Bildhauerzeichnung
englisch: Sculptor's drawing; französisch: Dessin de sculpteur; italienisch: Disegno di scultore.
Harald Keller (1939)
RDK II, 625–639
B. = Bildhauer. Z. = Zeichnung. Bz. = Bildhauerzeichnung.
I. Begriff, Zweck, Eigenart
Bz. nennen wir jede Form der zeichnerischen Vorbereitung für die Entstehung eines plastischen Bildwerks. Diese kann also auch von einem Maler stammen. Auch Z. von B. nach vorhandenen Skulpturen (besonders nach der Antike) sind Bz. Dagegen bleiben ausgeschlossen Nachzeichnungen von Nichtbildhauern nach plastischen Bildwerken (Villard de Honnecourts Nachzeichnungen, Tintorettos Z. nach Michelangelos Modellen).
Während die Maler, welche für B.-Arbeiten Vorlagen liefern, keinen bestimmten Stil dabei entwickeln, gibt es eine Bz. als Gattung, welche nur zeichnerische Vorarbeiten von B. selbst umfaßt. Am unzweideutigsten offenbart sich das Wesen der Bz. darin, daß B. den Charakter dieser Zeichenweise auch dann nicht verleugnen können, wenn ihre Z. gar nicht als Vorbereitung für Skulpturen gedacht sind, so etwa die Boccaccio-Illustrationen Peter Vischers d. J. (E. Schilling, Städel-Jb. 7/8, 1932, S. 149ff.; E. Baumeister und W. Boll, Münchner Jb. N.F. 11, 1934, S. 26). Die Einzelfiguren erscheinen wie aus dem Block heraus entwickelt, die Gesamtkomposition verzichtet auf die Tiefenerschließung, man spürt die Gewohnheit des Rechnens mit dem Reliefraum. Ähnlich schon die Berliner Z. der ehem. Slg. Ehlers von Veit Stoß (E. Baumeister, Münchner Jb. N.F. 4, 1927, S. 386), die gewiß nicht als Vorstudie für ein Relief entstand, allenfalls als Vorlage für den Stich oder ein Gemälde, wahrscheinlich aber als Selbstzweck. Wesentlich ist bei Bz. die klare Herausarbeitung des Konturs, die genaue Angabe des Faltennetzes, der Verzicht auf die malerischen Mittel der Hell-Dunkelwirkung [5, Abb. 22 und 23]. Hierher gehören vor allem die Bz. des Manierismus, die den Reiz der Linie auch der plastischen Form aufprägen (Sustris; Hans Krumper, Abb. 7). Aber der Charakter der Bz. ist nicht eindeutig, er umfaßt vielmehr polare Gegensätze. Es gibt eine zweite, noch häufiger auftretende Art von Bz. Für diese Künstler ist die Z. keine adäquate Vorstufe. Da mit den Mitteln der Flächengliederung für sie Wesentliches über einen plastischen Körper nicht auszusagen ist, darf der Künstler gerade auf die Mittel der Flächengliederung verzichten, auf die Formgesetze der Z., d. h. auf Linie und Bildraum. Wegen dieses Verneinens der Flächenwerte erscheinen die Z. nun viel „malerischer“ als solche von Malern. Die Budapester und Krakauer Bz. von Veit Stoß zeigen diesen Stil zuerst rein ausgeprägt, in den folgenden Jahrhunderten sind Michelangelo, Bernini, Rodin und Georg Kolbe die reinsten Vertreter dieser Richtung. (Letzterer hat das Wesen der Bz. auch theoretisch klug gedeutet; Genius I, 1921, S. 13.)
II. Vorstufe: der Architektur-Riß des Mittelalters
Schon bevor sich die selbständige Gattung der Bz. herausbildet, enthält der Riß für die gotische Kathedrale als Gesamtkunstwerk auch Angaben über deren plastischen Schmuck: Straßburg, Frauenhaus, Riß für das Zwischengeschoß zwischen den Türmen des Münsters, das sogenannte Glockenhaus, um 1360 (Abb. 2; weitere Teilabbildung RDK I, Sp. 276; s. a. O. Schmitt, Gotische Skulpturen des Straßburger Münsters, Taf. 204ff.). – Syrlin d. J., (sign.) Riß zum Hauptturm des Ulmer Münsters, Stuttgart, Schloßmus. (Inv. Württemberg, Donaukreis 1, Taf. vor S. 1).
Es ist typisch für das ganze ausgehende M.A., daß die Ausführung sich niemals genau an das Vorbild hält, oft sogar wesentlich abweicht. (1408 wird Niccolò d’Arezzo gemahnt, der Z. des Giovanni d’Ambrogio für die Umrahmung der Porta della Mandorla des Florentiner Doms treuer zu bleiben, und für die schon vollzogenen Abweichungen mit Geldstrafe gebußt.) Stimmen Ausführung und Entwurf im ausgehenden M.A. genau überein, so handelt es sich fast stets um eine Nachzeichnung, z. B. bei Holbeins d. Ä. Z. nach dem Augsburger Mörlin-Epitaph (Ph. M. Halm, Monatsh. f. Kw. 1, 1908, S. 537). Einzige Ausnahme: Erster Entwurf des Lorenzo Maitani für die Fassade des Doms in Orvieto von 1310 (Orvieto, Domopera), wo die Madonna in der Lunette des Mittelportals auf dem Riß mit einer erhaltenen Holzfigur genauestens übereinstimmt [3, S. 206].
III. Bildhauer-Visierungen des ausgehenden Mittelalters
Die älteste Erwähnung einer Z. für ein isoliertes plastisches Bildwerk ist der Kontrakt für den Schrein der hl. Gertrud in Nivelles von 1272 „... selonc le pourtrature que maistre Jakenez d’Anchin li orfevre at fait“. Dieser Vertragsentwurf war nicht originalgroß. (J. Braun in Festschrift Paul Clemen, Düsseldorf 1926, S. 312.) Die älteste erhaltene Z. für ein isoliertes plastisches Bildwerk ist der Kanzel-Entwurf für den Dom in Orvieto (Teile in Orvieto, Domopera, Berlin Kk. und London, B.M.), zwischen 1350–60 von der Hand eines Sienesen, von dem unbestimmt ist, ob er Maler oder B. war. Aus denselben Jahren stammt auch die älteste italienische literarische Bezeugung einer Vertrags-Z.: Kontrakt des Nino Pisano mit den Auftraggebern des Grabmals für Erzbischof Scarlatti († 1362) in Pisa „... et prout et sicut et eo modo et forma ut in quadam pictura per eundem magistrum Ninum data dictis fideicommissariis per omnia continetur“. In Italien ist die Vertrags-Z. dann häufig bezeugt. Für alle Aufträge an die bedeutendste venezianische B.-Werkstatt, die der Familie Buon, ist die Z. stets die Vertragsgrundlage, ebenso für Jacopo della Quercias Arbeiten in Siena (Fonte Gaia) und in Bologna (S. Petronio 1425), in Padua für das Grab des Raffaele Fulgosio 1429 usw. Erhalten haben sich aus dem italienischen Quattrocento folgende Vertrags-Z.: Ghibertis Visierung für die Stephanus-Nische von Or San Michele in Florenz von 1425 (Paris, Louvre. Der Duktus der figürlichen Partien der Z. wirkt altertümlicher als die ausgeführte Statue), Fragment der Besteller-Z. für die Fonte Gaia des Quercia (London, B.M.), Antonio Federighis Riß für das Rosengeschoß des Doms von Orvieto 1455 (Orvieto, Domopera). Auch Quercias und Federighis Bz. vertreten eine ältere Stilstufe als die Skulpturen, welche sie vorbereiten. Bei Donatello wird die Bz. niemals als Vorstufe der Skulpturen erwähnt, stets nur der Bozzetto als Vorbereitung, und zwar Bozzetto als Vertragsgrundlage (modellum pro exemplo) wie als eigentliche Werkskizze. Z. fertigt Donatello nur für Glasfenster, Architektur und Wanddekoration [2, S. 44]. Die Namen für Visierungen schwanken im italienischen Spätmittelalter. Neben exemplum heißt es häufig einfach schon disegno. Die Größenmaße wechseln: Federighi-Riß in Orvieto 59,4 : 55,3 cm, Ghibertis Stephanus-Visierung 69,7 : 30,5 cm. Ausgeführt sind diese Z. zumeist mit Feder auf Pergament, Architekturteile werden zuweilen laviert. Nur Ghibertis Visierung ist auf Leinwand mit präpariertem Kreidegrund gezeichnet.
Später als in Italien wird die Bz. in Deutschland Grundlage von Verträgen. Der älteste Vertrag, der eine Z. voraussetzt – freilich noch für einen gemalten Altar –, wird 1421 mit Hans von Judenburg abgeschlossen. Solche Besteller-Z. werden erst in der 2. H. 15. Jh. in Deutschland gebräuchlicher, zuweilen eigens beurkundet. Manchmal wird nach der Vollendung der Arbeit festgestellt, ob genau nach der Visierung gearbeitet oder abgewichen ist [5, S. 27]. Zumeist aber erwartet der Auftraggeber keine genaue Einhaltung; nach einem Vertrag mit A. Kraft ist die Bestellung nur „ongeverlich gevisiret“. Solche Visierungen konnten ganz verschiedene Zwecke haben: manchmal ist nur das Gesprenge mit seiner Plastik gegeben, während die Nischen des Schreines selbst leer gelassen sind [5, Abb. 29, 32, 34]. Dann sind wieder ganz im Gegenteil nur die Hauptheiligen des Schreins ausgeführt, der Kasten selbst aber, Gesprenge, Bekrönungsfiguren und Predella kaum angedeutet oder ganz fortgelassen [5, Abb. 19].
Liste der deutschen Visierungen, soweit nicht bei [5, Anm. 75 und Abb. 18–38] genannt:
Entwurf für ein hl. Grab, Niederrhein, um 1400; Berlin, Kk. (Abb. 3).
Gotischer Brunnen, süddeutsch, 15. Jh. (Bulletin of the Fogg Art Museum, Harvard University, IV, 1935, S. 28ff.).
Entwurf zu einem Ölberg am Ulmer Münster von Math. Böblinger, 1474; Ulm, Münsterbauamt (Ulmer Münsterblätter H. 6, 1889; Zs. f. Gesch. d. Arch., Beiheft IV, S. 317; alte gotische Inschrift mit Meisternamen und Jahreszahl).
Entwurf Peter Vischers d. Ä. zum Sebaldusgrab von 1488; Wien, Akademie, RDK I, Sp. 1405/6, Abb. 5 (F. Dettloff, Der Entwurf ..., Posen 1915; S. Meller, Peter Vischer, Leipzig 1925, S. 31).
Entwurf für den Lettner des Frankfurter Doms mit Kreuzigung und Anbetung der Könige, um 1490; Frankfurt, Hist. Mus. (Jb. d. kunsthist. Slg. in Wien IV, 1930, S. 24).
Laurentius-Portal des Straßburger Münsters, Riß von Jacob von Landshut 1495; Straßburg, Frauenhaus (O. Schmitt, Straßburger Münster II, 1924, S. XXXIII, Abb. 45).
Riß für Altarschrein mit Dreieinigkeit und Sebastian (oder Nach-Zeichnung?) um 1480; London, B.M. (V. C. Habicht, Niedersächs. Kunst in England, Hannover 1930, Abb. 86).
Kohle-Z. eines knienden Engels für den Schnitzaltar der Erfurter Thomaskirche, kurz vor 1450 (Giesau, Jb. d. Denkmalpflege Prov. Sachsen und Anhalt, 1932, S. 79).
Nur literarisch überlieferte Visierung: Kontraktbrief für den Altar von St. Wolfgang von Mich. Pacher, 1471 (E. Hempel, M. Pacher, Wien 1931, S. 91).
Auch in Deutschland sind Format, Material und graphische Technik der Bz. keineswegs einheitlich. Fast immer wird mit Feder auf Pergament gezeichnet, manchmal gelb laviert, um das Gold des Hintergrundes deutlich zu machen. Der sog. Syrlinsche Altarriß in Stuttgart, den man auf den Hochaltar des Ulmer Münsters bezogen hat (J. Baum, Ulmer Plastik um 1500, Stuttgart 1911, Taf. 10), hat 2,31 : 0,81 m, Vischers d. Ä. Visierung zum Sebaldusgrab ist 177 cm hoch, dagegen der Krakauer Riß von Veit Stoß für den Bamberger Altar nur 45:33 cm groß (Abb. 4). Daß die Unsicherheit des B. im Figurenzeichnen sich direkt offenbart, ist selten [5, Abb. 27]. Während es für die meisten deutschen Risse bezeichnend ist, daß es unentschieden bleiben muß, ob die Darstellungen der Flügel als Gemälde oder Reliefs zu verstehen sind, bildet besonders die Baseler Gruppe der Risse einen eigentümlichen Zeichenstil des B. aus. Konturen werden geschlossen und bestimmt gegeben, der Faltenfluß überall genau festgelegt. Auf Licht- und Schattenwirkungen im Sinne von malerischen Ausdruckswerten wird bewußt verzichtet. Das Gesprenge wird auf ein abstraktes zweidimensionales Liniengebilde reduziert, das der Kistler mit seiner Erfahrung doch jederzeit ausführen konnte [5, Taf. 22, 23, 32–34]. Zuweilen wird die Visierung nicht eigens angefertigt, sondern nach Kupferstichen das Gehäuse des Schnitzaltars gearbeitet. Solche graphische Vorlageblätter für das architektonische Gehäuse werden, besonders im niederdeutschen und belgischen Gebiet, oft benutzt [5, S. 36 u. Abb. 13].
IV. Originalgroße Werkzeichnungen auf die Wand
Quercia, Bologna, S. Petronio: 1425 erhält der Maler Giovanni da Modena den Auftrag, den signierten Vertragsentwurf Quercias (in Originalgröße der auszuführenden Plastik?) auf eine Wand neben dem Portal zu übertragen, das den Schmuck erhalten sollte. Dieser Entwurf blieb bis 1441 dort, also bis nach Quercias Tode [2, S. 52]. Zahlungen von 1427 an Saffetta und Sano di Pietro für das Sieneser Baptisterium sind wohl ebenso zu deuten, wo der Gesamtaufbau des zu errichtenden Taufbrunnens („forma“) auf die Wand übertragen wurde (P. Bacci, Jacopo della Quercia, Siena 1929, S. 197). – Auch in Italien gibt es keine außersienesischen Beispiele, für Deutschland ist das Verfahren nicht schriftlich überliefert, wurde dort aber sicher geübt.
V. Teilstudien
Der m.a. B. bedurfte der Teilstudie nicht. Für die Ausführung der Einzelheiten besaß er die Schulung in der Werkstatt und die exempla des Musterbuchs, außerdem ließ ihm die Visierung für die Einzelheiten zumeist nicht unbeträchtlichen Spielraum (s. o.). Dazu kam schließlich die Vorzeichnung der Einzelheit in Kohle oder Kreide direkt auf das Material. Der Begriff der „Skizze“ als eines nicht bis in alle Einzelheiten bereits endgültig festgelegten Entwurfs ist dem ganzen Abendland bis an die Schwelle des 15. Jh. unbekannt. Die „Skizze“ tritt erst zusammen mit dem Bozzetto in schmiegsamem Material auf, den die m.a. B.-Werkstatt nicht gekannt hatte. Damit ist das zeichnerische exemplum die einzige Vorbereitungsstufe für die Kathedralfigur. Eine solche Werkhütten-Z. des 13. Jh. hat sich in Koblenzer Privatbesitz erhalten (Abb. 1). Die ältesten nachweisbaren skizzenhaften Teilstudien sind Ghibertis Entwürfe für das Geißelungsrelief der früheren Bronzetür (Wien, Albertina). Jetzt treten selbständig neben den Zeichenunterricht in den Malerateliers die Zeichenkurse, welche die Florentiner Goldschmiede für Lehrknaben, Glasmaler und Kunstschreiner abhalten (J. Meder [4], S. 214). Deutsche skizzenhafte Teilstudien sind die beiden Z. von Veit Stoß in Budapest, Nat.-Mus., um 1510 ([5, Abb. 37 und 38]; Mitt. d. Ges. f. vervielfältigende K. 1912, S. 27) und eine niederbayerische Feder-Z. um 1520, hl. Petrus, München, Graph. Slg. (Buchner-Feuchtmayr, Beitr. zur Gesch. d. dt. K. II, Abb. 340). – Unter die Teilstudien gehört auch die Goldschmiede-Z. Michael Pachers für ein Pastorale in Erlangen (E. Bock in Festschrift f. M. I. Friedländer, Leipzig 1927, S. 26). Auch in Italien wurde nur der für einen guten B. gehalten, der ein guter Zeichner war (Vasari, ed. Milanesi VI, S. 135).
VI. Malerzeichnungen für plastische Arbeiten
Bei der Art der Organisation der spät-m.a. Werkstatt mit ihrem Hand-in-Hand-Arbeiten von B. und Malern stammen sehr viele Entwürfe für Skulpturen von Malern her. Diese Arbeitsteilung wird seit der Renaissance seltener, hält sich aber doch bis zum Ausgang des Barock. Das erste überlieferte Beispiel sind Agnolo Gaddis Entwürfe für die thronenden Tugenden in den Zwickeln der Loggia dei Lanzi, um 1383. 1387 erhalten Maler Zahlungen für Z. für Apostel, die von Steinmetzen der Domopera für die Fassade des Florentiner Doms ausgeführt werden. Deutsche Beispiele außer den von Huth [5, Anm. 84] angeführten sind:
Vorzeichnung zu einem Eichstätter Epitaph der Familie Heltburg um 1481, Berlin Kk. (U. Middeldorf, Berliner Museen 45, 1924, S. 60ff.).
Hans Burgkmairs Entwurf von 1500 für ein Reiterdenkmal des Kaisers Max von Gregor Erhart an St. Ulrich in Augsburg (L. Baldaß, Jb. Kaiserhaus 31, 1913/14, S. 335ff.; G. Habich, Münchner Jb. 8, 1913, S. 255ff.).
Dürers Entwurf zum Grabmal eines Ritters mit seiner Frau (Winkler 489) für die Vischer-Werkstatt. Bestes Beispiel Dürers Entwürfe für das Standbild des Grafen Albrecht von Habsburg am Maximiliansgrab in Innsbruck (Abb. 5 und 6), weil hier einmal die verschiedenen Phasen der Entstehung zu verfolgen; Abb. 5 der erste Entwurf in Feder, Abb. 6 dann eine Visierung, mit blauen und roten Wasserfarben ausgetuscht und genaue Anweisungen für den Hersteller des plastischen Modelies gegeben. (Vgl. Fr. Winkler’s Text gegenüber V. Oberhammer, Die Bronzestandbilder des Maximiliangrabmals, Innsbruck 1935, S. 399ff.) Schließlich wurde für jedes Standbild in Innsbruck noch eine lebensgroße auf Leinwand gemalte Visierung angefertigt. Für sie könnte also Winkler 677 die Vorlage sein. Dürers erster größerer Entwurf für ein plastisches Werk, für den Rahmen des Allerheiligenbildes vom Jahre 1508 (Winkler 445). 1508 dann ähnlicher Entwurf für den Helleraltar bezeugt. Dürersche Entwürfe für Zierteile von Rüstungen mit figürlichem Relief (Winkler 678–82). 1510 nach dem Tode von Ulrich Fugger die Serie der Entwürfe für die Gräber der Fuggerkapelle bei St. Anna in Augsburg (Winkler 483–88), die erstaunlich wenig Rücksicht auf die Möglichkeiten des B. nehmen.
Ein Entwurf von Breu d. Ä. für ein Epitaph in Stockholm (Buchner-Feuchtmayr, Beitr. II, 1928, S. 479).
Entwürfe von Christoph Amberger für das Maximiliansgrab um 1548 (Oberhammer, S. 232 mit Abb. 96–102).
Nur der Kontrakt ist überliefert für Wolf Hubers Feldkircher Altar von 1515 (Wortlaut des Vertrags abgedruckt bei A. Ulmer, Die Stadtpfarrkirche zum hl. Nikolaus, Feldkirch 1924, S. 53).
„Le pourtraict“, das maistre Loys van Beughen für die Grabmäler des Conrat Meit in Brou anfertigte, scheint aber nur ein Architekturriß gewesen zu sein. Für die Skulpturen selbst war Meit offensichtlich an keine fremde Vorlage gebunden. – Für die Tumba des Maximiliansgrabs fertigt um 1556 der Hofmaler Erzherzog Ferdinands Francesco Terzio den Entwurf, die Vorlagen für die Reliefs an der Tumbenwand bei dem späteren, zur Ausführung gelangten Plan zeichnet der Prager B. Florian Abel (Oberhammer, Abb. 25–27). – 1746 macht der Augsburger Maler Gottf. Bernh. Götz Entwürfe für die dann von Thadd. Stammel ausgeführten Tugenden der Stiftsbibliothek in Admont.
Die deutschen Gepflogenheiten entsprechen denen der anderen Länder. Der Florentiner Maler Lod. Cigoli entwirft ein Reiterdenkmal für Heinrich IV. (Uffiz.), Carlo Maratta ein Grabmal für Papst Innozenz XI. in St. Peter, Rubens zeichnet Entwürfe für Elfenbeinarbeiten des Luc. Faidherbe. Alle diese Z. tragen der Besonderheit der Aufgabe nirgends Rechnung, sie verraten keine Veränderung des graphischen Charakters gegenüber den Z. dieser Meister, die als Vorbereitung für Gemälde bestimmt sind.
VII. Renaissance und Barockzeit
Deutsche Bz. der Renaissance sind auffallend spärlich, gemessen am Reichtum der Z. der deutschen Spätgotik: Studien von P. Vischer d. J. (Meller, P. V., Leipzig 1925, Abb. 120 und 125); Entwürfe der Vischer-Werkstatt für Kleinplastiken (Baldaß in Festschrift für J. Schlosser, Wien 1927, S. 215ff.); Brunnenentwurf von B. Wurzelbauer (L. Fröhlich-Bum, Parmigianino und der Manierismus, Wien 1921, Abb. 175). – Für Italien sind die Worte bezeichnend, die Vasari am 12. Februar 1547 an B. Varchi schreibt: „molti scoltori eccellentemente operano che non disegnano in carte niente“. Die Meister machen Z., welche die Schüler dann ausführen: 1560 die Reihe der Apostel über der Rose des Doms von Orvieto nach Z. von Raffaele da Montelupo. Dasselbe Verfahren ist für Giovanni da Bologna verbürgt (Gaye, Carteggio III, S. 442). Von Guglielmo della Porta gibt es ein umfangreiches zeichnerisches Werk (G. Gronau, Jb.d.preuß.K.slg 39, 1918, S. 171, und W. Gramberg, Jb. d. k.hist.Slg. in Wien 11, 1937, S. 179). Während im römischen Hochbarock Z. Algardis selten sind, ist für Bernini ein großartiges Material vorhanden, das oft erlaubt, die Entstehung eines plastischen Werks von der ersten flüchtigen Federskizze bis zur endgültigen Festlegung der Gesamtkomposition und zur Akademie-Z. des Details zu verfolgen (H. Brauer u. R. Wittkower, Die Handzeichnungen des G. L. Bernini, Leipzig 1931). Dazu kommt, daß Bernini sich über die Bz. auch theoretisch geäußert hat. Er hat der Z. noch bedurft, als die plastische Arbeit selbst schon ziemlich weit fortgeschritten war. Die Bz. bedeutet für ihn also nicht nur Vorbereitung für die eigentliche B.-Arbeit, sondern läuft als Korrektur noch neben dem Modellieren her.
Liste deutscher barocker Bz.: Hans Krumper (Feulner im Münchner Jb. 12, 1921/22, S. 61ff.; Abb. 7).
Fr. Sustris (ebd.; K. Steinbart, Marburger Jb. 4, 1928, S. 123ff.; Kat. in Thieme-Becker 32, S. 311).
Hans Reichle (Peltzer, Schwäb. Mus. 1926, S. 155; Kriegbaum, Jb. d. Kunsthist. Slg. in Wien N.F. 5, 1931, S. 229).
Adrian de Vries (Abb. 8; A. Welcker, Oud Holland 55, 1938, S. 194).
Georg Petel (R. Oldenbourg, Jb. d. preuß. K.slg. 40, 1919, S. 32; Feuchtmayr in Münchner Jb. N.F. 3, 1926, S. 92; Kat. in Thieme-Becker 26, S. 474).
J. A. Gumpp (H. Stern, Münchner Jb. N.F. 9, 1932, S. 182).
A. Faistenberger (ebd. S. 189; Neuerwerbungen des G.N.M. 1925/29, Taf. 195).
Balth. Permoser (G. Michalski in Belvedere 11, 1932/1, S. 123; K. Steinbart in Mitt. d. Kunsthist. Inst. Florenz 4, 1933, S. 78ff.).
Gabriel Grupello (R. Klaphek, Zs. d. Rhein. Ver. f. Denkmalpfl. 19, 1926, S. 113; ders., Die Kunstsammlungen d. Staatl. Akademie zu Düsseldorf, Düsseldorf 1928, S. 99ff.).
Paul Egell (K. Martin in Oberrhein. K. 6, 1933, S. 191).
J. W. von der Auwera (Sedlmaier-Pfister, Die fürstbischöfl. Residenz zu Würzburg, München 1923. Textabb. 44, dann passim; M. Kranzbühler, Städel-Jb. 7/8, 1932, S. 182).
Ignaz Günther (Abb. 9; H. Höhn, Anz. d. G.N.M. 1932/33, S. 162ff.; P. Grotemeyer, Münchner Jb. N.F. 12, 1937/38, S. XII ff.).
J. B. Straub (C. Giedion-Welcker, Straub, München 1922, Taf. 15; K. Steinbart, Joh. Gg. Greif, Forsch. z. dt. Kg. 14, 1935, Taf. 30 a).
J. F. Winterhalter (B. Griebert, Oberrhein. K. 7, 1937, S. 173).
Für die Bz. in der Akademie des beginnenden Klassizismus s. J. Meder, Die Handzeichnung, Abb. 141: acht Ansichten einer Skulptur von Bouchardon (vgl. RDK I, Sp. 285/6, Abb. 5).
Zu den Abbildungen
1. Koblenz, Priv.Bes., Werkhüttenzeichnung für einen Wasserspeier, eine Statue und Pfeilerprofil, rheinisch um 1300. Phot. Kunstdenkmäleraufnahme der Rheinprov., Bonn.
2. Straßburg, Frauenhaus, Riß für das Glockenhaus des Straßburger Münsters, um 1360. Federzeichn. auf Pergament, die Figuren koloriert; Ausschnitt. Phot. Münsterbauamt, Straßburg.
3. Berlin, Kk., Entwurf zu einem Hl. Grab und Sakramentshäuschen, rheinisch um 1400. Kolorierte Federzeichn. 53,5 : 22,4 cm. Nach „Die Meisterzeichnung“ IV/1.
4. Veit Stoß, Visierung für den Bamberger Altar (ehem. Hochaltar der Karmeliterkirche in Nürnberg), 1520–23. Federzeichn. 45,5 :33 cm. Krakau, Archäol. Inst. d. Univ. Nach „Die Meisterzeichnung“ III/9.
5. Albrecht Dürer, Erster skizzenhafter Entwurf für die Statue des Grafen Albrecht von Habsburg am Maximiliansgrabmal zu Innsbruck, um 1508. Federzeichnung 24 : 16 cm. Liverpool, Walker Art Gall. Nach Winkler III, 677.
6. Albrecht Dürer, Reinzeichnung von Abb. 5. Federzeichnung mit blauer und roter Wasserfarbe ausgetuscht, 31,3 : 15,7 cm. Berlin, Kk. Nach Winkler III, 677.
7. Hans Krumper (1570–1634), schildhaltender Engel mit dem bayerischen Kurwappen, nach 1628. Feder laviert, 31 : 18,2 cm. München, Graph. Slg. Phot. Mus.
8. Adrian de Vries (c. 1560–c. 1627), Triton und Nereide. Feder laviert, 38,5 : 25,3 cm. München, Graph. Slg. Phot. Mus.
9. Ignaz Günther, Entwurf für eine Schutzengelgruppe, 1763. Aquarell 35 : 18,1 cm. München, Graph. Slg. Phot. Mus.
Literatur
1. Erw. Gradmann, Die (italienische) Bildhauerzeichnung, Diss. Wien 1935 (Ms. in der Univ.Bibl. Wien). 2. Jenö Lanyi, Quercia-Studien, Jb. f. Kw. 1930, S. 43. 3. Harald Keller, Die Risse der Orvietaner Domopera und die Anfänge der Bildhauerzeichnung, Festschrift Wilhelm Pinder, Leipzig 1938, S. 195ff. 4. Jos. Meder, Die Handzeichnung, Wien 19322, S. 361ff. 5. H. Huth, Künstler und Werkstatt der Spätgotik. Augsburg 1923.
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