Altartuch (A. In der katholischen Kirche)

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englisch: Altar-cloth (Roman Catholic); französisch: Drap d'autel (catholique); italienisch: Tovaglia d'altare (cattolico).


Joseph Braun, S.J. (1934)

RDK I, 611–615


RDK I, 613, Abb. 1. Halberstadt, Dom.
RDK I, 613, Abb. 2. München, Bayr. National-Museum,

Heute bedecken nach kirchlicher Vorschrift bei der Messe 3 Tücher als Unterlage des Korporales den Altar, so zwar, daß die beiden unteren etwa die Größe der Mensa haben, das obere an deren Schmalseiten bis nahe zum Boden herabreichen muß. Das A. gehört zu den ältesten liturgischen Paramenten. Ursprünglich wohl zugleich Korporale, diente es jedoch schon in altchristlicher Zeit nur mehr als dessen Unterlage. Die Zahl der A. schwankte bis in das 16. Jh. Vereinzelt sollten ihrer sogar 5 auf dem Altar liegen, in der Regel aber begnügte man sich, auch in Deutschland, mit zwei. Doch kam im späten Mittelalter vielfach zu beiden als Schutz ein unteres drittes gewächstes Tuch (tela cerata) hinzu. In den mittelalterlichen Schriftquellen führt das A. manche Bezeichnungen, wie linteamen altaris, velum a., pallium a., pannus a., maritile, mensole, tunica a., besonders aber mappa, tobalea (toalea) und palla, von denen übrigens einzelne auch für sonstige Paramente gebraucht wurden. Angefertigt wurde es von jeher aus Leinwand, was seit dem 9. Jh. wiederholt ausdrücklich vorgeschrieben wurde. A. aus Seide oder Baumwolle, wie sie uns im späteren Mittelalter vereinzelt in Inventaren begegnen, waren seltene Ausnahmen. Mit Schmuck das obere A. auszustatten, scheint erst seit der Wende des 1. Jahrtausends in Brauch gekommen zu sein. Für gewöhnlich bestand er nur in einem an dem vorderen Rand des Tuches angebrachten, mehr oder weniger reichgestickten kurzen Behang, der sich jedoch im späten Mittelalter von ihm loslöste und auf das Altarantependium (Sp. 448ff.) übertragen wurde.

Das A. selbst wurde nur selten mit Schmuck versehen. Ein A. aus der 1. H. 12. Jh., das man 1147 zum Einhüllen der Gebeine des hl. Heribert benutzt hatte und das 1920 bei einer Untersuchung derselben im Schrein des Heiligen zu Deutz entdeckt wurde, das älteste aller A., die sich aus dem Mittelalter erhalten haben, ist mit einem gewebten Rautenmuster, ein A. des 12. Jh., im Mus. cristiano des Vatikans mit romanischen Ranken in Weißstickerei geschmückt. Mit Kreisen, die mit Blättchen und Rosetten verziert sind und abwechselnd stilisierte Löwenund Engelfiguren umschließen, ist in Weißstickerei ein A. von etwa 1300 im Prov.-Mus. zu Hannover belebt, ganz mit figürlichen Darstellungen in Weiß und farbiger Seide ein prachtvolles A. aus der 2. H. 13. Jh. im Dom zu Halberstadt (Abb. 1), wo sich auch noch ein zweites reich besticktes Tuch befindet, das man wohl als A. anzusprechen hat. Ein Inventar des Doms zu Olmütz von 1435 führt ein besticktes A. auf mit dem Bemerken, daß es nur gebraucht werde, wenn der Bischof oder ein Prälat amtiere. A. sind, weil Gebrauchsstücke und zudem meist schmucklos, aus dem Mittelalter nur in sehr geringer Zahl auf uns gekommen. Sechs 336-428 cm lange, 89-106 cm breite, aus schlichtem weißem, mit kleinen Rauten gemustertem Leinendamast bestehende A. des 15. Jh. haben sich in der Marienkirche zu Danzig erhalten [3]. Das nachmittelalterliche A. entbehrte stets aller Stickereien; als Verzierung des Saumes der vorderen Langseite sowie auch wohl der Schmalseiten bürgerten sich seit dem 16. Jh. allmählich Spitzen ein.

Nur ein verkleinertes A. war das im 15. Jh. im Norden, Osten und Süden Deutschlands in Gebrauch kommende, als Unterlage des Korporales, dem es an Größe gleichkam, dienende sog. Mittelstück, in den Inventaren auch substratorium genannt (Abb. 2). Seine Verwendung erhielt sich im Süden vielerorten bis tief in die nachmittelalterliche Zeit. Es war oft reich mit Stickereien geschmückt; dem vorderen Rand entlang war ein Zierbehang angebracht. Ein reichverziertes Mittelstück von 1473 hat sich im Nat.-Mus. zu München (Abb. 2), zahlreiche, reich mit Figurenwerk bestickte Mittelstücke aus dem 15. Jh. haben sich in der Marienkirche zu Danzig [3] erhalten. Eines zeigt als Hauptbild Maria mit dem Jesuskind, ein zweites Mariä Krönung; auf anderen ist Christus am Kreuz, Christus das Kreuz tragend, und Christus als Fürbitter bei dem Vater dargestellt.

Zu den Abbildungen

1. Halberstadt, Dom, gedicktes A. mit Überhang, 13. Jh. Phot. Verf.

2. München, Bayr. Nat.-Mus., Mittelstück, 1473. Phot. Verf.

Literatur

1. Jos. Braun, Die liturg. Paramente in Gegenwart und Vergangenheit, Freiburg i. Br. 1924, 184f., 208. 2. Fr. Bock, Gesch. d. liturg. Gewandung, III, Bonn 1871, S. 1f. 3. W. Mannowsky, Der Danziger Paramentenschatz, Berlin o. J. (1932), Bd. II, 2.