Einhorn
englisch: Unicorn, hunting of the Unicorn; französisch: Licorne, chasse à la licorne; italienisch: Unicorno, caccia all'unicorno.
Liselotte Wehrhahn-Stauch (1958)
RDK IV, 1504–1544
I. Begriff
Das E. – lat. unicornis; griech. μονόκερως; ahd. einhurno, mhd. einhorn, einhurne, einhürne, eingehürn, bei Wolfram von Eschenbach monizirus; früh-nhd. einkürn (Kluge-Mitzka S. 159) – ist ein Fabeltier; es hat in seiner ausgebildeten Form in der abendländischen Kunst die Gestalt eines Pferdes mit Ziegenbart, gespaltenen Hufen und einem langen, schlanken, geraden, meist spiralig geriefelten und schräg nach oben gerichteten oder nach vorn herunterhängenden Horn mitten auf der Stirn. Das E. hatte – ähnlich wie der Drache – bis weit in die Neuzeit eine außerordentliche Bedeutung. Außer den verschiedenen Arten von Nashörnern, die auf der Nase ein nach oben gerichtetes kurzes, stumpfes Horn tragen und zur Ordnung der Unpaarhufer gehören, ist in der Tierwelt kein einhörniges Lebewesen bekannt. Gleichwohl hat das E. in der chinesischen, indischen, islamischen und abendländischen Kultur Gestalt und Wesen gewonnen, indem sich in einer Jahrtausende währenden Entwicklung Beobachtetes, Gehörtes, Überliefertes, Mißverstandenes und Phantasiertes aus den verschiedensten Quellen zusammenfand.
Der Glaube an dieses Fabeltier bestand durch das ganze MA hindurch fast uneingeschränkt; Zweifel an seiner realen Existenz sind erst seit der Neuzeit öfter laut geworden (s. u. IV. C).
Die literarischen Zeugnisse, in denen das E. genannt, charakterisiert und symbolisch gedeutet wurde, sind unübersehbar. Sie mußten daher so ausgewählt werden, daß sie die Entstehung der Gestalt und die Eigenschaften des E., soweit sie zu Bildvorstellungen geführt haben, deutlich werden lassen (umfassende Behandlung der Quellen bei Cohn [21]). Beim Überblick über die Denkmäler konnte es nur darauf ankommen, jeden Darstellungstypus und seine Verknüpfung mit der literarischen Tradition an einer Reihe von Beispielen aufzuzeigen.
II. Gestalt und Wesen nach den beschreibenden Quellen
Die für die bildlichen Darstellungen des E. in der abendländischen Kunst wichtigsten literarischen Quellen – Äußerungen antiker Autoren (A), Bibelstellen (B), Physiologus und in seinem Gefolge die Bestiarien des MA (C) sowie Kirchenschriftsteller (D) – gehen letzten Endes alle auf fern-, mittel- oder nah-östliche Vorstellungen zurück. Spätere Ausschmückungen des Physiologus betonen den ursprünglich erotischen Gehalt der Fabel (E). Herkunft und Alter anderer E.-Jagdlegenden (F, G) sind noch nicht hinreichend bekannt.
A. Der griechische Arzt Ktesias aus Knidos, der 401 v. Chr. an den Hof Artaxerxes’ II. von Persien gekommen war, gab in seinem das damalige Wissen über Indien zusammenfassenden Buch „Indica“ (Photii Biblioteca, hrsg. v. Immanuel Bekker, ed. derselbe, Berlin 1824, S. 48) Kunde von einem seltsamen Tier: in Indien gäbe es wilde Esel, die so groß wie Pferde und größer seien. Ihre Körper seien weiß, ihre Köpfe dunkelrot und ihre Augen dunkelblau. Sie hätten ein mehrfarbiges, ungefähr 1½ Fuß langes Horn auf der Stirn. Aus diesem Horn hergestelltes Pulver, als Getränk verabreicht, schütze gegen tödliche Drogen. Wer aus einem aus diesem Horn hergestellten Gefäß trinke, sei gefeit gegen Krämpfe und Epilepsie und ebenso gegen Gift. Das Tier sei ausnehmend schnell und kraftvoll, so daß keine Kreatur es einholen könne.
Dieser Bericht verdankt seine Entstehung möglicherweise Erzählungen von Reisenden, Jägern und Kaufleuten aus dem weiteren Osten. Nachrichten über die Schnelligkeit und Wildheit des Wildesels (Onager), die geraden Hörner der tibetanischen Antilope (Oryx), die im Profil gesehen wie ein Horn wirken, und das einzige Horn des Nashorns könnten hier zusammengewürfelt worden sein [30, S. 31f.]. Ktesias könnte ferner durch die Reliefs am Königspalast von Persepolis, die die Darstellung des Auerochsen (Bos primigenius) am Ischtartor in Babylon wiederholten und das Tier im Profil, d. h. einhörnig, zeigten, beeinflußt worden sein ([20]; [26] S. 416 Abb. 142f.; [29]). Der Name karkadann, unter dem das E. in der islamischen Welt eine große, in vielem ähnliche Rolle spielt wie im Abendland [32], stammt aus dem Sanskrit (kartājan). Jedoch ist der frühen indischen Literatur die magische Kraft des Hornes unbekannt [32, S. 99 Anm. 6]. Der Glaube an sie scheint aus China, wo er auf sehr frühe Zeiten zurückgeht [32, S. 112 u. Anm. 53], gekommen zu sein. Dort wird dem Horn des indischen Rhinozeros noch heute giftabwehrende Kraft zugeschrieben [50, S. 177]. In China war das E., das sanfte, wohltätige Chi-lin mit dem Körper eines Hirschs, mit Pferdehufen und Ochsenschwanz und einem zwölf Fuß langen Horn, ein heiliges Tier, das in den fünf heiligen Farben leuchtete, die Einsamkeit liebte und sich nicht fangen ließ. Sein Erscheinen galt als gutes Omen, was bereits aus dem Jahre 2697 v. Chr. überliefert ist (Henri Doré, Recherches sur les superstitions en Chine, Schanghai 1912, Teil 1, Bd. 1, S. 446ff.). Von Ktesias ging die Kunde zu Aristoteles, der den einhörnigen und einhufigen indischen Esel und den einhörnigen paarhufigen Oryx nennt (Hist. anim. II, 1, 499 b), und über Megasthenes, der die Quelle für Älian ist, zu Strabon (Geogr. 15, 710). Selbst Caesar berichtet von der Existenz einer aus Körperformen des Ochsen und des Hirsches gemischten E.-Art im „herkynischen Wald“ (De bello gallico Buch 6, Kap. 26). Die Überlieferung vom E. wurde nun immer reicher; Plinius und Älian kannten bereits sieben einhörnige Tiere: das Rhinozeros, den indischen Esel, den Oryx, den indischen Ochsen, das indische Pferd, den Bison und das E. (unicornis) [30, S. 34]. Bei Plinius d. Ä. (Nat. hist. 8, 76) wird das E. (unicornis) als außerordentlich wild geschildert und mit einem Hirschkopf, Elefantenfüßen, Eberschwanz und Pferdekörper. Älian (De nat. anim. 4, 52) wiederholt Ktesias’ Geschichte vom einhörnigen wilden Esel und macht aus der 1½ Fuß betragenden Länge des Hornes 1½ Ellen. Er fügt hinzu, daß in Indien von den Mächtigen die Hörner als Trinkgefäße benutzt und mit goldenen Ringen geschmückt würden. Von Bechern aus den Hörnern einhörniger Pferde und Esel in Indien, in denen Gift seine Kraft verliere, ist schon vorher (3, 41) kurz die Rede. An anderer Stelle (16, 20) berichtet er vom monoceros, das die Inder „kartazonon“ (vgl. kartājan – karkadann) nennen. Es lebe in den Bergen des inneren Indien, sei so groß wie ein ausgewachsenes Pferd, habe eine Mähne, lohfarbenes Haar, Füße wie ein Elefant, einen Ziegenschwanz und zwischen den Augenbrauen ein sehr scharfes, schwarzes Horn mit natürlichen Windungen. Es habe ferner eine sehr laute, weittragende Stimme und sei ausnehmend schnell und kraftvoll. Die ausgewachsenen Tiere könnten nicht gefangen werden. Es liebe die Einsamkeit, kämpfe gegen seine eigene Art und sei nur zur Paarungszeit sanft zu den Weibchen. Davon streng geschieden wird das Nashorn (17, 44) behandelt. Seine Kenntnis setzt Älian bei den Griechen und Römern voraus und beschränkt sich darauf, festzustellen, daß es auf der Nase ein Horn habe, das dem Eisen an Stärke nicht nachstehe. Im Kampf um die Weideplätze schlitze es damit dem Elefanten den Bauch auf; gelinge ihm das aber nicht, so ergreife es dieser mit seinem Rüssel und zerreiße es mit den Zähnen. Solinus (Collectanea 52, 39) fügt ein Horn „splendore mirifico“ hinzu, das vier Fuß lang sei und mit dem das angreifende Tier alles leicht durchbohren könne. Trotz all dieser Berichte hatte das E. weder in der schöpferischen Literatur und der bildenden Kunst noch in Mythologie und religiösem Symbolismus der antiken Welt wirkliches Leben; es lebte nur von Buch zu Buch; wenn es tatsächlich im antiken Volksglauben vorgekommen sein sollte, so hat es doch keinerlei Spuren hinterlassen. Weder Galen noch Hippokrates noch Dioskurides erwähnen seinen therapeutischen Wert [30, S. 40]. Es bedurfte des Hinzukommens anderer Quellen, um die E.-Sage zu dem breiten Strom zu machen, der die abendländische Vorstellungswelt und Kunst so reich befruchten sollte.
B. In der Bibel wird an verschiedenen Stellen des A.T. das Re’em erwähnt, ein gehörntes – doch nicht einhörniges – Tier von großer Kraft, Wildheit und Unbezähmbarkeit, das wahrscheinlich mit dem Auerochsen (Bos primigenius) identisch zu denken ist. Henry Baker Tristram (Natural History of the Bible, London 1867, S. 146) hat das Re’em mit den Ochsenskulpturen von Ninive in Verbindung gebracht. Die Übersetzer der Septuaginta schlossen aus seinen Eigenschaften, daß es das μονόκερως sei. In der Vulgata ist Re’em mit unicornis und an manchen Stellen mit rhinoceros übersetzt, weil vermutlich der hl. Hieronymus, wie viele nach ihm, das μονόκερως der Griechen für das rhinoceros hielt. Gregor d. Gr. sagt ausdrücklich: „Rhinoceros iste, qui etiam monoceros in Graecis exemplaribus nominatur“ (Morales 31, 15: Migne, P.L. 76, 589).
In der Bibel wird das unicornis-rhinoceros an acht Stellen erwähnt: 4. Mos. 23, 22 u. 24, 8; 5. Mos. 33, 17; Hiob 39, 9–12; Ps. 22 (21), 22; Ps. 29 (28), 6; Ps. 92 (91), 11; in der Vulgata außerdem Ps. 77, 69. Unter Bezugnahme auf diese Stellen haben die Kirchenlehrer das E. symbolisch gedeutet (s. III).
C. Eine für die abendländische Kunst entscheidende Bereicherung empfing die Gestalt des E. durch den Physiologus, in den wiederum altes orientalisches Vorstellungsgut eingegangen war. Seine Beschreibung des E. stimmt nur bezüglich der Wildheit und Unbezähmbarkeit mit den bisher bekannt gemachten Zeugnissen überein; Physiologus sagt über das E., es sei „ein kleines Tier ähnlich einem Bock. Es ist aber so leidenschaftlich und stark, daß der Jäger sich ihm deswegen nicht nahen kann. Es hat ein Horn mitten auf seinem Kopfe. Wie es aber gejagt wird, werde ich nun sagen: sie führen ihm eine reine, geschmückte Jungfrau vor. Und das Tier springt in den Schoß (an den Busen) der Jungfrau. Und sie gewinnt Gewalt über es, und es folgt ihr und sie führt es gefangen in den Palast zum König“ (übers. nach dem Text des griech. Phys. bei Lauchert [19] S. 254).
Aus der entsprechenden Stelle in den Koiraniden des Hermes Trismegistos (S. 71, 6; Ende 1. Jh. n. Chr.), daß das Rhinozeros durch Wohlgerüche oder eine schön gekleidete Frau gefangen werden könne, und einer ähnlichen auf den Elefanten bezüglichen bei Timotheus von Gaza kann auf eine Verbreitung dieses Märchens in Syrien (Palästina) geschlossen werden [31, S. 47f.]. Der Physiologus schuf seine Geschichte, indem er – wie die Kirchenlehrer (s. II. B) – von der Identität von rhinoceros und monoceros ausging. Der allem Anschein nach erotische Ursprung der Fanggeschichte und die Verbindung des Nashorn-E. mit Indien gibt der Meinung Lüders’ [23] und nach ihm Ettinghausens [32], der Prototyp der Geschichte sei in einer Legende des Mahābhārata zu suchen, viel Wahrscheinlichkeit: der junge Eremit Rsyasrnga war der Sohn von Rsí Vibhāndaka und einer Gazelle; so wuchs auf seiner Stirn ein einzelnes Horn. Darum wurde er Gazelle-Horn oder auch E. genannt. Als das Königreich Anga von einer Dürre heimgesucht wurde, rieten die Brahmanen dem schuldigen König, den keuschen Rsyasrnga in das Land zu bringen. Des Königs Tochter Sāntā näherte sich ihm als eine ihre Sünden bereuende Schülerin und erweckte des Eremiten Liebe. Sie lockte ihn in ihre Zelle auf einem getarnten Floß, das gen Anga in Bewegung gesetzt wurde. Die Dürre wurde von Regen abgelöst, und E. heiratete die Königstochter [32, S. 95f.]. – Eine weniger wahrscheinliche Ableitung gibt Shepard [30, S. 67].
Der griech. Physiologus, der der Urfassung am nächsten steht, läßt das E. von der Jungfrau zum König gebracht werden und kommt damit der indischen Legende sehr nahe. Der Jäger (auch mehrere Jäger) wurde erst im Zuge der Erweiterungen durch die Bestiarien eingeführt, ist aber keineswegs immer vorhanden. Ohne seine Hinzufügung hätte die Vorstellung von der E.-Jagd im Hortus conclusus (s. V. A. 4) nicht entstehen können. In manchen Bestiarien (z. B. ms. Harl. 4751 der U.B. Cambridge, lat. 12. Jh.) wird unicornis mit rhinoceros gleichgesetzt, trotzdem beließ man diesem aber das Horn mitten auf der Stirn [53, S. 70]. Vom E. wird die Fanggeschichte des Physiologus berichtet und gleichzeitig der Kampf gegen den Elefanten, den Plinius und Älian vom Rhinozeros erzählen (s. II. A).
Davon gesondert gibt es das monoceros der Alten, das sich aus Pferd, Elefant und Hirsch zusammensetzt, ein Horn von wunderbarem Glanz (nach Solinus s. o.) hat und lebend nicht gefangen werden kann [53, S. 43f.].
D. Obwohl der hl. Ambrosius die Existenz des E. bezweifelte (De benedict. Patriarch. 11, 55: Migne, P. L. 14, 725), haben die Kirchenlehrer – er selbst Inbegriffen – nicht auf die Fanggeschichte verzichtet. Gregor d. Gr. berichtet sie zusammen mit dem E.-Elefantenkampf vom rhinoceros-monoceros (Morales 31, 15: ebd. 76, 589f.). Die Fassung, die ihr Isidor von Sevilla gab (Etym. 12, 53: ebd. 82, 435f.), wurde durch vielfaches wörtliches oder leicht verändertes Abschreiben Allgemeingut des Mittelalters. Zu ihrer Verbreitung trugen ebenso die in fast allen Sprachen des Ostens und Westens geschriebenen Übersetzungen und die Erweiterungen des Physiologus (Bestiarien) bei.
E. In der syrischen Version des Physiologus tritt der ursprünglich erotische Gehalt der E.-Fanggeschichte mit voller Deutlichkeit zutage. Die Jäger führen eine reine Jungfrau heran; das Tier wirft sich auf sie; sie bietet ihm ihre Brüste, es beginnt daran zu saugen; das Mädchen ergreift das Horn des Tiers. Die Jäger kommen, fangen es und bringen es zum König (lat. Übers. von J. P. L. Land in: Anecdota syriaca, Leiden 1870, Bd. 4, S. 146). Im äthiopischen Physiologus umarmt die Jungfrau es und hält es an ihrem Busen fest [21, I S. 25]. Der Araber Damir berichtet, daß das E. gefangen werde durch eine schöne Jungfrau, die es mit ihrer Milch (!) trunken mache [21, I S. 20]. Giovanni di San Gimignano (Summa de exemplis 2, 123) läßt die Jungfrau nackt und an einen Baum gebunden sein [21, I S. 24]. Bei Hildegard von Bingen († 1179) sind es mehrere Jungfrauen, und sie müssen edel geboren und weder zu kindlich noch zu alt sein (Physica 7, 5: Migne, P. L. 197, 1317). Bei Rudolf von Ems († um 1250) kommt das Motiv der Jungfräulichkeitsprobe hinzu: das E. bemerkt, wenn das Mädchen keine Jungfrau mehr ist und durchbohrt es mit seinem Horn als Strafe für den Betrug (Weltchronik Vers 1793ff., ed. Gustav Ehrismann, Bln. 1915). Die Rolle der Jungfrau kann nach Johannes Tzetzes auch von einem Jüngling in parfümierten Mädchenkleidern gespielt werden [30, S. 56]; das erinnert an die Wohlgerüche, durch die das Nashorn bei Hermes Trismegistos (s. II. C) angelockt wurde. Diese wurden im MA zum Duft von Jungfräulichkeit und Keuschheit umgedeutet [21, I S. 25].
F. Das wilde E. kann noch auf andere Art gefangen werden: Der Jäger stellt sich vor einen mächtigen Baum und zielt auf das Tier; dieses rennt voller Angriffswut auf ihn zu, er springt beiseite, das Tier rennt mit seinem scharfen Horn in den Baum, bleibt darin stecken und kann gefangen werden. Diese Geschichte ist im 12. Jh. in Iran vom Rhinozeros bekannt [32, S. 45 Anm. 26]. Daß sie im christlichen Bereich eine weit ältere Tradition hat, beweist eine Darstellung des 9. Jh. (s. V. C). Cohn [21, I S. 18] hat jedoch trotz seiner umfassenden Quellenkenntnis die betreffenden Stellen bei zwei Kirchenschriftstellern, die Cahier gelesen haben will, nicht gefunden. Die Kenntnis der Fabel war auch in der Neuzeit verbreitet (Shakespeare: Julius Caesar II, 1, 208; Timon von Athen IV, 3, 339; vgl. ferner Grimms Märchen vom tapferen Schneiderlein). Die gleiche Geschichte existiert vom E. und seinem Kampf mit dem Löwen [30, S. 241].
G. Wie sich das E. der Verfolgung entzieht, berichtet Kosmas Indikopleustes, um 550 (Topographia christiana, Buch 11: Migne, P. G. 88, 444). Wenn das Tier, von vielen Jägern verfolgt, fast schon gefangen sei, stürze es sich in einen Abgrund; es drehe sich so im Sturze, daß das Horn die Gewalt des Sturzes auffange, und entkomme unverletzt (Ms. Vat. gr. 1699, 8. od. 9. Jh.; die Illustrationen direkt nach Kosmas’ Zchgn. kopiert: [30] S. 192; vgl. auch [37] S. 18).
III. Symbolik
Physiologus und Kirchenlehrer gaben dem E. und dem E.-Fang symbolische Auslegungen, die zu der Fülle der E.-Darstellungen mit theologischem Symbolgehalt geführt haben. Der erotischen Komponente der E.-Fabel bemächtigte sich die Minnedichtung, und von ihr ist eine Gruppe von profanen E.-Darstellungen herzuleiten.
Der hl. Ambrosius deutete im Anschluß an 5. Mos. 33, 17 durch Gleichsetzung von unicornis und unigenitus das E. auf Christus (Migne, P. L. 14, 1099). Hrabanus Maurus gab Ps. 29 (28), 6 Anlaß, das E. und 4. Mos. 23, 22 das Rhinozeros als ein Symbol Christi anzusehen: „Rhinoceros Christus Dominus intellegi propter invictam fortitudinem“ (ebd. 111, 220). Der Physiologus fügte seiner E.-Fanggeschichte eine ebenfalls auf Christus bezogene Auslegung an (übers. nach dem griech. Phys.: [19] S. 254):
„Nun aber nimmt es die Rolle unseres Erlösers an, denn es wurde aus dem Hause unseres Erzvaters David ein Horn zu unserer Erlösung aufgerichtet (Lk. 1, 69). – Die Engelmächte vermochten keine Gewalt über ihn auszuüben. Denn er nahm Wohnung in dem Leibe der wahrhaften Jungfrau Maria, und das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns (Joh. 1, 14).“ Es ist deutlich, daß das E. auch unabhängig vom Physiologus, vielleicht sogar schon vor ihm, als Symbol Christi angesehen wurde.
Honorius Augustod. setzte die Deutung auf die Menschwerdung Christi fort: „Per bestiam hanc Christus exprimitur, per cornu ejus insuperabilis fortitudo exprimitur. Qui in uterum virginis se reclinans captus est a venatoribus, id est in humana forma inventus est a suis amatoribus“ (Speculum ecclesiae. De nativitate Domini: ebd. 172, 819). Hugo von St. Victor (ebd. 177, 59) spann die Symbolik nochmals weiter aus: „Sic et Dominus Jesus Christus spiritualis unicornis descendens in uterum virginis per carnem ex ea sumptam captus a Judaeis, morte crucis damnatus est ... Quia vero habet hoc animal unum cornu in capite, significat hoc quod Salvator ait: Ego et Pater unum sumus (Joh. 10) ... Quia acerrimum dicitur, significat quod neque principatus neque potestates, neque throni neque dominationes intelligere Deum valent sicut est. Quia autem dicitur pusillum, propter incarnationem ejus et humilitatem dicitur ... Haedo autem similis est unicornis, quia Salvator, secundum Apostolum, factus est in similitudinem carnis peccati, ut de peccato damnaret peccatum (Römer 8).“
Konrad von Würzburg († 1287) identifizierte das E. mit Christus, den E.-Jäger (s. II. C) mit Gottvater: „ich meine dô der himeljeger / dem undertân diu rîche sint, / jagte sîn einbornez kint / ûf erden nâch gewinne“ (Goldene Schmiede Vers 262–65, ed. Wilh. Grimm, Bln. 1840, S. 9); und ähnlich Meister Rumeland: „einborner Gotes sun, do jagte dich her abe / din vater, wan er uns verlos vil note; Er jagte dich unz an den lip / der reinen meit, als man daz einhorn jeite“ (Friedr. Heinr. v. d. Hagen, Minnesinger, Lpz. 1838, Bd. 3 S. 368).
Tertullian verglich das Horn des E. mit dem Stamm des Kreuzes Christi: „Nam et in antenna navis, quae crucis pars est, cornua extremitates vocantur: unicornis autem media stipitis palus“ (Migne, P. L. 2, 626f.). Der griechische Physiologus und die griechischen Väter deuteten die Geschichte von der Entgiftung des Wassers durch das Einhorn (s. IV. A) symbolisch: die Schlange, die das Wasser vergiftet, ist der Teufel; das vergiftete Wasser sind die Sünden der Welt; das E. reinigt es durch das mit seinem Horn vollzogene Zeichen des Kreuzes, d. h. Christus überwindet die Sünde durch seinen Kreuzestod [28, S. 31].
Beda hebt die Keuschheit des E. hervor. „Unicornis enim est animal castissimum. Unde etiam non capitur nisi per veras virgines, quia ad eas venit et caput in gremium earum ponit et obdormit“ (Migne, P. L. 93, 909).
Richard de Fournival wendet in seinem Bestiaire d’Amour, M. 13. Jh. (ed. Célestin Hippeau, Paris 1860), schließlich die Geschichte vom E.-Fang ganz offen auf die weltliche Liebe an: der Liebhaber sagt zu seiner Angebeteten, daß ihm, dem Stolzesten unter seinen Altersgenossen, die Liebe ein Mädchen in den Weg geführt habe, durch dessen Süßigkeit er angezogen und gefangen worden sei, wie das unbezähmbare E. durch den Duft der Jungfrau.
Im Parzival des Wolfram von Eschenbach sagt Orgeluse von ihrem Geliebten Cidegast: „Der triuwe ein monizirus, sît ich die wârheit sprechen kan, sus was mîn erwünschet man“ (613, 22; [21] Bd. 2 S. 29).
Dem E. wurde von den Kirchenlehrern hier und da auch eine negative Deutung (s. a. V. A. 7) gegeben; sie bezogen es auf die „superbi“ (Rufinus), die „potentes hujus saeculi“ (Gregor), den „populus gentilis“ (Ps.-Hieronymus), das Volk der Juden (Gregor), die „satellites Satanae“ (Ps.-Hieronymus); auch der waldensische Physiologus vergleicht das E. mit dem Teufel [21, II S. 8ff.]. Da bisher keine Darstellungen, die so zu deuten wären, bekannt geworden sind, können diese Quellen hier beiseite bleiben.
IV. Horn und Frage der Existenz des Tieres
A. Der Glaube an die giftabwehrende Kraft des Hornes des imaginären E. hat sich über 2000 Jahre gehalten und wurde, trotz der immer wieder auftauchenden Skepsis Einzelner, erst durch die moderne Naturwissenschaft überwunden.
Älian (De natura animalium 4, 52) berichtet im Anschluß an Ktesias (s. II. A), daß in Indien die Mächtigen aus dem Horn des E. tränken und dadurch gegen unheilbare Krankheiten, Krämpfe und Epilepsie wie gegen Gift gefeit seien. Schon Apollonius von Tyana hatte, seiner von Flavius Philostratus d. Ä. verfaßten Biographie (Werke Bd. 2: Das Leben des A. v.T., dt. Übers. Stg. 1829) zufolge, die in dem Munde dieses theosophischen Wanderpredigers und Wundertäters des 1. Jh. n. Chr. überraschende Bemerkung gemacht, er würde an die Kraft der die indischen Könige vor Krankheit und Gift schützenden E.-Becher geglaubt haben, wenn er gefunden hätte, daß diese Könige unsterblich seien [30, S. 39].
Im Abendland entwickelte sich etwa vom 12. Jh. an ein immer weiter um sich greifender Glaube an die Kraft des E.-Horns, der aus dem griechischen Osten gekommen zu sein scheint. Dort ist er schon – zwar in einer anderen Version – im griechischen Physiologus vorhanden (s.u.) und im 12. Jh. bei Johannes Tzetzes bezeugt [21, I S. 18]. Etwas später fand das Vertrauen auf die magische Kraft des „karkadann“ auch im islamischen Schrifttum seinen Niederschlag [32, S. 110f.].
Hildegard von Bingen schrieb zwar nicht dem Horn, aber dem Huf des E. – vielleicht infolge eines Mißverständnisses – giftanzeigende Kraft zu (Physica 7, 5; Migne, P. L. 197, 1318). Albertus Magnus wußte ebenfalls von magischen Fähigkeiten des Hornes, meinte aber, daß sie erst noch untersucht werden müßten (De anim. historia 20, 2, 1), Pietro d’Abano († 1318; Tractatus de venenis, Erstdruck Mantua 1472) dagegen glaubte fest an sie [30, S. 121].
Eine andere Version von der giftabwehrenden Kraft des E.-Hornes brachte der griechische Physiologus: „Es gibt ein Tier, Einhorn genannt. In jenen Örtern gibt es einen großen See, und es versammeln sich die Tiere, um zu trinken. Bevor aber dieselben sich versammeln, kommt die Schlange und wirft ihr Gift in das Wasser. Die Tiere merken nun das Gift und wagen nicht zu trinken und erwarten das E. Es kommt und geht sogleich in den See hinein und mit seinem Horn ein Kreuz schlagend, macht es die Kraft des Giftes unschädlich. Und es trinken auch alle jene Tiere“ [28, S. 31]. Diese Version wurde in der Renss. in Italien beliebt.
Lorenzo de’ Medici (Poesie volgari etc., Venedig 1554) und Luigi Pulci (Heldenepos „Il Morgante Maggiore“: Carl Cohn [21], 1. Teil S. 9) kannten sie, und in emblematischen Gestaltungen ist sie bis ins 18. Jh. bezeugt (vgl. Emblem).
Weit weniger war der Glaube verbreitet, daß das E. an der Wurzel seines Horns einen wertvollen, heilkräftigen Stein (Rubin, Karfunkel) trüge. Im Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht (12. Jh.; ed. Heinr. Weismann, Ffm. 1850, Z. 5427ff.) ist unter den Gaben, die die Königin Kandace Alexander schickt, ein „Karbunkel“, den das „monoceros trägt“. Im Parzival des Wolfram von Eschenbach wird versucht, mit dem Karfunkelstein, den das E. unter seinem Horn trägt, die Wunden des Amfortas zu heilen (482, 24ff.). Eine etwas abweichende Vorstellung findet sich bei Hildegard von Bingen (a.a.O.): „Sub cornu autem suo aes (os?) habet, quod velut vitrum perspicuum est, ita quod homo in illo faciem suam velut in speculo considerare potest, sed tamen non valde pretiosus est.“
B. Da man dem Horn des imaginären Tieres solche Kräfte beimaß, ist es nicht verwunderlich, daß sich etwas finden ließ, was als E.-Horn angesehen werden konnte. Nach den Berichten aus der Antike (s. II. A) war das Horn sehr lang, sehr spitz und mit natürlichen Windungen versehen. Diese Eigenschaften besaß in erstaunlichem Maße der linke Stoßzahn des Narwal (s. a. Sp. 1309). Wann es zu seiner Identifizierung mit dem Horn des sagenhaften E. kam, entzieht sich noch unserer genauen Kenntnis.
Schönberger [50, S. 194f.] glaubt anhand der ihm bekannt gewordenen E.-Darstellungen feststellen zu können, daß um 1200 zuerst Narwalzähne für E.-Hörner gehalten worden sind, denn in einem engl. Bestiar vom A. 13. Jh. sei zum ersten Mal das Horn des E. lang, spitz, gerade und geriefelt wiedergegeben (Abb. 3). Diese Form läßt sich aber schon an einer Darstellung aus dem A. 9. Jh. nachweisen (Abb. 1). Ettinghausen [32, S. 114ff.] versucht zu zeigen, daß das in der islamischen Literatur auftauchende mysteriöse „weiße khutu“, das – einer Quelle des 11. Jh. zufolge – schwitzt, wenn es mit Gift in Berührung kommt, der Zahn des Narwals war. Um 1120 stellte der persische Geograph Marvazi fest, daß das khutu das Horn des Rhinozeros sei. Von da war der Schritt zur Übertragung der magischen Fähigkeit des „weißen khutu“ auf das Horn des E. (karkadann) nicht mehr weit. Nach Abel [29, S. 44ff.] galten Mammutzähne, d. h. die Stoßzähne des Elephas primigenius der Eiszeit, die bei Erdbewegungen immer wieder zum Vorschein kamen, als Hörner von E. In Leibniz’ 1749 posthum erschienener „Protogaia“ wurde die Rekonstruktion eines E.-Skelettes aus einem Fund fossiler Zähne und Knochen, die Otto von Guericke 1663 vorgenommen hatte, veröffentlicht ([29] S. 47f., Abbildung 12). Noch heute werden im Volksmunde in Niederösterreich die im Löß ausgegrabenen Mammutzähne als „Hurn von an Oang’hürn“ bezeichnet [29, S. 50].
Von norwegischen und arktischen Fischern wurde ein höchst einträglicher Handel mit Narwalzähnen getrieben, denn für das vermeintliche Horn des E. wurden königliche Preise bezahlt. In geistlichen und weltlichen Schatzkammern wurde es aufbewahrt und dem Volke bei besonderen Anlässen gezeigt, Könige und Fürsten machten es einander zum Geschenk (Beispiele s. [50], S. 196ff.; s. Narwal). Noch im Jahre 1700 schenkte Hzg. Eberhard Ludwig von Württemberg einen Fund fossiler Mammutzähne der Stadt Zürich, die sich für die Schenkung von „allerhand Gattungen Unicornuum Fossilium“ bedankte [29, S. 49]. 1792 besaß die Nürnberger Labungstiftung (1439 gegründet) ein goldenes „E.-Geschirr“ von Lor. Behaim, vermutlich aus dem „E.“ gefertigt, dessen Erwerbung aus Neapel durch Vermittlung Papst Alexanders VI. eine Notiz Willibald Pirckheimers von 1521 meldet (Behaim war mit Pirckheimer befreundet; Angaben nach Notizen im Nachlaß von Edm. W. Braun).
Von E.-Hörnern geschabtes Pulver galt nicht nur als Mittel gegen Gift, sondern auch gegen Fieber, Fallsucht, Bisse von Skorpionen und tollwütigen Hunden und als Aphrodisiacum. In den Blütezeiten des Glaubens an das E.-Horn kostete das Pulver so viel wie sein zehnfaches Gewicht in Gold, und so war es kein Wunder, daß die kostbaren Hörner vor dem Abschaben gesichert werden mußten.
Aus diesem Grund beschloß der Rat der Zehn in Venedig, die Hörner des Schatzes von San Marco ganz in Silber fassen zu lassen ([50] S. 201f.; [30] S. 108), und für den berühmten Narwalzahn der kurfürstlichen Kunstkammer im Dresdner Schloß (später im Grünen Gewölbe) gab es eine Vorschrift, daß nur in Gegenwart zweier Personen fürstlichen Ranges zu medizinischen Zwecken etwas von dem Horn abgeschabt werden dürfe [30, S. 114]. Ein wie wichtiges Medikament E.-Pulver war, illustrieren die alten Apotheken „zum E.“ mit den entsprechenden Aushängeschildern (vgl. RDK I 1286, Abb. 5), die E.-Hörner, Holzbüchsen und Spanschachteln für E.-Präparate und Glasgefäße mit der Aufschrift „Unicornu foss.“ und „Edel-Einhorn“ (Heinz Stafski, Aus alten Apotheken, München 1956, Abb. 13; [50] S. 212). Über künstlich gemischtes und gegossenes E.-Horn (unicornu artificiale) s. Zedler, Universal-Lexicon Bd. 8 Sp. 562.
C. Im 16. und 17. Jh. entstand eine reiche naturwissenschaftlich-medizinische Literatur über das E., in der sich Glaube und Skepsis in Bezug auf die Fähigkeiten seines Hornes und dann auch auf die Existenz des Tieres überhaupt gegenüberstehen. Der Glaube stützte sich auf die Autorität der Alten, der Bibel und der Kirchenlehrer; die Skepsis wurde von wahrheitsuchenden Geistern leidenschaftlich verkündet, von Ängstlichen unterdrückt, um böse Menschen von bösen Taten zurückzuhalten. Einen wenn auch angefochtenen Ausweg aus dem Konflikt zwischen Gläubigkeit und wissenschaftlichem Denken fand man in der Anschauung, daß vor der Sintflut E. existiert, sich aber wegen ihrer Wildheit nicht in Noahs Arche begeben hätten und so in der Flut umgekommen seien. Diese Anschauung entstand wahrscheinlich im Zusammenhang mit den Entdeckungen fossiler Überreste von Urtieren, die im 16. Jh. begannen (s. IV. B; [30] S. 186; [54] S. 91). Ein Holzschnitt Tobias Stimmers von 1576 (Abb. 18) darf als ein bildlicher Niederschlag dieser Auffassung gelten.
Zwischen 1550 und 1700 erschienen etwa 25 Abhandlungen über das E., selbständige oder Kapitel in größeren Werken. Conrad Gesner [1] faßte noch alle Anschauungen der vorhergegangenen Zeit über das E. kritiklos zusammen, aber schon Andrea Marini wandte sich in seinem Discorso [1 a] gegen den Aberglauben und die Täuschung durch die Ärzte. Marinis Hauptgegner, der päpstliche Arzt Andrea Bacci [2], übernahm, offenbar im Auftrage des Großhzg. Francesco de’ Medici (der ein E.-Horn besaß), die Verteidigung des E. Der Leibarzt der Katharina Medici am Pariser Hof, Ambroise Paré [3], wagte zwar wegen der Autorität der Bibel die Existenz des E. nicht zu leugnen, sah aber den Glauben an die therapeutischen Verwendungsmöglichkeiten des Hornes (s. oben) als Täuschung an. Im 17. Jh. befaßte sich eine ganze Gelehrtendynastie mit dem E.: Caspar Bartholinus [6] schrieb 1628 ein dickleibiges Werk über das E. und seine Verwandten; 17 Jahre später fügte sein Sohn Thomas [8], 50 Jahre später sein Enkel Caspar d. J. [8 a] neue „Beobachtungen“ hinzu [29, S. 158ff.]. Voltaire nennt das E. „le plus bel animal, le plus fier, le plus terrible et le plus doux qui orne la terre“ [21, II S. 29]. Hingegen äußert sich Zedlers Universal-Lexicon (Bd. 8 Sp. 559ff.) gegen die Existenz des E. und spricht die E.-Hörner als Narwalzähne an. Noch um M. 19. Jh. referierte der Direktor des Zoologischen Gartens in Brüssel Berichte aus Afrika über die Existenz des E.
V. Darstellungen
A.
Wie in der Literatur (III), so kommt auch in der bildenden Kunst das E. in vielfacher symbolischer Bedeutung vor. Seine isolierte Darstellung als Symbol Christi (1) scheint eine nur untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Hingegen hat die Fanglegende des Physiologus (II. C) nicht nur zu zahlreichen Illustrationen in den betreffenden Hss. geführt (2), sondern der überwiegenden Mehrzahl aller Gestaltungen das Motiv oder zumindest den Ausgangspunkt gegeben. Die Gruppe der Jungfrau mit dem E. erscheint im hohen und späten MA als Sinnbild der Menschwerdung und jungfräulichen Geburt Christi (3); im Motiv der E.-Jagd im Hortus conclusus (4) erfuhr die Menschwerdungssymbolik im 15. Jh. ihre reichste Ausgestaltung. Als Sinnbild der Reinheit und Keuschheit findet sich die Gruppe, aber auch das E. allein, außerordentlich häufig (5). Die unwiderstehliche Anziehung des E. durch die Jungfrau in der Physiologusfabel hat das Tier zum Symbol der treuen Liebe und die E.-Jungfrau-Gruppe zum Sinnbild der Weibermacht werden lassen (6), andererseits aber auch zum Symbol der Unmäßigkeit. Seine immer wieder betonte Wildheit hat es den Wildleuten zugesellt (7). Einer Parabel aus der Legende von Barlaam und Josaphat entnahm man das E. als Sinnbild des Todes (8). Zumal in Italien ist das Motiv der Quellenreinigung (s. IV. A) öfters dargestellt worden (9).
Die Verwendung des E. als Symbol ist in der Neuzeit stark zurückgegangen, gleichwohl haben Emblematik und Allegorie (10) aus der ma. Tradition in mehr als einer Hinsicht geschöpft. Das Vorkommen des E. als Attribut (11) beruht vor allem auf der Bedeutung des Tieres als Symbol der Keuschheit.
1. Christussymbol
Die in der Literatur sehr früh vorgenommene Gleichsetzung von unicornis und unigenitus (s. o. III) hat das E. auch in der bildenden Kunst – unabhängig von der Darstellung der Menschwerdung Christi – zu einem Symbol Christi werden lassen.
So darf man wohl das auf dem Fußbodenmosaik in S. Giovanni Ev. in Ravenna, M. 5. Jh., dargestellte Tier deuten [50, S. 192 Abb. 202], während das von den Chorschranken des Gründungsbaues von S. Saba in Rom stammende Relief des 6./7. Jh. mit dem in ein Blatt beißenden E. (ebd. Abb. 203) eher profane Bedeutung hat, da es den Reliefs eines Hirsches und eines Reiters mit Falken beigesellt ist. Symbolisch aufzufassen sind die E.-Darstellungen auf einem gestickten Altartuch des 14. Jh. aus Kloster Lüne (E. und andere Symboltiere neben Kreuzigung Christi; Schuette Bd. 1, Taf. 37), auf dem venezianischen Seidenstoff einer Kasel, 2. V. 15. Jh. (springendes E. in Blättern und Blüten zwischen Medaillons mit dem Lamm Gottes; Falke, Seidenweberei, Abb. 446), und auf einem Schweizer Bildteppich der 1. H. 14. Jh. im Hist. Mus. Thun (E. neben Pelikan, Phönix, Hirsch und Strauß; Kurth, Bildteppiche Bd. 2, Taf. 25). Der sog. Abtsstab des hl. Bonifatius im Domschatz Fulda, 12. Jh., zeigt in der Krümme, wo sonst das Lamm Gottes zu erscheinen pflegt, ein E. mit einem Kreuz [50, S. 235 Abb. 245]; ähnlich weist der Stab im Hildesheimer Domschatz, der – kaum zu Recht – mit den hll. Bernward bzw. Godehard in Verbindung gebracht wurde (12. Jh.; RDK II 793/94, Abb. 2; [50] S. 191), einen E.-Kopf in der Krümme auf. Daß das Motiv formal aus der islamischen Kunst stammt (Otto v. Falke, Ein Bischofsstab islamischer Arbeit u. s. Verwandten, Pantheon 16, 1935, 266–70), sagt nichts gegen seinen Symbolgehalt.
2. Fanglegende in Physiologus-Hss. und Bestiarien
In den zahlreichen Physiologus- und Bestiar-Hss. wird die Fabel vom Fang des E., nicht ihre Deutung illustriert. Die Darstellungen zeigen ein junges, reich gekleidetes Mädchen, jedoch nicht die Jungfrau Maria (im Gegensatz zu Bildern der E.-Jagd im Hortus conclusus – s. u. V. A. 4 – fehlt stets der Heiligenschein); es hält das E. in seinem Schoß. Ein oder zwei Jäger, die das Tier mit Speer, Pfeil und Bogen erlegen, auch Hunde können zu der Gruppe gehören.
Diese in den Bestiarien immer wieder vorkommende Darstellung gewann erst nach und nach ihre typische Form. Die Miniatur der Physiologus-Hs. der Berner Stadtbibl., Ms. 318, fol. 16 v, 9. Jh., zeigt die Jungfrau stehend in einer Landschaft, das gedrungene, mit einem glatten, gebogenen Horn ausgestattete Tier am Kopfe liebkosend [46, S. 236 Abb. 20]; eine reich gekleidete, auf einer Art Thron sitzende Jungfrau, der ein großes plumpes E. mit riesigem gebogenem Horn den rechten Lauf in den Schoß legt, schildert die Physiologus-Hs. in Smyrna, um 1100 ([50] S. 192 Abb. 204; [37]). In einem englischen Bestiar der St.B. Leningrad, Ms. Qu. V. 1, 12. Jh. ([50] S. 193 Abb. 206; [45]), birgt das paarhufige E. mit glattem, gebogenem Horn seinen Kopf am Busen der Jungfrau; zwei Jäger töten es mit Spieß und Beil. Das E. ist im Bestiar Oxford, Bodl. ms. Laud. misc. 247, fol. 147, 12. Jh., mit einem Horn auf der Nase dargestellt und illustriert damit die Vermischung von E. und Nashorn (Abb. 4; s. a. II. B u. C). In einer Millstädter mhd. Hs. des 12. Jh. schießt der Jäger einen Pfeil auf das E., das im Schoße der auf einem Podest sitzenden Jungfrau ruht; das Tier hat hier ein langes spitzes Horn (Klagenfurt, Rudolfinum Ms. VI. 19, fol. 87; [34] Abb. S. 78; Herm. Menhardt, Der Millstädter Physiologus u. s. Verwandten [= Kärntner Museumsschriften 14], Klagenfurt 1956, S. 57). Lang, spitz und geriefelt ist das Horn des E. in einer Miniatur des Bestiars B.M. ms. Harley 4751, fol. 6 v, Ende 12. Jh., dargestellt (Eric G. Millar, La miniature anglaise du Xe au XIIIe siècle, Paris und Brüssel 1926, Bd. 1, Taf. 56). Den erotischen Gehalt der Physiologusfabel unterstreicht die Darstellung in dem Bestiar B.M. ms. Royal 973.12, fol. 13, vom A. 13. Jh.: hier ist das Mädchen nackt wiedergegeben (Abb. 3). Als ein weiteres Beispiel für viele des 13. Jh. sei die Miniatur eines französischen Bestiars von etwa 1285 genannt (Paris, B.N. ms. fr. 14970, fol. 12 v).
3. Menschwerdung Christi
Da die E.-Fabel sogar an Kirchen nicht ausschließlich der Menschwerdungssymbolik wegen dargestellt worden ist (s. u. V. A. 6), kann die Gruppe der Jungfrau mit dem E. nur dann sicher gedeutet werden, wenn sie neben Szenen, deren Sinn klar ist, vorkommt und mit diesen inhaltlich zusammengehört.
So bei dem Eingangsbild zum Matthäusevangelium in der Bibel von Floreffe, wo die Jungfrau mit einem E. (Nashorn) im Schoß unterhalb der Geburt Christi wiedergegeben ist (London, B.M. ms. Add. 17 738, fol. 168; vgl. dazu Suzanne Gevaert in Rev. belge 5, 1935, 17–24 u. Abb. 2); hier ist der Zusammenhang mit der Menschwerdungssymbolik ebenso eindeutig wie in der Bibel von Averbode (Lüttich, U.B. ms. lat. 363, fol. 17 v; ebd.; Abb. 2). Die gleiche Auslegung dürfte für die Darstellung am Fries des Nordturmes des Straßburger Münsters gelten, auf dem die Gruppe neben dem Opfer Abrahams, der Jungenprobe des Adlers, dem seine Jungen erweckenden Löwen, dem Pelikan u. a. erscheint (um 1300; Otto Schmitt, Gotische Skulpturen des Straßburger Münsters, Ffm. 1924, Bd. 2, Abb. 165). Am Hochaltar der Klosterkirche von Cismar, um 1310–20 (Abb. 6), klärt die Nachbarschaft von Adler, Löwe und Pelikan über die Bedeutung der Gruppe auf. In ähnlicher Umgebung ist die Jungfrau mit dem E. auf einer Konsole im Kreuzgang von Kloster Neuberg, Stmk., 14. Jh., dargestellt worden (Gustav Heider, Mitt. Z.K. 1, 1856, S. 7 m. Abb.). Auf einem Goldglas des 14. Jh. im Mus. Cluny erscheint die Gruppe zusammen mit einem Muttergottesbild (van Marle, Iconographie Bd. 2, S. 453). Die Darstellungen an einem der südlichen Strebepfeiler des Langhauses vom Regensburger Dom, um 1340–50 (Theod. Müller, Alte Bairische Bildhauer, Mchn. 1950, Abb. 18), und an einem Schlußstein im Sommerrefektorium des Klosters Bebenhausen, um 1335, dürften ebenfalls hierher gehören.
An dem verlorenen Leuchter Heinrichs des Löwen im Lüneburger Dom, um 1180, war eine neben dem E. stehende Jungfrau zur Illustration des Satzes „empfangen von der Jungfrau Maria“ aus dem Glaubensbekenntnis dargestellt ([50] S. 183 Abb. 195 und S. 185 Anm. 49).
Der Dominikaner Franz von Retz benutzte das Motiv des E.-Fanges in seinem Defensorium (RDK III 1206–18) als Beweis für die jungfräuliche Geburt Christi. Die zahlreichen in diesem Zusammenhang im 15. Jh. entstandenen Darstellungen der E.-Jungfrau-Gruppe (ebd. Sp. 1209/10, Abb. 1; [38]; Aufzählung der Hss., Blockbücher, Wiegendrucke des Defensoriums und der von ihm ausgehenden Darstellungen in Malerei und Plastik: RDK III 1208–12), erläutern stets durch Beischriften ihren Sinn: „Si unicornis in sinu virginis domatur / Cur deus in utero Mariae non humiliatur?“ [38, Taf. 17]; „Rhinoceron si virgini se inclinare valet / Cur verbum patris celeci (!) virgo non generaret?“ (Blockbuch Joh. Eysenhuts, Regensburg 1471); usw.
Eine ganze Gruppe von Denkmälern aus dem 15. Jh., auf denen das E. neben Phönix, Pelikan und Löwe u. a. als Symbol der jungfräulichen Geburt Christi vorkommt, ist vermutlich keine Variante des Defensoriums, sondern steht in derselben Tradition, aus der auch Franz von Retz die Anregung zu seinem Werk schöpfte (RDK III 1207):
Ein Marienaltärchen von etwa 1420 im L.M. Bonn (ebd. Sp. 247/48, Abb. 7) erklärt die Bildbedeutung durch die Unterschrift „Hanc per figuram noscas castam parituram“; das E. hat die Beischrift „Unicornis sum significoque Deum / Virgineis digitis tangendo fit hec fera mitis“. Weitere Denkmäler aus dieser Reihe: Grabtafel Friedr. Schon † 1464 in St. Lorenz zu Nürnberg; Epitaph Ulr. Stark † 1478 in St. Sebald zu Nürnberg; usw. (vgl. ebd. Sp. 1207).
4. Hortus conclusus
Das ausgehende MA entwickelte für die Darstellung der Menschwerdungssymbolik einen neuen Bildtypus: die E.-Jagd im Hortus conclusus. Dieses Thema, das die E.-Fanglegende mit der Verkündigung an Maria verquickt, ist im 15. Jh. und in der 1. H. 16. Jh. in Deutschland, zumal in der Textilkunst, sehr häufig.
Schon die Physiologus-Hs. in Smyrna (s. V. A. 2) zeigt die Jungfrau mit dem E. und die Verkündigung in zwei aufeinanderfolgenden Miniaturen [37, S. 28]. Im Mittelfenster der Apsis der Kathedrale zu Lyon, 13. Jh., ist die Verkündigung seitlich von der Gestalt einer Jungfrau begleitet, die auf einem E. reitet und eine Blume als Zeichen der Reinheit in der Hand hält (Mâle II [1910], S. 55 Abb. 12; Lucien Bégule, La cath. de Lyon, Paris 1925, Abb. S. 78). Ein gesticktes Antependium der 2. H. 13. Jh. aus dem Nonnenkloster Göß zeigt zwischen Maria und Gabriel ein kleines, auf Maria zuschreitendes E. (Wien, Österr. Mus. f. angewandte K.; Mitt. 2.K. 3, 1858, S. 92ff., Taf. 3). Auf einem Freiburger Marienteppich vom A. 15. Jh. erscheint zu Füßen der Verkündigung in einer kleinen Szene ein E., das ein Jäger und zwei Hunde hetzen (Abb. 10). Schließlich zeigt ein Glasfenster von 1500–03 in der Kath. zu Sens in der Wurzel Jesse die Verkündigung und darüber ein aufrecht stehendes E., der Halbfigur einer Jungfrau gegenüber (Lucien Bégule, La cath. de Sens, Lyon 1929, Abb. 77).
Aus diesen Vorstufen bildete sich A. 15. Jh. der neue Typus heraus: der E.-Jäger wurde mit dem Verkündigungsengel und die E.-Jungfrau mit Maria identifiziert, und man verlegte die Szene in den Hortus conclusus (Symbol der Jungfräulichkeit Mariä); Jagdhunde begleiten den Erzengel, aus dessen Jagdhorn der Gruß an Maria ertönt. Die Hunde sind durch Inschriften als Misericordia, Veritas, Justitia und Pax bezeichnet, in Anlehnung an Ps. 85 (84), 11 und an Bernhard von Clairvaux’ Parabel vom Streit der Tugenden, die durch den Ratschluß der Erlösung versöhnt werden (In annuntiatione b. M. I, 6–14; Migne, P.L. 183, 385–90); die Jagdhunde können aber auch die drei theologischen Tugenden (Abb. 9) oder Pax, Castitas, Veritas (Justitia), Misericordia und Humilitas, Eigenschaften der Gottesmutter, verkörpern (Abb. 8). Gottvater, das auf Strahlen herabkommende Christkind und die Taube erscheinen wie auf Verkündigungsdarstellungen; Symbole der Jungfräulichkeit Mariä und marianische Symbole aller Art können die Darstellungen bereichern (Abb. 8 und 9).
Das früheste bekannte Beispiel ist die Mitteltafel des Triptychons im Schloßmus. Weimar, 1. Drittel 15. Jh. (Stange Bd. 3, Abb. 281). Bereits 1923 hat Graff [43] ein Verzeichnis von 52 vor 1550 entstandenen deutschen Beispielen – in der Mehrzahl Tafelgemälde (Abb. 8), Bildteppiche und Stickereien (Abb. 9) – zusammengestellt; dieses läßt sich noch wesentlich erweitern, z. B. durch die Altäre in Wilsickow (Inv. Brandenburg III, 1, S. 367 Abb. 325) und aus dem Benediktinerinnenkloster Dambeck bei Salzwedel, 1474 dat., sowie durch drei ehem. im Berliner Schloßmus. aufbewahrte gestickte Leinenantependien der 1. H. 16. Jh. [52, Abb. 1 u. 7–9], ein weiteres gesticktes Antependium aus derselben Zeit (RDK I 445/46, Abb. 3) und eine Schweizer Leinenstickerei vom A. 16. Jh. im Mus. f. K. u. Gew. Hamburg. Ein besonders schönes Beispiel ist die zur Füllung einer Lünette bestimmte Tafelmalerei im Stift Wilten b. Innsbruck, dat. 1521 (Hinweis Prof. Dr. Alfr. Stange, Bonn).
Von dem allgemein verbindlich gewordenen Schema gibt es einige Abweichungen. Die Mitteltafel eines Triptychons im Erfurter Domchor, um 1420, weist im Garten in Anlehnung an Darstellungen des Paradiesgärtleins zwei Gruppen musizierender Engel und neun Heilige auf (Inv. Prov. Sachsen 1, S. 267–69, Abb. 211). Gelegentlich trägt das E. das nackte Christkind auf seinem Rücken, so auf einem Fresko der Strigelwerkstatt in der Frauenkirche zu Memmingen und auf einer Leinenstickerei im B.N.M., auf der das Christkind ein Kreuz trägt. Auf dem 1480 dat. Wirkteppich des S.L.M. (Göbel III, 1, Abb. 50 a) rennt Adam dem E. einen Speer in den Leib (Spruchbandtext: „ipse aut vulneratus est propter iniquitates nostras“; Jes. 53, 5) und Eva fängt in einem Kelch des E. Blut auf („et livore ejus sanati sumus“; Jes. 53, 5); ähnlich ein Bildteppich von 1563 (Göbel III, 1, Abb. 157). Nach dem Konzil von Trient (1545–63), das aus Sorge vor der Kritik der Reformierten die Verwendung der E.-Jagd als Symbol der Menschwerdung Christi untersagte [54, S. 91], hörten bald auch die Darstellungen der E.-Jagd im Hortus conclusus auf. Eines der letzten dat. Beispiele ist ein oberrhein. Kissenbezug von 1592 (Göbel III, 1, Abb. 159).
5. Keuschheit
Auf Grund der Feststellung des Physiologus, daß das E. nur durch eine reine Jungfrau gefangen werden könne, wurde die E.-Jungfrau-Gruppe zu einem beliebten Symbol der Keuschheit, der Reinheit und der Jungfräulichkeit (a). Die gleiche symbolische Deutung gab man dem Tier selbst (b), dem man die gleiche Reinheit wie der Jungfrau zuschrieb (so schon Beda, s. o. III).
a) Die Gruppe der Jungfrau mit dem E. als Schmuck von Kleinodien und Gewandung weist auf die Tugenden seiner Besitzer hin (Pektorale Maria auf Lochners Kölner Dombild: Otto H. Förster, St. L., Ffm. 1938, Abb. 37; Brustlatz der hl. Margareta auf dem linken Flügel von Cranachs Katharinenaltar von 1506, Dresden, Gem.Gal.: Friedländer-Rosenberg Abb. 12). Ein Holzschnitt der um 1490 in Augsburg bei A. Sorg erschienenen „Ars memorativa“ stellt „rainikeit“ durch die Gruppe dar (Schramm, Frühdrucke Bd. 4, Abb. 2961; die Jungfrau trägt hier eine Krone), und dieselbe Bedeutung dürfte die Gruppe auch bei ihrer Verwendung als „Tierdame“ in einem Kartenspiel der M. 15. Jh. haben (Max Geisberg, Das Kupferstich-Kartenspiel der k. u. k. Hofbibl. zu Wien usw. [= Stud. z. dt. Kg., H. 205], Straßburg 1918, Taf. 28). Als Bannerbild der Keuschheit findet sie sich auf einem Bildteppich im Regensburger Rathaus mit dem Kampf der Tugenden und Laster, um 1400 (Kurth, Bildteppiche Bd. 3, Taf. 244/46). Besonders beliebt war das Motiv in der italienischen Kunst seit dem 15. Jh. (Beispiele von Pisanello, Giorgione (?), Leonardo da Vinci, Domenichino u. a., auf Fresken und Medaillen; s. a. Gust. René Hocke, Die Welt als Labyrinth. Manier und Manie in der europäischen Kunst, Hamburg 1957, Abb. 238–41). Für die Personifikation der Virginità gab Ces. Ripa (Iconologia, Rom 1603, S. 505) folgende Anweisung: „Giovanetta, la quale accarezzi con le mani un Alicorno, perchè, come alcuni scrivono, questo animale non si lascia prendere se non per mano di vergine.“
b) Ein E. schmückt das Pektorale von einem der drei Könige auf dem Anbetungsbild des Wildunger Altares von Konrad von Soest, 1403/04 (Kurt Steinbart, K. v. S., Wien 1946, Abb. 16), und ebenso das der Maria auf Lochners Rosenhagmadonna (Köln, W.R.M.; O. H. Förster a.a.O. Abb. 76 u. 88). In Traktaten, in denen der Kampf der sieben Haupttugenden mit den Hauptlastern behandelt ist, erscheint das E. als Reittier der Keuschheit; von den zahlreichen, seit dem 14. Jh. entstandenen Hss., in denen es dargestellt ist, seien genannt: Vorau, Stiftsbibl. ms. 130, fol. 109, dat. 1332 (Abb. 13); Hs. des Petrus Willen von Neuburg, 1447 (Stange Bd. 4, Abb. 179); ebenso kommt es in dem 1474 in Augsburg bei Joh. Baemler erschienenen Frühdruck desselben Traktates (Schramm a.a.O. Bd. 3, Abb. 216) vor. Eine interessante Variante der ma. Überlieferung bietet ein flämischer (westfäl.?) Meister um 1540 (Abb. 14): Fortitudo (oder Constantia?) reitet auf einem E. über Amor hinweg, d. h. durch die Kraft der Beständigkeit kann die Keuschheit bewahrt werden. Einen anderen Aspekt der Keuschheit verbildlicht der Stich des Crispyn de Passe (Knipping Bd. 1, S. 34 Abbildung 19): durch Frömmigkeit (Buch), Wachsamkeit (Kranich) und Kasteiung (Geißel und Rute) ist diese durch das E. verkörperte Reinheit zu bewahren. Zusammen mit einer Personifikation der Keuschheit erschien das E. auch in den 1945 zerst. Deckenmalereien C. D. Asams in der Schloßkirche Bruchsal als „castitas Hugonis“ (Abb. 15).
In den bildlichen Darstellungen der Trionfi Petrarcas, die im 15. Jh. in Italien eine feste, bis zur Iconologia Ripas (Rom 1603, S. 62) verbindliche Form fanden, ziehen E. den Wagen der Keuschheit (zur Zusammenstellung des reichen Materials s. Sp. 1250). Diese kanonisch gewordene Form findet sich auch in anderen Zusammenhängen: Rückseite des Bildnisses der Herzogin von Urbino von Piero della Francesca zur Verherrlichung der Tugend der Battista Sforza (Weisbach, Trionfi Abb. 21); ein Holzschnitt der Hypnerotomachia Poliphili des Francesco Colonna, Venedig 1499, zeigt drei Paar E. vor dem Wagen der Danae („Questo pomposamente trahevano sei atrocissimi monoceri, con la cornigera fronte cervina, alla gelida Diana riverenti“; [30] Taf. 7); auf einem Brüsseler Bildteppich des 1. Dr. 16. Jh. (Göbel I, 2, Abb. 81) sieht man hinter dem Triumphwagen der Keuschheit eine weibliche Gestalt, die auf einem E. reitet und Amor hindert, seine Pfeile zu verschießen. In den Heures de la Vierge des Geofroy Tory, 1542, wird der Triumphwagen der Jungfrau Maria von E. gezogen (Mâle III [1908], S. 306f. Abb. 146f.). Vgl. ferner die Aufstellung bei Tervarent Sp. 84f.
6. treue Liebe, Weibermacht
Der erotische Gehalt der E.-Fabel (II. C) führte zu zahlreichen profanen Darstellungen der Jungfrau mit dem E.; sie symbolisieren die treue Liebe und die Macht und List des Weibes (s. a. Weibermacht).
Bei der Illustration des Bestiaire d’amour von Richard de Fournival (s. o. III) bedeutet der Jäger die Liebe und das E. den Liebenden. Auf einem mittelrheinischen Minnekästchen von 1420–30 (Kohlhaußen Nr. 79, Taf. 57) verkündet der Jäger durch sein Schriftband „ich jaghe in trouwen“, und das E. antwortet: „dat en sal v nit rouwen“. Auf einem gewirkten Kissenbezug vom Oberrhein, 1561 dat., sagt das E. durch sein Spruchband: „sit ich dich ge ... n mag / stette treuw ich dier (?) zusag / ich bin ain wild un zemett mich ein jungkfrau mildt“ (Göbel III, 1, Abb. 155). Ebenso ist das schwimmende, einen Kahn mit Venus und Amor ziehende E. im Öttinger Gebetbuch, 1537 von H. L. Schäufelein illustriert, als Symbol der treuen Liebe zu deuten, nicht als Keuschheitssymbol (Venus!); das wird durch die benachbarte Darstellung eines Putto mit einem Schild, der die Aufschrift „Ich trau auf dich“ trägt, ganz deutlich (Jb. Kaiserh. 17, 1896, S. 379 Abb. 22). Auf einem bayerischen Kästchen des 15. Jh. (Kohlhaußen Nr. 135) ist das vor einer gekrönten Jungfrau gelagerte E. mit dem Schriftband „uf gnad“ in unmittelbare Beziehung zu setzen zu dem vor einer Jungfrau sitzenden, mit einem Pfeil durchbohrten Jüngling mit dem Spruchband „ich bin ser mud“. Auf zahllosen anderen Kästchen und Bildwirkereien, besonders Kissenbezügen, ist das erotische Motiv mehr oder weniger deutlich (ebd. Nr. 42, 66 A, 66 B, 109, 117, Taf. 42; Göbel I, 2, Abb. 66, und ebd. III, 1, Abb. 131; Kurth, Bildteppiche Bd. 3, Taf. 325 b, 328 b, 329 a, 330 a u. b, 331 a, 332). Eine moralisierende Beischrift zur Darstellung einer E.-Jagd auf einem Schweizer Bildteppich vom Ende 15. Jh. besagt: „wer do iaget durch (?) üppikeit / an sinem fad vint er (?) im (nur?) leit“ (Göbel III, 1, Abb. 51). Ebenfalls rein erotisch ist die Szene auf französischen Elfenbeinkästchen des 14. Jh. gemeint, wo sie in enger Verbindung mit der Darstellung von Tristan und Isolde, belauscht von König Marke, vorkommt (Koechlin Nr. 1281, Taf. 219; Nr. 1282–86; van Marle, Iconographie Bd. 2, S. 440 Abb. 470); auch die übrigen Szenen auf den Kästchen weisen auf eine weltliche Bedeutung dieser E.-Darstellungen hin, deren theologische Deutung durch Koechlin ebenso abzulehnen ist wie die von Schneider [17] gegebene Erklärung für ein um 1330 entstandenes mittelrheinisches Silberemail im B.N.M. (Abb. 7). In allen Fällen hält die Jungfrau einen Kranz oder Reif, den sie dem Jäger zum Zeichen der Erhörung überreicht. Für die Deutung als Ekklesia, die das Blut des E.-Christus in einer Schale auffängt, ergeben sich weder in den literarischen Quellen noch im Denkmälerbestand Anhaltspunkte.
Im 15. Jh. spielte das E. bei der Konfrontation von reiner und unreiner Liebe eine Rolle.
Auf diese Gegenüberstellung weist der Text eines Spruchbands, das der neben einem E. stehende Wildmann auf einem Schweizer Bildteppich der M. 15. Jh. vorzeigt: „die weit ist wntrwen fol / mit dissen dierlin ist uns wol“ (Kurth, Bildteppiche Bd. 2, Taf 44–46; Alte u. moderne K. 3, 3, 1958, Abb. S. 12). Auf einem Kästchen des späten 15. Jh. im G.N.M. (Kohlhaußen Nr. 89) ist das E. einem nackten Mädchen mit Kopfschleier (= Freudenmädchen) in antithetischer Absicht gegenübergestellt. Ein Liebespaar zwischen E. (= reine Liebe) und Affe (= unreine Triebe) zeigt ein Bildteppich von 1420 im Hist. Mus. Basel (Kurth, Bildteppiche Bd. 2, Taf. 125 a). Auf einer niederländischen Miniatur (London, B.M. ms. Add. 10 043, fol. 4v; A. 15. Jh.) sieht man bei der Erschaffung der Tiere den Affen isoliert sitzen, während auf der anderen Seite das E. die Tiergruppe anführt und von Gottvater ausgezeichnet wird, indem er sein Horn berührt (Horst W. Janson, Apes and Ape Lore in the Middle Ages and the Renss. [= Stud. of the Warburg Inst. Bd. 20], London 1952, S. 114, Taf. 14 a); die gleiche Antithese von Gut und Böse, Sündenfall und Erlösung (s. o. III), findet sich in der Historienbibel des Antoine Vérard, Paris um 1499 (ebd. S. 125 Abb. 3).
Die häufige benachbarte Darstellung von E.-Fang und Aristoteles-Phyllis-Gruppe legt es nahe, in der E.-Szene eine Schilderung der Weibermacht und -list zu sehen.
Die beiden Themen kommen nicht nur an Minnekästchen (Kohlhaußen Nr. 56), sondern auch an Kirchen vor (Lyon, Kath.; van Marle, Iconographie Bd. 2, S. 477 Abb. 509; Caen, St. Pierre, wo die Darstellung des Virgil im Korb diese Deutung noch unterstreicht: Foto Marburg 46 234). Weiterhin können Simson und Delila (Malterer Teppich aus Kloster Adelhausen, 14. Jh.: Herm. Schweitzer, Die Bildteppiche und Stickereien in der Städt. Altertümerslg. zu Freiburg i. Br., Freiburg i. Br. 1904) zu den genannten Gruppen hinzutreten. Die Szenen Aristoteles und Phyllis sowie Loth und seine Töchter kennzeichnen die Bedeutung des auf dem Deckel einer Silberbüchse, dt. um 1500 (Halm-Berliner Taf. 162), liegenden E.
Ein Florentiner Kupferstich des 15. Jh. (van Marle, Iconographie Bd. 2 Abb. 473) legt den Akzent auf die List des Weibes. Die Jungfrau „Marietta“ streichelt das E. in ihrem Schoß mit der Linken, während die Rechte ein Halsband bereit hält; eine ähnliche Darstellung findet sich auf einem ebenfalls florentinischen Cassone-Bild des 15. Jh. (ebd. Abb. 474).
7. Unmäßigkeit und Zorn, E. und Wilde Leute
Das leidenschaftliche Hingezogensein des E. zur Jungfrau wird von den Fiori di virtù (Otto Lehmann-Brockhaus, Florent. Mitt. 6, 1940, S. 21 u. Anm. 71f., Abb. 28) u. von Leonardo da Vinci (Jean Paul Richter, The Literary Works of L. d. V., London 1939, Bd. 2 S. 265) als „intemperanza“ gedeutet. Es ist anzunehmen, daß diese Vorstellung auf einer älteren Tradition beruht. Diese könnte sich in der Darstellung der nackten, wilden E.-Reiterin im Chorumgang von N.-D. in Hal, um 1400 (Abb. 12), niedergeschlagen haben; das Relief wäre dann als Symbol der Unmäßigkeit anzusehen (ähnlich vielleicht wie nackte Reiterinnen auf Böcken Luxuria, Voluptas und verwandte Laster versinnbildlichen). Vielleicht hatte Dürer diese Vorstellung im Sinn, als er einen Frauenraub mit Hilfe eines E. schilderte (Eisenradierung B. 72, 1516). In ihrer Bedeutung ungewiß sind die Darstellungen nackter E.-Reiter in Ranken an den Hauptportalen von S. Nicola in Bari und S. Giovanni al Sepolcro in Brindisi, Ende 12. Jh. (Martin Wackernagel, Die Plastik des 11. u. 12. Jh. in Apulien, Lpz. 1911, Taf. 24 b u. 28 d).
Die von den Kirchenvätern vorgenommene Gleichsetzung von E. und Rhinozeros hat in der Ikonologie und Emblematik dazu geführt, daß beide Tiere als Symbole des Zornes angesehen werden konnten: während Ces. Ripa (Iconologia, Rom 1603, S. 245) der Ira einen Rhinozeroskopf als Attribut zuwies, hat Daniel de la Feuille dem E. den Vorzug gegeben (Dévises et emblèmes anciennes et modernes ..., Amsterdam 1691, S. 22).
Nach Réau[54, S. 91] wäre das wappenhaltende E. auf den Teppichen der „dame à la licorne“ im Clunymuseum in Beziehung zu setzen zum Namen des Auftraggebers Claude le Viste (Schnelligkeit des E.).
Wildheit und Menschenscheu haben das E. zum häufigen Begleiter der Wildleute gemacht, die im MA die ungebändigten Naturkräfte versinnbildlichten. Wildleute allein sind imstande, sich auf dem Rücken eines E. zu halten (Rich. Bernheimer, Wild Men in the Middle Ages, Cambridge [Mass.] 1952, S. 135).
Auf E. reitende Wildleute sind im 15. Jh. in der Graphik, auf Bildteppichen und Minnekästchen dargestellt worden; z. B. auf Karten des größeren Kartenspiels vom Meister E. S. (Max Geisberg, Der Meister E. S. [= Meister der Graphik Bd. 10], Lpz. o. J., Taf. 37) und auf der Radierung L. 55 des Hausbuchmeisters (Alfr. Stange, Der Hausbuchmeister [= Stud. z. dt. Kg. Heft 316], Straßburg 1958, S. 69, Abb. 52); vgl. ferner Kurth, Bildteppiche Bd. 2, Taf. 55 b, und Bd. 3, Taf. 171, sowie Kohlhaußen Nr. 78 u. 87, Taf. 38 u. 63.
Das alte Motiv der Zähmung des E. durch eine Jungfrau kehrt verwandelt in diesem Zusammenhang wieder. Auf einem Teppichfragment in Bozen-Gries, 1420–30 (Kurth, Bildteppiche Bd. 2, Taf. 30/31 b), streichelt die Dame das von einem Wildmann gerittene E. am Kopf, auf einem weiteren aus der Zeit um 1500 ruht das Tier im Schoß einer bekränzten Wildfrau; die nur teilweise erhaltene Inschrift „min zit [han ich der ?] welt gegebn. nuon mus ich hie im ellenden leben O wie d [raurig ?]“ enthüllt die moralisch-allegorische Bedeutung der Gruppe, in der das E. die Einsamkeit der Wildnis verkörpert. Das Blatt der Tierdame im kleineren Kartenspiel des Meisters E. S. (Geisberg a.a.O. Taf. 36) zeigt das gleiche Motiv, doch ohne Beischrift. Auf einem fränkischen Teppich, M. 15. Jh., sieht man einen Wildmann das im Schoß der Jungfrau gezähmte E. mit Pfeil und Bogen erlegen (Abb. 11). Als Symbol des tiefen Waldes, in den sich der Königssohn der Busant-Dichtung (RDK III 237–40) verirrt hat und in dem er sich zum Wildmann verwandelt, ist das E. auf einem Teppichfragment der ehem. Slg. Figdor, Wien, dargestellt (Kurth, Bildteppiche Bd. 2, Taf. 148). Arnold Böcklin hat 1885 mit dem Gemälde „Das Schweigen des Waldes“ (Berlin, Nat.Gal.) diese Tradition wieder aufgegriffen.
8. Tod
Nach der in Indien entstandenen Legende von Barlaam und Josaphat bedeutet das E. (oder Löwe und Kamel) den Tod. In der Parabel von dem „Mann im Brunnen“ oder dem „Mann im Baume“, die der Einsiedler dem Königssohn erzählt, flieht der Mensch vor dem E. in den Abgrund der Welt (RDK I 1452–58).
Vor allem aus dem hohen und späten MA hat sich eine Anzahl Illustrationen dieser Legende erhalten; sie dienen z.T. als Bild zu Ps. 143, 4 (vgl. RDK I 1455/56, Abb. 1f.; Relief in Ferrara: Geza de Francovich, Benedetto Antelami, Mailand u. Florenz 1952, Bd. 1, S. 428 Abb. 148; Stich des Boëtius Bolswert: Abb. 16; Knipping Bd. 1, S. 19 Abb. 5). Das Motiv des auf dem E. reitenden Todes (RDK I 1455) kehrt als Begleitbild zur Darstellung der Totenmesse in den Très Riches Heures des Duc de Berry auf fol. 86 v wieder (Chantilly, Mus. Condé; ed. Paul Durrieu, Paris 1904, Bd. 2, Taf. 45).
9. Quellenreinigung
Die Erzählung des griech. Physiologus vom E., das mit seinem Horn die von der Schlange vergiftete Quelle reinige, fand in Italien besonderen Anklang.
Vielleicht verdankt schon die E.-Darstellung auf der Schmuckplatte des Taufbrunnens im Pisaner Baptisterium, 1246 von Guido da Como geschaffen, dieser Vorstellung ihre Entstehung. Häufig wurden die Beispiele erst im 15. Jh. In der Bibel des Borso d’Este finden sich gleich drei auf einmal (Jb. Kaiserh. 21, 1900, S. 151 Abb. 20, Taf. 11 u. 13; vgl. auch ebd. S. 143 Abb. 11), begünstigt durch die Tatsache, daß das E. das Wappentier des Herzogs war; weiterhin begegnet das Thema bei Leonardo da Vinci (Oxford, Ashmolean Mus., Zchg.; I Mss. e i disegni di L.d.V., Rom 1928, Taf. 70). Die Witwe Ces. Borgias besaß 1514 einen Teppich mit der „Geschichte von der Quelle und dem E.“ (van Marle, Iconographie Bd. 2, S. 457). Auch außerhalb Italiens findet sich die Darstellung: süddt. Minnekästchen des 2. Dr. 15. Jh. (Kohlhaußen Nr. 147); Bildteppich der Anne de Bretagne im Metrop. Mus. (s. unten V.B); Stich des Jean Duvet. Für ihre Tradition im Barock sorgte die Übernahme des Motivs in die Emblematik.
Ein Brunnenentwurf Joh. Bernh. Fischers von Erlach für Maximilian Graf Thun in Tetschen zeigt zweimal das E. im Schoß der Jungfrau; zwei Drachen aber und eine Schlange (?), die dicht unterhalb der Brunnenschale sichtbar werden, und der trinkende Löwe lassen es naheliegend erscheinen, daß die Sage von der Quellenreinigung in die Darstellung hineinspielt (Hans Sedlmayr, Joh. Bernh. Fischer von Erlach, Wien u. Mchn. 1956, Abb. 101); Löwe und E. sind die Wappentiere des Auftraggebers. Auch die ursprünglich den Pegasusbrunnen im Mirabellgarten zu Salzburg umgebenden Löwen und E. (Inv. Österr. 13, S. 210 Abb. 274) nehmen Bezug auf das Wappen der Grafen Thun.
10. Hieroglyphik und Emblematik
In der Hieroglyphik spielte das E. fast keine Rolle: Horapolls Hieroglyphica erwähnt es nicht (Giehlow); Pierio Valeriano, Hieroglyphica, 1556, unterschied zwischen dem E. und dem Rhinozeros, dem sein Interesse in erster Linie galt (Ausg. Venedig 1604, S. 21); vom E. berichtet er nur, daß es wegen der giftabwehrenden Kraft seines Hornes mit Hilfe einer Jungfrau gejagt werde.
In der Emblematik kehren drei Gruppen von E.-Emblemen häufig wieder: zwei beruhen auf der Vorstellung von der magischen Kraft des E.-Hornes und die dritte auf der Fanglegende.
Die Imprese des Bernardo Tasso und seines Sohnes Torquato bestand aus dem Bild eines E., das sein Horn in eine Quelle taucht, und den Worten „venena pello“ (Paolo Giovio, Le sententiose imprese ..., Lyon 1560, S. 100). Gegen die aufkommende Verachtung der therapeutischen Fähigkeiten des E.-Hornes wendete sich das Emblem „preciosum quod vtile“ in Joh. Sambucus’ „Emblemata“ (Antwerpen 1564, S. 166); die Icon zeigt ein E. vor einem Krug und einer Schatztruhe. Die E.-Jungfrau-Gruppe mit dem Lemma „sic virtutis amor“ findet sich bei Luca Contile, Ragionamento sopra la proprietà delle imprese, Pavia 1574, Bl. 64 v. Alle drei Versionen der E.-Embleme verzeichnete Joachim Camerarius (Symbolorum et emblematum ex animalibus quadrupedibus desumtorum centuria altera collecta, Nürnberg 1595, Emblem 12–14). Filippo Picinello stellte in seinem 1653 erschienenen „Mondo simbolico“ (zit. nach der latein. Ausgabe Köln 1680 [1681], S. 409ff.) zwanzig verschiedene E.-Allegorien zusammen, von denen sich zwölf auf die Horntherapie, zwei auf die E.-Jagd mit Hilfe einer Jungfrau („virgineo mansuescit amore“; „virginitatis amore“), fünf auf die Wildheit und Unerschrockenheit des E. beziehen und eine an die Legende vom Fange des E. mit Hilfe eines Baumes (s. II. F) anknüpft; z. T. sind die Lemmata theologisch zu deuten.
Die in der Emblematik des 16. u. 17. Jh. vorkommenden Motive wurden bis M. 18. Jh. mit nur geringfügigen Variationen wiederholt. Vgl. die E.-Embleme bei Augustinus Chesneau, Orpheus eucharisticus, Paris 1657, S. 393; Celestino Sfondrati, Innocentia vindicata etc., St. Gallen 1698, Pars posterior Bl. F (Abb. 17); Hieronymus Lauretus, Silva allegoriarum, Köln 1701, S. 1075; Lorenz Wolfg. Woytt, Emblematischer Parnassus, ..., Teil 3, Augsburg 1730, S. 75; s. a. Knipping Bd. 1, S. 18f.
Auf dem Titelholzschnitt von Haly’s „Liber in Judiciis Astrorum“, Venedig 1503, wird das Sternbild der Jungfrau durch die Gruppe der Dame mit dem E. dargestellt (Edward A. Baron Brotherton of Wakefield u. John A. Symington, The Brotherton Library. A Cat. of Ancient Mss. and Early Printed Books, Leeds 1931, Abb. S. 214).
B. das E. als Attribut
Die Vielfalt der symbolischen und allegorischen Deutungen des E. führte zu seiner häufigen Verwendung als Attribut.
Als Attribut Mariä weist das E. auf ihre Jungfräulichkeit hin (Rom, Gall. Colonna, Gem. aus dem Kreis des Gerard David: [50] S. 185 Abb. 197); dient das E. weiblichen Heiligen als Attribut, so weist es auf deren Keuschheit hin: so bei der hl. Agathe, der hl. Clara von Assisi und der hl. Justina von Padua (Pfleiderer S. 44). Dieselbe Bedeutung hat es als Attribut der Personifikation der Jungfräulichkeit (virginità) bei Ces. Ripa (s. V. A. 5 a). Manchmal ist das E. auch der Personifikation der Keuschheit als Attribut beigegeben (Abb. 15).
Aus dem Glauben an die therapeutische Kraft des E.-Hornes erklärt sich das Vorkommen des E. als Attribut der Medizin (allegorische Darstellung der vier Fakultäten im Deckenfresko der Aula der ehem. Universität Dillingen a. d. Donau, 1763 von Joh. Anwander). Als marianisches Symbol und gleichzeitig als Attribut des Erdteils Amerika (wo nach Olfert Dapper, Die unbekannte Welt, Amsterdam 1673, das E. gelebt haben soll: [30]) erscheint ein E.-Kopf im Deckenstuck des Bürgersaales zu Ingolstadt, 1759 gew. (C. D. und E. Q. Asam).
C. Psalterillustration
Seit dem 9. Jh. kommt das E. in der Psalterillustration vor, in der es bis ins Spät-MA eine große Rolle spielte.
Im Stuttgarter Psalter, der A. 9. Jh. in Nordfrankreich entstand (ed. Ernest T. De Wald, Princeton 1930), sind zwei der auf das E. (unicornis) bezüglichen Textstellen – s. II. B – durch ein E. illustriert: fol. 27 (zu Ps. 22; Abb. 1) hat das E. ein langes, gerades und geriefeltes Horn, fol. 108 v (zu Ps. 92; ebd. Tafelbd. Abb. fol. 108 v) hingegen ist dieses ganz glatt, sonst aber stimmen beide Miniaturen in der Wiedergabe des Tierkörpers überein. Alle vier einschlägigen Textstellen hat der Illustrator des Utrechtpsalters mit E.-Darstellungen ausgestattet (ed. ders., Princeton 1932, Taf. 19, 26, 72, 85); hier hat das Tier regelmäßig ein gebogenes Horn auf der Nase, und auf fol. 45 und 54 ist es bockähnlich wiedergegeben. Die Zchg. zu Ps. 29 (fol. 16; ebd. Taf. 26) zeigt ein E., das mit seinem Horn gegen einen Baum rennt, und beweist damit, daß diese Version der E.-Fanglegende schon sehr früh bekannt war (siehe oben II. F). Dieses seltene Motiv ist im Randschmuck der englischen Psalter-Hs. London, B.M. ms. Add. 39 810, fol. 7, A. 14. Jh. (Abb. 5), ausführlicher dargestellt: ein Jäger erlegt das mit seinem Horn in einem Baum festgerannte Tier. Das mit vorstoßendem Horn in vollem Lauf geschilderte E. auf fol. 15 des Luttrellpsalters (London, B.M. ms. Add. 42 130, um 1335–40; ed. Eric G. Millar, London 1932, Taf. 2 b) dürfte aus einem solchen Zusammenhang herausgelöst worden sein.
Die E.-Jungfrau-Gruppe illustriert in byzantinischen Psalterien Ps. 92, 11: im Chludovpsalter hat das E. ein riesiges gebogenes Horn (9. Jh.; Jean Ebersolt, La miniature byzantine, Paris 1926, Taf. 13); im Hamiltonpsalter ist es fol. 171 v dargestellt (Beschr.Verz.Kk.Bln. S. 28).
Häufig kommen E. oder E.-Szenen ohne Beziehung zum Text des Psalters vor: München, St.B. Clm. 15 909, fol. 144 v, aus Stams in Tirol (M. 13. Jh.; Swarzenski, Hss. 13. Jh. Abb. 521); Oxford, Bodl. Libr. ms. Douce 366, fol. 55 v, Ormesbypsalter (engl. Hs. vom A. 14. Jh.; E. G. Miliar, La miniature anglaise a.a.O., Bd. 2, Taf. 2); München, St.B. cod. gall. 16, fol. 14, Psalter der Königin Isabella (zw. 1303 und 1308; Donald Drew Egbert, The Tickhill Ps. and Related Mss., Princeton 1940, S. 167); London, B.M. ms. Royal 2 B. VII, fol. 2 u. ö., Queen Mary’s Psalter (engl. A. 14. Jh.; ed. George Warner, London 1912, Taf. 2 u. a.).
D. das E. als reales Tier
Da die Existenz des E. bis zur M. 16. Jh. kaum bezweifelt wurde, konnte es mit anderen Tieren im Paradiesgarten dargestellt werden, entweder bei der Erschaffung der Tiere oder bei der Namengebung durch Adam.
Auf der Rückseite des Areobindus-Diptychons im Louvre, M. 9. Jh. (Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen Bd. 1, Nr. 158 Taf. 70), ist es in noch unausgebildeter Form mit einem dicken, kurzen, glatten Horn und vogelartigem Kopf, auf den Hinterbeinen sitzend, unter den Tieren des Paradieses anzutreffen (ähnliche Gestalt hat es auf dem Flabellum von Tournus, 9. Jh., das sich im Mus. Naz. Florenz befindet: Lor. E. A. Eitner, The Art Bull. Suppl. 1, New York 1944, Taf. 6). Bei der Namengebung der Tiere erscheint es auf einem byzantinischen Elfenbein des 11.–12. Jh. (Goldschmidt-Weitzmann Bd. 1, Nr. 118) und im Bestiar Ms. Ashmol. 1511 der Bodl. Libr. Oxford (13. Jh.; RDK IV 923, Abb. 1), wo es bereits den Ziegenbart und die gespaltenen Hufe, aber noch ein kurzes, glattes und schlankes Horn hat. Für die zahllosen Beispiele des 13.–16. Jh. seien genannt: Schöpfung der Tiere in Queen Mary’s Psalter, fol. 2 (Warner a.a.O. Taf. 2), in der Bibel von Holkham Hall, fol. 2 v (ed. William Owen Hassall, London 1954, fol. 2 v), sowie in der Weltchronik von 1412 in der Augsburger Stadtbibl. (Foto Marburg 133 234); auf einem flämisch-italienischen Bildteppich des 16. Jh. führt das E. die Schar der vor Adam vorbeiziehenden Tiere an ([30] Titelbild); das Tier erscheint auf dem Paradiesbild Lukas Cranachs d. Ä. in der Dresdner Gem.Gal. (Pantheon 6, 1930, Abb. S. 499) und auf dem von Solimena entworfenen Fußbodenmosaik der Kirche del Paradiso Terrestre in Anacapri. Ein Relieftäfelchen des Meister J. P. zeigt das E. im Paradiesgarten, in dem der Sündenfall geschildert wird (um 1520; Form und Inhalt, Fs. f. Otto Schmitt, Stg. 1950, S. 217f., Abb. 1f.).
Auf dem Reliefschmuck des Pfeilers von Souvigny ist das E., durch die Beischrift „unicornis“ eindeutig bestimmt, zusammen mit „grifo“, „elefans“, „sirena“ und „manticora“ dargestellt; Mâle (I [19536], S. 325 Abb. 189) vermutet, daß diese Wiedergabe durch das Kapitel über die Tiere Indiens in Honorius Augustod. „De imagine mundi“, Buch 1 Kap. 13 (Migne, P. L. 172, Sp. 124f.), angeregt sei. Eine ähnliche Darstellung stammt aus St. Sauveur in Nevers (Porter Bd. 2, Abb. 127). Mit der Versicherung „Hic ammalia sunt veraciter depicta sicut vidimus in terra sancta“ stellte Erhard Reuwich das E. mit anderen Tieren in Breydenbachs „Peregrinationes ad terram sanctam“, Mainz 1486, dar (Schramm, Frühdrucke Bd. 15 Abb. 22), nun in seiner klassischen Form als Pferd mit Ziegenbart und langem, geradem, geriefeltem Horn. Ein zottiges Bocksfell, gewundenes Horn und gespaltene Hufe hat das E. auf einer Zchg. im Album des Giovannino di Grassi in der Bibl. zu Bergamo, um 1400 (van Marle, Iconographie Bd. 1, S. 184 Abb. 171). Tobias Stimmer läßt es unter den wilden Tieren, die Orpheus durch seine Musik besänftigt, auftreten (Zchg. in London, B.M.: Friedr. Thöne, T. St. Handzchgn., Freiburg i. Br. 1936, Nr. 65, Abb. 66). Noch um 1750 belebt ein E. den Garten der Circe auf einem Bildteppich aus Aubusson (Göbel II, 2, Abb. 274).
Auch in Legendendarstellungen kann das E. erscheinen: das E. und andere wilde Tiere verschonen den Leichnam des hl. Stephanus (Bildteppich von 1502 im Mus. Cluny in Paris; Göbel II, 2, Abb. 318); ebenso befindet sich unter den Tieren, denen der hl. Mammas predigt, ein E. (Pariser Bildteppich von 1544 in der Kath. zu Langres: ebd. Abb. 16).
Öfters kommt das E. auf Wildgartenteppichen vor, auf solchen der 2. H. 15. Jh. so gut wie des 17. Jh. (Göbel I, 2, Abb. 62 u. 481).
Die Illustrationen der E.-Literatur des 17. Jh. stimmen in der Wiedergabe der Gestalt des Fabeltieres durchaus nicht überein (vgl. hierzu die Abb. bei [30]).
Die Jagd auf das E. konnte im späteren MA auch als profane Jagdszene geschildert werden.
Auf dem Wienhausener Jagdteppich, um 1430 (Schuette Bd. 1, Taf. 19f.), hetzen zwei Jäger mit Hunden das E., und ganz entsprechend sind auf anderen Streifen des Teppichs Hirsch-, Löwen- und Hasenjagd geschildert. Ein Kästchen des 15. Jh. im Louvre zeigt ebenfalls eine E.-Jagd ohne Einbeziehung der Jungfrau (van Marle, Iconographie Bd. 2, S. 440 Abb. 471). Andrerseits war es auch möglich, das Jungfrau-Motiv – indem man seinen eigentlichen Sinn verkehrte – auf die Damwildjagd zu übertragen: auf einem fränkischen Teppich mit Spiel- und Jagdszenen, um 1420, flüchtet sich ein Reh in den rettenden Schoß eines Mädchens, während ein Hirsch von einem Jäger und Hunden erlegt wird (Kurth, Bildteppiche Bd. 3, Taf. 253). Eine merkwürdige Mischung von figurenreicher höfischer Jagdszene und Motiven aus der E.-Legende findet sich auf einer Teppichfolge, die wahrscheinlich anläßlich der Hochzeit der Anne de Bretagne mit Ludwig XII. um 1499 entstand (James J. Rorimer, The Unicorn Tapestries at the Cloisters, New York 1955, Abb. 1–20); sie enthält folgende Szenen: Jäger sammeln sich zum Aufbruch; sie entdecken ein E., während es mit seinem Horn die Quelle entgiftet, und umzingeln es; das E. macht einen Ausbruchsversuch, wobei es einen Hund mit dem Horn durchbohrt; das Tier im Schoß der Jungfrau (ist Anne de Bretagne gemeint?) in einem Garten (Hortus conclusus); in der Nähe des Schlosses wird das sich aufbäumende E. erlegt und leblos über dem Rücken eines Pferdes liegend zu Anne und Ludwig gebracht; das mit einem Halsband geschmückte E. in einem Gehege (etwas spätere Zufügung). Das E. im Schoß der Anne und das im Gehege gezähmte Tier dürften als Hinweise auf Liebe und Ehe des Königs und der Königin zu verstehen sein.
Der von Isidor von Sevilla und den Bestiarien auf das E. übertragene Kampf des Rhinozeros mit dem Elefanten (s. II. B, C u. D) führte gelegentlich zu entsprechenden Darstellungen, so auf einem flämischen Teppich von etwa 1540 (Göbel I, 2, Abb. 148) und früher schon in Queen Mary’s Psalter, wo auch der Kampf eines E. gegen einen Löwen vorkommt (Warner a.a.O. Taf. 156 c u. 211), ein Motiv, das auch zwei flämische Teppiche im Pal. Borromeo auf der Isola Bella im Lago Maggiore zeigen [30, S. 77]. Daß es eine alte Tradition hat, beweist seine Darstellung in der Boëthius-Hs. Karls des Kahlen (Bamberg, St.B. Hs. HJ IV 12, fol. 96: Wilh. Köhler, Die karolingischen Miniaturen, I: Die Schule von Tours, Bln. 1930, Taf. 92f.). E. und Drache kämpfen gegeneinander auf einer Miniatur von Franco Russi in der Bibel für Hzg. Borso d’Este (Jb. Kaiserh. 21, 1900, S. 161 Abb. 28), auf einer Holzschnittillustration zum Schiltberger, um 1476 bei Anton Sorg in Augsburg gedruckt (fol. 118 v, „Von einem lind wurm vnd einhüren zů Rom“; Schramm, Frühdrucke Bd. 4, Abb. 283), und einer Zchg. Leonardos im B.M. London (hier greift das E. mit anderen Tieren zusammen den Drachen an; Woldemar von Seidlitz, L. d. V., Bln. 1909, Bd. 1, S. 231 m. Abb.). Dürer stellte das E. einem angreifenden Kranich gegenüber (Randzchg. im Gebetbuch Kaiser Maximilians, fol. 17; Faksimileausg. Wien 1907, fol. 17). Aufrecht auf den Hinterbeinen stehend kämpft ein E. gegen einen Mann auf dem Relieffries des Nordturmes vom Straßburger Münster (Schmitt a.a.O. Bd. 2, Abb. 169).
E. Heraldik
Schönheit, Wildheit und Unbesiegbarkeit des E., seine Devotion für die „reine frouwe“, seine Keuschheit, die therapeutische Kraft seines Hornes und sicherlich auch seine hohe theologische Symbolik machten das E. zu einem beliebten Wappentier und zum Wappenschildhalter adeliger und bürgerlicher Familien.
Als Beispiele seien genannt: Wappen des Dietmar von Aist (in der Manessischen Lieder-Hs.), des March von Nußdorf (Abb. 20), der Familien von dem Knesebeck (Wappen auf Taufbecken des Ratzeburger Domes: [50] S. 188 Abb. 200) und der Ulmer Patrizierfamilie Rot (Lieselotte Möller, Der Wrangelschrank, Bln. 1956, S. 111); viele andere Beispiele bei Siebmacher. Unter den künstlerischen Gestaltungen nehmen die Pinselzchg. Hans Baldung Griens im B.M. London, 1544 (Carl Koch, Die Zchgn. H. B. G., Bln. 1941, Nr. 142), dessen Holzschnitt (Geisberg, Einblattholzschnitt Nr. 132) und Schongauers Stich B. 97 eine hervorragende Stellung ein.
F. das E. als Schmuckform
Trotz seiner schönen Gestalt hat das E. als Schmuckform bei weitem keine so bedeutende Rolle gespielt wie etwa der Drache. Gießgefäße in Form von E. sind aus dem 13.–15. Jh. bekannt (Falke-Meyer Abb. 510, 517, 534 u. 538). Zu der Entstehung der Ende 16./ A. 17. Jh. aus Augsburger, Nürnberger und Konstanzer Werkstätten hervorgegangenen Trinkgefäße in Form springender E. (Rosenberg I Nr. 529 a, III Nr. 2923, 4004 a u. e, 4086) dürfte auch die Vorstellung von der giftabwehrenden Kraft des E.-Hornes beigetragen haben. Ein springendes und ein ruhendes E., aus der Augsburger Werkstatt Reisingers um 1580 hervorgegangen (Bange, Bronzestatuetten Abb. 157; Kunstchronik 4, 1951, Taf. n. S. 52), waren Bekrönungen von Kunstkammerstücken, ein anderer Bronzeguß in Frankfurter Priv.bes., Augsburg um 1580 (Abb. 21), dürfte zur Bekrönung eines Tafelaufsatzes gedient haben; ein silbervergoldeter Becher in Form eines E. wurde kürzlich in Bern versteigert (Meistermarke D. B., um 1580; Die Weltkunst 25, 19, 1954, S. 6 m. Abb.). E. als Schmuck von Narwalbechern (s. Narwal) verstehen sich aus der Identifizierung von E.-Horn und Narwalzahn (Beispiele bei [50]), Schmuckstücken verleiht das E. Amulettcharakter [50, S. 234 Abb. 243 a].
Als Beispiele für die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten des E. als Schmuckmotiv seien erwähnt: Paris, BN. ms. lat. 266, fol. 19 v und 20, Lotharevangeliar, um 850 (E. als Nashorn; W. Köhler a.a.O. Taf. 104 h und i); Marburg a. d. L., Elisabethkirche, Gitter vom A. 14. Jh. (RDK IV 1063/64, Abb. 3); Wienhausen, Bodenplatte eines Radleuchters (?), ebenfalls 14. Jh. (RDK I 1291, Abb. 3); Hamburg, Mus. f. K. u. Gew., Truhenwand, norddt. um 1400 (Abb. 19; trotz Anbringung der Evangelistensymbole in den Ecken ist rein dekorative Verwendung anzunehmen, da der übrige Schmuck – Tiere und Mischwesen in Medaillons – gegen eine symbolische Deutung spricht); auf den gestickten Bildteppichen aus Kloster Lüne ist das E. ein in den Randstreifen immer wiederkehrendes Ziermotiv (Schuette Bd. 1, Taf. 41–44, 46,49, 50, 53). Zwei E.-Köpfe schmücken einen Armleuchter des 16. Jh. in der Herforder Jakobikirche (RDK I 1101/02, Abb. 14). Gelegentlich finden sich E. auf Stoffen: auf einem Seidenstoff mit Pfauenmuster aus Palermo, 2. H. 12. Jh., auf einer Dalmatik des 13. Jh. aus Göß (RDK III 994, Abb. 6), auf einem venezianischen Stoff des 15. Jh. (Falke, Seidenweberei Taf. 5 u. Abb. 411) sowie noch im 18. Jh. auf Beiderwand aus Schleswig (RDK II 200, Abb.).
Zu den Abbildungen
1. Stuttgart, Württ. L.B., Bibl. fol. 23, fol. 27, Illustration zu Ps. 22 (21), 19–22 (Ausschnitt). Nordfrankreich (Amiens?), A. 9. Jh. Nach Ernest T. De Wald, The Stuttgart Psalter (= Ill. Mss. of the Middle Ages 2, 2), Princeton 1930, Taf. fol. 27.
2. Lüttich, U.B. ms. lat. 363, fol. 17 v, Evangeliar aus Averbode, Eingangsbild zum Matthäusevangelium. Floreffe, um 1160. Fot. Marburg LA 765/6.
3. London, B.M. ms. Roy. 973. 12, fol. 13, Bestiar, E.-Jagd. Englisch, A. 13. Jh. Fot. B.M.
4. Oxford, Bodl. Libr., ms. Laud. misc. 247, fol. 147, Sammel-Hs., E.-Jagd. Federzchg. 12. Jh. Fot. unbekannt (Nachlaß Arthur Haseloff, Berlin, Freie Universität, Kg. Inst.).
5. London, B.M. ms. Add. 39 810, fol. 7, Jagd auf ein E., Detail vom Rahmen der Beatusseite des Psalters. Ostenglisch, 1. V. 14. Jh. Fot. B.M.
6. Cismar, Klosterkirche, Medaillon mit E.-Jungfrau-Gruppe von einem Wimperg des Hochaltars. Eichenholz, 27 cm Dm. Lübeck, um 1310–20. Fot. W. Castelli, Lübeck.
7. München, B.N.M. Inv.Nr. MA 2202, Medaillon mit Darstellung der E.-Jagd. Silberreliefschmelz, 7,5 cm Dm. Mittelrhein, um 1330. Fot. B.N.M.
8. Basel, Priv.bes., E.-Jagd im Hortus conclusus. Gem. a. Holz. Deutsch, 15. Jh. (?). Fot. Bes.
9. Ehem. Wien, Slg. Figdor, Altardecke mit Darstellung der E.-Jagd im Hortus conclusus. Stickerei auf Leinen, bunte Seide, 71 × 87 cm. Westdeutsch, 1. H. 16. Jh. Nach Die Slg. Dr. Alb. Figdor-Wien I, 1, bearb. von Otto von Falke, Wien u. Bln. 1930, Nr. 156, Taf. 35.
10. Freiburg i. Br., Städt. Slgn., Bildteppich mit Szenen aus dem Leben Mariä, Detail: Verkündigung an Maria. Gesamtgröße 0,92 × 2,14 m, das abgeb. Detail ca. 75 × 80 cm. Oberrhein, A. 15. Jh. Fot. G. Röbcke, Freiburg i. Br.
11. München, B.N.M., Wildmann erjagt E., Detail eines Bildteppichs. Gesamtabb. bei Kurth, Bildteppiche Bd. 3, Taf. 283 a. Größe des Details ca. 70 × 65 cm. Fränkisch, M. 15. Jh. Fot. Mus.
12. Hal, U.L.F., Relief im Chor mit Darstellung einer nackten E.-Reiterin (Personifikation der Unmäßigkeit?). Kalkstein. Maasgebiet, um 1400. Fot. Marburg 618 126.
13. Vorau, Stiftsbibl. Ms. 130, fol. 109, Personifikation der Keuschheit aus der „Lumen animae“-Hs. des Konrad von Vorau. 1332 dat. Fot. RDK.
14. Ehem. München, Kunsthandel (1955), Personifikation der „sterckheit“ (Keuschheit durch Stärke). Gem. a. Holz, Größe etwa 50 × 40 cm. Titulus: „Als sterckheit compt met syn ghewelt / so wort ionckheit ter neder ghewelt.“ Flämisch (westfälisch?), um 1540. Fot. Mich. Riedmann, Mchn.
15. Cosmas Damian Asam, Personifikation der Keuschheit des hl. Hugo. Deckenmalerei, Fresko. Bruchsal, Hofkirche (1945 zerst.). 1729 dat. Fot. Staatl. Amt f. Dpfl. Karlsruhe, Nr. 4873.
16. Boëtius Adams Bolswert (1580–1633), Allegorie des menschlichen Lebens. Kupferstich. Nach Knipping Bd. 1, S. 19 Abb. 5.
17. Gabriel Ehinger (1652–1736), Emblem aus Celestino Sfondrati, Innocentia vindicata etc., St. Gallen 16982, Bl. F. Kupferstich, 19,8 × 15,5 cm. Nach dem Original.
18. Tobias Stimmer, Einzug der Tiere in die Arche Noah. Holzschnitt aus „Neue künstliche Figuren Biblischer Historien“ etc., Basel (Thomas Guarin) 1576. 6 × 8,5 cm. Foto Steinkopf, Berlin.
19. Hamburg, Mus. f. K. u. Gew., Truhenplatte mit Evangelistensymbolen, Tieren und Fabeltieren in Medaillons. Eichenholz, ungefaßt. Norddeutsch, um 1400. Fot. Mus.
20. Hans Valkenauer, Wappen und Helmzier des March von Nußdorf † 1478, Detail vom Grabmal des Genannten. Roter Marmor, ungefaßt. Laufen a. d. Salzach, Stiftskirche. Um 1478. Fot. Lala Aufsberg, Sonthofen, Nr. 58 967.
21. Frankfurt a. M., Priv.bes., E., von einem Tafelaufsatz (?). Bronzeguß, 13,2 cm lang, 15,5 cm h. Augsburg, um 1580. Fot. RDK.
Literatur
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Verweise
Empfohlene Zitierweise: Wehrhahn-Stauch, Liselotte , Einhorn, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. IV (1958), Sp. 1504–1544; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=100338> [04.04.2022]
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