Ern

Aus RDK Labor
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englisch: Ern (locally used term for the hall of a German farmhouse); französisch: Aire; italienisch: Vestibolo.


Walther Huber (1966)

RDK V, 1288–1290


RDK V, 1289, Entwicklungsstufen des Haus-Erns.

I. Begriff und Namen

Mit E. bezeichnet man im oberdeutschen Sprachgebiet beim Bauernhaus den Hausgang, der gleichzeitig Eingangsraum in das Haus ist und in dem ursprünglich der Herd stand. Der Begriff wurde dann durch Carl Schäfer [2] erweitert, indem dieser ihn auch auf den Eingangsraum im Westflügel von Zisterzienserklöstern übertrug.

Das Wort E. (männl.; Duden und Brockhaus bevorzugen Eren) wird vom ahd. arm, erin – Fußboden, gestampfter Estrich abgeleitet, das aus dem lat. arena – Sand(boden) entlehnt zu sein scheint. Eine mit area (s. u.) verknüpfte Ableitung des Wortes E. von lat. ara = Herdaltar als dem familienkultischen Mittelpunkt des Hauses [3] wird heute abgelehnt. In Quellen und Schrifttum begegnen sehr unterschiedliche Schreibweisen des Wortes E., u. a. Ehrn, Ehren, Eere, Ärn, Ähren, Örn, Öhrn (s. a. [1]).

II. Vorkommen

Die Entwicklung des oberdeutschen *Bauernhauses führt vom Einraum = Einfeuerhaus über die Abspaltung der heizbaren *Stube zum Haus mit der Ernküche und schließlich zur weiteren Trennung in Küche und E. als reinen Eingangsflur (s. Abb., Zf. 1–5).

Zunächst ist der Haus-E., die Flurhalle, der bei weitem wichtigste und größte Teil des Hauses; er geht ursprünglich ungeteilt und offen bis zum Dach [3, S. 161]. Der Vorteil der Ofenheizung führte den Oberdeutschen dazu, den alten Herdraum immer mehr einzuschränken, bis dieser endlich zu einem schmalen Flur mit der Treppe herabsank, während das Ofengemach sich zur eigentlichen Wohnstube entwickelte.

Die alte Bedeutung des E.-Ganges ist noch daran zu erkennen, daß dieser Raum vielerorts kurzerhand mit Haus, Hus (z. B. im Vogtland, in Thüringen und Vorarlberg), Hus (in der Gegend von Aachen), Vorhaus (in Ober- und Niederösterreich), Huseere (auf der Baar [7]) o. ä. bezeichnet wird. In Lothringen ist die Bauernhausküche als Haus-E. noch der Zentralraum, der nach der Stube und zur Treppe führt (s. a. RDK II 16). – In Oberitalien ist die entsprechende Bezeichnung la cà, in Frankreich la maison, im Angelsächsischen aern und im Mittel-lat. area [3, S. 160].

Als Benennung des Flurs wurde der Ausdruck E. vereinzelt auch für den Schloßbau in Anspruch genommen (z. B. Inv. Württ., O.A. Hall, S. 721).

Bei der Anlage von *Zisterzienserklöstern bestand durch die Besonderheit des Klosterorganismus die Notwendigkeit, für die Konversen einen Zugang in die für sie bestimmten Räume zu schaffen, der die Klausur nicht berühren sollte. Dies geschah, indem man in der Mitte des Westflügels einen Quergang anlegte, von dem Türen zunächst nur in die ebenerdigen Konversenspeisesäle, später auch in die Klausur führten. Ein solcher Quergang ist jedoch, obwohl er manche Vorteile bot, nicht in allen Zisterzienserklöstern vorhanden; er kann ferner neben dem eigentlichen Klausureingang bestehen. Da eine alte Bezeichnung für den Gang zu fehlen scheint, schlug C. Schäfer für Eberbach den in jener Gegend für den Hauseingangsraum üblichen Namen E. vor [2]. Einen Abriß der Entwicklung des E. in Zisterzienserklöstern gibt Ad. Mettler [5].

Zur Abbildung

Entwicklungsstufen des Haus-Erns: 1. Urform des Einraumhauses mit dem Herd in der Mitte; 2. Abtrennung einer heizbaren Stube als Wohn- und Schlafraum; 3. Abtrennung einer Nebenstube als Schlafkammer von der allgemeinen Wohnstube; die Küche bleibt als Ern-Küche Eingangs- und Durchgangsraum; 4. und 5. der Küchenteil der Ern-Küche wird als selbständige Küche abgespalten und der Ern bleibt nur noch Eingangsflur. Schema nach Grundrissen des Hotzenwaldhauses. Zchg. des Verf.

Literatur

1. Oscar Mothes, Ill. Bau-Lexikon, Lpz. 1881–844, Bd. 1 S. 63 u. 159; Bd. 2 S. 198. – 2. Carl Schäfer, Die Abtei Eberbach im MA, Bln. 1901, S. 23. – 3. Bergner I, S. 12 u. 160f. – 4. Chr. Ranck, Kulturgesch. des dt. Bauernhauses (= Aus Natur und Geisteswelt Bd. 121), Lpz. 1907, S. 51. – 5. Adolf Mettler, Zur Klosteranlage der Zisterzienser und zur Baugesch. Maulbronns, Württ. Vjh. f. Landesgesch. N.F. 18, 1909, bes. S. 103–10. – 6. Otto Gruber, Dt. Bauern- und Ackerbürgerhäuser, Karlsruhe 1926. – 7. Anton Elsässer, Dorf und Bauernhaus der Baar, in: Badische Heimat, Jahresheft 25, Karlsruhe 1938.

Verweise