Draperie
englisch: Drapery; französisch: Draperie, drapé; italienisch: Drappeggio.
Charlotte Steinbrucker (1955)
RDK IV, 372–382
I. Begriff
Als D. werden Stoffgehänge bezeichnet, die vornehmlich dekorativen Zwecken dienen.
Seit dem frühen 18. Jh. begegnet, zunächst in der Sprache von Künstlern und Kunstkritikern, die Bezeichnung D., übernommen vom französischen draperie (Kluge-Götze, Etymologisches Wörterbuch d. dt. Sprache, Bln. u. Lpz. 194313, S. 112); dieses leitet sich her von franz. drap = Tuch (aus Vulgärlatein. drappus, mlat. trapus; daraus auch ahd. trabo und mhd. trappenîe, trapperîe: „sus was sunden frîe ûz der himilschen trappenîe von ir briutgom becleidet“: Hugo von Langenstein, Martina, hrsg. v. A. v. Keller, Stg. 1856, 53, 61). Seitdem hat D. in engerem Sinne die Bedeutungen Stoffbehang und Faltenwurf angenommen; auch deren Imitation und Abbildung in Malerei und Skulptur sind in dieser Bezeichnung einbeschlossen.
Es ist zu unterscheiden zwischen Behang und Vorhang sowie zwischen Faltenwurf eines Stoffes und eines Gewandes. Vorhänge, die als einfach herabhängende Stoffe dazu dienen, etwas zu verhängen oder verschiedene Räume gegeneinander abzugrenzen (wie z. B. Altarvelen, RDK I 621–23), werden im folgenden nicht berücksichtigt, sondern nur solche, die ihrem eigentlichen Zweck entfremdet und als Stoffgehänge kunstvoll dekoriert – „drapiert“ – sind; denn in diesen Fällen übernehmen die Vorhänge in hohem Maße die Rolle eines Behanges, der vorzüglich zur Ausschmückung dient (ital. drappeggio). Ebenfalls unbeachtet bleibt der Faltenwurf von Gewändern (ital. panneggio); Fenstervorhänge und Lambrequins, die bisweilen ebenfalls den Charakter von D. annahmen, s. dort.
II. Bis zur Renaissance
In der Antike war der Gebrauch von D. in allen mittelmeerischen Kulturkreisen bekannt; Einzelheiten über die Verwendung der D. sind ägyptischen, griechischen und etruskischen Malereien und Skulpturen abzulesen [5]. Auch in der Ausschmückung römischer Innenräume und Festarchitekturen spielte die D. eine bedeutende Rolle. Einige der römischen Gewohnheiten übernahm das christliche Brauchtum: die Bekleidung der Apsidenwände, der Obergaden und der westlichen Innenwände der Basiliken durch Stoffbehänge. Die D. des Altares ist als liturgische Vorschrift für alle Folgezeit festgelegt worden. Mögen auch die meisten Stoffgehänge, von denen im Liber pontificalis so oft die Rede ist [1, S. 725f.], als Vorhänge gedient haben, so ist doch an der Verwendung eines Teiles der bezeugten Teppiche als D. nicht zu zweifeln.
Seit der 2. H. des ersten Jahrtausends sind Zeugnisse für den Gebrauch von D. im Frankenreich bekannt; zahllose Abbildungen und eine Fülle schriftlicher Quellen [1] vermitteln eine Vorstellung vom Gebrauch der D. in jener Zeit. Offenbar ist zu unterscheiden zwischen D., die als ständige Ausstattung kirchlicher und profaner Innenräume dienten, und solchen, die nur zu besonderen Anlässen angebracht wurden (s. Festdekoration); z. B. war die Kirche, in der Chlodwig die Taufe empfing, aus diesem Anlaß mit D. ausgeschmückt [1, S. 726]. Die ständigen D. sind bereits in karolingischer Zeit für bestimmte, im ganzen MA beibehaltene Zwecke verwendet worden: zur Zier des Altares, zum Behängen der Kirchenwände, zum Dekorieren der Thronrückwände und anderer Möbelstücke. Weniger gut sind die D. in der profanen Kunst bezeugt; man wird sie sich analog der kirchlichen vorzustellen haben. Wie aus den Darstellungen hervorgeht, waren die D. im allgemeinen mittels Ringen, die an Nägeln aufgehängt wurden oder über eine Vorhangstange liefen, befestigt. – Die verschiedenartige Verwendung von D. erlaubt folgende allgemeine Gruppierung der ma. Denkmäler:
A. Die Interkolumnien der Kirchenschiffe, Chorschranken und Altarziborien verhängten häufig Tücher, die (zumindest zeitweise) zurückgeschlagen und dann um die Stützen geschlungen oder an ihnen aufgebunden wurden. Diese D. bildeten eine lockere, dekorative Hinzufügung zur architektonischen Gliederung (Abb. 1; vgl. auch RDK II 1473, Abb. 38; III 345/46, Abb. 1).
Weitere Beispiele u. a. bei W. F. Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des MA, Mainz 19522; Goldschmidt, Buchmalerei. In der Malerei konnte die Rahmung (gleich welcher Art sie war) durch D. begleitet werden (RDK II 1435, Abb. 8); Beispiele für D., die an schlichten rechteckigen Rahmen angebracht sind, begegnen vor allem in Schulen und Stilperioden mit klassizistischen Tendenzen (z. B. im Maasgebiet). – Abarten dieser D.-Formen sind die gerafften, girlandenartig aufgebundenen D. etwa der Reichenau (München, St.B. Clm. 4452: RDK I 28, Abb. 2; München, B.N.M., Elfenbeinrelief mit Darstellung der Heimsuchung, wahrsch. vom Altarantependium Ottos I. im Magdeburger Dom) oder Frankens (Sp. 111 Abb. 3) sowie die Darstellungen des Zeltes, in dem sich die Bundeslade befand, bei denen die einzelnen Zeltbahnen sich zu großen D. verselbständigt haben (Bibel von S. Callisto in Rom: [1] Abb. 482; Hortus deliciarum: Straub-Keller Taf. 15). – Abbildungen von D. dieser Art blieben bis zum Ende des MA geläufig, waren allerdings in gotischer Zeit weniger häufig als in den vorausgegangenen Epochen.
B. Die D. als Schmuck der unteren Zonen von Apsiden- und Schiffswänden war schon in karolingischer Zeit verbreitet. Besonders reich sind die gemalten D. bei den zwischen 741 und 752 entstandenen Fresken in S. M. Antiqua in Rom (Wilpert, Mos. u. Mal. II, Taf. 185 u. 192f.); vgl. auch die D. der Klosterkirche zu Münster i. Gr., um 800 (Inv. Schweiz 13, S. 3 12, Abb. 328). Während die karolingischen Beispiele den Faltenwurf, die Art der Anbringung und den Stoff der D. ziemlich genau wiedergeben, hat die romanische Kunst gelegentlich D. als faltenlos der Wand gleichsam aufgebügelten Stoff dargestellt und unter den Stoffarten mit Vorliebe kostbare, reich gemusterte Brokate ausgewählt.
Viele der heute in rheinischen Kirchen anzutreffenden D.-Malereien sind allerdings erst von Restauratoren des 19. Jh. erfunden oder verändert (Schwarzrheindorf, Apsis der Unterkirche). Vom 13. Jh. an ist die herabhängende, locker gefältelte D. wieder die Regel, und der dekorative Wert der Stoffmusterung tritt gegenüber dem des Faltenwurfs erneut zurück: Beispiele bei [2]. Die Schärfung der Faltenzüge (Coutance, Kath., um 1381: [2] Abb. 85) und die Art der Fältelung und Bildung der Säume entsprechen den jeweiligen Tendenzen des Zeitstils. Während derartige D. in der deutschen, englischen und skandinavischen Malerei oft vorkommen (z. B. Soest, Maria zur Höhe; Romsey Abbey und Ely, Kath.: E. W. Tristram, English Medieval Wall Painting II, Oxford 1950, Taf. 210, Erg. Taf. 23 b, 24 b, 28, 54, 57; Häverö: K. Asplund u. M. Olsson, Kyrkor i Väddö och Häverö [= Sveriges Kyrkor, Uppland II, 1], Stockholm 1918, S. 34f., Abb. 28f.), sind sie in der italienischen Malerei des Spät-MA seltener (ein besonders charakteristisches Beispiel findet sich in der Sixtinischen Kapelle: [5] Taf. 40). – Die Variationen sind geringfügig; sie beschränken sich fast durchweg auf die Genauigkeit in der Wiedergabe der Anbringungsart. Eine D. wie die in der Schloßkapelle zu Kronberg im Taunus (3. V. 14. Jh.), wo der Eindruck eines über einen vorkragenden Balken gehängten Tuches erweckt wird, bedeutet eine Ausnahme [2, Abb. 260].
Während des 13. u. 14. Jh. kam es gelegentlich auch zu Imitationen von D. in der Plastik: Metz, Kathedrale (Abb. 2).
C. Das römische Caeremoniale gestattete, über einem Wandaltar ein Tuch anzubringen, das figürliche Darstellungen trug. Das Alter dieser Gewohnheit ist nicht bekannt; vom 13. bis 15. Jh. waren die das Retabel vertretenden D. in England, Flandern und Frankreich verbreitet, in Italien und Deutschland scheinen sie nicht gebräuchlich gewesen zu sein. Den wenigen erhaltenen Beispielen steht eine Fülle schriftlicher Zeugnisse gegenüber.
In den Quellen tragen diese D. verschiedene Namen: in Frankreich und Flandern heißen sie dosellum, paramentum, pannus sowie – davon abgeleitet – dossier, dossei, doucier, docier, douciel, parement und außerdem drap, table, postautel; in englischen Quellen finden sich die Bezeichnungen rerdose, rerdos, frontale, hanging, pannus cloth, pallium, vestis; ausnahmsweise kommt auch der Name repali vor [4]. Unter den erhaltenen Beispielen sei der Rückbehang im Wiener Hofmuseum, ein Bestandteil des Burgundischen Meßornates des Ordens vom Goldenen Vlies, hervorgehoben ([4] Taf. 327; dort weitere Beispiele genannt).
D. In allen Gebieten des Abendlandes sind während des MA über Möbelstücke gelegte D. häufig. Besonders in der Frühzeit begegnen Thronrückwände mit D., die z. T. an Stangen befestigt, z. T. lose über die Rücklehne drapiert sind (Beispiele für beide Arten bei Goldschmidt, Buchmalerei I und II). Gelegentlich, vor allem im 15. Jh., halten Engel die D. oder raffen sie (vgl. etwa RDK II 1488, Abb. 45).
Für die D., die von den Betthimmeln herabhängen (zumeist am Kopfende des Bettes angebracht), bieten die Verkündigungsdarstellungen des späteren MA zahllose Beispiele.
III. Seit der Renaissance
Eine Erweiterung der Verwendungsmöglichkeiten von D. brachte die italienische Kunst des Quattrocento. Die meisten der neuen Formen bilden wichtige Voraussetzungen für das später auch in der deutschen Kunst Gebräuchliche.
Für den im 15. Jh. in Italien vollzogenen Umschwung ist es bezeichnend, daß anfangs plastische Imitationen von D. gegenüber den gemalten vorherrschten. Am Beginn steht der Wandbehang der Figurennische Nanni di Bancos an Or S. Michele in Florenz, 1408 [3, Abb. S. 197]. – Die Verwendung von D. als Reliefgrund ist seit 2. V. 15. Jh. vor allem in der Toskana häufig [3, Abb. S. 218 u. 231] und verbreitete sich über Padua [3, Abb. S. 537] nach Oberitalien. Mantegna, Carlo Crivelli u. a. übertrugen das Motiv in die Malerei. – Mit Michelozzo (und Donatello) begann eine Entwicklung, in deren Verlauf es zur Umdeutung des Verhältnisses von D. zum architektonischen Rahmen kam: während die D. bisher den Rahmen der Architektur dekorativ begleitete, bahnte sich mit dem Grabmal des Papstes Johann XXIII. in der straffer geführten D. eine gewisse Gleichwertigkeit von D. und Architektur in ihrer Funktion als Rahmung des Denkmals an; Ant. Rossellino und Benedetto da Majano haben diese Tendenzen weitergebildet [3, Abb. S. 206, 387, 394]. In der Hochrenaissance hat dann die Malerei unter Verzicht auf architektonische Motive allein die D. als Rahmung verwendet (Raffael, Sixtinische Madonna). In der oberitalienischen, vor allem der venezianischen Kunst übernahmen beiderseits der Thronrückwände straff herabhängende Stoffbahnen eine ähnliche Funktion innerhalb des Bildes. – Eine weitere Neuerung scheint aus Oberitalien zu stammen: die wie ein Zelt gebildete D. Diese „Baldachin-D.“ findet sich wohl zuerst bei dem Wandgrab des Dogen Tommaso Mocenigo in SS. Giovanni e Paolo in Venedig, bald nach 1423 [3, Abb. S. 529]. In plastischer Ausgestaltung begegnet sie im Tympanon von S. Agostino in Ancona [3, Abb. S. 296] und, erstmals zur Ausstattung eines liturgisch geforderten Ausstattungsstückes verwandt, im Tempio Malatestiano in Rimini [5, Taf. 39]. Auch in der Malerei des 15. Jh. kommt die Baldachin-D. häufig vor (Gentile da Fabriano, Altarbild in Rom, Vat. Pin.; Botticelli, Marientondo im Mus. Poldi-Pezzoli in Mailand; Fra Bartolommeo, Altarbild im Louvre: hier tragen Engel die D., eine auch sonst anzutreffende Übertragung des Motivs der von Engeln hinter thronende Figuren gehaltenen Behänge, wie etwa RDK II 1488, Abb. 45, Stephan Lochners Kölner Dombild oder Masaccios Anna selbdritt in den Uffizien usw.). Als Altarbekrönung erscheint die Baldachin-D. im Hintergrunde eines Gemäldes des Piemontesen Defendente Ferrari in der Württ. Staatsgal. Stuttgart.
Während des gesamten Zeitraums verwendete man auch in Italien die herkömmlichen Arten der D. [3, Abb. S. 261, 326, 348, 574]. Die Neuerungen dürften zu einem Teil aus der Dekorationspraxis höfisch-repräsentativer Innenräume stammen; ein anderer Teil könnte auf die Übertragung von Gewohnheiten zurückgehen, wie sie bei Bestattungsfeiern üblich waren: man beachte den Anteil der Grabdenkmäler an der Ausbildung und Verbreitung der neuen D.-Formen.
Unmittelbare Bedeutung für die außeritalienische Kunst erlangte allein die Entdeckung der D. als Kompositionsmittel. Gemälde religiösen, mythologischen und allegorischen Inhalts sowie Bildnisse weisen häufig D.-Schmuck auf, der ebenso aus großen, kühn geschwungenen D. wie aus kleinen Zipfeln oder D.-Ausschnitten bestehen kann (Abb. 3). Während bei den ma. Beispielen die D. zugleich Dekoration wie Abbild bestehender Gewohnheiten war, wurde sie nun vor allem Mittel der Bildkomposition. Völlig verschiedenen Bedingungen unterworfen, nahmen auch die D. mannigfaltige Formen an. Unabhängig von diesen ist seit dem 15. Jh. der Besatz der Säume mit Fransen und das Anbringen von Borten häufig.
Die prunkvolle Ausgestaltung von Innenräumen durch D., die in Italien und Spanien anzutreffen war – in Spanien verhängte man z. B. die Zimmerdecken mit D. –, bürgerte sich im Norden nicht ein. Man beschränkte sich hier auf das Behängen der Wände mit Tüchern oder Teppichen, deren – trotz der Verluste noch immer stattliche – Zahl die Vorliebe für diese Form der D. beweist. Nach dem Zeugnis holländischer Gemälde fand diese, ursprünglich höfischen Prunkräumen vorbehaltene D., wenn auch in bescheidenem Umfang, in die Bürgerstuben des 17. und 18. Jh. Eingang.
Die deutsche Kunst weist in Fest- und Theaterdekorationen sowie in der kirchlichen Ausstattung des 18. Jh. dem in Italien und Frankreich anzutreffenden Reichtum Vergleichbares auf; die beiden Länder haben die deutsche Kunst vielfach angeregt. Als Beispiel für die Auswirkung italienischer Vorbilder sei eine Entwurfszeichnung von Nikolaus Gottfr. Stuber genannt, die dieser 1741 für eine Festdekoration zu Ehren des bayerischen Kurfürsten (des späteren Kaisers Karl VII.) schuf (Abb. 4): die Imperatorendarstellung ist ohne Berninis Konstantinsfigur in St. Peter in Rom (Ernst Benkard, G. L. Bernini, Ffm. 1926, Abb. 60) kaum denkbar. Die weitreichende Wirkung berninesker Anregungen bezeugt die Baldachin-D. in der Loge der Charlottenburger Schloßkapelle, die von Joh. Frdr. Eosander nach dem Vorbild seines Landsmannes, des Berninischülers Nicod. Tessin d. J. entworfen wurde (Marg. Kühn, Schloß Charlottenburg, Berlin 1955, Textabb. 26–28).
Viele der Stuck-D., die sich in süddeutschen Kirchen des 18. Jh. fanden, sind den Purifikationen des 19. Jh. zum Opfer gefallen. In Hörgersdorf bei Erding, Obb., war die Triumphbogenwand völlig mit Stuck-D. bedeckt, ähnlich wie es die allerdings nur gemalte D. in der Kirche zu Kempfenhausen bei Starnberg zeigt. Selbst dort, wo die rauschenden Stuck-D. noch vorhanden sind, haben sie nicht selten ihre ursprüngliche Form verloren (vor allem durch teilweises Wegschlagen). Besonders zahlreich sind Baldachin-D. anzutreffen, sowohl in Stoff als auch in Stuck (Abb. 5; weitere Beispiele bei Rich. Hoffmann, Bayerische Altarbaukunst, Mchn. 1923; beim Kreuzaltar des Regensburger Obermünsters ist die D. aus Holz geschnitzt: Inv. Bayern II, 22, 2, S. 261f., Abb. 202; eine vereinfachte Form der Baldachin-D. über den Seitenaltären der Wallfahrtskirche S. M. Licht in Truns: Inv. Schweiz 13, S. 435f., Abb. 501).
Bei Altären, Kanzeln, Epitaphien, Sakramentsnischen, Wappenkartuschen, Emporenöffnungen und Loggien dienen D. der verschiedensten Form und Farbe zur festen Einbeziehung des einzelnen Ausstattungsstückes oder Bauteiles in die Gesamtdekoration des Innenraumes. Das Zusammenspiel von Rocaille und kühn bewegten D. hat zu einer Fülle unterschiedlicher Formen von großem dekorativem Reiz geführt.
In der Profankunst bestimmte das modische Vorbild Frankreichs die Verwendung von D. zur Innenraumdekoration und bei der Ausgestaltung von Möbeln (vgl. die Gemälde der Lesueur, Vouet und Lebrun, der Hofmaler von Versailles, sowie die D. der Pariser Prunkbetten, die D.-Bekrönungen der Toilettentische usw.).
Wie verbreitet die D. als Dekorationsmotiv war und auf wie verschiedenen Gebieten sie zur Anwendung gelangen konnte, zeigt die Graphik der Barockzeit. Mit dem Buchtitel versehen konnte sie sogar die Titelseiten von Büchern schmücken (vgl. z. B. Herman F. Bouchery und Frank van den Wijngaert, P. P. Rubens en het Plantijnsche Huis, Antwerpen 1941, Abb. 54, 59, 63, 64, 108f.).
Im späten 18. Jh. und zu Beginn des 19. Jh. wurde die D. im allgemeinen sparsamer angewendet; das schloß gelegentliches Vorkommen reichster D. nicht aus (z. B. Schinkels Entwurf von 1809 für das Schlafzimmer der Königin Luise im Charlottenburger Schloß: Abb. 6; Marg. Kühn a. a. O. S. 91, s. a. ebd. Tafelabb. 125). Im Neurokoko des 2. Dr. 19. Jh. kam es zu einer Neubelebung, und die D. wurde in Form der Portiere das wichtigste Mittel der Innendekoration bis über die Jahrhundertwende.
Die Heraldik kennt das Motiv der Baldachin-D. als Hintergrund fürstlicher Wappen. Der Wappenmantel, meist mit Hermelin gefüttert, wird in gleicher Weise wie eine D. dargestellt. Aus der Heraldik wurde das Motiv übernommen zur Bekrönung von Fürstenlogen (Charlottenburger Schloßkapelle, s. o.), Epitaphien u. dgl.
Zu den Abbildungen
1. Bamberg, St.B., Cod.bibl. 76 (A I 43), fol. 11 r. Jesaias mit Kommentar, Initial V(isio). Reichenau, E. 10. Jh. Fot. Marburg 15 998.
2. Metz, Kathedrale, linkes Sockelgewände des Nordportals. Um 1280. Fot. Arthur Schlegel, München, Nr. 1392.
3. Jeremias Falck (1609/10–1677), der Herbst aus einer Kupferstichfolge der Jahreszeiten. 32,1 × 21,8 cm. 1640–50. Fot. St. Graph. Slg. München.
4. Nikolaus Gottfried Stuber (1688–1749), Entwurf für eine Festdekoration zu Ehren Kurf. Karl Albrechts von Bayern (nachmals Kaiser Karl VII.). München, St. Graph. Slg., Inv. Nr. 30 318. Bleistift u. Feder, laviert (Ausschnitt; dessen Or.Gr. 48 × 38,7 cm). 1741. Fot. Slg.
5. Ingolstadt, S. M. de Victoria, Hochaltar. Fassung der Draperie (Stuck) als blauer, silberdurchwirkter Brokat (Reste 1947 gef.). Jos. Anton Breitenauer (od. Joh. Mich. Fischer aus Dillingen?). Gew. 1759. Fot. Oscar Poss, Regensburg, Nr. 70 314.
6. Karl Frdr. Schinkel, Entwurf für das Schlafzimmer der Königin Luise im Schloß Charlottenburg. Feder, laviert. 1809. Fot. Schlösserverwaltung Berlin.
Literatur
1. Clemen, Roman. Mon. Mal., S. 725–39. – 2. Ders., Got. Mon. Mal., passim. – 3. Wilh. von Bode, Die Kunst der Frührenss. in Italien (= Propyläen-Kg. Bd. 8), Bln. 19233. – 4. Braun, Altar 2, S. 534–40. – 5. Enc. Ital. 13, S. 205f., Taf. 39f.
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