Exorzist

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englisch: Exorcist; französisch: Exorciseur; italienisch: Esorcizzatore.


Herbert Paulus (1971)

RDK VI, 709–712


RDK VI, 709, Abb. 1. Paris, 2. H. 14. Jh.
RDK VI, 709, Abb. 2. Burkart Zamels (zugeschr.), um 1727, Seligenstadt.

Der E. ist ein Kleriker – heute im dritten Weihegrad – der Ordines minores. Seine Hauptaufgabe ist zu allen Zeiten der Exorzismus; andere Pflichten wechselten im Laufe der Zeit.

Der Exorzistat ist als kirchlicher Weihegrad in Rom seit M. 3. Jh. belegt (für voraufgegangene Epochen s. [1]), verschwand aber dort im 4. und 5. Jh. und wurde erst im 9. Jh. wieder eingeführt, während er in Gallien schon um 500 eine neue Belebung erfuhr (Buchberger Bd. 33 Sp. 1315f.).

Bei der Ordination übergibt der Bischof dem E. ein Buch mit den Exorzismusformeln (Exorzismusbuch) und überträgt ihm damit die Aufgabe, Täuflingen und Besessenen die Hand aufzulegen (Statuta ecclesiae antiqua, Ende 5. oder A. 6. Jh. im Gebiet von Arles entstanden: Migne, P.L. Bd. 56, Sp. 888; s. a. den Text bei Max Jos. Metzger, Zwei karol. Pontifikalien vom Oberrhein [= Freiburger Theol. Stud. H. 17], Freiburg i. Br. 1914, S. 6* Nr. 14–16; Durandus von Mende, Rationale divinorum officiorum II, 6: Ausg. Lyon 1568, Bl. 53v–54; Pontificale Romanum: Ausg. Regensburg, Rom, New York und Cincinnati 1908, S. 15f. und 497f.). Abschließend empfängt der E. den Segen.

Statt des Exorzismusbuches kann auch ein Pontifikale oder Missale übergeben werden [5, Bd. 1 S. XLVI]. In einigen Pontifikalen wird gefordert, daß das Buch „una manu desuper et alia desupter“ empfangen werden soll, in anderen wird nur das Berühren des Buches mit der Rechten verlangt (Belege für beides bei [5], Bd. 1 S. XLVII).

Über die Aufgaben des E. geben die „Statuta ecclesiae antiqua“ Auskunft (a.a.O. Sp. 885): er soll die Besessenen betreuen, die im Gotteshaus lagern, ihnen jeden Tag die Hände auflegen und sie mit Speise versehen; Isidor von Sevilla sieht zudem im Exorzistat die Fortsetzung des atl. Tempeldienstes (nach 1. Esra 2; De ecclesiasticis officiis II, 13: Migne, P.L. Bd. 83, Sp. 792f.). Seit dem hohen MA – erstmals in einer Hs. vom Ende 10. Jh. faßbar – wurde der E. bei der Ordination über diese seine Pflichten belehrt: er soll die Dämonen austreiben – abicere daemones –, beim Gottesdienst soll er die nicht kommunizierenden Gläubigen auffordern, den anderen Platz zu machen – qui non communicat, det locum –, und dem Priester das Wasser über die Hände gießen – aquam in ministerio fundere (Hinweise bei [5], Bd. 1 S. XLVI; Pontificale Romanum a.a.O.).

Die Gewandung des – wie alle Kleriker – tonsurierten E. ist die aller Angehörigen der Ordines minores: Albe mit Zingulum, Pluviale, seit dem 11. Jh. auch Superpelliceum.

Darstellungen der Ordination finden sich in illum. *Pontifikalen.

Das früheste bekannte Ordinationsbild enthält die Pontifikalrolle aus San Vincenzo al Volturilo, 957–84 (Rom, Bibl. Casanatense, ms. 724 B I 13): der von Diakonen begleitete Bischof spendet einer Gruppe von E. den Segen und überreicht ihnen die Rolle, nach der die E. beide Hände ausstrecken (Avery Taf. CVI, 5). Illustrationen in Hss. des Pontifikale aus dem Spät-MA schildern die Ordination der E. mit der Übergabe des Buches (Abb. 1; Avignon, Bibl. munic., ms. 203, fol. 6; Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 968, fol. 7 [in Anwesenheit von zwei Dämonen], ms. lat. 976, fol. 7v, ms. lat. 15 619, fol. 7: [5] Bd. 1 S. 66, Bd. 2 S. 94, 108 und 195). Eine Darstellung vom Ende 15. Jh. zeigt einen Bischof, der den E. das Exorzismusbuch berühren läßt (Lyon, Bibl. munic., ms. 565, fol. 18: [5] Bd. 1 S. 180). Die Ermahnung des Bischofs an die E. ist im Pontifikale des Pierre de St-Martial, Bischof von Rieux, wiedergegeben (Paris, Bibl. Ste-Geneviève, ms. 143 [alt: B B 1. in-folio 5°], fol. 11, 2. H. 14. Jh.: [5] Bd. 2 S. 243).

Der „Pictor in carmine“ ordnet die Weihe des E. und den vor dem besessenen Saul singenden David der Heilung der Besessenen von Gerasa zu (James, Pictor in carmine, S. 157 Nr. LIV; eine entsprechende Darstellung ist jedoch nicht bekannt).

In Darstellungen des Klerus ist der E. am – oft aufgeschlagenen – Buch zu erkennen. Entsprechende Unterscheidungen machte man auch, um bei Heiligen, die verschiedenen Ordines angehören, E. zu kennzeichnen (Abb. 2; vgl. auch Engel RDK V 392–96).

Im Sakramentar von Autun, M. 9. Jh., steht der E. mit aufgeschlagenem Buch neben den anderen Angehörigen des niederen Klerus (Autun, Bibl. munie, ms. 19 bis, fol. 1v: Köhler, Bd. 1 Taf. 61 a). Ill. zu Hrabanus Maurus, De natura rerum [De universo] IV, 5 („De clericis“) unterscheiden die einzelnen Stufen des Klerus, der um den thronenden Bischof versammelt ist, nicht deutlich; ob eine der beiden Gestalten mit Buch einen E. vorstellt, muß offenbleiben (Montecassino, Klosterbibl., ms. 132, S. 68, dat. 1023: Ambrogio Maria Amelli, Min. sacre e profane dell’anno 1023 illustranti l’enciclopedia medioevale di Rabano Mauro [= Documenti per la storia della min. e dell’iconografia], Montecassino 1896, Taf. 14; Rom, Bibl. Apost. Vat., cod. Pal. lat. 291, fol. 30v, dat. 1425: Paul Lehmann, Fuldaer Studien N.F. [= Sitzungsber. der Bayer. Akad. der Wiss. 1927, 2. Abh.], Mchn. 1927, S. 21).

Zur Darstellung der Tätigkeit von E. s. Exorzismus.

Zu den Abbildungen

1. Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 968 (Pontifikale), fol. 7, Initiale zur Ordination des E. Italien oder Avignon, 2. H. 14. Jh. Fot. Bibl.

2. Burkart Zamels (zugeschr.), hl. Petrus Exorcista. Statue vor der Fassade der ehem. Abteikirche Seligenstadt. Sandstein, überlebensgroß. Um 1727. Fot. unbekannter Herkunft.

Lit. s. Exorzismus, Sp. 709.

Bei der Bearbeitung wirkten Salome Zajadacz-Hastenrath und Gerlind Werner mit.

Verweise