Einsatzbild

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englisch: Inserted picture; französisch: Peinture ensérée (enchâssée) dans une autre, peinture substituée à une autre; italienisch: Inserto di una immagine in altro quadro.


Karl-August Wirth (1956)

RDK IV, 1006–1020


RDK IV, 1007, Abb. 1. Orazio di Jacopo, vor 1449, und Prospero Fontana, vor 1597, Berlin.
RDK IV, 1009, Abb. 2. Vilshofen (Ndb.), 1656 und 1693.
RDK IV, 1011, Abb. 3. Adam Elsheimer (?), um 1608, und Adam Frdr. Oeser, vor 1782, Weimar.
RDK IV, 1013, Abb. 4. Jan Bruegel d. Ä. und Hendrik van Balen, 1610-20, Madrid.
RDK IV, 1015, Abb. 5. Ignaz Günther, 1774, München.
RDK IV, 1017, Abb. 6. Adriaen van der Werff, 1716, München.

I. Begriff

Die Verwendung der von der neueren Fachliteratur geprägten Bezeichnung E. ist uneinheitlich. Hier soll E. als Gattungsbegriff verstanden werden: als Gemälde mit einem eingesetzten Bild. Das „eingesetzte Bild“ – in der Regel ein künstlerisch in sich abgeschlossenes Gemälde auf Holz, Leinwand, Metallblech oder dgl., seltener ein reliefplastisches und nur vereinzelt ein vollplastisches Werk – ist von einem eigenen Bilderrahmen umgeben (bzw. in ein gerahmtes Gehäuse eingestellt) und bildet thematisch den Kern des E. Die fast immer später, zumindest aber an einem anderen Ort geschaffene Malerei, die dieses Mittelstück allseits umgibt und bisweilen als „Rahmengemälde“ bezeichnet wird, ist in Form und Inhalt funktionell von dem eingesetzten Bild abhängig. Das E. verlangt – wie jedes andere Gemälde – einen Bilderrahmen oder architektonische Rahmung. Charakteristisch für die echten E. ist, sofern sie ausschließlich aus Malerei bestehen, der uneinheitliche Malgrund der beiden Gemälde.

Von der hier zugrunde gelegten Definition abweichend wird die Bezeichnung E. bisweilen zur Kennzeichnung nur des „eingesetzten Bildes“ selbst verwendet; so berichtet Rubens in seinem Brief vom 9. 6. 1607 an Chieppio von „la sacra imagine ancora della Madonna della Vallicella che va commessa dentro la sommità del quadro mio ...“ (Ch. Ruelens, Correspondance de Rubens etc., Antwerpen 1887, Bd. 1, S. 376). Diese Begriffsbestimmung läßt E. lediglich als Bezeichnung für die Art der (Wieder-)Verwendung eines Gemäldes gelten. – Paul Schubring (Cassoni) kennzeichnete solche Gemälde, die als Paneele, Türfüllungen u. dgl. geschaffen wurden, nach ihrer Zweckbestimmung als E.

Nicht als E. zu betrachten sind ferner Gemälde, die zu einem späteren Zeitpunkt teilweise mit getriebenem Metallblech o. a. Material „bekleidet“ wurden, so daß nur noch die Köpfe der gemalten Figuren sichtbar bleiben und dadurch ein ähnlicher Eindruck wie bei echten E. entstehen kann.

Es ist durchaus möglich, daß diese Gestaltungen (und ebenso gewisse Formen der Verbindungen von Bild und Bilderrahmen) bei der Entstehung von E. im ausgehenden 16. Jh. eine Rolle spielten, so wie später umgekehrt E. formale Anregungen für verschiedene Denkmälergruppen vermittelten (s. u. IV).

II. Entstehung

Eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Entstehung des E. war die in den Konzilbeschlüssen von Trient ausgesprochene Stellungnahme der katholischen Kirche „de invocatione, veneratione et reliquiis sanctorum et sacris imaginibus“ (sessio XXV): Bilder Christi, der Gottesmutter und der Heiligen sollen beibehalten werden „quoniam honos, qui eis exhibetur, refertur ad prototypa, quae illae repraesentant“.

Dabei hat das überkommene Bildwerk, und zumal das Gnadenbild, den jeweils neugeschaffenen Werken die ihm bereits zuteil gewordene Verehrung voraus, pia consuetudo verleiht ihm einen zusätzlichen Wert (vgl. Th. Aschenbrenner, Die tridentinischen Bildvorschriften, Diss. Freiburg i. Br. 1925; H. Jedin, Entstehung und Tragweite des Trienter Dekrets über die Bilderverehrung, Tübinger Theol. Quartalschr. 116, 1935, 143ff.). Der geistig-religiöse Bedeutungsgehalt haftet unmittelbar an der materiellen Substanz des alten Gnadenbildes, dessen Kopien zwar auf diese Würde hinweisen können, niemals aber geht sie auf die Kopien über. So entstand das Bedürfnis nach Übernahme des überkommenen Gnadenbildes bei Neubau oder Neuausstattung seines Aufbewahrungsortes, zugleich damit aber auch die künstlerische Aufgabe, durch die formale Gestaltung den Vorgang der Übernahme zu interpretieren.

Das reliquienmäßig eingeschätzte Gnadenbild und das gewöhnliche Rahmengemälde sind Gegenstände von verschiedenem Realitätsgrad. Die Aufgabe, Reliquie und Bild zu vereinigen, war der bildenden Kunst, seit es christliche Kunst gab, gestellt. Sie wurde u. a. durch das Bergen von Reliquien im plastischen Bildwerk (vgl. Harald Keller in Fs. f. Hans Jantzen, Bln. 1951, 71–91; Braun, Reliquiare S. 443), durch das Einfügen der sichtbar bleibenden Reliquie in eine Bild- oder Relieftafel (vgl. die hl. Kreuzreliquiare des 12. und 13. Jh. aus dem Maasgebiet und vom Niederrhein, etwa Braun, Reliquiare Abb. 350) oder figurengeschmückte breite Rahmen für das Reliquiengefach (z. B. Raudnitz, Schloßmus. Inv. Nr. VIII. Fa 8, vor M. 15. Jh.: Antonin Matějček, Got. Mal. in Böhmen, Prag 1939, Abb. 259) gelöst. Das Neue am E. ist die Tatsache, daß die „Reliquie“ selbst ein Bild ist, genauso wie das Rahmengemälde, mit dem es vereinigt und von dem es gleichzeitig abgesetzt werden muß.

Die Unterscheidung von Kunstwerken gleicher technischer Beschaffenheit auf Grund einer in außerkünstlerischem Sinne verschiedenen Qualität scheint erstmals im 16. Jh. gemacht worden zu sein.

Das Motiv der Hervorhebung des Bildinhalts durch gemeinsame Darstellung von Bild und Rahmen mit gleichen künstlerischen Mitteln findet sich in der Graphik des 16. Jh. häufiger, zumal bei Titelseiten und Porträts (als besonders interessantes Beispiel zu nennen: Barth. Sprangers Allegorie auf den Tod seiner Gattin, 1600, RDK I 357/58, Abb. 10). Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang auch die in den Niederlanden in der 2. H. 16. Jh. – vielleicht in bewußtem Anschluß an ältere Vorbilder (vgl. etwa Matějček a. a. O. für böhmische, Mantegnas Gem. in Berlin, Kl. d. K. 1910, S. 157, für italienische Beispiele) – beliebte Zusammenfassung von Bildtafel und figurenreich geschmücktem, inhaltlich zugehörigem Bilderrahmen.

Bezeichnend für die einem eingesetzten Bild zugemessene Bedeutung ist die Geschichte des Wandtabernakels des Berliner Staatl. Mus., das dem im 4. V. 15. Jh. tätigen Mailänder Bildhauer Luigi di Gianpietro Capponi zugeschrieben wird (Kat. Frieda Schottmüller Nr. 344): als das Werk seiner ursprünglichen Verwendung entfremdet wurde, beseitigte man den Verschluß des Tabernakelgehäuses und fügte an seiner Stelle ein eingesetztes Bild ein, ein Gemälde mit der Darstellung des auf Wolken stehenden, mit einem Lendenschurz bekleideten Christus, der die Rechte segnend erhebt und in der Linken die Weltkugel hält. So konnte das Werk als Altarretabel wiederverwendet werden.

Das Einfügen des verehrten Bildes in die Komposition eines neuen Altarbildes, d. h. die Schöpfung des E., scheint zuerst im 4. V. 16. Jh. in Oberitalien bekannt geworden zu sein. Im Depot des K.F.M. Berlin befindet sich ein E., das wohl aus einer Kirche in Bologna stammt (Abb. 1), ein von dem aus der Vasariwerkstatt kommenden Prospero Fontana † 1597 signiertes Rahmengemälde für ein Ovalbild mit Darstellung der Pietà von dem bis 1449 nachweisbaren Bologneser Meister Orazio di Jacopo.

Die für die Ausbreitung von E. entscheidende Gestaltung ist Rubens zu verdanken, der in seinen 1607 und 1608 geschaffenen beiden Fassungen für das Hochaltarbild der Chiesa Nuova in Rom die Bildgattung des E. aufgriff. Rubens’ Schaffen für die Chiesa Nuova läßt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Problem der Bildgattung erkennen und erlaubt uns einen unmittelbaren Einblick in die Entstehung des E.

In der nur vorübergehend aufgestellten ersten Fassung, dem heute im Mus. zu Grenoble aufbewahrten Gemälde (Oldenbourg S. 23), nimmt das eingesetzte Bild, die Madonna di Vallicella, die Stelle der Muttergottes in einer Darstellung der Santa Conversazione ein; die Verehrungswürdigkeit des Gnadenbildes unterstreichen Engelputten, die es halten bzw. umschweben, sowie die angedeutete Einordnung des Bildes in eine Triumphbogenarchitektur (vgl. dazu Hans Gerh. Evers, P. P. Rubens, Mchn. 1942, S. 54–56). In der zweiten, endgültigen Fassung des Hochaltarbildes tritt das Gnadenbild so stark in den Vordergrund, daß alle Motivierungen, die in der ersten Fassung die Übernahme des alten Gnadenbildes in das neue Altarbild rechtfertigten, entfallen konnten: die Triumphbogenarchitektur fehlt und mit der Ausscheidung der Heiligen, denen jetzt zwei eigene Gemälde zugebilligt wurden, ist auch der Bezug auf Darstellungen der Santa Conversazione aufgegeben. Alleiniges Bildthema ist die von Engeln verehrte Muttergottes, deren Verherrlichung durch das – freilich barock abgewandelte – Bildschema der Imago glypeata unterstrichen wird. Der ovale Rahmen des Gnadenbildes übernimmt hierbei die Funktion der Gloriole (vgl. in diesem Zusammenhang die Darstellung der Madonna di Vallicella auf dem Titelkupfer zu C. Baronius, Annales Ecclesiastici, Antwerpen 1601: Evers a. a. O. Abb. 19).

Mit der Zweitfassung (ebd. Abb. 24) hatte Rubens eine inhaltlich und formal gleicherweise befriedigende Lösung geschaffen: das Gnadenbild beherrscht eine Darstellung, an deren künstlerischem Aufbau alle Teile des E. gleichmäßig teilhaben. So wurde sein Bildschema für die folgenden beiden Jahrhunderte geradezu zum Kanon für E., während er selbst und seine Werkstatt in den folgenden anderthalb Jahrzehnten ebenso schnell wie konsequent den gesamten Bereich der in E. beschlossenen künstlerischen Möglichkeiten durchmaß (s. u. IV).

Eine fast gleichzeitige Parallele zu Rubens’ E. ist das E. des dritten Altars an der südlichen Mittelschiffswand von S. Marco zu Florenz. Hierher hatte der Aretiner Bischof Ricci ein Mosaikfragment aus der abgebrochenen Marienkapelle in Alt.-St-Peter in Rom, um 706 geschaffen, übertragen lassen. Das Mosaik mit Darstellung einer Maria orans wurde als Mittelpunkt eines Altarbildes wiederverwendet und die hll. Raimund und Dominikus sowie Engel in Mosaik imitierender Freskomalerei 1609 hinzugefügt (Walter u. Elisabeth Paatz, Die Kirchen von Florenz, Bd. 3, Ffm. 1952, S. 26).

III. Verbreitung in Deutschland

In Deutschland wurde das E. zunächst nur vereinzelt aufgenommen. Bereits 1629 entstand in dem Altar der Preysingkapelle in der Klosterkirche Seligental bei Landshut ein aus plastischen Figuren aufgebautes E. (das eingesetzte Bildwerk ist eine thronende Muttergottes mit dem Kind vom A. 14. Jh.: Rich. Hoffmann, Bayerische Altarbaukunst, Mchn. 1923, Taf. 115). Doch erst im späteren 17. und vor allem im 18. Jh. wurden E. beliebter, ohne zahlenmäßig den in (Ober-)Italien herrschenden Reichtum auch nur annähernd zu erreichen. Da einige der frühen deutschen Beispiele im Zusammenhang mit dem Wirken von Italienern stehen bzw. von deutschen Künstlern, die Italien kannten, geschaffen wurden, darf man vermuten, daß die Einbürgerung des E. in Deutschland durch Einfluß italienischer Vorbilder und Künstler erfolgte.

Für die Kopie des Innsbrucker Mariahilfbildes, die Kaspar Waldmann 1654 fertigte, schuf Joh. Paul Schor in Rom das Rahmengemälde (Karl Böhm, Die landschaftliche Wallfahrtskirche Mariahilf-Innsbruck, Innsbruck 1955, S. 19ff. m. Abb.). – Über die Errichtung des Gnadenaltares der Mariahilfkirche in Vilshofen wurde am 2. 5. 1693 ein Vertrag mit Andrea Solari abgeschlossen (Abb. 2; Inv. Bayern IV, 14, S. 358; das eingesetzte Bild, eine Replik des Passauer Mariahilfbildes, datiert von 1656).– Cranachs Mariahilfbild in der Innsbrucker Stadtpfarrkirche St. Jakob erhielt 1728 von dem Oberitaliener Antonio Balestra ein Rahmengemälde, das allerdings 1788 dem heute dort befindlichen von Jos. Schöpf weichen mußte und jetzt im Mus. Ferdinandeum aufbewahrt wird (Kat. 1928, Nr. 566 S. 67).

Bezeichnenderweise sind alle genannten eingesetzten Bilder Mariahilfbilder. Da die Urbilder dieses im Barock in Süddeutschland (vgl. Torsten Gebhard, Die marianischen Gnadenbilder in Bayern, in: Kultur und Volk, Fs. f. Gustav Gugitz, Wien 1954, S. 102–16) und Österreich (Gust. Gugitz, Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch Bd. 1ff., Wien 1955ff.; Hans Aurenhammer, Mariagnadenbilder Wiens und Niederösterreichs in der Barockzeit [= Veröff. d. Österr. Mus. f. Volkskde. 8], Wien 1956, Reg. S. 182) verbreitetsten Gnadenbildes als eingesetzte Bilder bewahrt wurden, übernahmen zahlreiche Repliken mit dem Bildtyp zugleich auch den Altaraufbau: so z. B. Petersbuch BA. Hilpoltstein, Mfr., um 1720 (Inv. Bayern V, 3, S. 269, Abb. 205); Mariahilfkapelle in Grüningen b. Riedlingen, M. 18. Jh. (Walter Zoller, Württ. Kapellen usw., Diss. T. H. Stuttgart 1928, S. 19f., Taf. o. Nr.); einem vereinfachten Typus gehören an: Ignaz Günthers Entwurf für den Annenaltar in München-Harlaching (Anz. G.N.M. 1932/33, S. 170 Abb. 100), Altäre in der Schloßkapelle Thurnstein, um 1760, und in St. Peter in München, 1756 (Hoffmann a.a.O. Abb. 194 u. 229). – Auch andere Gnadenbildkopien dienten häufig als eingesetzte Bilder, etwa Repliken des Maria Schnee-Bildes (Westerndorf, St. Peter, 1740: Peter von Bomhard, Die Kdm. der Stadt u. d. Lks. Rosenheim Bd. 2, 1, Rosenheim 1954, S. 84, Abb. 12).

Alle bisher genannten Beispiele folgen dem in der Chiesa Nuova gestalteten Typus. Abweichungen von diesem führten meist schnell über die Grenzen des E. hinaus, dessen geschichtliche Entwicklung recht eigentlich in der Zersetzung seiner bildmäßigen Einheit und der Überführung seines Motivschatzes in freiere Formen der Altardekoration besteht. Eine gewisse Kontinuität in der Entwicklung von E. hat wohl nur der römische Barock aufzuweisen, und auch dort ist diese in eine ziemlich kurze Zeitspanne zusammengedrängt. In ihr entstanden allerdings die für Deutschland beispielgebenden Werke.

Als besonders fruchtbar erwies sich die – in stärkerem Anschluß an manieristische Dekorationen erfolgte – Kontrastierung von eingesetztem Bild und Rahmengemälde: das gemalte Gnadenbild tragen reliefplastisch gestaltete Engel.

Diese in Rom häufiger anzutreffende Form des E. findet sich bereits bei dem Gnadenaltar der Cappella Paolina von S. M. Maggiore, dem letzten Werk des 1611 † Camillo Mariani aus Vicenza (Emilio Lavagnino und Vittorio Moschini, S. M. Magg. [= Le Chiese di Roma illustrata Nr. 7], Rom o. J., S. 82f. m. Abb.). Mit dem Verzicht auf den architektonischen Rahmen und mit vollplastischer Gestaltung der Engel entstand dann bei Bernini 1661 eine ganz neue Form, die zwar – u. a. – vom E. abgeleitet ist, mit diesem aber nichts mehr zu tun hat: die Engel bilden den Sockel und tragen den Rahmen für Pietro da Cortonas ovales Altarblatt in der Kirche zu Castel Gandolfo. Eine von einem Altarbaldachin umschlossene, sich frei im Raum entfaltende plastische Engelsgruppe, die das gemalte Gnadenbild emporträgt, schuf Carlo Fontana um 1674 für die Kirche S. M. Transpontina (Eduard Coudenhove-Erthal, C. Fontana, Wien 1930, S. 42, Abb. 15): damit waren alle Formen, die Rubens’ Gemälde aufzuweisen hatte, ins Plastische umgesetzt.

In Deutschland erstrebte man im 18. Jh. eine Verbindung plastischer und gemalter Gestaltung im E. Als Beispiele seien nur Jos. Götschs Seitenaltäre der Pfarrkirche Vogtareuth, Obb., 1772 (A. Mitterwieser, Münchner Jb. N.F. 11, 1934, S. XXVIf. Abb. 3; P. v. Bomhard a.a.O. Abb. 101), und der von Materno Bossi 1773 geschaffene Seitenaltar in St. Michael in Würzburg (Hoffmann a.a.O. Abb. 237) genannt.

Auf einen thematisch eigenwilligen Sonderfall von E. machte Eberhard Schenk zu Schweinsberg (Städel-Jb. 3/4, 1924, 87ff.) aufmerksam: im Schloßmus. Weimar befindet sich ein Gemälde Oesers mit Darstellung des niederländischen Elsheimerkopisten Hendrik Goudt bei der Arbeit. Das auf der Staffelei stehende Gemälde, das er reproduziert, ist eine Darstellung der Enthauptung Johannes d. T. von Elsheimer (?) (Abb. 3). Während Vasari für die Zeichnungen seines Libro historisierende Architekturrahmen schuf (vgl. Erwin Panofsky in Städel-Jb. 6, 1930, 25ff.), um mit deren Hilfe das kostbare „Bild“ hervorzuheben, benutzte Oeser die Form des E.: Elsheimers Medaillon wurde als eingesetztes Bild angeordnet.

IV. Imitation von Einsatzbildern

Schon bald nach der Entstehung der ersten E. wurde deren Bildform häufig imitiert. Veranlassung dazu, daß man gewöhnlichen, d. h. auf einheitlichen Malgrund gelegten und in einem Zuge entstandenen Gemälden den Anschein von E. gab, war offenbar das Bestreben, ein Gemälde besonders hervorzuheben, indem man es als eingesetztes Bild charakterisierte. In Analogie zu den echten E. sind die Mittelstücke von E.-Imitationen im Format meist rund bzw. oval und in den Abmessungen ziemlich klein. Die sie umgebende Malerei weist für den Inhalt des Mittelstückes mehr oder weniger gleichgültige Motive (Putten), oft sogar nur Dekorationen aus Blumen, Früchten und dgl. auf: ein gemalter „Rahmen im Bilde“, dessen Aufgabe es ist, vom Rund- oder Ovalformat des Mittelstückes zu dem rechteckigen Bilderrahmen überzuleiten.

Die ältesten E.-Imitationen scheinen in der Rubenswerkstatt entstanden zu sein, zumindest hat diese entscheidend zur Verbreitung des Gemäldetyps beigetragen. Es ist verlockend, in den Tafelbildern, deren Mittelstücke jeweils Mariendarstellungen von Rubens und deren Rahmengemälde von Mitgliedern seiner Werkstatt, zumal von Jan Bruegel, geschaffen wurden, die Brücke zwischen echten E. und E.-Imitationen zu sehen. Von einer solchen in Arbeitsteilung entstandenen E.-Imitation berichtet Jan Bruegel am 5. 9. 1621 in einem Brief an den Kardinal Federigo Borromeo, EB. von Mailand, als der ‚schönsten und seltensten Sache, die er in seinem Leben gemacht habe‘ (Kl. d. K., Rubens, Stg. u. Lpz. 19062, S. 229 u. 476); das Bild ist im Louvre zu Paris erhalten. Es hat einen wenig älteren Vorläufer in einem Gemälde von denselben Künstlern in der A. Pin. München (Kat. 1936, S. 213 Nr. 331, Abb. 90). Beide Werke unterscheiden sich in einer für die Geschichte des E. und der E.-Imitationen gleich charakteristischen Weise: das muntere Puttenvolk, das in München einen Blumenkranz vor das gerahmte Bild der Muttergottes hält, fehlt in Paris, wo der Blumenkranz allein als Bilderrahmen dient und die Maria bekränzenden Engel in das scheinbar eingesetzte Bild zurückgekehrt sind. Aus dem E. ist eine Abbildung eines gerahmten Gemäldes geworden.

In dieser Form blieben E.-Imitationen und auch echte E. während des ganzen Barocks beliebt. Zwar wurden in der Mehrzahl Marienbilder als eingesetzte Bilder charakterisiert, doch auch Christus- und Heiligenbilder, Darstellungen der Eucharistie (Gem. von Jan Davidsz. de Heem in Wenen und Berlin: Knipping Bd. 2, Abb. 48) und allegorische Themen (Jan Bruegel und Hendr. van Balen, Gem. von 1618 im Prado: Abb. 4; Kat. 1949, S. 86 Nr. 1414).

E. und E.-Imitationen in Form des von einem Blumenrahmen umgebenen Bildes waren im 17. Jh. besonders in den Niederlanden sehr verbreitet (vgl. die Aufzählung der flämischen Beispiele bei Moritz Hauptmann, Der Tondo, Ffm. 1936, S. 284 Anm. 7). Von dort aus wurden sie, begünstigt durch die vielfältigen historischen Beziehungen zu den Niederlanden, rasch im gesamten deutschen Sprachgebiet verbreitet; eine wichtige Vermittlerrolle dürfte dabei auch die Graphik des 17. Jh. gespielt haben.

Von den bisher genannten E.-Imitationen, bei denen der formale Anschluß an die Bildform des E. entscheidend war und daher das eingesetzte Bild stets als Kernstück des Gemäldes erschien, unterscheidet sich eine zweite, zumal im 18. Jh. zahlreichere Denkmälergruppe, die das E.-Motiv im Hinblick auf seinen Bedeutungsgehalt imitierte: in ovalen oder elliptischen Bildern, die von Engeln getragen werden, sind heilige Personen, Geschehnisse oder Kirchenlehre, die als Vision erschaut wurden, dargestellt. Diese scheinbar eingesetzten Bilder sind innerhalb einer größeren szenischen Erzählung verwendet und dienen dazu, die in der Heiligenhierarchie höchststehende Person oder dgl. in ihrem Rang zu kennzeichnen. Die Fläche des eingesetzten Bildes ersetzt Gloriole, Mandorla, Strahlenkranz usw. (oder unterstreicht diese Auszeichnungen).

Als Beispiele seien hier genannt: Andreas Brugger, Gem. mit der Marienvision des hl. Bernhard von Clairvaux im sog. Bernhardsgang des Salemer Kreuzgangs (Fot. Lala Aufberg, Sonthofen, Nr. 68 678); Ignaz Günthers Relief vom Chorgestühl der Münchner Frauenkirche, 1774 (Joachim und Anna wird durch eine Vision die unbefleckte Empfängnis Mariä verkündigt, Abb. 5).

Eine große Gruppe von E.-Imitationen bilden Gemälde, bei denen ein Bildnis – meist ein oval gerahmtes Brustbild – als eingesetztes Bild charakterisiert ist (eine Vorstufe: Hans Mielichs Selbstbildnis, 1571: B. H. Röttger, der Maler H. M., Mchn. 1925, S. 42). Wenn das gerahmte Bildnis in die Darstellung eines Denkmals oder Bauwerks eingefügt ist, so nimmt es meist die zentrale Stelle ein (z. B. Abb. 6 oder Adriaen v. d. Werffs Bildnis des Franciscus Junius, A. Pin. Inv.Nr. 1185). Auch in der Freskomalerei wurden derartige Gemälde imitiert (Meersburg, Neues Schloß, G. B. Götz). Häufiger jedoch weisen ganzfigurige Personifikationen, mythologische Figuren oder historische Personen aus der Familie des Dargestellten das Bildnisoval vor (z. B. Francis H. Dowley, French Portraits of Ladies as Minerva, Gaz. des B.-A. 97 [45], 1955, 261–86; das gleiche Motiv begegnet in der Graphik wie auch auf Grabdenkmälern und Epitaphen). In diesen Gemälden erhielt das eingesetzte Bild nur selten den Platz in der Bildmitte; das von der Personifikation der Malerei wie ein Schild gehaltene Selbstbildnis des Malers (Abb. 6) mag den Typus dieser Werke zeigen, in denen sich die Grenze zwischen E. und dem allgemeinen Problem des „Bildes im Bilde“ verwischt.

Zu den Abbildungen

1. Orazio di Jacopo, vor 1449 (eingesetztes Bild), und Prospero Fontana, † 1597 (Rahmengemälde), Schmerzhafte Muttergottes, von Engeln verehrt. Lwd., 2,18 × 1,39 m, einges. Bild Holz. Berlin, ehem. Depot des K.F.M., Inv.Nr. 1516. Fot. Mus.

2. Vilshofen (Ndb.), Mariahilfkirche, Hochaltar. Das eingesetzte Bild Kopie des Passauer Mariahilfbildes von 1656, Altar und Rahmengemälde 1693. Fot. Ernst Guldan, Göttingen.

3. Adam Elsheimer (?), 1578–1610 (eingesetztes Bild), und Adam Frdr. Oeser, 1717–99 (Rahmengemälde), Der Maler Hendrik Goudt kopiert ein Werk Elsheimers. Rahmengem. auf Holz, 35 × 27 cm, einges. Bild auf Kupfer, 6,5 × 5,2 cm. Weimar, Schloßmus. Vor 1782. Fot. Mus.

4. Jan Bruegel d. Ä. (Rahmengemälde) und Hendrik van Balen (einges. Bild und Figuren des Rahmengem.), Cybele im Kreis der Jahreszeiten. Lwd., 106 × 73 cm. Madrid, Prado Nr. 1414. Um 1610–20. Fot. Hanfstaengl, München.

5. Ignaz Günther, Joachim und Anna wird in einer Vision die unbefleckte Empfängnis offenbart. München, Frauenkirche, Relief vom ehem. Chorgestühl. Lindenholz, vergoldet, 100 × 42 cm. 1774. Fot. Bayer. L.A. f. Dpfl., München.

6. Adriaen van der Werff, allegorische Verherrlichung des Kurf. Johann Wilhelm u. s. Gemahlin Maria Anna Loisia Medici. Gem. auf Eichenholz, 81 × 58 cm. München, A. Pin. Nr. 260 (465). 1716. Fot. Mus.