Buchschrein

Aus RDK Labor
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englisch: Casket for books; französisch: Cassette de livre; italienisch: Custodia di libro.


Heinrich Schreiber († 22. Juni 1942) (1950)

RDK III, 31–33


RDK III, 31, Abb. 1. Buchschrein, Langobardisch 10. Jh.
RDK III, 31, Abb. 2. Buchschrein, Langobardisch 10. Jh.
RDK III, 33, Abb. 3. Kastenbuch, 1331. Dresden.

B. (Buchkasten, Buchkapsel, Kastenbuch) ist ein zur Aufnahme eines Buches bestimmtes Behältnis aus Holz oder Metall, in der Art kostbarer Einbände mit künstlerischem Schmuck versehen.

Ein B. ist gewissermaßen schon die capsa, in der die antiken Buchrollen aufbewahrt wurden. Es ist denkbar, doch nicht zu belegen, daß die Pergamentlagen des frühen Codex-Buches vor der Erfindung der Heftung auf Bünde (s. Bucheinband, RDK II, Sp. 1361ff.) durch Vereinigung in einen B. zusammengefaßt wurden. Erhalten sind nur wenige Stücke, durchweg aus der Zeit, als es den gebundenen Codex längst gab. Die in dem B. enthaltenen Bücher sind meist nur einfach gebunden (Broschur); erst seit dem 15. Jh. dient der B. auch zum Schutz kostbarer Einbände. Der älteste bekannte B. aus der Kartause Seitz an der Sann (Untersteiermark, jetzt in Priv.-Bes., Abb. 1 u. 2), im Schmuck dem Lindauer Buchdeckel der Slg. Morgan ähnlich (vergoldetes Kupfer und in den Füllungen einst dünnes Silberblech), wird von O. von Falke [4] als langobardisch bestimmt. Die Staatsbibl. München besitzt als Schutzkasten für das Evangeliar der Äbtissin Uta von Niedermünster in Regensburg (Clm. 13 601; 1002–25) einen B. aus Holz, dessen Deckel den thronenden Christus und die Evangelistensymbole in hoch getriebenem Goldrelief, Regensburger Goldschmiedearbeit des 11. Jh., daneben Edelsteine zeigt (Hans Loubier, Der Bucheinband, Leipzig 19262, Abb. S. 45). Zu einem B. gehört jetzt auch das Diptychon des römischen Stadtvikars Rufius Probianus in der Preuß. Staatsbibl. Berlin, Elfenbeintafeln um 400, die im 11. Jh. als Deckelschmuck eines Holzkastens mit der einfach gebundenen Lebensbeschreibung des hl. Liudger verwendet wurden (Loubier a. a. O. Abb. S. 27).

Die späteren B. dienten mehr als Schutzkapseln für kostbare kleinformatige Bücher (Breviare usw.) auf Reisen, wie zwei mit Lederschnitt verzierte und ein eisenbeschlagenes Buchfutteral des Schloßmus. Berlin beweisen. Solche B. aus dem 15.–16. Jh. sind zahlreicher erhalten. Im 17.–18. Jh. findet man Messingkapseln in Buchform für Andachtsbücher mit ziseliertem Schmuck.

Wie der einfachere B. des späten MA dienten zum Tragen des Buches auf Reisen in früherer Zeit die Buchtaschen. Solche mit Ledertreibarbeit geschmückte Taschen sind aus Irland bekannt (satchel, besace, pera; [3]). Die dort ebenfalls bis ins 11. Jh. gebrauchten Buchkasten (einige in Dublin, Royal Ir. Acad.) heißen cum(h)dach [1]. Zur Verwahrung wertvoller Bücher dienten im späten MA auch Säckchen oder Tücher aus Seide, Samt oder weichem Leder (camisia, chemise). Vgl. dagegen Buchbeutel, RDK II, Sp. 1343ff.

Eine Verbindung von Bucheinband und B. ist das Kastenbuch, ein Bucheinband, dessen Deckel durch Ansetzen von Kanten an den drei Schnittseiten beim geschlossenen Buch einen Kasten ergeben. Die Sächs. Landesbibl. Dresden besitzt eine hebräische Bibel in Lederschnitteinband (Abb. 3; [2]) mit dieser Sonderform aus dem Jahre 1331. Endlich kann als eine Art B. ein in Nürnberg gebrauchtes Banco-Buch (16. Jh.; G.N.M. Nürnberg) betrachtet werden, das je nach Bedarf in einen kostbaren oder einfachen Einband eingehängt werden konnte.

Zu den Abbildungen

1. u. 2. Luzern, Priv.-Bes., Buchschrein aus der Kartause Seitz an der Sann (Untersteiermark), Langobardisch 10. Jh. Oberseite m. vergold. Bronzestreifen, Seitenwände vergold. Kupferblech m. Ranken, L = 35, Br. = 25,5, H = 14 cm. Phot. Verf.

3. Dresden, Sächs. Landesbibl., Kastenbuch: hebräische Bibel in Lederschnitteinband, 1331. Phot. Bibl.

Literatur

1. William Salt Brassington, A history of the art of bookbinding, London 1894, S. 74ff. 2. Martin Bollert, Ein Kastenband mit Lederschnitt in der Sächs. Landesbibl. zu Dresden, Festschrift zum 60. Geburtstag von Hans Loubier, Leipzig 1923, S. 95ff. 3. Geoffrey Dudley Hobson, English binding before 1500, Cambridge 1929, S. 26f. 4. Otto von Falke, Ein langobardischer Buchschrein des 10. Jh., Pantheon 10, 1932, S. 385ff.

Verweise