Christussymbolik

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englisch: Christ (symbolism); französisch: Christ (symbolisme du), Symbolisme du Christ; italienisch: Simbolica di Cristo.


Hans Feldbusch (1953)

RDK III, 720–732


RDK III, 709, Abb. 1. Trier, 4. Jh.
RDK III, 709, Abb. 2. Bonn, 5. Jh.
RDK III, 721, Abb. 1. Darmstadt, A. 12. Jh.
RDK III, 723, Abb. 2. Florenz, um 1100.
RDK III, 723, Abb. 3. Florenz, um 1100.
RDK III, 725, Abb. 4. München, um 1340.
RDK III, 727, Abb. 5. Lübeck, um 1320.
RDK III, 727, Abb. 6. Arezzo, um 1216.
RDK III, 729, Abb. 7. Trier, um 1210.

1. C. und Christusallegorie

Die Symbolik legt der Darstellung von Dingen unserer Umwelt, Lebewesen wie Tieren und Pflanzen, oder auch leblosen Gegenständen sowie abstrakten Zeichen und Buchstaben, Zahlen und Farben auf Grund einer angenommenen, rational meist nicht faßbaren Wesensverwandtschaft eine tiefere Bedeutung bei, als sie diesen ihrer realen Natur nach zukommt. So können in der Christussymbolik das Lamm, der Weinstock, der Eckstein eines Kirchengebäudes, das Kreuzzeichen, das Christusmonogramm (s. Sp. 710) und das geschriebene Chrismon (Ebd.) die Person Christi bedeuten. In der C. wird die Wesensverwandtschaft zwischen Symbol und Person Christi häufig durch die Hl. Schrift selbst erklärt und so dem Verstand begreifbar gemacht (z. B. Lamm, Weinstock, Eckstein).

Zu unterscheiden ist die Symbolik von der Allegorie (RDK I 346ff.); diese will einen an sich abstrakten, nicht sichtbaren Vorgang, eine Vorstellung oder einen Begriff sichtbar machen und bildhaft veranschaulichen. So ist in der Christusallegorie z. B. Christus als Arzt der Vermittler des Seelenheils ganz allgemein, Christus als Apotheker wird zum Spender der christlichen Tugenden; im Bild Christi in der Kelter wird die wunderbare Wandlung des Weines in das Blut Christi wahrnehmbar. Viele andere Darstellungen wie die des Guten Hirten, Christus als Landmann, Christus als Kaufmann sowie Christus in der Hostienmühle gehören in den Bereich der Christusallegorie.

In der altchristlichen Kunst unterscheidet Künstle [3, S. 16] drei Arten von symbolischen Gebilden: die natürlichen oder eigentlichen Symbole (Zeichensymbolik), die symbolischen Tiergestalten und figürliche Darstellungen. In der C. scheidet die dritte Gruppe, die oft im Gewand historischer Bilder erscheint, völlig aus und ist an die Allegorie oder Typologie zu verweisen. Zur Typologie gehört z. B. auch die Gleichsetzung Christus = zweiter Adam (anders [2] Nr. 24), Adam ist also nicht als Symbol Christi zu werten (s. Adam-Christus).

2. Zeichensymbole: Kreuz, Christusmonogramm, A und Ω

Dagegen spielen die Zeichensymbole in der C. eine bedeutende Rolle, die wichtigsten darunter sind das Kreuz (nicht der Gekreuzigte), das Christusmonogramm und das Monogramm Jesu. Beide Zeichen können von den apokalyptischen Buchstaben A und Ω als dem Sinnbild von Christus, dem Anfang und Ende aller Dinge, begleitet sein (Sp. 709/10 Abb. 1 und 2; RDK I, Sp. 1ff.). Bis in die konstantinische Zeit hinein wird das Kreuz aus Gründen der Arkandisziplin meist verhüllt dargestellt. Seit dem 4. Jh. kommt es in immer neuen Abwandlungen bis in die Gegenwart hinein als Symbol der Person Christi im Gesamtbereich der christlichen Kunst vor. Das Christusmonogramm sowie dessen paläographisches Gegenstück, das Chrismon. und in der Nachfolge des Christusmonogramms auch das Monogramm Jesu sind ihrem innersten Wesen nach Symbole Christi (s. Sp. 707 ff).

3. Tiersymbole

a) Lamm

Unter den Tiersymbolen Christi nimmt das Lamm einen hervorragenden Platz ein. Begünstigt wurde die Ausbildung dieses Symbols durch die vielen Stellen der Schrift, die von Christus als dem Lamm Gottes sprechen: Jes. 53, 7; Jer. 11, 19; Joh. 1, 29 u. 36; 1. Petr. 1, 19; Off. 5, 6 u. 12f.; 6, 1 u. 16; 7, 17; 12, 11; 13, 8; 14, 1ff.; 19, 7 u. 9; 21, 14 u. 22, 1. Vor dem 4. Jh. lassen sich kaum Belege in der bildenden Kunst finden. Das älteste Beispiel scheint die nur durch eine literarische Quelle überlieferte goldene Statuette des Lateranbaptisteriums zu sein (erwähnt in dem unter Silvester I. [314–335] geschriebenen Liber pontificalis; [2] Nr. 27). Eine Darstellung auf einem Grab der Calixtuskatakombe aus dem 2. Jh. (O. Maruchi-F. Segmüller, Hdb. der christl. Archäologie, Einsiedeln 1912, S. 300, Fig. 121) läßt sich nicht mit Sicherheit als Christussymbol deuten. Häufig findet sich das Lammsymbol in der späteren Sarkophagplastik und in Mosaiken, das Christus-Lamm steht hier unter den Apostel-Lämmern und ist von diesen durch Monogramm- oder Kreuznimbus unterschieden. Oft steht das Lamm auf einem Berg, aus dem die 4 Paradiesesflüsse entspringen (Off. 14, 1 u. 22, 1; Beispiele bei Wulff, Hdb. d. Kw. II, Reg. S. 624 Tiere und Vögel). Die altchristliche Kunst kennt auch die Darstellung des Lammes am Kreuz; eines der frühesten Beispiele bewahrt das Museo Nazionale in Ravenna (5. Jh.; [4] Nr. 252). Die Ziboriumssäulen in S. Marco zu Venedig bringen die vollständige Kreuzigungsszene mit dem gekreuzigten Lamm zwischen den beiden Schächern (Ebd.).

Im MA wird das Lammsymbol von der Vorder- auf die Rückseite der Kruzifixe verdrängt, wo es Durandus noch gelten läßt, da Christus das wahre Lamm sei, das die Sünden der Welt trüge [1, S. 228 u. Anm. 1 und 2]. Doch hatte schon das Trullanum (Konstantinopel 692) ein Verbot der Darstellung Christi am Kreuz als Lamm erlassen (C. J. Hefele, Konziliengeschichte Bd. III, 2. Aufl., S. 340; vgl. [1]) S. 412). Meist hält das Lamm im einen Vorderlauf die Kreuzesfahne, der Kopf ist rückwärts gewandt und vom Kreuznimbus umgeben; oft liegt es auch auf dem mit sieben Siegeln geschlossenen Buch der Apokalypse, und vor ihm steht ein Kelch, der das Blut aus seiner Seitenwunde auffängt. In einer Miniatur in der Stuttgarter Landesbibliothek (Brev. 128) ist das Lamm am Kreuz von den Paradiesesflüssen, den Evangelisten und den Kardinaltugenden umgeben (K. Löffler, Schwäb. Buchmalerei, Augsburg 1928, Taf. 20). Andere Belege finden sich bei m.a. Vortragekreuzen, z. B. einem unpublizierten Prozessionskreuz des Hess. L.M. Darmstadt aus dem Kreise des Roger von Helmarshausen (Abb. 1). Auf einer romanischen Elfenbeinagraffe im Museo Nazionale in Florenz ist auf der Vorderseite die Taube, auf der Rückseite das Lamm mit Kreuznimbus inmitten der Evangelistensymbole dargestellt (Abb. 2 und 3).

Im Tympanon vertritt das Lammsymbol, umgeben von den vier Evangelistensymbolen, die Majestas Domini; so an S. Ambrogio zu Mailand [4, Nr. 1425] und im Portalschmuck süditalienischer Kirchen, wie an der Kathedrale von Anglona [1, S. 438 u. 452]. M.a. Grabsteine des alten Bistums Lüttich zeigen neben dem Bild des Verstorbenen oft die Darstellung des Lammes. – Die monumentalste Verherrlichung des Lammes hat uns die Zeitenwende vom MA zur Neuzeit in dem großen Altarwerk der Brüder van Eyck (St. Bavo, Gent) hinterlassen. – Johannes d. T. wurde das Lamm als Christussymbol vom frühen MA an als individuelles Attribut beigegeben, anknüpfend an Joh. 1, 29 u. 36. Bis ins 14. Jh. trägt der Heilige das Symbol in einer Scheibe, die als Nimbus aufzufassen ist, seit dem späten 14. Jh. fehlt der Nimbus, das Lamm ruht jetzt auf einem Arm des Heiligen oder auf einem Buch (J. Braun, Tracht und Attribute, Sp. 365–69). Das Lammsymbol kommt auch als selbständiges Devotional vor (RDK I, 212–16, Agnus Dei).

b) Fisch

Der Fisch ist fast ausschließlich als literarisches Christussymbol zu werten. Die ältere Literatur, darunter vor allem C. M. Kaufmann (Hbd. der christl. Kunstarchäologie, Paderborn 19223, S. 266ff.) betrachtet ihn noch als „das wichtigste und vielleicht älteste aller Symbole, unter denen Christus zu verstehen ist“. Nach der neueren Auffassung, die vor allem durch Wilpert und Dölger vorgetragen wird und der sich Künstle, Schultze und auch Molsdorf anschließen, ist der Fisch, besonders dort, wo er paarweise oder in Verbindung mit Brotkörben vorkommt, ein Hinweis auf die wunderbare Brotvermehrung (RDK II, 1222–29; Wilpert, Katakomben, S. 46; Fr. Jos. Dölger, Das Fischsymbol in frühchristlicher Zeit. Bd. I Religionsgesch. und epigraphische Untersuchungen, Röm. Quartalschrift, Supplementheft 17, 1910; Ders., ΙΧΘΥC, Rom 1910; [3] S. 17). Vielleicht darf man in ganz vereinzelten Fällen, z. B. da, wo der Fisch in enger Verbindung mit einem anderen Christussymbol, beispielsweise dem Kreuz, vorkommt, ihn selbst auch als Christussymbol ansprechen (vgl. RDK I, 705–08, Anker). Mit Sicherheit als solches gelten kann er an der Archivolte der Trierer Domchorschranke (Abb. 7), wo er neben Pelikan, Löwe, Phönix und Taube zwischen den Evangelistensymbolen steht. Der Fisch windet sich um ein Gefäß und darf so als eucharistisches Christussymbol gedeutet werden (W. v. Blankenburg, Heilige und dämonische Tiere, Leipzig 1943, S. 140). – Die moderne christliche Kunst hat den Fisch wieder als bevorzugtes Christussymbol in ihren Darstellungsbereich aufgenommen.

Zur Ableitung des Fischsymbols aus der Buchstabenfolge ΙΧΘΥC (= ’Ιησοῦς Χριστός Θεοῦ Ὑιὸς σωτήρ), die durch Scheinetymologie entstanden ist, vgl. Dölger a. a. O.

c) Löwe

Im Anschluß an Off. 5, 5: „Und einer aus den Ältesten sprach zu mir: Weine nicht! Siehe, gesiegt hat der Löwe aus dem Stamme Juda“, kann auch der Löwe Christussymbol sein.

Die altchristliche Kunst hat dieses Symbol allerdings nicht verwertet. Erst das MA bedient sich seiner, aber auch nur sehr sparsam, so z. B. in der Bibel Karls des Kahlen und auf einem nicht mehr bestehenden Glasfenster zu St. Denis [4, Nr. 263]. Auf einer Chorstuhlwange des 14. Jh. aus Berchtesgaden, jetzt im B.N.M. (Abb. 4; [2] Nr. 20) finden sich, von Rankenwerk umgeben, das Löwen- und das Pelikansymbol zusammen. Nach Honorius Augustod. ist Christus das Junge der Löwin, welches, tot zur Welt gebracht, am dritten Tag durch das Gebrüll des Löwen zum Leben erweckt wird. Darstellungen dieser Art haben sich aus dem MA zahlreich erhalten (z. B. Glasfenster aus Wimpfen im Hess. L. M. Darmstadt) und symbolisieren mehr die Auferstehung als die Person Christi. Wenn aber der Löwe, wie in einer Miniatur des Codex aureus von St. Emmeram (Clm. 14000, um 870) von den vier Evangelistensymbolen umgeben ist, wird seine Bestimmung als Christussymbol besonders deutlich ([4] Nr. 264; St. Beissel, Gesch. der Evangelienbücher in der 1. H. des MA, Freiburg 1906, S. 200f.). Am Eingang m.a. Kirchen als Säulenträger verwendet, kann der Löwe, aber auch der Ochse, das Leiden Christi versinnbildlichen ([1] S. 222 Anm. 1; [2] Nr. 28).

d) Greif

Der Greif, der die Gestalten des Adlers und des Löwen in sich vereinigt, kann als Symbol der Königseigenschaft Christi gewertet werden. Christus ist König des Himmels und der Erde, wie der Greif König der Lüfte und der Erde ist. Molsdorf nennt wieder eine Darstellung vom Chorgestühl der Berchtesgadener Stiftskirche [2, Nr. 21]. Darstellungen des Einhorns und der Einhornjagd wie die in einem Antiphonar aus dem 12. Jh. zu Einsiedeln [4, Nr. 268] sind keine echten Symboldarstellungen und in das Gebiet der Allegorie zu verweisen (vgl. [2] Nr. 19 und 45; [3] S. 87 und 123f.; Mâle IV, S. 56; F. Schneider, La légende de la Licorne ou du Monocéros, Revue de l’art chrétien, 1888, S. 16ff.).

e) Pelikan

Nach dem Physiologus vermag der Pelikan seine toten Jungen zum Leben zu erwecken, indem er die rechte Seite seiner Brust öffnet und die Jungen mit seinem Blut besprengt (Abb. 4, 5 und 7). So wurde der Pelikan zum Symbol des leidenden Christus. Vermutlich ist das Pelikansymbol aber viel älter. Christliche Lampen aus Karthago aus dem 3. Jh. sind schon mit dem Bild des Pelikans geschmückt (A. Delattre, Carthage, Lampes chrétiennes, Paris 1880, S. 91). Als Symbol des leidenden Christus erscheint der Pelikan häufig oberhalb des Kreuztitels an Kruzifixen [4, Nr. 272]. Die bekannte Strophe „Pie Pelicane, Jesu Domine“ aus dem Sakramentshymnus „Adoro te devote“ des Thomas von Aquin gab vielleicht den Anstoß, den Pelikan als Symbol des eucharistischen Christus darzustellen. Wird dem Pelikan der Psalmtext hinzugefügt „Similis factus sum in pelicano solitudinis“ (Ps. 102), wie bei einem Glasfenster der Kathedrale von Bourges [4, Nr. 273], dürfte er Sinnbild des einsam in Gethsemane leidenden Christus sein.

f) Phönix

Von den ersten christlichen Jahrhunderten ab gilt auch der Phönix, der nach dem Physiologus 500 Jahre lebt und sich dann im Feuer verjüngt, als Symbol Christi (Abb. 7). Er ist allerdings in der Hauptsache literarisches Christussymbol geblieben und wird häufiger in den Constitutiones Apostolicae (3. Jh.), bei Commodianus, Cyprianus, Lactantius, Tertullian, Origenes u. v. a. genannt [4, Nr. 277]. Vielfach sitzt der Phönix auf dem Palmbaum, so z. B. in St. Johann im Lateran [4, Nr. 248].

g) Adler

Den Adler (RDK I 172–78) als Christussymbol zu verwenden, erklärt sich wieder aus dem Physiologus. Honorius Augustod. erklärt den Symbolgehalt in einer Predigt zu Christi Himmelfahrt: Der Adler fliegt am höchsten von allen Vögeln und ist das einzige Geschöpf, das in die Sonne zu blicken wagt. Wenn er seine Jungen das Fliegen lehrt, schwebt er erst über ihnen, um sie dann unter seine Flügel zu nehmen. So hat sich auch Christus in den Himmel über alle Heiligen erhoben, weil er zur Rechten des Vaters sitzt [3, S. 87]. Die Schlange besiegend oder ihr die Augen aushackend kennt ihn das Evangeliar des Valerianus (7. Jh., München, Clm. 6224); auch spanische Handschriften bringen häufig das auf Christus bezogene Adlersymbol [2, Nr. 23]. Später wird der Adler ausschließliches Symbol des Evangelisten Johannes.

h) Tetramorph

Zahlreiche literarische Quellen führen endlich den Tetramorph (Hes. 1, 5–11) als Christussymbol an. Nach Irenäus (Adv. haer. IV, 20, 10f.; III; II, 8) sind die vier Wesen Sinnbilder der Eigenschaften Christi. Der Löwe bedeutet seine Stärke und sein Königtum, der Stier Opfer und Priestertum, der Mensch erinnert an seine menschliche Natur und der Adler an den auf die Kirche niedersteigenden Hl. Geist. Von dem Text bei Ezechiel ausgehend haben manche Künstler den Tetramorph als Körper mit 4 Köpfen dargestellt. Einzelheiten werden dabei aus der Apokalypse entlehnt (s. Cherub, Sp. 429–31). Der Uta-Kodex (München, Clm. 13601) umschreibt die christologische Symbolik des Tetramorph ausführlicher: In Christo completa est visio hominis nascendo. In Christo complebitur visio leonis resurgendo. In Christo complebitur visio vituli immolando. In Christo completa est visio aquilae ascendendo (Beissel, S. 262). Ähnliche Ausdeutungen des Tetramorph-Symbols liest man bei Hildebert von Lavardin, Erzbischof von Tours (12. Jh.), Adam von St. Victor (12. Jh.), in einer Bibel des 13. Jh. (München, Clm. 6101) und in einem Evangeliar der Pariser Nationalbibl. aus dem 14. Jh. (A. H. Didron, Iconographie chrétienne, Paris 1843, S. 278).

Molsdorf [2, Nr. 25] kennt noch ein dem Tetramorph ähnliches Christussymbol in der Gestalt eines Kindes, aus dessen Beinen drei von einem Strahlenkranz umgebene Kindergestalten hervorwachsen, die die körperlichen, seelischen und göttlichen Eigenschaften Christi versinnbildlichen sollen. Er kann aber hierfür nur ein Beispiel aus der Graphik des ausgehenden 15. Jh. anführen.

Darstellungsinhalte wie z. B. der Jesusknabe mit den Leidenswerkzeugen, der Schmerzensmann oder auch Christus als Fischer (s. Angel RDK I 694–98) müssen zur Christusallegorie gerechnet werden. Andere Bilder hingegen gehören der Typologie des Lebens und Leidens Christi an.

4. Pflanzensymbol: Weinstock

Unter den Pflanzensymbolen ist der Weinstock von frühchristlicher Zeit an Sinnbild Christi gewesen, Joh. 15, 1 und 5 folgend: Christus bezeichnet sich hier selbst als der wahre Weinstock (Ego sum vitis vera). Oft mag die Verwendung des Weinstocks oder -laubs, wie schon in der Antike, rein dekorativen Absichten gedient haben. Wo die Weinranken aber in Verbindung mit anderen Christussymbolen vorkommen, steht ihr symbolischer Charakter außer Zweifel. So wechseln z. B. auf einem Fresko in der Nekropole El Kargeh Weinranken mit Christusmonogrammen ab (Kaufmann a. a. O. S. 293 Fig. 143). Molsdorf [2, Nr. 18] führt zu Unrecht ein Fresko im Dom zu Aquileja (12. Jh.) an, wo der Gekreuzigte von Weinreben umschlungen wird. Hier versinnbildlichen die Weinreben dem biblischen Text „Ego sum vitis vera, vos palmites“ wörtlich entsprechend nicht Christus, sondern die Gläubigen. Echtes Christussymbol noch ganz im Sinne der altchristlichen Kunst (altchristl. Beispiele bei Wulff II, Reg. S. 623 Pflanzen) sind dagegen die Weinranken mit Trauben an Türstürzen und Tympana, z. B. in Arezzo (Abb. 6) oder in S. Pietro und im Museum zu Spoleto [1, S. 438].

Im späten MA artet das Symbol in wilde Allegorien aus: aus den Wunden des Schmerzensmannes wachsen Ähren und Weinstöcke heraus, die mit Hostien und Trauben behangen sind, z. B. bei einer Miniatur des Furtmeyer-Missale 1481 (München, Clm. 15708–12). Das 17. Jh. gibt dem Lebensbaum öfters die Gestalt eines Weinstocks, der gewöhnlich aus einem Kelch emporwächst und als sicheren Hinweis auf seinen Symbolgehalt die Beischrift trägt: „Ego sum vitis vera, vos palmites“ [4, Nr. 599].

5. Eckstein

Die symbolische Gleichsetzung Christus = Eckstein ist ihrem Wesen nach rein literarisch. Christus ist der Eckstein zwischen Heiden und Juden (Sicard v. Cremona 1, 4; Migne P. L. 213, 21 D – 22 A). In seinem Kapitel über die Taufe verlangt Durandus, daß der Taufbrunnen aus Stein sei, weil damit die symbolische Würde Christi als des lebendigen Brunnens, des Ecksteins und Felsens festgehalten sei (Durand. 6, 82 und 25; [1] S. 138). Nach Rupert von Deutz dient vor allem die Altarmensa als der wesentlichste Teil des Altares zur Symbolisierung Christi. Die Mensa muß aus Stein und unversehrt sein, ist sie doch ein Bild jenes Steines, den die Juden verworfen haben, der aber zum Eckstein geworden ist am großen Bau; der ohne menschliches Zutun vom Abhange sich loslöste und zum gewaltigen Berge, der die ganze Erde nun ausfüllt, sich ausdehnte (De div. off. 5, 31; Migne, P. L. 170, 151ff.; [1] S. 160). Das Kreuz auf dem Altar steht nach Innocenz III. und Durandus mitten auf dem Altar zwischen zwei Leuchtern, um zu versinnbildlichen, wie Christus als Mittler in der Kirche zwischen Heidentum und Judentum steht, sie beide einigend als der wahre Eckstein (Innoc. III., De sacro alt. myst. 2,21; Migne 217, 811 B; Durand. 1, 3 n. 31; [1] S. 177).

Nach den Untersuchungen von A. K. Coomaraswamy (Speculum 14, 1939, 66ff.) war mit der Ecksteinsymbolik anfänglich nicht der Eckstein, sondern der Kuppelschlußstein gemeint (s. Eckstein). Daher wurde in gotischer Zeit der Rippenschlußstein oft mit dem Bilde Christi oder eines seiner Symbole versehen (z. B. mit dem Pelikan in der Lübecker Katharinenkirche, Abb. 5).

6. Zahlensymbolik

In der Zahlensymbolik wird die Zahl 1 ausschließlich Gott allgemein beigelegt, die Zahl 2 Christus im besonderen, um die zwei Naturen in Christus anzudeuten. Die Zahl 3 ist das Symbol der Dreifaltigkeit. Die Zahl 5 kann in Bezug auf Christus die fünf Wunden oder die fünf Geheimnisse Christi (Menschwerdung, Leiden, Auferstehung, Himmelfahrt, Wiederkehr) symbolisieren. Zum Symbol der Auferstehung Christi wurde die Zahl 8, da Christus am 8. Wochentag aus dem Grabe auferstand. Alle anderen Zahlen haben keine symbolische Beziehung zu Christus [1 S. 69ff.].

7. Farbensymbolik

In der Farbensymbolik können Weiß und Rot oder Blau und Rot Christus oder doch seine Haupteigenschaften und Tugenden versinnbildlichen. Christus wird in Weiß und Rot oder auch in Blau und Rot gekleidet. Weiß bedeutet hierbei Wahrheit, Güte, Jungfräulichkeit, Liebe, Glaube und göttliche Weisheit, Rot Liebe, Leiden und Opfer. Blau bedeutet Keuschheit, Unschuld, Aufrichtigkeit und Hoffnung. Nach Gérard Lairesse (1644–1711) symbolisieren Weiß das Licht, Blau die Göttlichkeit und Rot die Gewalt oder die Liebe (J. J. M. Timmers, Gérard Lairesse I, Amsterdam 1942, S. 54f.; vgl. auch B. Knipping, De Iconographie van de contra-reformatie in de Nederlanden I, Hilversum 1939, S. 55f.).

Zu den Abbildungen

1. Darmstadt, Hessisches Landes-Mus., Inv. Nr. Kg 43:1, sog. Hesselbacher Kreuz. Vortragekreuz aus dem Kreise des Roger von Helmarshausen. Rückseite, Kupfer vergoldet, graviert und gepunzt; Bergkristalle an den Kreuzenden moderne Ergänzung. A. 12. Jh. Phot. Verf.

2. und 3. Florenz, Museo Nazionale, Elfenbeinagraffe mit der Taube des hl. Geistes und dem Lamm Gottes (Vorder- und Rückseite). Belgisch-rheinisch (?) um 1100. Nach Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen II, 164, Taf. 47.

4. München, B.N.M., Inv. Nr. MA 4117, Wange vom Chorgestühl der Stiftskirche in Berchtesgaden, mit Löwe und Pelikan. Nußbaum. Um 1340. Phot. Mus.

5. Lübeck, St. Katharinen. Schlußstein im Untergeschoß des Chores, mit Pelikan (zwischen Schlußsteinen mit den Evangelistensymbolen). Um 1320. Phot. Hans Wentzel, Stuttgart.

6. Arezzo, Pieve di S. Maria in gradi. Sturz und Bogenfeld des linken Westportals, mit Weinstock. Um 1216. Phot. Marburg 2 277 a.

7. Trier, Dom, Archivolte der südlichen Chorschranke im Ostchor. Rundbogenfries mit Evangelisten- und Christussymbolen. Um 1210. Phot. Marburg 58 445.

Literatur

1. Sauer. – 2. Molsdorf. – 3. Künstle I. – 4. J. J. M. Timmers, Symboliek en iconographie der christelijke kunst, Roermond-Maaseik 1947. – 5. Heinr. Schauerte, Das Symbol, in: Festgabe für Alois Fuchs z. 70. Geb., Paderborn 1950, S. 319–36.

Verweise