Diakon
englisch: Deacon; französisch: Diacre; italienisch: Diacono.
Herbert Paulus (1954)
RDK III, 1377–1382
I. Wortbedeutung
Das Wort διάκονος (lat. diaconus) als Amtsbezeichnung findet sich im Urtext von Phil. 1, 1; I. Tim. 3, 8–13 und Röm. 16, 1. Jedesmal sind es „Diener“ innerhalb der christlichen Gemeinschaft, die auf Grund ihrer besonderen Begabung mit Einzelaufgaben für ihre Gemeinde betraut werden. Das geht auch klar und deutlich aus Apg. 6, 1–6, hervor; speziell handelt es sich hier um den Dienst an den Armen in der Gemeinde zu Jerusalem.
II. Wesen und Geschichte des D.-Berufes
Im Zusammenhang mit den Agapen und der Abendmahlsliturgie werden die D. im Laufe der ersten Jahrhunderte zu Klerikern (= ministri), die das besondere Vertrauen des Bischofs genießen und schließlich dessen rechte Hand werden. Neben den D.-Dienst an den Armen und Kranken tritt der Dienst innerhalb des Gottesdienstes, besonders der am Altar und bei der Eucharistie. Letzteres zeigte sich z. B. auch darin, daß die D. im Auftrag des Bischofs den Kranken und Armen die geweihten Opfergaben überbringen und so deren Teilnahme an der Eucharistie der Gesamtgemeinde vermitteln. – Ihre Zahl ist schwankend; die Gemeinde zu Rom hatte wie die zu Jerusalem insgesamt 7, es gab aber auch Gemeinden mit bloß 3 und wieder solche mit 100 oder sogar 150 D. (wie z. B. in Konstantinopel). A. 3. Jh. traten dann in Rom zu den 7 D. noch weitere 7 Subdiakone. Diese Sub-D., die übrigens im Laufe des 3. Jh. auch in der Kirche eine allgemeine Verbreitung fanden, haben eine zunächst unter dem D. stehende untergeordnete Rolle gespielt, was u. a. aus ihrer Bezeichnung als insacrati ministri (Kapitel 66 der Synode von Agde a. d. Jahre 506) hervorgeht. Mit dem 13. Jh. allerdings werden auch die Sub-D. zu den höheren Priesterweihen gezählt (ordines maiores). Seit dem 1. Jh. wählte sich der Bischof aus der Schar der D. einen besonderen Gehilfen aus, oft unter Mitwirken der übrigen D.; dieser bekam dann als D. des Bischofs die Bezeichnung „Archidiakon“. Er nahm in der Diözese etwa den Rang des heutigen Weihbischofs ein und wurde beim Ableben des Diözesanbischofs meist dessen Nachfolger (vgl. z. B. Bischof Callistus von Rom, der früher D. des römischen Bischofs Zephyrin war).
Die Amtstracht der D. bestand in Rom aus der Albe, über welcher bis zum 4. Jh. das Colobium (s. Tunika), danach die Dalmatik, Manipel und Stola (letztere anfänglich über beide, später über eine Schulter) getragen wurde. Diese römische Amtstracht setzte sich später mit der Verbreitung des römischen Ritus auch in der übrigen abendländischen Kirche durch, so daß sie schließlich mit dem 6. Jh. allgemein verbreitet war. Die Weihe (= ordinatio) zum D. fand gemäß Apg. 6, den Vorschriften der Apostol. Konstitutionen (II, Kap. 42; VIII, Kap. 7) und des IV. Konzils von Karthago (Kap. 4) mit Handauflegung durch den Bischof und unter Assistenz zweier Presbyter oder D. statt (Abb. 3). In Rom verband sich seit dem 8. Jh. mit der Ordination auch die Bekleidung mit der Dalmatik durch den Bischof. Seit dem 12. Jh. wurde auch den Sub-D. vom römischen Bischof bei der Ordination die Tunika verliehen. Nach der Herausbildung der Ordines minores et maiores in der vorkarolingischen Zeit zählen die D. in der römischen Kirche bis auf den heutigen Tag zu den höheren Weihegraden (vgl. Cod. iur. can. 948–1011).
III. Darstellung
a) des D. im Amte
Die Darstellung des D. im Amt ist in der vorkonstantinischen Zeit äußerst selten oder jedenfalls ikonographisch umstritten, zumal sich die liturgische Gewandung erst im 4. Jh. entwickelte. Immerhin dürfte die Darstellung des Oblationsganges einer Orantin (Marucchi-Segmüller, Hdb. d. christl. Archäologie, Einsiedeln 1912, S. 316, Abb. 140) das Bild eines D. aus der 1. H. 3. Jh. zeigen: wir sehen, wie der D. das auf dem Dreifuß (= mensa Domini) liegende Opfer ergreift, während die Überbringerin des Opfers die Gebetshaltung einnimmt; der D. trägt das Colobium. Sichere Darstellungen finden sich seit 1. H. 6. Jh. in St. Georg zu Saloniki und San Vitale zu Ravenna. Während das ravennatische Chormosaik (Abb. 1) im Gefolge des Bischofs Maximian deutlich zwei Diakone zeigt – der eine trägt das Evangelienbuch, der andere ein Gefäß mit Weihrauch –, stehen im Kuppelmosaik zu Saloniki die hll. Romanos und Eucarpios als D. mit erhobenen Händen zwischen den Chorschranken und den geöffneten Nebenräumen (wohl während der hl. Eucharistie, also nach dem großen Aufzug). Die ravennatischen D. tragen die Dalmatik – hier eine bis zu den Füßen gehende weiße Tunika, die mit weiten Ärmeln und schmalen Clavi ausgestattet ist –, die in Saloniki die ungegürtete Tunika. Hier zeigt sich auch in der Amtstracht der Unterschied zwischen West- und Ostkirche, der sicherlich von Anfang an gegeben war. Aber auch in der Westkirche gab es – abgesehen von den ursprünglich byzantinischen Enklaven und Einflußgebieten – immer wieder Abweichungen vom römischen Typ, die bis heute fortleben. In Italien erhielt sich die Amtstracht der D. bis ins 13. Jh. unverändert und ihre Grundform sogar bis in die Gegenwart; Änderungen brachte die Abschaffung der Clavi im 13. Jh. und die zunehmende Kürzung der Dalmatik seit dem 14. Jh.; vgl. das Marmorrelief im Dom zu Monza, 12. Jh., das einen D. mit Stola über der Dalmatik zeigt [1, Abb. 115], und die bei J. Braun [1, S. 219] abgebildete Miniatur d. 15. Jh. mit Darstellung einer D.-Weihe. In Deutschland vor allem ist dagegen schon seit dem 9. Jh. die Kürzung der Dalmatik und ebenso das Aufschlitzen ihrer Seiten und Ärmel üblich geworden (Abb. 2), so daß wir hier seit dem 16. Jh. bzw. 17. Jh. nur noch einen etwa ein Meter langen skapulierartigen Überwurf als Dalmatik ansprechen. Als Attribut hält der D. meist ein Evangelienbuch oder auch ein Vortragekreuz in der Hand, mitunter beides. Die Sub-D. halten meistens die Abendmahlsgeräte (wie Kelch, Patene, Wasser- und Weinkrug), vgl. das Sakramentar aus Maursmünster in Autun, 845 (Cabrol-Leclercq I, 2, Sp. 3207, Taf. 5), und das Glasgemälde der Kathedrale zu Le Mans mit der Messe des hl. Martin [1, Abb. 187].
b) Heiliger und Engel in der D.-Tracht
Etwa seit dem 4. Jh. begegnen uns auch zahlreiche Heilige in D.-Tracht. Allen voran der hl. Erzmärtyrer Stephanus, der als vornehmster der sieben von den Aposteln geweihten D. von Jerusalem (Apg. 6, 5) von Anfang an und immer als D. dargestellt wurde; das älteste deutsche Beispiel ist ein karolingisches Fresko in Mals i. T. (Clemen, Roman. Mon. Mal., Abb. 495). Auch der hl. Laurentius, ein römischer, unter Valerian 258 gemarterter D., wurde von Anfang an als solcher dargestellt (Mosaikbild des 4. Jh. im Mausoleum der Galla Placidia; Tropar aus Prüm in der B.N. in Paris, 10. Jh.). Andere Heilige in D.-Tracht sind die hll. Felicissimus (Mosaik in S. Marco, Rom, [1] Abb. 137); Cyriacus und Vincentius, beides römische D., die unter Diokletian den Martertod erlitten; Felix von Nola († um 300); Crescentius († 396), der meist als Sub-D., Kranke pflegend, dargestellt wird (R. Pfleiderer, Attr. d. Heiligen, S. 38); Baldomer (frz. Galmir, † um 660), ebenfalls in der Tracht eines Sub-D.; Anianus (8. Jh.), der Begleiter des hl. Bischofs Marinus; Meinulphus († um 855 in Paderborn).
Auch die Engel, die in der Frühzeit stets als Jünglinge dargestellt werden, zeigen nach Herausbildung der liturgischen Gewandung die D.-Tracht im Gegensatz zu den Erzengeln, die besonders seit dem 8. Jh. meist in Kriegsrüstung erscheinen – mit einer Ausnahme: dem Erzengel Gabriel, der als Verkündigungsengel im Osten in priesterlicher, im Westen – besonders in Deutschland – oft in D.-Gewandung auftritt.
S. auch Art. Atzmann, RDK I 1220ff.
Zu den Abbildungen
1. Ravenna, S. Vitale, Chor. Bischof Maximianus mit zwei Diakonen. Mosaik. 1. H. 6. Jh. Nach Rud. Kömstedt, Vor-m.a. Malerei, Augsburg 1926, Abb. 66.
2. München, St. Bibl., Clm. 14 345, fol. 1. Steinigung des Stephanus. Hs. der Adagruppe, E. 9. Jh. Phot. Kh. Seminar d. Univ. Erlangen.
3. Rom, Bibl. Casanatense Nr. 724 B I 13, Pontificale, Benevent vor 984. Nach M. Avery, The Exultet Rolls of South Italy II, Princeton 1936, Taf. 107.
Literatur
1. Jos. Braun, Die liturgischen Paramente in Gegenwart und Vergangenheit, Freiburg i. Br. 1924. – 2. Buchberger III 271–74 (J. Bilz). – 3. R.G.G. I 1904–05. – 4. Wetzer-Welte III 1660. – 5. Kraus I 356–58. – 6. Herb. Paulus, Zur Liturgie und Anlage des Dreiapsidenchors im vorkarolingischen Frankreich, Das Münster 5, 1952, 237–42.
Verweise
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