Ceyx und Alcyone

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englisch: Ceyx and Alcyone; französisch: Ceyx et Alcyone; italienisch: Ceice e Alcione.


Edmund W. Braun (1952)

RDK III, 403–405


RDK III, 403, Virgil Solis nach Bernard Salomon, 1563.

(C. = Ceyx, A. = Alcyone).

I. Quelle

Ovid erzählt (Metam. XI 410ff.) die Geschichte des Königs C., der auf der Seefahrt zum Orakel im Meer ertrinkt, und seiner Gattin A. Diese betet, in Sorge um den geliebten Mann, zur Göttermutter Juno. Juno schickt darauf ihre Botin Iris in die Höhle des Morpheus, damit er A. im Traum vom Tode des Gatten unterrichte. C. erscheint, von Wasser triefend, im Gemach der schlafenden Gattin, um seinen Tod zu künden. Nach großen Klagen eilt A. ans Meer, findet den Leichnam des C. und stürzt sich von einem Felsen ins Meer. Aus Mitleid verwandelt Juno die beiden in Eisvögel. – Über Ovids Quellen siehe [1] und [2].

II. Darstellungen

Christine de Pisan hat in ihr Livre d’Othéa die Erzählung aufgenommen. Infolgedessen finden sich, im MA ganz vereinzelt, in den Hss. in London, B. M. (auf fol. 131) und Paris, B. N. (auf fol. 37) die Illustrationen zum Abschied des Königs C. von A. und seinen Töchtern vor dem Antritt der Meerfahrt (Marburger Jb. 10, 1937, S. 140 und 172, Abb. 74).

M. D. Henkel [3] hat die gedruckten Ovidausgaben bearbeitet; nicht alle enthalten die Geschichte von C. und A., doch hat die Fülle von Einzelzügen, die Ovid der Erzählung verleiht, die Künstler des 16. Jh. sehr reizen können.

An der Spitze der neuzeitlichen Darstellungen stehen die von Bernard Salomon († um 1561) gezeichneten und von zwei verschiedenen Holzschneidern verfertigten Illustrationen, die zuerst 1557 bei Tornes in Lyon erschienen. Dieser französischen Ausgabe folgte zwei Jahre später eine italienische. Die Bilder wurden oft wieder aufgelegt, kopiert und bis ins 17. Jh. hinein nachgeahmt.

Salomon zeichnete, wohl als erster, das Schicksal von C. und A. in fünf einzelnen, sehr gut erfundenen Szenen: 1) Schiffbruch des C., darüber in Wolken die beiden sich umarmenden Gatten; 2) A. im Gebet vor der Junostatue, in Wolken Juno und Iris; 3) Iris in der Höhle des Morpheus; 4) A. auf ihrem Lager streckt verzweifelt die Hände nach C. aus, der triefend vor ihr steht; im Hintergrund klein die Auffindung der Leiche des C.; 5) Wiederholung dieser kleinen Szene in groß, dahinter Sturz der A. vom Felsen ins Meer, aus dem der tote Gatte auftaucht.

Virgil Solis hat in seinen, bisher seiner eigenen Erfindung zugeschriebenen Ovid-Illustrationen, deren erste in latein. Sprache 1563 bei Sigm. Feyerabend in Frankfurt erschien, ebenfalls die Holzschnitte Salomons zum Vorbild genommen; mit leicht veränderten Typen, seitenverkehrt und vergrößert, hat er sie neu gezeichnet, wobei aus den schlanken Franzosen derbe, untersetzte Deutsche wurden (Abb.). – Die gleichen Holzschnitte sind dann für eine latein. Ausgabe bei Georg Corvinus 1575 verwendet worden.

Durch Solis werden die Kompositionen Salomons weitervermittelt [3 S. 89ff.]. Für das lange Fortleben spricht nicht nur die Wiederverwendung der Solisbilder in der Frankfurter Ovidausgabe bei Gottfr. Tampach 1631, sondern auch der Einfluß, den Salomons szenische Einteilung auf spätere Zeichner von ausgesprochener künstlerischer Eigenart ausübte.

Der Straßburger Graphiker Joh. Wilh. Baur hielt sich 1641 in seinen fünf radierten Blättern an dies Schema, wenn auch das Ganze durchaus barock empfunden ist. Diese Radierungen haben bis Mitte 18. Jh. mehrfach Nachahmung gefunden, so durch Abr. Aubry, M. Küsel in Augsburg und einen Anonymus.

Im Rokoko und Empire erschienen gleichfalls illustrierte Ausgaben der Metamorphosen, zum Teil ohne C. und A. Die von verschiedenen Stechern illustrierte dreibändige Wiener Ausgabe 1791, die im 3. Band S. 69 nur ein Bild zur Geschichte des C. enthält, zeigt jedoch eine für die Zeit sehr charakteristische Neuerfindung: C. nimmt vor Besteigen des Schiffs Abschied von der Gattin; Stecher ist J. Gg. Mansfeld. Die Stiche der Wiener Ausgabe sind getreue Kopien nach einer undatierten Pariser illustrierten Ausgabe: „Ovidii Metamorphoses aeri incisae ad exemplar optimorum Gallicae gentis pictorum“. In der zweibändigen Augsburger Ausgabe von 1802 ist dann auf die Erzählung von C. und A. überhaupt verzichtet.

Zur Abbildung

Virgil Solis nach Bernard Salomon, Holzschnitt aus Ovids Metamorphosen, Frankfurt/Main bei Sigm. Feyerabend 1563. Phot. Verf.

Literatur

1. Roscher I, 1, 249–51; II, 1, 1181f. – 2. Pauly-Wissowa I, 1580f.; XI 372–74. – 3. M. D. Henkel, Illustrierte Ausgaben von Ovids Metamorphosen im 15., 16. und 17. Jh. Vorträge der Bibl. Warburg 6, 1916/27, S. 58ff.

Verweise