Corps de logis
englisch: Corps de Logis, main building; französisch: Corps de logis; italienisch: Corpo centrale, corpo di casa.
Richard Teufel (1953)
RDK III, 866–869
Das C. ist im allgemeinen der Mittelteil eines mehrgliedrigen Gebäudes, im besonderen das im Grund- und Aufriß durch größere Maße und besondere künstlerische Behandlung ausgezeichnete Kernstück großer Wohngebäude der Barockzeit.
Die Bildung eines bevorzugten Hausteiles setzt die technische, wirtschaftliche und künstlerische Aufgliederung und Bewertung eines Gebäudekomplexes voraus. Dieser Stand der Baukunst wird im MA, das grundsätzlich am Haus als einzelnem Block festhält und ein organisch-künstlerische Gruppierung nur ausnahmsweise kennt, trotz einzelner Ansätze nicht erreicht. Erst mit der Ausbildung des absolutistischen Staates im 17. Jh. und seiner starken sozialen und gesellschaftlichen Schichtung entstehen hochentwickelte Wohngebäude mit achsenmäßiger Aufgliederung. Frankreich geht dabei in der folgerichtigen Durchführung des Gedankens voraus, indem dort zuerst ein Dreiflügelbau entsteht, dessen Querflügel (mit der Wohnung des Schloßherrn) sich über die niedrigen Seitenbauten erhebt und damit zum C. wird. Mit dem Schloß Vaux-le-Vicomte, 1657–60 von Levau für den Finanzminister Fouquet erbaut, wird der weitere Schritt zu einer großen Achsenführung der ganzen Anlage getan mit einem im Grund- und Aufriß vergrößerten und achsentragenden Kernstück im C. Damit schafft sich der Mensch die mathematisch bestimmte Behausung und in ihr, nämlich im C., die gebührende Stellung als einem Abbild des Kosmos. Nach dem Vorbild von Vaux-le-Vicomte hat dann Ludwig XIV. Versailles in riesigem Maßstab als Staatsresidenz anlegen lassen, und damit war das europäische Muster aufgestellt. Um 1700 setzt sich der Gedanke auch in den klassischen Lösungen französischer Hotels durch, zu deren C. der Besucher über einen von Flügeln gerahmten Hof geführt wird, und das nach der Theorie neben einem seitlich liegenden Treppenhaus Vor- und Hauptsaal enthalten muß. In Deutschland entsteht das C. im Zuge großer Bauvorhaben unter dem Einfluß der holländisch-englischen Klassizisten und der Theoretiker überhaupt. Schon Furttenbach (1591–1667) verlangt ein hohes Treppenhaus, das auf einen Hauptsaal münden soll, die Enfilade und die Verbindung des Hauses mit Gärten, also eine Ordnung aller Bauteile, die zwangsweise zu einem C. führt. Indessen entstehen erst aus der Verbindung süddeutscher barocker Kräfte mit diesen klassizistischen Theorien die großen Leistungen. Die klassische deutsche Lösung bringt die Treppe in eine enge Verbindung zu den Sälen und macht das Treppenhaus selbst zu einem repräsentativen Raum im Gegensatz zu den französischen Gewohnheiten. Bei der älteren deutschen Fassung treten zwei Treppenräume zu Seiten der Säle auf (von denen dann einer meist bei der Ausführung unterbleibt): Neues Schloß zu Schleißheim, Altes C. zu Ludwigsburg, Residenz in Würzburg; bei der zweiten wird die Treppe in einen saalartigen Raum in der Achse angeordnet: Oberes Belvedere zu Wien, Pommersfelden. Dabei entsprechen sich Innen- und Außenform durchaus und das C. zeigt sich vollkommen als Herzstück der Anlage. Spätere Bauten haben nicht mehr diese ideale Verschränkung, aber bis in die Mitte des 18. Jh. wird wenigstens bei repräsentativen Bauten die betonte Außenform eingehalten. Zuletzt löst sich ein solcher Mittelteil sogar aus dem Gebäudeverband (Bayreuth, Neues Schloß der Eremitage) und noch später ersetzen flache Risalite den alten C.-Block.
Zur Abbildung
Salomon Kleiner, Schloß Weißenstein in Pommersfelden, Ofr., erbaut 1711–18 von Joh. Dientzenhofer unter Mitwirkung von Max. v. Welsch. Kupferstich aus dem Werk über Pommersfelden und Gaibach, Augsburg 1728, gest. von Joh. Aug. Corvinus. Nach K. Lohmeyer, Schönbornschlösser, Heidelberg 1927.
Literatur
1. A. E. Brinckmann, Die Baukunst des 17. und 18. Jh. in den romanischen Ländern, Berlin 1910. – 2. M. Wackernagel, Baukunst des 17. und 18. Jh. in den germanischen Ländern, Potsdam o. J.
Verweise
Empfohlene Zitierweise: Teufel, Richard , Corps de logis, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. III (1953), Sp. 866–869; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=92644> [05.04.2022]
Dieser Text wird veröffentlicht gemäß der "Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz". Eine Nachnutzung ist für nichtkommerzielle Zwecke in unveränderter Form unter Angabe des Autors bzw. der Autorin und der Quelle gemäß dem obigen Zitationsvermerk zulässig. Bitte beachten Sie dazu die detaillierten Angaben unter http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/.