Brunnen

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englisch: Fountain; französisch: Fontaine; italienisch: Fontana.


Georg Lill (1944)

RDK II, 1278–1310


RDK I, 107, Abb. 1. Nürnberg, um 1550.
RDK I, 1187, Abb. 9. Prag, 1562-64.
RDK II, 1281, Abb. 1. Rockenhausen, 2./3. Jh. n. Chr.
RDK II, 1283, Abb. 2. Karthaus Prüll bei Regensburg, um 1200.
RDK II, 1283, Abb. 3. Goslar, Marktbrunnen, 13. u. 14. Jh.
RDK II, 1285, Abb. 4. Ulm, "Fischkasten", 1482.
RDK II, 1285, Abb. 5. Urach, Marktbrunnen, 1495-1500.
RDK II, 1287, Abb. 6. Straßburg, 1464.
RDK II, 1287, Abb. 7. St. Wolfgang, 1515.
RDK II, 1289, Abb. 8. Regensburg, Dom, 1500.
RDK II, 1289, Abb. 9. Freiburg i. Br., Münster, 1511.
RDK II, 1291, Abb. 10. Landshut, Trausnitz, 1525.
RDK II, 1291, Abb. 11. Brück a. d. Mur, 1626.
RDK II, 1293, Abb. 12. Traunstein, "Liendl-Brunnen", 1526.
RDK II, 1293, Abb. 13. Mergentheim, 1546/48.
RDK II, 1295, Abb. 14. Kuttenberg, 1497.
RDK II, 1297, Abb. 15. Wismar, "Wasserkunst", um 1580.
RDK II, 1297, Abb. 16. Popperode, 16. Jh.
RDK II, 1297, Abb. 17. Mainz, Marktbrunnen, 1526.
RDK II, 1297, Abb. 18. Nürnberg, Tugend-Brunnen, 1589.
RDK II, 1299, Abb. 19. Augsburg, Augustus-Brunnen, 1589-94.
RDK II, 1301, Abb. 20. Augsburg, Augustus-Brunnen.
RDK II, 1301, Abb. 21. Augsburg, Herkules-Brunnen, 1596-1602.
RDK II, 1301, Abb. 22. Danzig, Neptun-Brunnen, 1619-33.
RDK II, 1301, Abb. 23. München, Wittelsbacher-Brunnen, um 1590.
RDK II, 1303, Abb. 24. Butschowitz, Schloßhof, 1637.
RDK II, 1303, Abb. 25. Salzburg, Residenz-Brunnen, 1656-61.
RDK II, 1303, Abb. 26. Prag, Palais Gallas, A. 18. Jh.
RDK II, 1303, Abb. 27. Wien, Andromeda-Brunnen, 1741.
RDK II, 1305, Abb. 28. Wien, Providentia-Brunnen, 1737-39.
RDK II, 1307, Abb. 29. Eichstätt, 1775-80.

I. Begiff

Ursprünglich ist der Name B. (Bronnen, Born) und Quell derselbe Begriff. Erst neuere Sprachbildung scheidet den B. als das von Menschenhand gebändigte und gefaßte Element von dem naturhaft der Erde entspringenden Quell. Die Hirten- und Bauernvölker haben im Gegensatz zu den schweifenden Jägervölkern die künstliche Fassung eingeführt, um ihr Vieh besser tränken zu können. Künstlerische Formung hat ihr erst die Stadtkultur gegeben.

II. Typen und Technik

Das Ursprüngliche sind gegrabene B. (Zisternen), wie sie besonders in trockenen Ländern des Mittelmeeres und des Orients üblich wurden, und in waldreicheren Gegenden in Holzbohlen gefaßte und mit ausgehöhlten Baumstämmen und Holzröhren weitergeleitete B., wie dies schon in der Bronzezeit belegbar ist. Bei den germanischen Stämmen der Völkerwanderungszeit war der Zieh-B. schon allgemein verbreitet. Alle diese Formen haben sich in ländlichen Gegenden und bei naturhaft gebliebenen Völkern bis heute erhalten. Eine weitergetriebene Form der Zisterne ist der Schacht- oder Kessel-B., der durch Sprengung in Felsen oder durch Ausschachtung im weichen Erdreich bis auf das Grundwasser hinabflößt. Er ist zylindrisch angelegt, und seine Wände werden wenigstens teilweise gemauert. Je nach der Höhe des Wasserspiegels muß man einfachere Vorrichtungen zum Schöpfen (Schöpf-B.) oder umfassendere mit Haspel, Seil über einen Roller, unter Umständen mit einem Tretrad einrichten (Zieh-, Sod- oder Gal-B.). Die Schacht-B. reichen zum Teil in große Tiefen hinab (Josephs-B. in Kairo um 1174, 86 m tief, Burg Nürnberg 51,5 m, Feste Königstein in Sachsen 152 m). Zieh- wie Schacht-B. konnten sich ursprünglich mit hölzernen Fassungen begnügen. Aus „Pump-B.“ (Stangen-B.) entwickeln sich die Hauptglieder des B.: der „Trog“ als Tränke – ein halber ausgehöhlt liegender Baumstamm; der „Kasten“– zusammengezimmerte Bohlen zum Waschen oder als Fischbehälter; der „Stock“ – der aufrechtstehende, ausgehöhlte Stamm für die Aufnahme der Leitung. Erst die Stadtkultur stellte höhere Ansprüche an weiterreichende Wasserleitungen mit angeschlossenen B., die den laufenden Röhren-B. und die Wasserwerke zur Ausgestaltung brachten. Technische Voraussetzung waren umfangreiche Röhrenleitungen, auch in Felsen gesprengt, oder in Keramik, Holz, auf gemauerten Aquädukten. Im späten MA bedeutet dann die Erfindung des komplizierten Pumpwerkes mit B.-Ständer, Ablauf und Pumpenschwengel den großen Wendepunkt in der Wasserversorgung. Das erste nachweisbare B.-Werk in Deutschland, zuerst ein Schöpfradwerk, dann ein Räderwerk mit Hauptturm, findet man am Schwibbogentor in Augsburg, 1414 von Leopold Karg angelegt, 1433 von Hans Felber ausgebaut. Seit dem 18. Jh. wird durch die Tiefbohrtechnik ein weiterer Fortschritt in der Wasserversorgung erzielt. Reine Sammelanlagen wurden auf m.a. Burgen angelegt, wo ein ausgeklügeltes System von Wasserrinnen im Felsgestein und holzüberdachten Zisternen das Regenwasser sammelte (Drachenfels, Altdahn, Grafendahn, Tanstein in der Pfalz).

III. Geschichte des Brunnenbaues

A. Allgemeine Entwicklung

Aus den ältesten Zeiten sind von den primitiven Anlagen gegrabener B. der Steinzeit und von den in Holz gefaßten B. der Bronzezeit nur gelegentlich wenige Reste überkommen (St. Moritz, Schweiz, jetzt Zürich, Landesmus.; Altenburg b. Fritzlar). Um so auffälliger sind die sehr frühen Proben städtischer Kulturbedürfnisse, wie die in Asphalt verlegten Röhrenleitungen in Mohannja Daro im Indusdelta, der ältesten Stadtanlage der Menschheitsgeschichte um 3000 v. Chr. Auch in Babylonien und Assyrien finden sich keramische Wasserleitungen und in Jerusalem schon vor der Landnahme der Juden eine in Felsen gehauene Wasserleitung. Im älteren Troja (1500 bis 1000 v. Chr.) läßt sich ein Schacht-B. nachweisen. Der Kanal des Teiches Siloah in Jerusalem muß ins 10. bis 9. Jh. v. Chr. gesetzt werden. Er wurde durch König Hiskia um 701 v. Chr. zu einer S-förmigen Schleife in einem technisch hervorragenden Bergtunnel ausgebaut. Vom Orient übernahmen die hellenistischen Stadtstaaten und später die Römer die Vorbedingungen zu ihren großartig ausgestatteten Markt-B., B.-Häusern, Wasserwerken, Aquädukten, die viele Kilometer weit das Wasser heranführten und es dann in riesige B.-Häuser, Nymphäen genannt, in Bäder und Spring-B. abgaben, B.-Anlagen von einer künstlerischen Schönheit der Architektur, Plastik und Wasserverteilung, wie auch die Barockzeit sie nicht mehr erreichen sollte. Die Tradition dieser Zier-B. fand im byzantinischen Reich, in der altchristlichen Kirche und schließlich in den B. der arabischen Städte (Löwen-B. der Alhambra 1377) ihre Fortsetzung. Den Typ bildete der Röhren-B. unter einem Baldachinüberbau, wie er sich am charakteristischsten im berühmten Pigna-B. im Paradies des alten St. Peter (ein sogen. Kantharus) in Rom darbot: ein Vierröhren-B. mit runden Schalen, Löwenköpfen, einem bekrönenden Pinienzapfen als Zeichen der Fruchtbarkeit, das Ganze unter einem Säulentempelchen mit meist hohem, turmartigem Dach. Mit dem langsamen Zerfall der römisch-hellenistischen Wasserleitungen ging auch die B.-Kunst verloren. Nur die Klöster hielten in Westeuropa die alte technische Tradition der Wasserleitungen in etwa aufrecht (St. Gallen; Weißenburg im Elsaß; Lobbes an der Sambre, E. 10. Jh.; Bamberg, Kloster Michaelsberg, um 1110–40; Canterbury 1165), von denen wohl auch die karol. Residenzen ihre Anlagen übernahmen (Gembloux b. Namur unter Pipin; Aachen, Pinienzapfen-B. Karls d. Gr.). Sonst blieben im allgemeinen, soweit wir wissen, die B. im MA auch in den frühen Städten auf der primitiven Anlage eines hölzernen Einbaumes (Stock) und eines Galgen-B. stehen. Eine Ausnahme davon macht Italien, wo sich seit der romanischen Zeit künstlerische Einfassungen (pozzi) finden. Auch in den kaiserlichen Burgen des hohen MA dürften künstlerische Wand-B. vorhanden gewesen sein. Der allgemeine Wendepunkt tritt im Spät-MA ein, als sich im 13. Jh. sowohl in Italien wie in Deutschland eine selbständige Stadtkultur entwickelt. Die bessere Wasserversorgung wurde nicht nur ein hygienisches Bedürfnis, sondern gleichzeitig wurden einzelne B. in besonderen Verkehrsmittelpunkten der Stadt, in Schlössern und Klöstern künstlerisch und symbolisch ausgeschmückt. Damit trat auch der Wandel im Material, vom Holz zum Stein und zur Bronze ein. Die Renaissance in Italien entnimmt auch auf diesem Gebiet ihren Auftrieb aus der Antike. Große und kleine Schalen-B. mit Ornamenten, Maskarons und figürlichem Schmuck kommen auf. Eine Anlage wie die Fonte Gaja in Siena (1409–19 von Jacopo della Quercia) geht ohne Zweifel auf ein antikes Nymphäum zurück. Im 16. Jh. entwickelt sich dann der große Monumental-B. mit einer rundplastischen Einzelfigur oder Gruppe, die meist auf einen besonderen zentralen Blickpunkt in städtebaulicher Hinsicht eingestellt ist (Palermo, Schalen-B. von Francesco Camilliani, 1554/55; Bologna, Neptuns-B. von Giovanni Bologna, 1563–66; Florenz, Neptuns-B. von Ammanati, 1571–75; Rom, Schildkröten-B.). Ihren Gipfelpunkt erreichen diese Art der B. in den figurenreichen Aufbauten mit phantastischen Felsbildungen der sogen. „naturalistischen“ Fontänen von Lorenzo Bernini (Rom, Piazza Navona, 1647–52; Tritonen-B. vor Palazzo Barberini, 1640). Eine andere Gestaltung nahm ihren Ausgang von den Nymphäen mit architektonischer Wandanlage (wie in Rom die Acqua Paola von Giovanni Fontana, 1616; Fontana Trevi, Entwurf von Bernini, ausgeführt von Nic. Salvi seit 1733). Hier erfolgte der Übergang vom B. zum Wasserwerk, das seine Formung im engsten Zusammenhang mit der Gartenbaukunst und den tragenden Ideen von lebensvoller Landschaftsgestaltung in den Gärten der Renaissance nahm und seine europäische Vollendung in den Schloßgärten Frankreichs (Versailles) erhielt. Italien und Frankreich blieben im 17. und 18. Jh. für die ganze europäische B.- und Wasserkunst vorbildlich (vgl. Wasserspiel). Die hauptsächlich auf die Architektur der Mauerwand eingestellte Kunst des Empire hatte wenig Vorliebe für B., mehr für idyllische Seen und Weiher. Erst die Entwicklung der 2. H. 19. Jh. mit ihrer Begünstigung einer barocken Lebendigkeit ließ im Zusammenhang mit dem Städtebau und den Parkanlagen die B.-Anlage sowohl in monumentaler wie idyllisch-allegorischer Beziehung wieder stärker emporkommen.

B. Die B. in Deutschland

1. Der romanische Kloster-B.

Aus römischer Kolonialzeit ist in Deutschland außer sonstigen geringen Resten (Rottenburg a. N., Straßburg) der bemerkenswerteste auf uns gekommene B. der Wasch-B. aus Katzenbach (heute im Mus. Rockenhausen, Nordpfalz; Abb. 1), dem 2. bis 3. Jh. n. Chr. zugehörig, bestehend aus einem halbrunden Becken mit einem von Delphinen umgebenen Cantharos und zwei rechtwinklig anschließenden Becken, die durch einen Gang getrennt sind. Die Germanen wurden durch die römische Technik und Form nicht beeinflußt. Erst die Benediktinermönche übernahmen aus der Mittelmeerkultur die Wasserleitung (s. o.). Die des Bischofs Otto II. von Bamberg (1102–1139) beim Kloster Michaelsberg bestand aus Bleiröhren; ebenso war im Kloster Georgental (Thüringen) eine von Kaiser Heinrich IV. geschenkte Wasserleitung, und Abt Beringer II. von Regensburg legte um 1200 Bleiröhren von Dechbetten nach seinem Kloster St. Emmeram. Diese Leitungen mündeten entweder in B.-Häusern (Sp. 1310ff.) oder in laufenden B. Im ehem. Benediktinerkloster Prüfening bei Regensburg findet sich noch ein solches B.-Haus in einfachster Form, errichtet von Abt Erbo I. (1121–63): niedriger Quaderbau mit Giebel und Rundbogenfries (s. Brunnenhaus, Sp. 1314, Abb. 3). Zu ihm gehört wohl als B. ein liegender Löwe, aus dessen Sockel Wasser läuft (heute im Park des Fürsten Thurn und Taxis). In den ausgedehnten Klöstern hatten diese B. hygienische wie kultische Bedeutung, schon seit den Zeiten der altchristl. Kirchen; Cantharos wurden sie in den römischen (z. B. Rom, Alt-St. Peter), Phiale in den griech. Kirchen (z. B. Basilika des hl. Demetrios in Saloniki, noch erhalten) genannt. Karl d. Gr. übernahm die Form für den B. in das Atrium im Münster zu Aachen, von dem nur noch der Pinienzapfen sich erhalten hat. Später standen in vielen deutschen Klöstern derartige B. Ein Idealbild eines solchen B. findet man auf dem Verkündigungsfresko in Karthaus Prüll bei Regensburg um 1200 in seiner typischen Schalenform (Abb. 2). Die noch erhaltenen steinernen Schalen- B. sind derber, so der kufenartige in Blaubeuren, der zweischalige mit Löwenköpfen in Maulbronn (die dritte Schale 14. Jh.), der (ergänzte) aus Hirsau (in Teinach, Kr. Calw, Württ.), der dreiteilige (zwei Schalen aus Zinn) in Külsheim (B.A. Wertheim, Baden) mit Löwenköpfen, die zweiteiligen in Goslar (Abb. 3) und Sayn bei Coblenz, die einschaligen in Paulinzella, Georgental, Erfurt (1239) und Kloster Lüne bei Lüneburg. Sie gehören alle dem 12. und 13. Jh. an und zeigen im Grundtyp: mehrere sich verjüngende Schalen, Löwenkopfausgüsse, säulenartiger Mittelpfosten, ihre Abkunft aus der antiken Kunst.

2. Der gotische B.

Von rein nordischer Herkunft und damit eine Neubildung ist der gotische B., wie er sich seit dem 14. Jh. in der aufkommenden Stadtkultur aus den bodenständigen Gegebenheiten, dem Stock- (Lauf-) B. und dem Galgen-(Zieh-) B., durch die Hüttenkunst der bürgerlichen Steinmetzen herausbildete. In der m.a. Stadt hatte jeder Hausbesitzer einen oder mehrere B., so daß ihre Zahl z. B. in Nürnberg im Jahre 1680 auf 24 864 gestiegen war. Sie waren im allgemeinen aufs einfachste gestaltet, aus Holz, später auch aus Stein. Durch die vielen kriegerischen Ereignisse, durch die großen Epidemien, aber auch durch das Gewerbe sahen sich die Stadträte veranlaßt, durch öffentliche Wasserleitungen und B. reichlich frisches und gutes Wasser zuzuführen. Vor allem war dies in der städtischen Kultur des schwäbisch-alemannischen Südwestdeutschlands der Fall (Basel 1316, Nürnberg 14. Jh. drei Wasserleitungen, Augsburg 1412). Gewöhnlich speiste jede Leitung nur einen einzigen großen B., der manchmal auch Abzweigungen für gewerbliche und private Zwecke hatte. Ein Gefälle war notwendig, da man ursprünglich keine Pumpwerke hatte. Die Röhren, Deicheln genannt, waren meist aus Weichholz, erst seit dem 16. Jh. aus Blei. Eigene B.-Gemeinschaften wurden gebildet, an deren Spitze ein B.-Meister stand. Die B.-Reinigung, meist an Johanni, war ein allgemeines Fest (Kaiserslautern, Kreuznach), wie sich auch andere ältere germanische Volksfeste, meist des Fruchtbarkeitskultes, um die B. gruppierten (Rothenburg o. T.: Schäfertanz; München: Metzgersprung). An den B., die meist, um sie vor Verunreinigung besser zu schützen, mit einem Gitter umgeben waren, befanden sich bewegliche „Löffelrinnen“ zur Entnahme des Wassers; eigene Wasserentnahme-Bütten, Fischbehälter, Fisch- und Waschbänke waren daneben angebracht.

Seit der 2. H. 14. Jh. entwickelt sich der städtische, steinerne, laufende Zier-B., häufig der „Schöne“ oder „Hübsche“ B. genannt. Seine Formung geschah durch die Bauhütten der großen Stadtkirchen, so in Nürnberg durch Heinrich d. Ä., den „Balier“, in Augsburg durch Hans Felber, in Regensburg durch Wolfgang Roritzer. Es wurden auch Bildhauer herangezogen, so in Nürnberg der sog. „Prophetenmeister“, in Ulm Jörg Syrlin d. Ä., selbst große Maler wie Hans Burgkmair d. Ä., Hans Holbein d. J., Mathis Gotthart-Neidhardt gen. Grünewald. Die Einordnung des B. in das Straßenbild geschah in einem vegetativen Rhythmus, nicht nach axial-symmetrischer Anordnung. Im allgemeinen finden wir vier Grundtypen. 1. Der „Stock“ wird zu einer fialenartigen Turmpyramide ausgestaltet, die nach spätgotischen Gesetzen konstruiert ist. Er wird in den polygonen Trog gestellt und so ein Rundkörper gestaltet, der umschritten werden will. Die Details mit ihren Absetzungen, Geschossen, Fenstern, Wimpergen, Konsolen, Baldachinen und Figuren sind die gleichen wie an den Strebepfeilern der Kirchen. Das Flimmernde und Zuckende dieser triebhaften Gestaltungsform wurde ursprünglich noch durch die durchgehend farbige Fassung gesteigert. Der älteste und bedeutendste von ihnen ist der heute gänzlich erneuerte „Schöne Brunnen“ auf dem Markt zu Nürnberg (1386–96); dann folgen der Markt-B. von Rottenburg a. N. (1470), der Fischkasten von Ulm (1482; Abb. 4), der Markt-B. von Urach (1495–1500; Abb. 5), der Weinmarkt-B. zu Luzern (voll. um 1493/94, von Konrad Lux aus Basel). 2. Eine einfachere Grundform ist der Fialenpfeiler (Abb. 6), wie er einmal in vielen kleineren m.a. Städten stand. Zuerst läßt sie sich auf dem nicht mehr vorhandenen Löwen-B. von 1459 auf dem Neumarkt zu Nürnberg nachweisen; noch vorhanden sind der Fischmarkt-B. in Basel (1467/68 von Jakob Sarbach), der Fischmarkt-B. in Freiburg i. Br. (1510–20) u. a. Diese Form geht dann schon in Renaissancetendenzen in den Säulen-B. mit Einzelfigur über (Mohren-B. am Schwertplatz zu Schaffhausen, Figur von 1601). 3. Eine andere Grundform entwickelt sich aus dem Zieh- und Schacht-B. Man monumentalisiert den hölzernen Galgen in einer Zweischenkelform. Das älteste nachweisbare Beispiel finden wir schon in dem spätromanischen B. im Kreuzgang von Jung-St. Peter in Straßburg, das jüngste in kapriziöser Spätgotik im Dom-B. zu Regensburg von W. Roritzer 1500 (Abb. 8), der ebenso wie der schwerfälligere von 1513 in Kloster Windberg (B.A. Bogen, Niederbayern) symbolhaft mit der Gruppe der Samariterin geschmückt ist. Nur durch zierliche Profilierungen zeichnet sich der B. um 1500 im Nöthighof zu Großostheim (B.A. Aschaffenburg) aus. 4. Aus der Zweischenkelform entwickelt sich der Dreischenkel-B., wie er meist bei schmiedeeisernen Aufbauten beliebt war (Landshut, Trausnitz 1525; Abb. 10), bei denen die Vierkantstäbe in Lilien und Ranken enden. Seltener nahm man diese Form für Stein (Linden-B. Reutlingen, 1544 von Hans Huber).

Wichtig für den m.a. B. ist der geistige Inhalt des Schmuckes, der überwiegend dem religiös-christlichen Gedankenkreis entnommen ist. Das Programm beim Nürnberger „Schönen B.“ besteht in dem christlichen Regiment: die neun guten Helden des Alten Testaments, der Heiden und der Christen als Vertreter der Vorzeit, die sieben Kurfürsten als Träger der zeitlichen Gewalt, acht Patriarchen und Propheten sowie 16 „heilige Scribenten“, nämlich die sieben freien Künste, die großen antiken Philosophen, die vier Evangelisten und vier lateinischen Kirchenväter, als Vertreter der Lehre von Kultur und Gesittung. Auf andere B. stellte man den Stadtpatron oder einen besonders verehrten Heiligen (Freiburg i. Br., Rottweil, Luzern, Basel, St. Wolfgang). Profane Figuren wurden meist nur in einer rechtssymbolischen Auffassung verwendet. Auf dem Marktplatz wurden als Zeichen der sog. „Freyung“ des Marktes, d. h. der Handelsfreiheit und des Marktschutzes, ursprünglich ein primitiver Reisigbesen, ein Strohwisch, später eine Fahne oder ein Arm mit einem Schwert nebst dem Wappen des Territorialherrn aufgesteckt. Dieses Zeichen verband sich mit dem auf dem Markt aufgestellten B. zur Gestalt eines geharnischten Wappenträgers, des sog. „Wappners“ oder in der Schweiz des „Bossen“. Er ist eine Parallelerscheinung des Roland, jedoch keineswegs mit ihm identisch. Der Typ tritt, wenigstens soweit wir wissen, bei Stein-B. um 1500 auf. Der älteste erhaltene ist der sog. „Liendl-B.“ (Liendl = Kraftmensch) in Traunstein 1526 mit dem bayerischen Wappen (Abb. 12). In späterer Zeit hat man häufig dem anonymen Wappner den Namen eines um die Stadt besonders verdienten Fürsten oder des regierenden Kaisers unterlegt. Eine Vermischung von profanen und heiligen Figuren ist nur am Markt-B. zu Rottenburg a. N. 1470 festzustellen, wo drei kurz vorher gestorbene Mitglieder der Württemberger Grafenfamilie dargestellt sind. Eine einzigartige Verbindung rechtlicher Funktionen, praktischer Aufgaben und religiöser Symbolik liegt im Markt-B. von Schwäbisch-Hall, wohl von Hans von Hall, dem Werkmeister des Freiburger Münsters, aus dem Jahre 1509 vor. Die langgezogene, als Futtermauer vor einem rechteckigen Trog konstruierte Wandanlage, die sicherlich von der Fonte Gaja in Siena angeregt ist, umfaßt den Pranger in einer kanzelartigen Ausbuchtung und nebst dem Stadtwappen drei kraftvolle Hochreliefs des Simson, des hl. Michael und hl. Georg, die in doppelter Symbolik die Gewalt der dämonischen Elemente in Natur wie bürgerlicher Ordnung verkörpern. Nur wenige B. schließen ihre Darstellung an nordisch-germanische Kultsymbolik an, die in Zusammenhang mit den Quellkultfesten steht, nämlich in Luzern am Weinmarkt-B. (1481/84–1494), wo die sechs Geharnischten den gebräuchlichen „Umgang im Harnasch“ wiedergeben. Dadurch wird auch die Bedeutung der drei tänzelnden Gewappneten am Fischkasten zu Ulm entsprechend geklärt (Abb. 4).

Von den kleinen Zier-B., die wohl sehr häufig in Wohnhäusern, Burgen und Gärten vorhanden waren, wie dies Gemälde und Graphiken (etwa beim Hausbuchmeister) beweisen, hat sich nur ein einziger erhalten; es ist der „Hainzen“, der humorvolle Schalmeibläser aus Bronze um 1390, dem das Wasser aus den Ohren läuft. Die Figur steht in einem um 1600 veränderten Trog im Spitalhof zum Hl. Geist in Nürnberg. Von einem anderen Nürnberger Bürgerhaus am Unschlittplatz stammt die groß gesehene B.-Maske aus Bronze um 1400 (Nürnberg, G.N.M.). Völlig verschwunden sind in Deutschland die zahlreichen Tisch-B. aus Edelmetall (Dürer, Zeichnung in London, B.M.; Jamnitzer).

Der m.a. antikische Schalen-B. führt noch ein Nachleben in Norddeutschland, wo er offenbar bei Glockengießern im Anschluß an die „Taufen“ beliebt blieb. So finden wir Dreischalen-B. mit steilem Rand und bekrönender Turmspitze auf dem Altstadtmarkt zu Braunschweig (1408) und (sechsseitig) in Wernigerode am Harz. In Süddeutschland taucht er nochmals im Kirchen-B. im Chorhaupt des Münsters zu Freiburg i. Br. (Abb. 9) auf, in Rotsandstein von Theodosius Kaufmann 1511 geschaffen, aus zwei Achteckschalen und fein profiliertem Stabwerk gebildet. Einen weiteren Schritt zur Renaissance macht dann der St. Wolfgangs-B. aus Bronze zu St. Wolfgang am Abersee (Oberösterr.; Abb. 7), 1515 von Rotschmied Lienhart Rännacher von Passau und Peter Mülich von Nürnberg, über dessen fein reliefierter Schale die Figur des hl. Wolfgang thront und an dessen Einzelteilen sich gotisches Ornament mit antikischen Reliefs von Tritonen und Sirenen mischt, Erwähnenswert sind noch zwei andere Arten von Wasserwerken. Einmal der Wasserkasten in Kuttenberg (Mähren; Abb. 14), ein blockiges Gebäude aus einem Zwölfeck konstruiert und mit Strebepfeilern und Fialen verblendet, erbaut von Matthias Reysek von Prag 1497; dann die großen B.-Häuser (Sp. 1310ff.) vor allem der Cisterzienserklöster, wie sie in Form von Kapellen den Kreuzgängen eingeordnet wurden, nämlich Maulbronn (14. Jh.), Blaubeuren (letztes Drittel 14. Jh.), Zwettl (1217) und Heiligenkreuz (Niederdonau, nach 1300), die auch B.-Schalen, die nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten sind, aufnahmen.

3. Renaissance-B.

Die Renaissance bringt einen unerhörten Aufschwung in der allgemeinen Errichtung von B. Dies hängt einerseits mit dem wachsenden Wohlstand und Stolz des Bürgertums, auch des kleinbürgerlich-handwerklichen, andererseits mit dem neuen staatspolitischen Repräsentationsbedürfnis der heraufkommenden absolutistischen Macht des Territorialfürstentums zusammen. Dazu hat sich aus dieser Zeit durch die Auswechselung hölzerner B. durch solche aus Stein und Bronze viel mehr erhalten. Auch das wachsende Verständnis für hygienische Bedürfnisse bei den ständig auftretenden Seuchen förderte die Errichtung.

Die durchschnittliche Menge der B. entwickelte die Formensprache der einheimischen Spätgotik folgerichtig weiter. Der laufende Röhren-B. erhielt seine typische Form im Wappner-B. Im meist polygonen Kasten steht in der Mitte auf einer balusterartigen Säule die Figur des Gerüsteten mit dem Wappen des Territorialherrn oder der freien Stadtgemeinde, bewußt auf Rundsicht eingestellt und in der Straßenflucht so eingeordnet, daß er möglichst Blickpunkt für verschiedene Achsen war, wenn auch nicht symmetrisch-axial. Die größere plastische Schaubarkeit der Figur gegenüber der Architektur ist ein wesentliches Merkmal der neuen Renaissancegesinnung. Nicht nur im Schwäbischen (Gengenbach, Weil der Stadt, Markgröningen, Bietigheim, Reutlingen), in der alemannischen Schweiz, hier bald auch „Eidgenosse“ oder „Venner“ genannt (Freiburg i. Ue., Bern, Zug, Zürich, Solothurn, Landeron i. Kt. Neuenburg, Neuveville i. Kt. Bern), sondern auch im Fränkischen (Sommerhausen bei Würzburg; Mergentheim 1546/48 von Nikolaus Breßler, Abb. 13; Weißenburg), im Bayerischen (Mühldorf), Westdeutschland (Büdingen) und Mitteldeutschland (Hildesheim 1548, Fritzlar 1564, Arnstadt, Zittau 1585) finden wir heute noch in sehr vielen Städten diesen Typus, ganz zu schweigen von den verschwundenen (z. B. Landshut, München, Augsburg). Diese Grundform des Stadt-B. behielt man auch bei inhaltlich anderen bei, so bei den sitzenden Löwen mit Wappen in den Klauen als Symbol der dräuenden Kraft (Dinkelsbühl, Schw.-Gmünd 1604, Wimpfen a. Berg, Neckarsulm, Eßlingen, Steinheim b. Marbach a. N., Molsheim und Reichenweier im Els., Coburg, Löwenberg in Schl.), der Gerechtigkeit (Bern, Miltenberg a. M. 1583) und Mäßigkeit (Bern) oder dem Tell (Schaffhausen 1523). Man stellte auch humorvoll gedachte, lokal gebundene Figuren auf, wie den Elefanten mit Wappen (Wiesensteig, Württ.), einen Schalksnarren (Ettlingen 1549), den sagenhaften Kindlifresser (Bern um 1543) oder die doppelschwänzige Melusine (sog. Fräulein-B. in Bietigheim a. N. 1557). In einem gewissen konfessionellen Gegensatz bevorzugte man in katholischen Gegenden Heilige, so St. Georg (Freiburg i. Schw. 1525, Solothurn 1543, Bönnigheim a. N.), die Samariterin (Freiburg i. Schw. 1550, Zittau 1697), St. Michael (Regensburg, Michelstadt i. O., Bernkastel a. Mosel), den hl. Josef (Tiengen b. Schaffhausen), Petrus (Trier), auch den Teufel mit dem Engel ringend (Biel i. Schw. 1563/64), am häufigsten aber die Muttergottes. Bei einfacheren Anlagen bekrönte man die Säule oder den Pfeiler nur mit einer Vase oder einem Knopf oder dem Pinienzapfen (Reichenweier, Dorlisheim und Kolmar im Els. 1526).

Der Zisternen-B. behielt seine Galgenform bei. Der obere Abschluß wird neben dem altüblichen geraden Sturz auch oben abgerundet oder mit einem Walmdach geschlossen (Ochsenfurt 1573; Kreuzwertheim 1568; Rufach, Els.; Klingenberg, Mainfr. 1576). Fortschrittlicher war die Bildung eines Überbaues auf dem Trog, sei es rund, dreiseitig oder viereckig, mit zum Teil reicher Giebelbekrönung, teilweise mit Pfeilern (Mainz, Markt-B. 1526, Abb. 17; Rothenburg o. T.; Wertheim, Engel-B. 1574; Erbach b. Ulm; Oppenheim; Oschatz, Sachsen) oder noch häufiger mit Säulen (Rosheim und Börsch im Els.; Hammelburg, Mainfr.; Veste Coburg um 1540; Rheine, Westf.; Herford; Merseburg; Wittenberg; Zerbst; Danzig). Daraus entwickelt sich dann der freistehende kuppelartige Bau über dem Trog von drei, vier, sechs und acht Säulen getragen (Hohenpreppach b. Ebern, Mainfr. 1628). Auch der eiserne B. wurde in dieser Zeit noch gepflegt, sei es in den kantigen Stäben beim Zieh-B. (Burgsteinfurt, Westf.; Hohenlimburg, Westf.; Reichenweier, Els.) oder auch mit gußeisernen Reliefplatten beim Lauf-B. (Bischofsheim v. d. Rhön 1582). Die schönste und eigenartigste Blüte der Schmiedekunst stellen die sog. Lauben-B. dar. Der ursprüngliche Zweck, der Verunreinigung durch hölzerne oder eiserne Gatter vorzubeugen (Hohensalzburg), führte zu der neuen dekorativen Form, korbartige Lauben in Durchstecktechnik mit Ornamenten und Vegetabilien auf den Trögen aufzusetzen, eine ausgesprochen deutsche Bildung. In den östlichen Alpenländern ist diese Art am meisten verbreitet (Bruck a. d. Mur von Hans Prasser 1626, Abb. 11; Graz, Landhaus), aber auch in anderen Gegenden (Heidenheim a. d. Brenz; Neiße 1686; Schloß Neuhaus in Böhmen, 1604). Diese beliebte Form übertrug man dann auch auf einen B. in Bronzeguß bei einem weiteren B. im Landhaus zu Graz, von Marx Wenig und Thomas Auer 1589/90 gefertigt, der auf fünf zierlichen Kandelabersäulen den durchbrochenen Korb von Vegetabilien und Sirenen trägt, bekrönt von einem Wappner. Auch in Norddeutschland nahm man den Gedanken einer ausgesprochen nordischen Geschlossenheit auf, und zwar in förmlichen B.-Häusern, so in Wismar in Mecklenburg in der sog. „Wasserkunst“ (Abb. 15), einem zwölfseitigen B.-Haus mit Holzgittern, Kuppel und Laterne, und in Weißensee in Sachsen 1584. Oder man baute sogar zweigeschossige Häuser, in deren Untergeschoß der Quell-B. unter offenen Arkaden, im Obergeschoß eine Wohnung untergebracht war, so in Schleusingen b. Erfurt oder in Popperode bei Mühlhausen (Prov. Sachsen; Abb. 16), wo sich eine großzügige amphitheatralische Steinbanksetzung mit radialen Treppen anschließt.

Einen völlig neuen Weg beschreitet unter stärkstem italienischen Einfluß der eigentliche Monumental-B., wie er an den Fürstensitzen und in den großen Reichsstädten aufkam und fast ausschließlich in der bis dahin wenig verwendeten Bronze ausgeführt wurde. Ein Vorläufer wie der fein proportionierte Markgraf-Friedrich-B. in Ansbach um 1515, wohl von Hans Vischer in Nürnberg gegossen, zeigt auch in dem deutschen Wappner schon die betont statuarische Idee des Südens. Die prunkvolle Schönheit der freiplastischen Gruppe in der umgebenden Architektur ist die überwiegend ästhetische Grundidee; der praktische Zweck ist im Gegensatz zum m.a. B. so gut wie nebensächlich. Auch das Wasser wird zur Steigerung dieser ästhetischen Einstellung verwertet. Übergänge sind die Bronze-B. in Nürnberg (zum Teil erst im 19. Jh. aufgestellt), die im bürgerlichen Sinne eines Hans Sachs als genremäßige Kleinkunst, wie sie früher sich auf Tisch-B. oder auf kleine Hof-B. beschränkte (vgl. RDK I, Sp. 107, Abb. 1), auf die Straßen und Plätze gesetzt wurden als bewußt volkstümliche Lösungen, wie der Dudelsackpfeifer- und der Gänsemännchen-B., beide von einem unbekannten Nürnberger Meister um 1550/60. Auch der Tugend-B. von Benedikt Wurzelbauer (Abb. 18) mit seinen karyatidenhaften Frauengestalten 1589, ebenso wie der B. mit der Minerva von Georg Labenwolf auf dem Universitätshof zu Altdorf 1576 sind eigentlich mehr vergrößerte Tischaufsätze, selbst in dem lebhaft sich kreuzenden Spiel der Wasserstrahlen, das schon bei den Tisch-B. so üblich war. Den südlich organischen Aufbau zeigt in schönster Reinheit der Apollo-B. von Hans Vischer 1531/32 im Polizeihof des Rathauses zu Nürnberg (RDK I, Sp. 806, Abb. 4), der mit seinem italienisch-antikischen Schalenaufbau auch den B. für Pfalzgraf Ott-Heinrich in Schloß Neuburg 1535 (jetzt München, Residenz, Marstallplatz) und den Rathaus-B. in Nürnberg mit dem Putto auf korinthischer Säule von Pankraz Labenwolf 1557 wesentlich beeinflußt hat. In größerem Reichtum und edelstem Maßstab finden wir dann diesen Geist im sog. „Singenden B.“ am Belvedere zu Prag (RDK I, Sp. 1187, Abb. 9), 1562/1564 von Hans Peyßer, die Figuren von Gregor Löffler, gegossen von Thomas Jarosch. Hier ist auch die axial-symmetrische Anlage zur Architektur im italienischen Sinne zum erstenmal nachweisbar. Die Figuren und die Reliefs sind den tektonischen Gliedern noch aufgelegt. Verwandt ist ihm der marmorne B. zu Friesach (Kärnten), 1563 für Schloß Tanzenberg geschaffen. Erst unter dem direkten Einfluß des Giovanni Bologna entstehen die berühmten Bronze-B. eines Hubert Gerhard in Süddeutschland: der Mars-Venus-B. für Schloß Kirchheim (Schwaben) des Hans Fugger 1584 (jetzt B.N.M. München) und der mächtige, vielfigurige Augustus-B. (Abb. 19 u. 20) vor dem Rathaus zu Augsburg 1589 bis 1594, der zum erstenmal auf dem reich profilierten und vierpaßförmig geschweiften niederen B.-Rand vier liegende Gestalten schwäbischer Flüsse in symbolhafter Gestaltung aufweist. Adriaen de Vries setzte diese Richtung fort in den massigeren Figuren des Merkur-B. 1596–99 und Herkules-B. (Abb. 21) 1596 bis 1602 auf dem Weinmarkt zu Augsburg. Eine weitere Fortsetzung ist der Neptun-B. vor dem Artushof zu Danzig (Abb. 22), die Figur von Peter Husen 1619, der B. von Abraham von dem Block 1633. Ein anderer Mittelpunkt dieser italienischen Rezeption, auch von niederländischen Wandermeistern getragen, bildete sich an der Wittelsbacherresidenz zu München: der ungemein edle und zierliche Perseus-B. wohl von Hubert Gerhard um 1596 im Grottenhof der Residenz, auf ein Vorbild Cellinis zurückgehend; der Wittelsbacher-B. (Abb. 23) im Residenzhof um 1590 aus der Werkstatt Hubert Gerhards mit Otto von Wittelsbach, den vier Elementen und den vier bayerischen Flüssen. Der Brunnentyp für die ganze folgende Zeit ist hier festgelegt: ein verhältnismäßig niedriger, stark profilierter, meist vierpaßförmig bewegter B.-Rand, ein kurzer, gedrungener, ornamentierter Pfeiler und eventuell noch eine Schale oder Muschelschalen, so daß das Wasser in verschiedener Ausdehnung und Bewegung in den Trog fällt, wodurch es als ein neues belebendes Element dem Ganzen vermählt wird. Es entspricht der anderen geistigen Einstellung dieser B., die mit ihren antiken Göttergestalten und Heroen das Leidenschaftliche, Eruptive und Elementare ausdeuten will, wie es auch in der Gewalt des Wassers liegt. Inhaltlich haben diese B. vielfach andere kleinere (Bamberg, „Gabelmann“ 1698; Tübingen 1617; Görlitz) angeregt, ohne die leidenschaftliche Kraft der Vorbilder erreichen zu können, sondern um ins Handwerkliche zurückzufallen. Ein einziger Bronze-B. in Deutschland ist als Denkmal für den Landesherrn gedacht: der Leopolds-B. für den Herzog Leopold V. in Innsbruck 1621–1632, allerdings erst 1894 aufgeteilt, modelliert von Kaspar Gras, ein kurbettierendes Pferd mit vielen antiken Begleitfiguren (s. Bronze, Sp. 1209 u. 1206, Abb. 20; Pantheon 1943, S. 105ff.).

4. Barock-B.

Die Barockzeit hat keine Bereicherung durch neue Typen gebracht, sondern nur die alten in ihrem Sinne gesteigert. Das Interesse an Zier-B. trat sogar beträchtlich zurück gegenüber den Wasserwerken in den Gartenanlagen, ganz abgesehen von der weitgehenden Befriedigung des Bedürfnisses durch die vorhergehende Zeit. Die volkstümlichen Dorf-B. erhielten eine behäbigere Ausdehnung, wie die Zieh-B. mit Überbauten auf antikischen Säulen (Prosselsheim um 1700, Volkach 1720, Spießheim, Ettleben um 1770, Heidenfeld, Theilheim b. Schweinfurt, alle in Mainfranken, oder in Neustift b. Brixen mit Malereien 1670, Salzburg, St. Peter).

Von den großen Zier-B. steht der üppigste im Schloßhof Butschowitz b. Brünn (Mähren; Abb. 24) 1637. Atlanten tragen vier Schalen, die als grimassenartige Masken geformt sind; über einer weiteren Schale thront eine nackte Männerfigur. Es ist der Stil der Boboligärten in Florenz, wohl von einem Italiener. Die Figuren nehmen an Zahl zu, wie an dem ungemein lebendigen Neptun-B., einst am Grünen Markt zu Nürnberg, von Georg Schweigger 1660–1668 (vgl. Sp. 1207/8, Abb. 21), der als Friedensdenkmal gedacht war, aber niemals im Original, sondern erst in einer Kopie nach dem Original in Peterhof b. Petersburg 1902 aufgestellt wurde. Formgedanken der „naturalistischen“ B. Berninis nimmt der Residenz-B. zu Salzburg (Abb. 25) 1656–61 in seinen Felsbildungen auf, die die Muschelschalen tragen, und den wasserspeienden Pferden. Beliebt waren in den Adelshöfen Nischen-B., wie im Palais Gallas zu Prag (Abb. 26) von Joh. Bernhard Fischer von Erlach, A. 18. Jh., wo eine Fischerfigur mit Delphin von einer Säulenarchitektur eingerahmt ist. Ihre höchste Vervollkommnung fand diese Art im Andromeda-B. im Alten Rathaus zu Wien (Abb. 27). Die kräftige Architektur mit tragenden Putten, darüber ein durchbrochenes Altanengitter, umgeben das zarte Bleirelief eines Perseus, der Andromeda befreit, das in seiner feinen Bewegtheit mit dem sich kräuselnden Wasserspiegel harmoniert. Das Relief ist von Georg Raphael Donner 1741. Kleinere zierliche Wand-B. finden wir etwa im Goethehaus zu Frankfurt a. M. mit einem Maskaron über einer Muschelschale oder in den B. der Residenz zu Landshut und in Landsberg a. Lech, wo Putten wasserspeiende Delphine halten, ausgeführt in Blei, um 1780/90. In einem sehr selbständigen triumphalen Aufbau steigert Joseph Emanuel Fischer von Erlach den baldachinartigen Mariä-Vermählungs-B. am Hohen Markt zu Wien 1729–32. In Eichstätt steht am Marktplatz in besonders geschickter städtebaulicher Einordnung der Willibalds-B. von 1695, eine Schalenanlage. Eine restlose Lösung des breithingelagerten, mit Figuren belebten Beckens schuf Gg. Raphael Donner in seinem ausgezeichneten Providentia-B. am Neuen Markt zu Wien 1737–39 (die Bleioriginale im Barockmus., Kopien in Bronze; Abb. 28), wo die nackten Männer- und Frauenfiguren der vier österreichischen Flüsse sinnhaft schön die Geschmeidigkeit und Wildheit der Gewässer charakterisieren. In der letzten Periode, dem Rokoko, wird das Aufstrebende, Leichte in der aufgelösten Architektur erstrebt; so in Würzburg beim Vierröhren-B. vor dem Rathaus eine triumphale Verherrlichung der Frankonia durch einen obeliskartigen Aufbau von Lukas von der Auwera, die Figuren von Peter Wagner 1763–66, oder bei der mit Wolken drapierten Pestsäule mit der Muttergottes von J. B. Bschorer in Öttingen im Ries 1720 oder in der wie ein Wasserstrahl emporschießenden Säule mit der Muttergottes auf dem Residenzplatz zu Eichstätt 1775–80 (Abb. 29). Kurz darauf setzt wieder eine abklingende Richtung ein, die den B.-Körper in seiner kubischen Tektonik als wuchtigen Pfeiler betont und die Figuren nur als Relief oder abschließende Standfigur anbringt. Schöne Beispiele weist dafür Würzburg auf, so den B. auf dem Fischmarkt mit zwei Fischerknaben um 1760/70, oder den auf der Semmelstraße mit einem Bäckerjungen um 1770, beide von Daniel Köhler, den Chronos-B. in der Hofstraße von Peter Wagner um 1780 oder schließlich den ganz streng architektonischen Obelisk auf dem Grünen Markt, der nur mit kleineren Reliefs von Mädchen, Früchten und Geflügel von Peter Wagner 1805 geschmückt ist. Auch das Inhaltliche gibt das Pathetische und Allegorische auf und bevorzugt einen genremäßigen liebenswürdigen Realismus. Kleinere B. begnügen sich überhaupt nur mit Vasen, Girlanden und Triglyphen, wie der B. am Kaulberg zu Bamberg um 1800.

5. B. der Neuzeit

Das Empire und das Biedermeier hatten wenig Sinn für das lebensvoll Bewegte einer Wasserkunst. Immerhin haben so bekannte Künstler wie Franz Zauner und Martin Fischer in Wien eine Reihe bedeutenderer B. geschaffen. Erst als mit der Wiederbelebung renaissancemäßiger und barocker Anschauungen in der 2. H. 19. Jh. das Gefühl für das pathetisch Bewegte wiederaufkam, entstanden große allegorische B.-Anlagen, wie der Poseidon-B. von Maison in Fürth i. B. 1885 als Symbol der gebändigten elementaren Gewalt oder der vollendetste und selbständigste dieser ganzen Richtung: der Wittelsbach-B. in München von Adolf von Hildebrandt 1895, der in den beiden Gestalten eines jugendlichen Mannes auf einem Seepferd und einer Frau auf einem Stier die zerstörende und aufbauende Gewalt des Wassers schaubar macht. Der B. ist gleichzeitig ein großartiger städtebaulicher Abschluß einer Parkanlage im Übergang zum Lenbachplatz. Neue Wege suchte Georg Wrba in der feinsinnigen Märchenschöpfung des Magnus-B. in Kempten 1906, der die Bändigung der Naturgewalten durch die Zivilisation in einem tempelartigen Aufbau darstellt. Ähnliche Wege ging dann Ignaz Taschner mit Ludwig Hoffmann in seinem Märchen-B. im Friedrichshain zu Berlin um 1910. Gerade diese Art von volkstümlichen kleineren und größeren B. in städtischen Parkanlagen ist das Neue, was unsere Zeit der deutschen B.-Kunst beizusteuern hat.

Zu den Abbildungen

1. Rockenhausen (Pfalz), Nordpfälzisches Mus., römischer Waschbrunnen aus Katzenbach. 2./3. Jh. n. Chr. Phot. Mus.

2. Karthaus Prüll bei Regensburg, Wandgemälde der Verkündigung. Detail mit romanischem Schalenbrunnen. Um 1200. Phot. Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, München.

3. Goslar, Marktbrunnen (Schalenbrunnen). Bronze, 13. Jh., der Adler 14. Jh. Phot. Helga Glaßner – Dt. Kunstverlag, Berlin.

4. Ulm a. D., Marktbrunnen, sog. „Fischkasten“, von Jörg Syrlin d. Ä. 1482. Nach J. Baum, Die Ulmer Plastik um 1500. Stuttgart 1911, Taf. 12.

5. Urach, Marktbrunnen von Peter von Koblenz (Kopie). 1495–1500. Phot. Rob. Holder, Urach.

6. Straßburg. Priesterseminar, Brunnen im Hof. 1464. Phot. Freiermuth, Straßburg.

7. St. Wolfgang am Abersee, Wolfgangs-Brunnen von Lienhard Rännacher und Peter Mülich. Bronze, 1515. Phot. Österr. Lichtbildstelle, Wien.

8. Regensburg, Dom, Ziehbrunnen von Wolfgang Roritzer. 1500, Brunnenrand älter. Phot. Laifle Nachf., Regensburg.

9. Freiburg i. Br., Münster, 2. Kaiser-Kapelle, Schalenbrunnen von Theodosius Kaufmann. 1511. Phot. Röbcke, Freiburg i. Br.

10. Landshut a. I., Trausnitz, Dreischenkelbrunnen im Schloßhof. 1525. Phot. Bayer. Landesamt f. Denkmalpflege, München.

11. Bruck a. d. Mur (Steiermark), Laubenbrunnen von Hans Prasser. Schmiedeeisen 1626, Schutzgitter 1693, Schwungrad und Blumenbehälter modern. Phot. Österr. Lichtbildstelle, Wien.

12. Traunstein (Oberbayern), Liendl-Brunnen. 1526. Phot. Staatl. Bildstelle – Dt. Kunstverlag, Berlin.

13. Mergentheim, Marktbrunnen von Nikolaus Breßler. 1546/48. Phot. Löhr, Bad Mergentheim.

14. Kuttenberg (Mähren), Wasserkaft von Matthias Reysek (urspr. mit Bildwerken geschmückt). 1497. Phot. Staatl. Bildstelle – Dt. Kunstverlag, Berlin.

15. Wismar, Markt, sog. „Wasserkunst“ von Philipp Brandin. Um 1580. Phot. Staatl. Bildstelle – Dt. Kunstverlag, Berlin.

16. Popperode bei Mühlhausen (Thür.), Brunnenhaus. Phot. F. Tellgmann, Mühlhausen.

17. Mainz, Marktbrunnen. Errichtet unter Erzbischof Albrecht von Brandenburg 1526. Nach Fritsch, Denkmäler deutscher Renaissance, Berlin 1891.

18. Nürnberg, Tugendbrunnen von Benedikt Wurzelbauer. 1589. Nach einer älteren Aufnahme.

19. Augsburg. Augustusbrunnen von Hubert Gerhard, Guß von Peter Wagner. Auf dem Postament Kaiser Augustus, auf dem Brunnenrand vier Gestalten schwäbischer Flüsse. 1589–1594. Nach einer älteren Aufnahme.

20. Augsburg, Augustusbrunnen. Stich von Lukas Kilian nach Zeichnung von Franz Aspruck aus Brüssel, 1598.

21. Augsburg, Herkulesbrunnen auf dem Weinmarkt von Adriaen de Vries, Guß von Wolfgang Neidhard. 1596–1602. Nach einer älteren Aufnahme.

22. Danzig, Neptunbrunnen vor dem Artushof, von Peter Husen und Abraham von dem Block. 1619 bis 1633. Marburger Photo.

23. München, Residenz, Brunnenhof, Wittelsbacher Brunnen von Hubert Gerhard. Auf dem Postament Otto von Wittelsbach, auf dem Brunnenrand Personifikationen der vier bayrischen Hauptflüsse und der vier Elemente. Um 1590. Marburger Photo.

24. Butschowitz bei Brünn (Mähren), Brunnen im Schloßhof. 1637. Marburger Photo.

25. Salzburg, Residenzplatz, Brunnen. 1656–61. Phot. Österr. Lichtbildstelle, Wien.

26. Prag, Palais Clam-Gallas, Nischenbrunnen im Hof von Joh. Bernh. Fischer von Erlach. A. 18. Jh. Phot. Joh. Stenč, Prag.

27. Wien, Altes Rathaus, Andromeda-Brunnen. Bleirelief Perseus und Andromeda von Georg Raphael Donner. 1741. Phot. Österr. Lichtbildstelle, Wien.

28. Wien, Neuer Markt, Providentia-Brunnen von Georg Raphael Donner. Statuen der Providentia und vier Putten, der Flüsse Enns, March, Traun und Ybbs Bronzekopien (Blei-Originale im Barock-Mus.). 1737–39. Phot. Österr. Lichtbildstelle, Wien.

29. Eichstätt, Residenzplatz, Brunnen mit Muttergottes. Entwurf von Moritz Pedetti, Skulpturen von Jakob Berg. 1775–80. Nach Postkarte.

Literatur

1. Rich. Borrmann, Monumentale Wasserkunstanlagen im Städtebau des Altertums und der neueren Zeit (Städtebaul. Vorträge aus dem Seminar f. Städtebau an d. T. H. Berlin, Bd. 3, H. 5), Berlin 1910. 2. Alfr. Heubach, Monumentalbrunnen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz aus dem 13.–18. Jh., Leipzig 1902/03. 3. Hans Volkmann, Die künstlerische Verwendung des Wassers im Städtebau, Berlin 1911. 4. Berthold Rein, Der Brunnen im Volksleben, München 1912. 5. Ferd. Corell, Schweizer Brunnen, Frankfurt a. M. 1904. 6. Ders., Brunnen aus Tirol, Vorarlberg und Salzburg, Frankfurt a. M. 1906. 7. Ders., Deutsche Brunnen, Frankfurt a. M. 19142. 8. Werner Lindner, Schöne Brunnen in Deutschland (Veröff. d. Westf. Heimatbundes Folge 1, Nr. 5), Berlin o. J. (1920). 9. Paul Meintel, Schweizer Brunnen, Frauenfeld - Leipzig 1931. 10. Georg Lill, Süddeutsche Zierbrunnen des Mittelalters, Burg b. Magdeburg (noch ungedruckt). 11. Hans Vollmer, Schwäbische Monumentalbrunnen, Berlin 1906. 12. Theod. Zink, Pfälzische Brunnen, Kaiserslautern 1926. 13. F. J. Kollmann u. Ferd. Aug. Oldenburg, Die Wasserwerke von Augsburg, Augsburg 1850. 14. Karl Fischer u. Leo Walter, Die Wasserversorgung der Stadt Nürnberg von der reichsstädtischen Zeit bis zur Gegenwart, Nürnberg 1912. 15. Walter Nickel, Die öffentlichen Denkmäler und Brunnen Breslaus, Breslau 1938. 16. Hub. Delvos, Geschichte der Düsseldorfer Denkmäler, Gedenktafeln und Brunnen, Düsseldorf 1938.

Verweise