 585) deutet er den Fb. auf Christus und Christi Kreuz, weil der Fb. (= Baum der Erkenntnis) als Kreuzmaterie „mortem dederat inobedienti Adae illiusque posteris, vitam daret obedienti Christo et christianis“, und zitiert (nicht belegbar) hierzu den Orientreisebericht des Pierre Belon (Observations de plusieurs singularitez et choses mémorables trouvées en Grèce, Judée, ..., Buch 2, Kap. 88, Paris 1553), der festgestellt haben soll, „materiam crucis Christi fuisse ficum“ (so auch [11] Bd. 15 S. 467; vgl. aber für das MA Sp. 1028).
Für John Milton, Paradise Lost IX, Vers 1099 bis 1114, ist der Erkenntnisbaum und der Baum, aus dem die Ureltern Schurze flochten, der Indische Fb. (vgl. Sp. 1038; zu Miltons Quellen vgl. [42] S. 48).
Darstellungen des Fb. als Erkenntnisbaum kommen seit frühchr. Zeit vor, es sind jedoch – bis ins 19. Jh. – stets auch andere Bäume wiedergegeben worden.
Zu frühchr. Beisp., meist auf Sarkophagen, vgl. Sigrid Esche, Sündenfall und Erlösung, Ddf. 1957, S. 26f.; [43] Sp. 681f.; [42] S. 25, Abb. 3f.; gegen oft leichtfertig vorgenommene Identifizierungen vgl. [40] S. 158–61.
Ma. Darstellungen des Erkenntnisbaums sind aus stilistischen Gründen kaum botanisch zu bestimmen; von seltenen Ausnahmen abgesehen, vermag einzig die Beschriftung hierüber Auskunft zu geben. – In der Sündenfallminiatur des sog. Cod. Vigilanus, 976 voll., stehen die Ureltern unter „lignum fici“: Abb. 1. Vom 13.–15. Jh. finden sich in Italien vereinzelt eindeutig als Fb. identifizierbare Wiedergaben des Erkenntnisbaums (die bei [42] S. 38ff., Abb. 10–14, 16, genannten Belege vor dem 13. Jh. sind wohl auszuschließen): spätere Beisp. ebd. S. 29f., 39–41, Abb. 5, 15, 17f.; Masolino da Panicale, Fresko, Florenz, S. M. del Carmine, Capp. Brancacci, um 1425 (Bernard Berenson, Ital. Pictures of the Renss., Florentine School, Bd. 1, London 1963, Abb. 560); Francesco di Giorgio Martini, Federzchg., London, Priv.bes., 4. V. 15. Jh. (Ausst.Kat. „Drawings by Old Masters“, London, Royal Acad. of Arts, 1953, Nr. 10, Taf. 7).
Vom 16. Jh. an ist der Erkenntnisbaum oft als Fb. dargestellt worden, auch im Norden, wo Mischformen (etwa ein Baum mit Fbll. und Äpfeln) häufig sind. Beispiele bei [42] Abb. 8, 19ff., 74f., und Theodor Ehrenstein, Das A.T. in der Graphik, 1. Lfg., Wien 1936, S. 22f. Nr. 17–19, S. 33f. Nr. 45f. und 49, S. 38 Nr. 55 u. ö. Das „Malerhandbuch des Malermönchs Dionysios vom Berge Athos“ (Ed. Mchn. 1960, S. 46 Nr. 78) schreibt vor, der Erkenntnisbaum solle ein großer Baum sein, „wie ein Fb. mit Frucht“. Erwähnenswert die Kupferstichill. zu Gen. 3,7 bei Joh. Jacob Scheuchzer, Kupfer-Bibel, in welcher die Physica sacra, ... erklärt ..., Bd. 1, Augsburg und Ulm 1731, S. 30f.: Darstellung des Sündenfalls mit Fb. als Erkenntnisbaum, gerahmt von Fbll., am oberen Rand zwei F. mit Blättern, am unteren zwei aufgeschnittene F. (Abb. 28). Auf einem der Aquarelle zu Miltons „Paradise Lost“ (s. Sp. 1037) illustriert William Blake den Sündenfall mit einem phantastisch verformten Indischen Fb. (1808, Boston, Mus. of Fine Arts: A. Blunt, The Art of W. B., London 1959, S. 74f.; [42] S. 47ff., Abb. 23); die Milton'sche Vorstellung vom Indischen Fb. als Erkenntnisbaum setzte Blake auf dem Titelblatt zu „The first Book of Urizon“, London 1794, zum „Tree (root) of Mystery“ um (vgl. Kathleen Raine, B. and Tradition, Bd. 2, London 1969, S. 35f., S. 64 Abb. 145, zum Text Geoffrey Keynes, The Complete Writings of W. B., London und New York 1957, S. 321.28 bis 39).
2. Fbll. von Adam und Eva. Sie galten als Sinnbild des Schmerzes, der der Lust folgt, der Libido (= der durch die rauhen Fbll. verursachte Juckreiz, Vergleich zwischen dem milchigen Saft der Fbll. [vgl. auch Sp. 1033] und dem Samen), des Trieblebens (= Fbll.kleid des Menschen) und der Bitterkeit der Sünde, ihre Verwendung diente zur Selbstbestrafung und Bändigung des fleischlichen Triebes (Nachweise bei [43] Sp. 669f., vgl. auch Hugo Koch, Tertullianisches IV, 8, Die Fbll. der Stammeltern bei Irenäus und bei Tertullian und die Nachwirkung ihrer Erklärungen, Theol. Stud. und Kritiken 105, 1933, 39–50); ferner bezeichnen sie rauhes Leben und die Ausflüchte, mit denen die Sünder sich entschuldigen [43, Sp. 669f.].
Darstellungen von Adam und Eva, die ihre Scham mit Fbll. – oder Blättern anderer Gewächse (selbst in sexuell so akzentuierten Wiedergaben wie denen Jan Gossaerts) – bedecken, sind zahllos. Attribut der zu Füßen der (thronenden) Muttergottes liegenden Eva sind sie (z. T. mit Früchten) in mittelital. Darstellungen des 14. und 15. Jh. (vgl. Gertrude Coor, Niederdt. Beitr. zur Kg. 2, 1962, bes. 154–58; Ernst Guldan, Eva und Maria, Graz und Köln 1966, S. 129, 135, 215f., 218f., Abb. 142f., 146–51; [42] S. 106–09, Abb. 78–82; RDK VI 435f.; vgl. die liegende Eva mit Fbll. ohne Maria auf der Paradiesestür des Florentiner Dombaptisteriums, Lor. Ghiberti, 1452 voll.: Rich. Krautheimer, L. G., Princeton, N. J. 1956, Taf. 122 a).
3. Die Jotham-Fabel (Ri. 9, 8–15; vgl. [33] S. 10–13) vom Wettstreit der Bäume um die Königswürde und der Wahl des schlechtesten (des Dornbusches; der Fb. lehnt ab, da er seine Süßigkeit nicht verlieren will), die auch im Äsopischen Fabelkreis vorkommt (A. Hausrath a.a.O. [Sp. 1030] S. 104 Nr. 293; im MA wiedererzählt: Léopold Hervieux, Les fabulistes latins, Bd. 4, Paris 1896 [Nachdr. Hildesheim und New York 1970], S. 319f., 335), ist seit patristischer Zeit ausgelegt worden [43, Sp. 661, 674].
Im MA verstand man sie als Beispiel für die Würdigen, die ein ihnen angebotenes Amt fliehen, während die Unwürdigen es sich anmaßen; der Fb. ist Bild des heiligen Gesetzes (Petrus Damianus † 1072, Contra cleros aulicos, ut ad dignitates provehantur: [12] Bd. 145 Sp. 469ff., 1086). Ähnlich in der Bible moralisée, vgl. [50] Bd. 1 Taf. 111, sowie Reiner Haussherr, Bible moralisée, Faks.-Ausg. ... des Cod. Vindobonensis 2554 der Österr. Nat.bibl. [= Codd. selecti ..., Bd. 40 und 40*], Graz und Paris 1973, Bd. 40 S. 73, Bd. 40* S. 54.
Das F.pflaster, das dem kranken Hiskia aufgelegt wurde (2. [4.] Kön. 20, 7 und Jes. 38, 21), war den Vätern Sinnbild für geistiges Leben, auch für den Hl. Geist [43, Sp. 670, 675].
Auf einem Fresko im Kapitelsaal des ehem. Benediktiner-Klosters Brauweiler bei Köln (3. V. 12. Jh.: Otto Demus, Roman. Wandmal., Mchn. 1968, S. 184f. Schema Feld 10; vgl. Jb. der rhein. Dpfl. 23, 1960, 60f., Abb. 77 [um 1149]) ist die Szene – dem Programm des Zyklus nach Hebr. 11,33–39 folgend – zusammen mit den Siegen Sauls über die Ammoniter und Samsons über die Philister sowie dem Martyrium des hl. Aemilianus dargestellt. Die Bible moralisée deutet Hiskia als Sünder, die Wunde als Sünde, die durch Auflegen des Pflasters = Buße geheilt wird. Das Bild zeigt einen Geistlichen, der einen Tonsurierten mit einer Rute züchtigt (Toledo, Archiv der Kath., sog. Biblia de San Luis, Bd. 2 fol. 120: Fot. MAS, Barcelona, Nr. C 79579; vgl. auch [50] Bd. 2 Taf. 344).
Zu den am häufigsten ausgelegten Bibelstellen gehört Hohes Lied 2, 13: „Ficus protulit grossos suos“.
Der Fb. wird dabei als Bild der Kirche wie der Synagoge verstanden. Im ersten Falle bezeichnen die Vorfrüchte die Ankündigung künftiger Herrlichkeit (Gregor von Nyssa, vgl. [43] Sp. 675), die Apostel (Alanus ab Insulis, Liber in distinctionibus dictionum ...: [12] Bd. 210 Sp. 790) oder die Märtyrer (Ps.-Hrabanus Maurus, Allegoriae in universam sacram scripturam: ebd. Bd. 112 Sp. 926). Vom Vergleich der ficus mit der Synagoge ausgehend (vgl. Sp. 1043f.), wird der Fb. hier zum Bild der Juden; er bringt die Vorfrüchte, das sind diejenigen, die auch nach der Predigt der Apostel mehr dem Gesetz sich zuneigen als dem Evangelium, aber auch die reifen Früchte, die Apostel (Honorius Augustodunensis, Expositio in Cantica Canticorum: ebd. Bd. 172 Sp. 392) oder die Lehre (Alanus ab Insulis, Elucidatio in Cantica Canticorum: ebd. Bd. 210 Sp. 70; vgl. auch Cassiodor, Expositio in Cantica Canticorum: ebd. Bd. 70 Sp. 1065). In Darstellungen der Bible moralisée sind die Vorfrüchte mit den Tiere opfernden Juden verglichen worden (Abb. 5 a; vgl. [50] Bd. 2 Taf. 299).
Für die Gleichsetzung des Jessebaumes (Jes. 11,1) mit dem Fb. ließen sich keine Quellen beibringen (vgl. aber [36] S. 152–55; dagegen [42] S. 111ff.).
Nur in einer Darstellung war der Jesse entspringende Baum eindeutig als Fb. zu identifizieren: Predella des Sippenaltares von Sebastian Schei, 1517, Innsbruck, Tiroler Landesmus. Ferdinandeum: ebd. S. 112, 174 Anm. 116, Abb. 85.
Die Vision (Jer. 24) von den beiden Körben mit je guten und schlechten F. wird seit den Vätern auf Evangelium und Gesetz, Kirche und Synagoge, Gläubige und Ungläubige gedeutet ([43] Sp. 675, auch Petrus Damianus a.a.O. [Sp. 1039]).
In der Bible moralisée sind ihr Kreuzigung und Grablegung Christi gegenübergestellt: die Juden, die „crucifige“ riefen, sind die schlechten, Nikodemus und Joseph von Arimathia die guten F. (Toledo a.a.O. Bd. 2 fol. 145: Fot. MAS, Barcelona, Nr. C 79604; vgl. [50] Bd. 2 Taf. 369).
An der W-Fassade der Kath. von Amiens, 1220–35, wurden an der Sockelzone u. a. drei endzeitliche Prophetien in Reliefs verbildlicht (vgl. Adolf Katzenellenbogen, The Prophets on the West Façade of the Cath. at A., Gaz. des B.-A. 40, 1952, 241–60).
Das Relief unter der Statue des Joel zeigt einen Mann zwischen zwei kahlen Bäumen, wohl dem verwüsteten Weinstock und dem entrindeten Fb. nach Joel 1,7 (Abb. 4 a; Georges Durand, Monographie de l'église N.-D. Cath. d'A., Bd. 1, Amiens und Paris 1901, S. 351, Taf. 32, 18 B); der Fb. ohne Rinde wurde u. a. als Sinnbild der Überheblichkeit und der „mens humana“ gedeutet ([43] Sp. 676; Ps.-Hrabanus Maurus a.a.O. [Sp. 1040]). Unter Micha ist die häufig gebrauchte Metapher des friedvollen, gottbehüteten Sitzens unter Weinstock und Fb. (Mich. 4,4) dargestellt, hier auf das künftige Friedensreich Gottes bezogen (Abb. 4b; G. Durand a.a.O. S. 357, Taf. 33, 22). Das Relief unter Nahum zeigt, Nahum 3,12 entsprechend, rechts einen Mann beim Schütteln eines Fb. (= Bild für die festen Städte, nach Hieronymus des verderbten Ninive, der Verderbnis der Welt vor dem Jüngsten Gericht: [13] Bd. 76 A Sp. 564, 566), drei Männern links fallen die F. in den Mund (Abb. 4 c; G. Durand a.a.O. S. 359, Taf. 34, 23 B; [52] S. 146f., Taf. 173). Für B. Hulsius ist die Nahum-Stelle Bild für den erfolgreichen Gustav II. Adolf von Schweden, dem „veel Steeden en veel Landen, / Als rijpe Vyghen“ in den Mund fallen: die Icon zeigt in weiter Landschaft den knienden König unter dem Fb. (Den Onderganck des Roomschen Arents door den Noordschen Leeuw ..., Amst. 1642, S. 30f.).
Der Fb. im Weinstock-Fb.-Bild Sacharja 3, 10 bezeichnet die Süßigkeit des Hl. Geistes (vgl. die Sacharja-Kommentare des Hieronymus: [13] Bd. 76 A S. 776f., des Ps.-Haymo von Halberstadt, 9. Jh.: [12] Bd. 117 Sp. 232 und des Rupert von Deutz: ebd. Bd. 168 Sp. 726).
In dieser Bedeutung war er wohl auch im Hortus Deliciarum dargestellt (ehem. Straßburg, Stadtbibl., fol. 65, Sacharja-Vision: Straub-Keller Bd. 1, 2. Suppl.text S. 2f., Bd. 2 Taf. 21ter; Gérard Cames, Allégories et symboles dans l'Hortus Deliciarum, Leiden 1971, S. 33).
Die Darstellung des Sacharja zwischen zwei Bäumen auf einem der Holzkapitelle eines Ambo (2. H. 12. Jh., aus Salerno?, London, Vict. Alb. Mus.: Margaret Langhurst, Quatre colonnes avec chapiteaux sculptés du XIIe s., Cah. d'art 5, 1930, 85–90, Abb. S. 88, 4 b) mag sich auf Sach. 3,10 beziehen (Sigfried Heinr. Steinberg, A portrait of Constance of Sicily, Warburg Journ. 1, 1937–38, 250f.).
B. N.T.
1. Die im A.T. seltene Deutung des Fb. auf das Volk Israel (vgl. C. H. Bird, Journ. of Theol. Stud. N. Ser. 4, 1953, 177; dagegen J. W. Wenham, The Fig Tree in the Old Testament, ebd. 5, 1954, 206f.) taucht im N.T. wieder auf (die Verfluchung des unfruchtbaren Fb. [Mt. 21,18 bis 22, Mk. 11,12–14] ist „wohl von Anfang an“ auf das unfruchtbare Israel gemünzt: Claus-Hunno Hunzinger, in: Theol. Wb. zum N.T., Bd. 7, Stg. 1964, S. 756f.). In der Exegese wurde die Synagogendeutung des Fb. vorherrschend aufgenommen.
Häufig ist sie mit der des Gleichnisses vom unfruchtbaren Fb. (Lk. 13,6–9) verknüpft (vgl. [43] Sp. 673f.; Belege im MA: Hélène Toubert, Une fresque de San Pedro de Sorpe Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.] et le thème iconographique de l'Arbor bona-Ecclesia, Arbor mala-Synagoga, Cah. arch. 19, 1969, 177 Anm. 24f., und bei Hans-Jörg Spitz, Die Metaphorik des geistigen Schriftsinns [= Münstersche MA-Schr., Bd. 12], Mchn. 1972, S. 95f.; zusätzlich Hugo von St. Victor, Allegoriae in Novum Testamentum, Buch 4, Kap. 16: [12] Bd. 175 Sp. 817f.; Alanus ab Insulis lib. dist. [Sp. 1040]; Pictor in carmine, Cambridge, Corp. Christi College, Ms. 300, fol. 49).
Auf die Synagogendeutung der Verfluchungs-Perikope zu beziehen sind die Darstellungen von Henoch und Elia und zweier Bäume – „Lignum“, „Ficus“ – auf einem 1098 dat. Fußbodenmosaik in Cruas, Ardèche (Abb. 2; zur Erklärung s. Remigius von Auxerre: [12] Bd. 131 Sp. 869; unzutreffend Jean Vallery-Radot, Note sur deux mosaïques de pavement romanes ..., Genava N. Ser. 11, 1963, 177ff.), und dem Generationenbaum im „Liber figurarum“ des Joachim von Fiore (Stammbaum Christi, Genealogie von Hosea bis Christus: Hss. bei Marjorie Reeves und Beatrice Hirsch-Reich, The Figurae of Joachim of Fiore [= Oxford-Warburg Stud.], Oxford 1972, S. [XXII] Nr. 5, Taf. 12; Text bei Leone Tondelli, Il libro delle figure dell' abbate Gioacchino da Fiore, Bd. 1, Turin 1940, S. 42f.; vgl. auch [42] S. 149–53 Abb. 116f.).
Im „Liber floridus“ des Lambert von St-Omer ist eine Paraphrase von Lk. 13,6–9 dem Lasterbaum beigeschrieben (Abb. 3). Er ist als Fb. gekennzeichnet („[folia] ficulnea“) und als Bild der Synagoge (= arbor mala) ausgegeben. Des weiteren wird hier u. a. der Gleichnisse vom guten und schlechten Baum gedacht (Mt. 7,17–20 und 12,33, Lk. 6,43f.); die in den Baumstamm gehauenen Äxte sind auf Mt. 3,10 und Lk. 3,1 zu beziehen. Diese und andere in den Beischriften zitierte Texte haben nichts mit dem Fb. zu tun. Weitere entsprechend eindeutige Belege für die Identifizierung der „arbor mala“ mit dem Fb. waren nicht zu ermitteln (vgl. aber [41] S. 47f.; [42] S. 153f.; H. Taubert a.a.O. [Sp. 1043] und Lex. der chr. Ikonographie, Bd. 2, Rom, Freiburg i. Br., Basel und Wien 1970, Sp. 23).
In die Synagogendeutung des Fb. wurde in weiterem Sinne auch der Bericht über die Berufung des Nathanael einbezogen (Joh. 1,45–51): Nathanael sitzt unter dem Fb. = „sub umbra legis“ (Ps.-Hrabanus Maurus a.a.O. [Sp. 1040]). Seit papistischer Zeit ist der Nathanael bedeckende Fb. u. a. den die Scham der Ureltern bedeckenden Fbll. verglichen worden (vgl. [43] Sp. 676, dazu Beda Venerabilis, In Genesim: [13] Bd. 118 A S. 62f., Pictor in Carmine a.a.O. fol. 29v, Albertus Magnus, In Evangelium secundum Ioh.: ders., Opera omnia ed. Aug. Borgnet, Bd. 24, Paris 1899, S. 83).
Im typologischen Programm eines Chorfensters der Kath. von Canterbury (um 1200: Bernard Rackham, The Ancient Glass of C. Cath., London 1949, S. 63, Farbtaf. VI a) war die Berufung des Nathanael der Darstellung der Fbll. pflückenden Ureltern gegenübergestellt, ferner dem Volk Israel: „Lex tegit hanc plebem quasi ficus natanaelem“ (M. R. James, The twelve theol. Windows of C. Cath., Publ. of the Cambridge Antiquarian Soc. 8. Ser. 38, 1901, 16; ders., Pictor in carmine, Archaeologia 94, 1951, 149). In der Bible moralisée (Abb. 5 b; vgl. [50] Bd. 3 Taf. 490) sind der Nathanael-Szene links opfernde Juden zugeordnet, die „sub umbra legis peccata per opera legis“ verbergen, während rechts Adam „post peccatum follis ficus pudenda sua“ bedeckt.
2. Außerhalb der Synagogendeutung von Lk. 13,6–9 steht Conc. car., Temporale 148 (a.a.O. [Sp. 1027] fol. 146vf: Tietze, Bilderkreise, S. 87 Nr. 148; RDK III 851f.): der Herr gewährt Klerikern, die dies nur dem Namen nach sind (= Fb.), Aufschub zur Buße.
C. Legenden zum Neuen Testament
Seit E. 14. Jh. ist auf einigen Darstellungen der (Ruhe auf der) Flucht nach Ägypten ein Fb. (statt der Dattelpalme) wiedergegeben (Beisp. bei [42] S. 101f., Abb. 72f.; vgl. [43] Sp. 678; die ebd. genannte Madonna della Scodella des Correggio, Parma, Gall.Naz., ist wohl auszunehmen); vgl. noch den Weihnachtskrippenprospekt des Georg Haller in Innsbruck (1824: Tiroler Volkskde.mus., Führer durch die Krippenabteilung, Innsbruck 19723, S. 8 Nr. 17, Abb. 6). F. Fabri a.a.O. (Sp. 1013) S. 5 berichtet von einem fruchtbaren Fb. in einem Garten in Kairo, der Maria mit dem Jesusknaben als Sitzplatz und Nahrungsspender diente (vgl. [39] S. 168).
2. Einzug in Jerusalem (RDK IV 1039–60).
Mit dem verdorrten Fb. der Verfluchungs-Perikope (s. Sp. 1043) dürfte der kahle Baum auf der Miniatur des Einzugs in Jerusalem in den Très riches heures des Hzg. von Berry zu identifizieren sein (um 1411–16, Chantilly, Mus. Condé, Ms. 165, fol. 173v: Millard Meiss, The Limbourgs and their contemporaries [= French Painting in the Time of Jean d. B., 3. Bd.], New York 1974, Textbd. S. 165, 461 Anm. 369, Taf.bd. Abb. 594; vgl. zum aitiologischen Charakter der Verfluchungs-Perikope Eduard Schwartz, Der verfluchte Fb. [1904]: ders., Gesammelte Schr., Bd. 5, Bln. 1963, S. 42–47; C.-H. Hunzinger a.a.O. [Sp. 1043] S. 757); der verdorrte Fb. wurde öfters in Reiseberichten seit dem 14. Jh. erwähnt, vgl. den „Liber peregrinationis“ des Frater Jacopo da Verona (ed. Ugo Monneret de Villard [= Il nuovo Ramusio, Bd. 1], Rom 1950, S. 44) und F. Fabris Evagatorium (a.a.O. Bd. 2 S. 32f.).
3. *Judas.
Der Baum, an dem sich Judas Ischarioth erhängte, soll ein Fb. gewesen sein. Ob die seit Iuvencus (4. Jh.: [43] Sp. 678) tradierte Spezifizierung von Mt. 27,5 und Apg. 1,18 bildlich umgesetzt wurde, war bei den bekannt gewordenen Beispielen nicht sicher zu eruieren (vgl. Oswald Goetz, „Hie hencktt Judas“, in: Form und Inhalt [Fs. Otto Schmitt], Stg. [1950], S. 105–37, bes. S. 114, 119 Anm. 35).
D. Emblematische Verwendung von Bibelstellen
Eine Reihe von Emblemen des 16. und 17. Jh. geht unmittelbar auf biblische Erwähnung des Fb. zurück.
Allwissenheit Gottes den Sündern gegenüber exemplifiziert ein Emblem bei Georgette de Montenay (Emblemes, ou Devises Chrestiennes, Lyon 1571 [Nachdr. Menston, Yorkshire 1973 (= Continental Emblem Books, 15)], Nr. 65); die Icon zeigt Adam, der sich hinter einem Fb. versteckt (Lemma: „Ubi es“, vgl. Gen. 3,9). Mit dem Lemma „Alleviabit“ ist bei Sebastianus a Matre Dei (Firmamentum symbolicum, in quo Deiparae elogia, ..., Lublin 1652, S. 127, 130) in der Icon ein vor einem Bett sitzender Mann verbunden, der einen Umschlag auf Schläfe und Wange hält; angespielt ist auf das F.pflaster in Jes. 38,21f. (fälschlich Jes. 28 genannt); die Auslegung meint Maria, „dolores allievans“. Auf Unbeständigkeit der Seele bezieht sich V. Ricci (Sp. 1041; [22, S. 217) in Auslegung von Nahum 3,12: die F. der guten Vorsätze fallen durch die „aura infausta di Satanasso“ „ad ogni picciolo venticciolo d'occasioncella“. Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber verbildlicht (nicht ganz passend) mit einem blätter- und fruchttragenden Fb. ein Emblem bei Jeremias Drexel (Zodiacus christianus locupletatus seu signa XII Divinae praedestinationis, Köln 1632, S. 48f., „Audiens sapiens sapientior erit“) und bezieht sich indirekt auf die erfolgreiche Verfluchung des Fb. (Mt. 21,19 bzw. Mk. 11,14 und 20). Der grünende Fb., der den Sommer und gleichnishaft die Wiederkunft Christi nach Mt. 24,32 bzw. Mk. 13,28 ankündigt, ist von G. de Montenay (a.a.O. Nr. 97: Abb. 20) mit dem den Bibelstellen entnommenen Lemma „Discite“ emblematisch verwendet (ebenso auch in: Emblematische Gemüths-Vergnügung ... [Sp. 1017], S. 20 Nr. 9, „Fugit hiems“).
Bibelstellen führt Melchior Mattsberger an (Geistliche Herzens- Einbildungen Inn Zweihundert und Fünfzig Biblischen Figur-Sprüchen angedeutet ..., Augsburg 1685 [Nachdr. Hildesheim 1965]) und setzt dort vorkommende Substantiva als Bildzitate in den Text ein, der durch Zweizeiler kommentiert wird: Die Fruchtbäume, u. a. Fb., die nach Joel 1,12 der Heuschreckenplage zum Opfer fallen („Nichts soll seine Früchte tragen,/ Wann Gott will die Sünder schlagen“. ebd. Taf. 35 Nr. 104); Schwerter, Pflüge, Lanzen, Sicheln, Weinstock und Fb. nach Micha 4,3f. („Gott, verkehr zu Nutz die Waffen!/ Laß inn Frid und Ruh uns schlaffen“: ebd. Taf. 39 Nr. 116); Trauben, Dornen, F., Disteln nach Mt. 7,16 („Such kein Traub, an dornen Zweigen/ Auch nicht an den Disteln F.“: ebd. Taf. 35 Nr. 106). Auf Mt. 7,16 spielte schon eine Randminiatur mit Herz, aus dem ein Baum mit F. und Trauben hervorwächst, im Missale Romanum an, das Georg Hoefnagel für Kard. Andreas von Österreich, Bisch. von Brixen und Konstanz, 1581–90 ausstattete (Wien, Österr. Nat.bibl., Cod. 1784, fol. 370 (erwähnt bei Th. A. G. Wilberg Vignau-Schuurman, Die emblematischen Elemente im Werke Joris H. [= Leidse khist. Reeks, Teil 2], Leiden 1969, Bd. 1, S. 43 Nr. 53, S. 218 Nr. 426, Bd. 2 S. 114ff.).
VI. Maria
Der Fb. ist einer der seit dem MA Maria zugeordneten Bäume. In den Texten finden sich dafür unterschiedliche Begründungen, je nachdem auf welche Eigenschaft der Vergleich bezogen wurde (Jungfräulichkeit, Süße, Fruchtbarkeit der Tugend etc: Quellenslg. bei Salzer S. 487f. und [41] S. 63f.; s. auch Sp. 1018, 1014, 1021). In bildlichen Darstellungen – Szenen aus dem Marienleben und repräsentative Darstellungen (z. B. Sacra Conversazione) – ist es meist nicht auszumachen, worauf angespielt werden sollte; selbst der Bezug auf Maria ist nicht immer sicher; so sind spekulative Auslegungen häufig (vgl. [36] S. 152–6; [42] S. 103–13).
Die meisten Beispiele stammen aus dem 16. Jh. und sind im venezianisch-oberital. Bereich und dessen Ausstrahlungsgebiet entstanden. Der Fb. auf dem Fresko der Heimsuchung des Dom. Ghirlandajo im Chor von S. M. Novella in Florenz ist auf die Fruchtbarkeit Mariä und Elisabeths bezogen worden (1486 bis 1490: ebd. S. 97, Abb. 70). In einer Gruppe von vorzüglich oberital. Bildern der Anbetung des Kindes (durch Hirten und Könige) ist an prominenter Stelle, meist hinter Maria, ein Fb. gegeben (ebd. S. 97–101). Anbetung des Kindes: Giov. Bellini, Predella des Pesaro-Altares, 70er Jahre 15. Jh., Pesaro, Mus. Civ. [45, Taf. 51]. – Anbetung der Hirten: Franc. Francia, um 1500, Bologna, Gall.Naz. (Gius. Lipparini, F. F., Bergamo 1913, Abb. 50); J. Palma il Vecchio, um 1520, Paris, Mus. du Louvre [48, S. 66 Nr. 38]; Giov. Gerolamo Savoldo, 30er Jahre 16. Jh., Brescia, Pin. Tosio e Martinengo (Ant. Boschetto, G. G. S., Mailand 1965, Taf. 70). – Anbetung der Könige: A. Mantegna, um 1464, Florenz, Uffizien ([47] S. 181, Taf. 54; [36] S. 147, Abb. 138, 140; [42] S. 98f., Abb. 71); F. Francia, um 1500, Dresden, Gem.gal. (G. Lipparini a.a.O. S. 52, Abb. S. 49). – Mit einem anderen Baum als Pedant erscheint der Fb. am Bildrand des Tympanonreliefs am n. W-Portal der Kath. N. D. in Paris mit der Erhebung Mariae (um 1210–20: [52] S. 136, Taf. 153; [41] S. 63f., Taf. 75 b: Ölbaum und Fb. auf Maria bezogen) und auf der Assunta des Lorenzo Costa (Mitarbeit des Giov. Maria Chiodarolo, 1506, Bologna, S. Martino: [42] S. 105f., Abb. 76, mit Haselnußbaum[?]). – Ein mächtiger F.zweig mit Früchten erscheint über Maria in Lorenzo Lottos Bild der Hl. Familie mit hl. Katharina (1533, Bergamo, Gall. dell' Accad. Carrara: B. Berenson, L. L., London 1956, S. 84, Taf. 286; [42] S. 93f., Abb. 61); vgl. auch Bonifacio Veroneses hl. Familie mit Joh.knaben, Raphael und Tobias (2. V. 16. J.: ebd. S. 94f., Abb. 67).
In Darstellungen der Maria im Hortus conclusus erscheint der Fb. zusammen mit anderen Pflanzen: vgl. Hans Burgkmairs Gem. von 1509 in Nürnberg, Germ. Nat.mus. ([38] S. 152, Taf. 118; [42] S. 93, Abb. 65), und M. Grünewalds Stuppacher Madonna (um 1517–20, Stuppach, Pfarrkirche: [46] S. 94f. Nr. 27, Taf. 51; [42] S. 90ff., Abb. 64; L. Behling, Zur Morphologie und Sinndeutung kg. Phänomene, Köln und Wien 1975, S. 108). Deutlich hervorgehoben ist der Fb. auf dem nazarenischen Muttergottesbild des Joh. Ev. Scheffer von Leonhartshoff, 1795–1822 (Abb. 29).
Eine schlüssige Deutung des Fb. auf dem sog. Menschwerdungsbild des Isenheimer Altars von M. Grünewald (1512–16, Kolmar, Unterlindenmus.: [46] S. 91f. Nr. 20, Taf. 30f.) ist noch nicht gelungen (zusammenfassend Ewald Maria Vetter, Jb. der Staatl. K.slgn. in Baden-Württemberg 8, 1971, 52, 63 Anm. 111).
Im Geäst des früchtetragenden Fb. auf dem Relief mit der Schutzmantelmadonna des Bart. Buon (zw. 1441–45, London, Vict. Alb. Mus.: [53] S. 222, Taf. 112; [42] S. 110f.) sitzen David, Salomo und vier Propheten. Links und rechts der Nische auf der Schutzmantelmadonna mit der Familie des Bürgermeisters Meyer von Hans Holbein d. J. (1528 bis 1530, Darmstadt, Slg. der Großhzg. von Hessen und bei Rhein: P. Ganz a.a.O. [Sp. 1026] S. 207f. Nr. 23, Taf. 55; Ausst.Kat. „Die Malerfamilie H. in Basel“, Basel 1960, S. 206ff. Nr. 177 Abb. 72) ist ein F.strauch zu sehen (dagegen [42] S. 179 Anm. 36; zum häufigen Gebrauch des Fb. auf Holbeins Bildnissen vgl. Sp. 1026).
Besonders problematisch ist die Deutung des Fb. bei Darstellungen der Madonna mit Hll. (und/ oder Stiftern), z. B. auf den Sacre Conversazioni des Giov. Bellini in S. Zaccaria, Venedig (1505: [45] Frontispiz-Taf.; zur Deutung vgl. [36] S. 155), des Boccaccio Boccaccino (mit der Verlobung der Katharina verbunden, 1. Jz. 16. Jh., Venedig, Gall. dell' Accad.: Alfredo Puerari, B., Mailand 1957, S. 165 bis 168, Abb. 132; [42] S. 93f., Abb. 66) oder des J. Palma il Vecchio (um 1525, Vicenza, S. Stefano: [48] S. 63 Nr. 33, Taf. 33; [51] Bd. 2 Taf. 917). In der Landschaft unter der auf Wolken schwebenden Muttergottes ist zuweilen der Fb. besonders hervorgehoben: vgl. z. B.Tizians Madonna mit den hll. Franz, Aloysius und Stifter (1520, Ancona, Mus.Civ.: H. E. Wethey a.a.O. [Sp. 1020] Bd. 1, S. 109f. Nr. 66, Taf. 24; [42] S. 110, Abb. 84) oder die Marienkrönung mit Hll. des Moretto da Brescia (um 1526–30, Brescia, SS. Nazaro e Celso: György Gombosi, M.d.B. [= Ars docta, Bd. 4], Basel 1943, S. 98 Nr. 63, Taf. 34; [42] S. 106, Abb. 77: die Anwesenheit des hl. Michael hangt mit dem Patrozinium der Kapelle zusammen und hat mit dem Fb. nichts zu tun).
In Darstellungen der Muttergottes im Baum, seit dem ausgehenden MA öfters anzutreffen (vgl. Gustav Ludwig, Jb. der preuß. K.slgn. 23, 1902, 163 bis 186; Enriqueta Harris, Warburg Journ. 1, 1937/38, 284ff.; Lex. d. Marienkde. Bd. 1 Sp. 515), kommt der Fb. fast nie vor (vgl. aber [39] S. 169: Verweis auf die Gründungslegende des Klosters und das plastische Gnadenbild der Madonna über dem Fb. von 1434 in der Dominikanerabtei Sopetran, nö. von Madrid). Mit diesem Bildtypus berühren sich einige ital. Gem. des 16. Jh., auf denen die Madonna unmittelbar vor einem Fb. oder (in Wolken) über ihm schwebend dargestellt ist; bisweilen wächst der Fb. neben (geborstenen) Säulen: vgl. Moretto da Brescia, Madonna mit Hll. (um 1540–44, Bergamo, S. Andrea: G. Gombosi a.a.O. S. 91 Nr. 10, Abb. 64), ders., Madonna mit Hll. (gegen 1530, Brescia, Pal. Vescovile, Kap.: Abb. 14; ebd. S. 98f. Nr. 70; Erklärungsversuche: [36] S. 155 Abb. 150; [42] S. 109f., 174 Anm. 116, und [39] S. 169); die Madonna im Baum ist in Federico Barocci's Gem. im Dom von Urbino mit dem Martyrium des hl. Sebastian kombiniert (1557–58: Ausst.Kat. „F. B.“, Bologna 1975, S. 53ff. Nr. 1, Abb. 1; vgl. [42] S. 138f., 179 Anm. 16).
Offen bleiben muß der Bedeutungszusammenhang zwischen Maria in Wolken, Joh. Ev. bzw. Adler und dem Fb. in einer Randill. Dürers im Gebetbuch Kaiser Maximilians I. (1514: Gg. Leidinger, A. D. und Lukas Cranachs Randzchgn. im Gebetbuch Kaiser M. I. ..., Mchn. 1922, Taf. 14; vgl. Hans Christoph von Tavel, Münchner Jb. III. F. 16, 1965, 101, Abb. 31: Fb. als Hinweis auf den jüngsten Tag [Mt. 24, 32–36] aufgefaßt; der Verweis auf Schongauers Stich B. 55 [ebd. Abb. 9] als dem ikonographischen Vorbild für die Kombination des Fb. mit den drei anderen Elementen ist insofern unzutreffend, als Schongauer einen Baum mit Eichenbll. darstellt).
VII. Heilige
Der Fb. kommt sowohl in repräsentativen Darstellungen von Hll. wie in Schilderungen aus deren Leben vor. Nur ausnahmsweise ist seine Wiedergabe durch die Vita nahegelegt. Selbst wenn der Fb. allegorische Bedeutung haben sollte, ist es meist nicht auszumachen, auf welche Eigenschaft oder Tat des Hl. er anspielt (bei der Wiedergabe mehrerer Hll. läßt es sich oft nicht einmal ermitteln, welchem von ihnen der Fb. zuzuordnen ist). Die meisten Beispiele stammen aus Norditalien und sind in das 15. und 16. Jh. zu datieren (vgl. zusammenfassend [42] S. 129–39, 178f., Abb. 100–12).
Regelmäßig wird die Bekehrung des hl. Augustinus (Confessiones VIII, 12, 28f.: [12] Bd. 32 Sp. 761f.) mit der „tolle, lege“-Vision unter dem vom Text geforderten Fb. wiedergegeben (Abb. 7); vgl. Jeanne und Pierre Courcelle, Iconographie de la conversion de St-A., in: dies., Les confessions de St-A. dans la tradition litt., Paris 1963, S. 641–88, Taf. 1–50: ebd. S. 670f. Nr. 27, Taf. 21,1 die Radierung des Johannes Wandereisen zu Wilibald Mair, Vita Aurelii Augustini, Ingolstadt 1631, Taf. 5, wo der Baum als Erkenntnisbaum ausgegeben ist; vgl. weiter dies., Nouvelles ill. des ‚Confessions' augustiniennes, Rev. des etudes augustiniennes 10, 1964, 348–51, Taf. 7–14; [42] S. 163 Anm. 8; [43] S. 676). – Auf A. Mantegnas Fresko mit dem Martyrium des hl. Christophorus in der Eremitani-Kirche in Padua wächst ein Fb. neben der weinbewachsenen Pergola (Capp. Ovetari, um 1450: [47] S. 194, Taf. 14; zu Deutungen vgl. auch [36] S. 156). – Der Halbfigur des hl. Dominicus auf einem Gem. von Giov. Bellini ist ein Fb. zugeordnet (New York, Slg. James W. Hickox, 1501: [44] Bd. 1, S. 65 Nr. 217, Bd. 2, S. 120 Abb. 89). – Über der gemalten Nischenfigur der hl. Elisabeth von Thüringen von M. Grünewald ranken sich F.zweige um eine Stange (Karlsruhe, Staatl. K.halle, um 1509 bis 1510: [46] S. 88f. Nr. 12, Taf. 4; [38] S. 141f.: ebd. der Fb. im Zusammenhang mit den am Boden wachsenden Heilkräutern gesehen). – Zusammen mit vielen anderen Pflanzen (Weinstock, Epheu, Lorbeer, Ölbaum etc.) wächst ein Fb. auf Giov. Bellinis Gem. mit dem hl. Franziskus (um 1480: [51] Bd. 1 Taf. 220, 222; M. Meiss, G. B.'s St. Francis in the Frick Coll. [New York], New York 1964, S. 23f.; [42] S. 85). – Die vom hl. Georg befreite Prinzessin in M. Basaitis Gem. lehnt an einem Fb. (Venedig, Gall. dell'Accad., 1520: Kat. [= Cat. dei mus. e gall. d'Italia], Bd. 1: Opere d'arte dei sec. XIV e XV, Rom 1955, S. 49f., Nr. 47). – Auf Gem. mit Darstellungen des hl. Hieronymus ist häufig an prominenter Stelle ein Fb. angebracht; vgl. Giov. Bellini, 1505? (Washington, Nat.Gall.: [45] S. 77f., Taf. 58 b); 70er Jahre 15. Jh. (Florenz, Slg. Contini Bonacossi: [51] Bd. 1 Taf. 219), 1513 (Venedig, S. Giov. Chrisostomo: [45] S. 128–31, Taf. 113: der Fb. dient dem Hl., der auch als hl. Joh. Chrysostomus gedeutet werden könnte, als Lesepult; vgl. auch Norbert Huse, Stud. zu G. B. [= Beitr. zur Kg., Bd. 7], Bln. und New York 1972, S. 99); B. Boccaccino, um 1505–06 (Cremona, Mus. Civ.: A. Puerari a.a.O. [Sp. 1048] S. 85f., Abb. 50); J. Tintoretto, 1551 bis 1552 (Venedig, Gall. dell'Accad.: Kat. a.a.O. Bd. 2: Opere d'arte del sec. XVI, Rom 1962, S. 228f., Nr. 400). Auf einem Gem. des Pellegrino da S. Daniele steht hinter dem hl. Joseph mit Christkind ein Fb. (Udine, Dom, 1500–01: [51] Bd. 2 Taf. 832). – Auf lokaler Tradition beruht wohl die Legende vom hl. Magnus, der ein in den Brunnen gefallenes Kind rettete, während dessen Mutter auf einem Fb. saß und erntete; die Szene ist dargestellt auf einem Fresko in der Krypta des Doms von Anagni (W-Wand, 2. V. 13. Jh.: O. Demus a.a.O. [Sp. 1040] S. 125, Taf. XXIII; Kaftal II Sp. 723f. Nr. VII, Abb. 852; zur Legende S. Sibilia, Guida storico-artistica della Catt. di A., Anagni 1936, S. 101). – Ein Fb. ist rechts auf dem Relief Tullio Lombardos mit der Taufe des hl. Anianus durch den hl. Markus zu sehen (Venedig, SS. Giov. e Paolo, Grabmal des Dogen Giov. Mocenigo, 1. Jz. 16. Jh.: Leo Planiscig, Jb. Kaiscrh. N. F. 11, 1937, 108f. Abb. 111; Franca Zava Boccazzi, La basilica dei Santi Giov. e Paolo in Venezia, Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.] 1965, S. 139–45). Zwischen dem Andreas mit Kreuz und dem thronenden Markus auf der Sacra Conversazione des Andrea Busati steht ein Fb. (Venedig, Gall. dell'Accad., um 1531 bis 1532: Kat. a.a.O. Bd. 1 S. 95f. Nr. 93, Abb. 93). – F. und Fb. kommen auf Darstellungen des Martyriums des hl. Sebastian öfters vor (vgl. Sp. 1031; Abb. 11; Sp. 1049; vgl. die Beisp. bei [42] S. 136–39, Abb. 109f.). – Auf dem Gem. der hl. Ursula H. Holbeins d. J. (?) ist die Hl. von einem Fb. hinterfangen (Karlsruhe, Staatl. K.halle, 1522: P. Ganz a.a.O. [Sp. 1026] S. 206 Nr. 20, Taf. 46).
VIII. Gebärde
Die obszöne Gebärde des F.weisens und seine bildlichen Darstellungen bleiben hier unberücksichtigt (vgl. [37]).
Sie wird von älterer Lit. auf ein hist. Ereignis zurückgeführt (ebd. S. 35, mit Lit.hinweisen; [26] S. 114f.; [27] S. 203f.): Beatrix, die Gemahlin Friedrich Barbarossas, wurde von den Mailändern im Eselsritt durch die Stadt geführt. Der Kaiser nahm bei der Schleifung Mailands 1162 erniedrigende Rache: er zwang alle Bewohner, die überleben wollten, „ficum de genitalibus mulae dentibus“ herauszuziehen (Seb. Münster, Cosmographia universalis, Basel 1552, S. 165); dies wiedergegeben auf einem Holzschnitt (Abb. 16) und auf Abb. einer Medaille bei Giambatt. Molossi, Memorie d'alcuni uomini illustri della città di Lodi, Lodi 1776 (Nachdr. Bologna 1969), Bd. 1, S. 24f.
Zu den Abbildungen
1. El Escorial, Real Bibl., cod. d 1–2 („Cod. Vigilanus“), fol. 17, Sündenfall. Kloster Albelda, Alt-Kastilien, voll. 976. Nach J. Dominguez Bordona, Die span. Buchmal. vom 7.–17. Jh., Florenz und Mchn. 1930, Bd. 1 Taf. 23.
2. Cruas, Ardèche, Kirche, „Lignum“ und „Ficus“ zwischen Elia und Henoch. Fußbodenmosaik, Maße unbek. Dat. 1098. Nach J. Vallery-Radot a.a.O. (Sp. 1043) S. 179.
3. Gent, Univ.bibl., ms. 92 (ehem. 83: Lambert von St-Omer, Liber floridus), fol. 232, Arbor mala. St-Omer, Pas-de-Calais, voll. 1120. Nach Albert Derolez (Hrsg.), Lamberti S. Audomari ... Liber Floridus ..., Gent 1968, S. 463.
4 a–c. Amiens, Kath., Westfassade, Prophezeihungen des A.T.: Joel 1,7 (a), Micha 4,4 (b), Nahum 3,12 (c). Sockelreliefs an den Strebepfeilern. Zw. 1220 und 1235. Fot. James Austin, Neg. Nr. HO 4, HP 2, HP 12.
5 a–b. Toledo, Archiv der Kath., Bible moralisée (sog. Biblia de San Luis), Bd. 2, fol. 75, Ausschnitt mit Darstellung von Hohes Lied 2,13 und Moralisation (a); Bd. 3 fol. 17, Ausschnitt mit Darstellung der Berufung des Nathanael und Moralisation (b). Paris, 2. V. 13. Jh. Fot. MAS, Barcelona, Nr. C 79 534, C 79 286.
6. Perugia, Fontana maggiore, Monatsdarstellung August. Marmor, 69 × 97 cm. Werkstatt Nicola und Giovanni Pisano, voll. 1278. Fot. Alinari, Nr. 21448.
7. Erfurt, ehem. Augustinerkirche, Bekehrung des hl. Augustinus. Ö. Glasfenster der Chor-N-Seite, ca. 65 × 55 cm. Wohl zw. 1316 und 1334. Fot. Marburg, Nr. 148 995.
8. Lilienfeld, N.Ö., Stiftsbibl., Hs. 151 (Conc. car.), fol. 174v, Ausschnitt, Stier an Fb. gebunden. Lilienfeld, um M. 14. Jh. Fot. Monastic Microfilm Project, Nr. 4527.
9. Rom, Bibl. Apost. Vat., cod. Pal. lat. 291 (Hrabanus Maurus, De natura rerum [De universo]), fol. 228v, Fb., Ill. zu Buch 19, Kap. 6. Oberdeutsch, dat. 1425. Fot. Bibl.
10. Mchn., Bayer. Staatsbibl., cod. germ. 254 (Ulrich von Pottenstein, Buch der natürlichen Weisheit), fol. 42v, Fb. und Dornbusch, Ill. zu Buch 2, Fabel 23. Bayern, um 1430. Fot. Bibl.
11. Andrea Mantegna, Martyrium des hl. Sebastian. Öl auf Lwd., 2,6 × 1,47 m. Paris, Mus. du Louvre, Inv.nr. 1373 A. Um 1470–75. Fot. Mus.
12. Meister der Habsburger, Maria mit Kind. Gem. auf Fichtenholz, 55 × 43,5 cm. Wien, Österr. Gal., Mus. ma. österr. K., Inv.nr. 4954. Tirol, um 1490. Fot. Mus.
13. Matthias Grünewald, hl. Cyriacus. Ölgem. auf Nadelholz, 98,8 × 42,8 cm. Ffm., Städelsches K.inst., Inv.nr. HM 37. Um 1509–10. Fot. Mus.
14. Alessandro Moretto da Brescia, Maria mit Kind, hll. Joh. Ev. und Lorenzo Giustiniani, Divina Sapienza. Öl auf Lwd., 2,75 × 1,92 m. Brescia, Pal. Vescovile, Capp. Gegen 1530. Fot. Brogi (?), Nr. 11 701.
15. Jörg Breu d. J., Emblem „In deprensvm“, Holzschnitt (3,8 × 6 cm) in Alciati [14], Augsburg 1531, Bl. 26. Nach dem Original.
16. Strafe für mailändische Aufrührer, Holzschnitt-Ill. (6,1 × 8,7 cm) in Seb. Münster, Cosmographia universalis, Basel 1552, Buch 2 S. 165. Nach dem Original.
17. Giorgio Vasari (Werkstatt), Priester aus Cyrene. Federzchg., ca. 43,5 × 28,5 cm. Florenz, Uffizien, Kk., Inv.nr. 2710 F. Um 1565. Fot. Mus.
18. Giorgio Vasari (Werkstatt), „Syca Ninpha amata da Bacco“. Pinselzchg. über Stift, ca. 43,5 × 28,5 cm. Florenz, Uffizien, Kk., Inv.nr. 2915 F. Um 1565. Fot. Mus.
19. Paolo Caliari gen. Veronese, Erotische Allegorie. Öl auf Lwd., 1,89 × 1,89 m. London, Nat.Gall., Inv.nr. 1318. Um 1565. Fot. Mus.
20. Pierre Woeiriot, Emblem 97, Kupferstich (8,9 × 9,8 cm) in G. de Montenay a.a.O. [Sp. 1045], Lyon 1571. Fot. Service internat. de microfilms, Paris.
21. Grabmal des Messala, Holzschnitt (5,5 × 7,4 cm) in P. Giovio a.a.O. [Sp. 1031], Lyon 1574, S. 144. Nach dem Original.
22. Hans Sibmacher, Emblem 80, Kupferstich (7,4 cm Dm.) in J. Camerarius [18c], Nürnberg 1596. Nach dem Original.
23. Matthäus Merian d. Ä., Eintrittsemblem des Carl von Wülcknitz in die Fruchtbringende Gesellschaft. Holzschnitt (12,8 × 10,1 cm) in (Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen), Der Fruchtbringenden Gesellschaft Nahmen, Vorhaben, Gemähide und Wörter ..., Ffm. 16462 (Nachdruck in: Die Fruchtbringende Ges. Quellen und Dokumente = Dt. Barocklit., hrsg. von Martin Bircher und Friedhelm Kemp, Bd. 1, Mchn. 1971), Nr. 76. Nach dem Nachdr.
24. Salvator Rosa, Ceres und Phytalus. Radierung, 34,5 × 23,3 cm. Datierbar 1662. Fot. Warburg Institute, London.
25. Ffm., Hist. Mus., Inv.nr. X 29345, Birnkrug mit Darstellung eines Indischen Fb. und jungem Paar, Inschrift „Also kan man sich vermehrn“. Frankfurter Fayence, Mal. von Hermann Bennckert, Ffm. 1681. Fot. Mus.
26. Bildnis des Alessandro Tassoni, Holzschnitt in Ludovico Antonio Muratori, Vita di A.T., Modena (1739), S. 12. Nach L. Bossetti a.a.O. [Sp. 1012] Taf. 3.
27. Augsburg, Städt. K.slgn., Inv.nr. 12170, Familienbildnis, Öl auf Lwd., 1,265 × 1,425 m. N-Dtld. (?), um 1730–1740. Fot. Mus.
28. Hieronymus Sperling, Sündenfall. Kupferstich (31 × 19,8 cm) in J. J. Scheuchzer a.a.O. [Sp. 1037], Augsburg und Ulm 1731, Taf. 29. Nach dem Original.
29. Joh. Ev. Scheffer von Leonhartshoff (1795–1822), Maria mit Kind. Ölgem. auf Lwd., 112 × 94 cm. Wien, Hist. Mus. der Stadt Wien, Inv. Nr. 101.616. Um 1820. Fot. Mus.
30. Fb. mit Schild, Titelblatt, Lithographie (16,8 × 9,1 cm) zu [28], London 1825. Nach dem Original.
Literatur
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Häufiger zitiert wurden: 44. Fritz Heinemann, Bellini e i Belliniani (= Saggi e Stud. di Storia dell'arte, 6), 2 Bde., Venedig 1962. – 45. Giles Robertson, Giov. Bellini, Oxford 1968. – 46. Giov. Testori und Piero Bianconi, L'opera completa di Grünewald (= Classici dell'arte, 58), Mailand 1972. – 47. Erika Tietze-Conrat, Mantegna, London 1955. – 48. Giov. Mariacher, Palma il Vecchio, Mailand 1968. – 49. Guido Piovene und Remigto Marini, L'opera completa del Veronese (= Classici dell'arte, 20), Mailand 1968. – 50. Laborde, Bible moralisée. – 51. Bernard Berenson, Ital. Pictures of the Renss., Venetian School, 2 Bde., London 1957. – 52. Willibald Sauerländer, Gotische Skulptur in Frankreich 1140–1270, Mchn. 1970. – 53. John Pope-Hennessy, Ital. Gothic Sculpture (= An Introduction to Ital. Sculpture, Bd. 1), London und New York 1972.
Empfohlene Zitierweise: Prohaska, Wolfgang , Feige, Feigenbaum, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VII (1979), Sp. 1010–1056; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=89086> [05.04.2022]
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