Altarretabel (Altaraufsatz, Altarrückwand) (A. In der katholischen Kirche)
englisch: Retable (Roman Catholic); französisch: Retable (catholique); italienisch: Ancona (cattolico), pala d'altare (cattolico).
Jos. Braun, S.J. (1934)
RDK I, 529–564
I. Begriff, Benennung
A. ist. ein hinten auf die Mensa aufgesetzter oder an die Rückseite des Altars angefügter, Bildwerk umschließender Aufbau, der in den mittelalterlichen Quellen meist retrotabulum (retrotabularium, retabulum), doch auch wohl retroaltare, postaltare, deutsch oft schlechthin Altar, engl. reredos (von retrodossale, Benennung eines hinter dem Altar angebrachten Behangs), franz. retable, ital. icona und ancona genannt wird.
II. Alter, Verbreitung, Anordnung
Der Brauch, den Altar mit einem A. auszustatten, reicht über das 2. Jt. nicht zurück. Die frühesten zuverlässigen Belege entstammen dem 11. Jh. Erhalten haben sich, auch auf deutschem Boden, A. erst aus dem 12. Jh. Größere Verbreitung erfuhr das A. im Laufe des 13., besonders aber im 14. Jh., doch war es selbst im 15. Jh. noch keineswegs allgemein in Gebrauch. In Deutschland dauerte es damit sogar bis in die 2. H. 15. Jh. Sind doch von den fast 3000 A., die sich vollständig oder in Bruchstücken auf deutschem Boden erhalten haben, mehr als 2 Drittel erst nach 1450 ent- standen. Aber auch dann war es vielfach nur der Hochaltar, den man mit einem A. versah. Zu einem kaum je fehlenden Ausstattungsstück aller Altäre wurde dieses erst in der Zeit der Renaissance und des Barock, in denen nunmehr auch die mittelalterlichen Altäre, die bis dahin noch etwa eines A. entbehrten, nachträglich mit einem solchen versehen wurden.
Das A. wurde schon früh dauernd auf dem Altar belassen und nicht bloß an besonderen Tagen auf ihm aufgestellt. Notwendig war das, wenn es aus Stein gemacht oder so groß war, daß es nicht anging, es immer wieder von neuem aufzustellen und zu entfernen. Im 14. und 15. Jh. befand sich das A. in allen Fällen ständig auf dem Altar, zu dem es gehörte, auch wenn es nur von mäßiger Größe war.
Anbringen konnte man das A. entweder auf dem rückwärtigen Teil der Mensa oder auf einem hinter dem Altar errichteten Unterbau oder endlich, wenn der Altar einer Wand vorgebaut war, an eben dieser Wand oder in einer Nische derselben. Alle diese Möglichkeiten sind im Mittelalter zur Verwirklichung gekommen, wenn auch nicht überall und nicht gleich häufig. In Deutschland wurde das A. fast immer auf die Altarmensa gesetzt, selbst wenn es, wie im ausgehenden Mittelalter, ein mächtiger Aufbau war oder der Altar im Innern einen Hohlraum hatte. Auf einem an den Altar sich anlehnenden Unterbau steht als Ausnahme das A. des Hochaltars der Elisabethkirche zu Marburg (Abb. 11) und der Ursulakirche zu Köln; an der Wand hinter dem Altar zeigt es der dem Lettner vorgebaute Kreuzaltar im Dom zu Magdeburg (Sp. 411, Abb. 1).
In der Zeit der Renaissance und des Barock wurde es bald allenthalben das Gewöhnlichere, den Aufsatz statt auf dem Altare selbst auf einem hinter diesem befindlichen Unterbau anzubringen, falls nicht etwa der Altar einer Wand vorgebaut war. Denn in diesem Fall gestaltete man auch wohl, namentlich im Spätbarock, diese durch vorgelegte Pilaster oder Säulchen mit Gebälk und Giebelstücken zu einer Art von A. So verhielt es sich auch in Deutschland, wo das A. zwar bis zum 17. Jh. seinen Platz auf der Altarmensa beibehielt, dann aber infolge der stetig zunehmenden Vorliebe für Ädikularetabeln, Säulenbauten von oft gewaltiger Breite und Höhe, auf der Altarmensa nicht mehr Raum genug fand, ja nicht einmal von ihr getragen zu werden vermochte und darum auch dort zum Hinterbau wurde (Abb. 30 bis 33).
Daß das A. erst im 11. Jh. in Gebrauch kam, hatte seinen Grund z. T. in dem Umstand, daß bis dahin der Subdiakon bei der feierlichen Messe nicht hinter dem Priester vor dem Altar stand, sondern ihm gegenüber an der rückwärtigen Seite desselben, hauptsächlich aber in der alten, tief eingewurzelten Sitte, auf den Altar nichts anderes als das Meßgerät zu stellen. Es war eine Neuerung, als man um das 9. Jh. begann, auch Reliquiare auf den Altar zu setzen. Es war der erste Schritt im Wandel der herkömmlichen Auffassung, der im 11. einen zweiten nach sich zog, welcher darin bestand, daß man das Bildwerk, mit dem man seit alters die Wand hinter dem Altar zu schmücken pflegte, auf Tafeln übertrug und diesen dann nach dem Vorbild und als Ersatz der Reliquienbehälter einen Platz auf dem Altare gab. Übrigens mag auch der mächtige Aufschwung, den die kirchliche Kunst seit der Wende des 11. Jh. nahm, und der mit ihm einsetzende Drang, wie überhaupt für das Gotteshaus so insbesondere für dessen Mittelpunkt, den Altar, neuen Schmuck zu ersinnen und zu schaffen, nicht ohne Einfluß auf die Entstehung des A. gewesen sein.
III. Material: Holz, Stein Metall, Elfenbein
Als Material zur Herstellung des A. dienten im Mittelalter Holz, Stein, Metall (Silber, vergoldetes Kupfer) sowie auch wohl Elfenbein. Am gewöhnlichsten verwendete man Holz. Allenthalben, besonders auch in Deutschland, überwogen Altaraufsätze aus Holz bei weitem die aus Stein angefertigten. Sie wiesen entweder gemaltes oder plastisches Bildwerk auf. A. aus Stein entstanden bis zum Ausgang des Mittelalters am häufigsten in England und Frankreich. In geringerem Ausmaß bediente man sich des Steines in Italien, Spanien, sowie namentlich auch in Deutschland. Erhalten haben sich hier solche aus dem 13. Jh. in St. Ursula zu Köln, der Elisabethkirche zu Marburg (Abb. 11) und in der Marienkapelle des Doms zu Halberstadt; aus dem 14. in der Liebfrauenkapelle zu Frankenberg (Abb. 12), im Dom zu Naumburg und zu Magdeburg, in der Wiesenkirche zu Soest, in St. Kunibert zu Köln (Abb. 7) und in St. Peter zu München; aus dem 15. in St. Martin zu Landshut (Abb. 13), im Dom zu Eichstätt, im Dom zu Frankfurt a. M. (Abb. 14), in Maria-Neustift (Untersteiermark), im Dom und in der Gaukirche zu Paderborn, im Dom zu Magdeburg (Sp. 411, Abb. 1), in der ehem. Zisterzienserkirche zu Marienfeld und in der Pfarrkirche zu Vinneburg i. W., in der Jakobikirche zu Lübeck, zu Oberndorf bei Kelheim in Bayern u. a. Das Bildwerk der Steinretabeln besteht in der Regel in Skulpturen, seltener in Malereien (Abb. 7). In Italien entstanden im 15. Jh. die prächtigen Terrakottaretabeln der Robbia, in Nordfrankreich und Deutschland vereinzelt Altarschreine aus Holz mit Terrakottafiguren, in England als eine englische Besonderheit seit dem späten 14. Jh. zahlreiche Alabasterretabeln, zum großen Teil Exportware – ein Beispiel in der Marienkirche zu Danzig (Sp. 293/94, Abb. 1) –, niedrige Altaraufsätze aus Holz mit Alabasterreliefs von charakteristischer stilistischer Eigenart.
Altaraufsätze aus Metall wurden zu keiner Zeit häufig geschaffen. Erwähnt werden solche schon in den Quellen des 11. Jh. Die bekanntesten Metall-A. sind die aus Gold angefertigte, mit einer beispiellos großen Zahl von Zellenschmelzbildern ausgestattete Pala d’oro in S. Marco zu Venedig (eine Umarbeitung und Vergrößerung eines älteren, vom Dogen Ordelafo Falieri 1105 gestifteten A. von 1345) sowie das durch die Fülle seines getriebenen Figurenschmucks ausgezeichnete Silber-A. in der Kathedrale zu Pistoja. Von den Metall-A., die im 12. Jh. auf deutschem Boden entstanden, sind noch vorhanden ein A. aus St. Kastor zu Koblenz (heute Cluny-Mus. Paris; Abb. 1), und ein auf dem Rahmenwerk mit Grubenschmelzplatten bekleidetes A. aus St. Ursula im Kunstgewerbemus. zu Köln, das leider sein ursprüngliches Bildwerk eingebüßt hat; doch dürfen diesen wohl auch noch 2 aus Odder und Lisbjerg in Jütland stammende A. im Nat.-Mus. zu Kopenhagen (Abb. 3) und das reichere zu Sahl in Jütland, weil von deutscher Kunst beeinflußt, angefügt werden. Drei um die Mitte des 12. Jh. von Abt Wibald zu Stavelot gestiftete A., 1 goldenes und 2 silberne, sind zugrunde gegangen. Wir kennen sie nur durch eine Beschreibung, eines, das reichste, aber außerdem durch eine vortreffliche Abbildung von 1661 (Abb. 2). Im 13.–16. Jh. ist in Deutschland kein Metall-A. mehr geschaffen worden. A. mit Elfenbeinreliefs entstanden nur in Italien. Ein Beispiel gibt es noch in der Certosa bei Pavia, der ursprüngliche Hochaltar der Kirche, ein anderes im Louvre zu Paris, beide sog. Certosinaarbeiten.
Auch in nachmittelalterlicher Zeit war Holz nach wie vor das gewöhnlichste Material des Altaraufsatzes. Immerhin nahm mit der Verbreitung des ädikulaartigen Säulenretabels die Verwendung von Stein gegenüber früher erheblich zu. Als Ersatz für Stein diente im Spätbarock oft Stuck und Stuckmarmor. A. aus Metall wurden seit dem 16. Jh. wohl nirgends mehr angefertigt, doch brachte man in Süddeutschland und Österreich zur Zeit des Rokoko nicht selten vor dem Hinterbau des Altars auf der Mensa des letzteren einen mit getriebenem Ornament reich ausgestatteten niedrigen Aufsatz aus Metall (Silber, vergoldetes Kupfer) an, der beiderseits Leuchterbänke aufwies, in der Mitte ein Tabernakel enthielt und zur Aufstellung von Reliquiaren und Büsten mit Reliquien diente.
IV. Form des romanischen R., des gotischen (Tafel-, architektonisches, Flügel-R.), des Renaissance- und Braock-R (Aedikula-R.)
Die Form des Altaraufsatzes war nicht zu aller Zeit die gleiche. Das romanische A. war eine rechteckige, mäßig hohe Tafel, die oben meist schlicht geradlinig abschloß oder doch nur in der Mitte eine halbkreis- oder segmentförmige Überhöhung zeigte, wie das Metallretabel aus St. Kastor zu Koblenz im Cluny-Mus. (Abb. 1). Daß freilich auch A. mit reicher ausgebildetem Abschluß entstanden, zeigen je ein A. aus Quedlinburg (Abb. 5) und Soest (Abb. 4) im Deutschen Museum Berlin und die von einem Rundbogen überspannten, in der Mitte ein Kreuz tragenden Metallretabeln im Nat.-Mus. Kopenhagen (Abb. 3) sowie zu Sahl in Jütland und das von Abt Wibald geschaffene A. des Remaklusaltars mit gleichbreitem Bogenfeld, das mit getriebenem Bildwerk gefüllt war, als oberem Abschluß (Abb. 2).
Das A. der Gotik tritt in 3 Typen auf, als Tafelretabel, als architektonisch gestaltetes und als Flügelretabel. Beim Tafelretabel, einer rechteckigen Bildertafel, war das Bildwerk wie bei den romanischen A. von einem gemeinsamen Rahmen umschlossen, der alle einzelnen Darstellungen zu einer Einheit zusammenfaßte (Abb. 7). Aus seinem oberen Rahmen erhob sich oft eine rechteckige, spitzbogige oder giebelartige sowie auch wohl eine abgetreppte Überhöhung. Einen Untersatz, Predella, hatte es fast nur in Spanien und Italien. Seine Innengliederung wurde entweder nur von Leisten oder gemalten Friesen oder von Architekturen, wie Arkaden, Nischen, Giebelbauten, Konsolen mit Baldachinchen u. a., gebildet. In Deutschland scheint der Typus nie große Verbreitung gefunden zu haben. Erhalten haben sich dort wenige Vertreter desselben, wie z. B. 2 kleine A. in St. Kunibert zu Köln (Abb. 7), ein 5teiliges im Dom zu Naumburg, ein mit hoher, rechteckiger Überhöhung versehenes A. im Dom zu Magdeburg, das Hoch-A. in St. Ursula zu Köln, alle Steinretabeln, sowie ein im Halbrund überhöhtes bemaltes Holzretabel im Bayr. Nat.-Mus. (Abb. 6). Bei den spanischen A. des Typus dient als Rahmen oben und an den Seiten meist ein unter einem Winkel von 45 Grad angesetztes, an der Vorderseite mit Malereien oder Schnitzwerk, mehr oder weniger ornamentiertes Brett, eine nur bei ihnen sich findende Rahmenform.
Der zweite gotische Typus, das architektonisch sich aufbauende A., hat sich aus dem ersten entwickelt, indem sich die seitlichen Rahmen zu architektonisch gestalteten Pfosten oder Türmchen umbildeten, der untere zu einem förmlichen Sockel wurde, der obere aber verschwand und durch Giebel und Türmchen mit allem architektonischen und ornamentalen Zubehör derselben ersetzt wurde.
Auch der zweite gotische A.-Typus hat in Deutschland keine erhebliche Verbreitung gefunden. Steinretabeln, die ihn verkörpern, sind beispielsweise der Aufsatz des Hochaltars der Elisabethkirche zu Marburg (Abb. 11) und der Wiesenkirche zu Soest, das A. des Severusaltars in der Severikirche zu Erfurt, des Schrenkaltars in St. Peter zu München und des Altars der Liebfrauenkapelle der Kirche zu Frankenberg in Hessen (Abb. 12), ein Holzretabel der ursprüngliche Hochaltaraufsatz der Predigerkirche zu Erfurt. Mit Flügeln versehene Beispiele von Holzretabeln des Typus sind der Deokarusaltar in St. Lorenz zu Nürnberg (Abb. 18) sowie das Hoch-A. in der Zisterzienserkirche zu Doberan, der früheren Klosterkirche zu Cismar und der Jakobskirche zu Nürnberg. Große Verbreitung fand der Typus in Italien.
Der dritte A.-Typus, das Flügelretabel, ist in der Regel ein Tafelretabel (ein architektonisch gestaltetes aber nur ausnahmsweise), das mit Flügeltüren versehen ist und infolgedessen geöffnet und geschlossen werden kann (Abb. 13 und 16–21). Er eignet sowohl A. mit gemalten wie solchen mit geschnitzten Darstellungen (Einzelfiguren oder Gruppen), A. aus Holz wie solchen aus Stein; nur bestanden bei letzteren die Flügel aus Holz. In Italien und Spanien hat der Typus sich so gut wie nicht eingebürgert. Daß er in England nicht unbekannt war, bekunden die englischen Alabasterretabeln (Abb. Sp. 293/4). In Frankreich war er vornehmlich im Norden und Nordosten heimisch, weniger im Zentrum und im Süden. Sehr beliebt war der Flügelretabeltypus in den Niederlanden, dem skandinavischen Norden sowie besonders in Deutschland, wo er im 14. und 15. Jh. so sehr vorherrschte, daß er fast der alleinige war.
Mit nur einem Flügel war das Flügelretabel nur ausnahmsweise, da nämlich, wo die Örtlichkeit nur einen Flügel erlaubte, ausgestattet, sonst hatte es deren stets wenigstens 2; wenn größer wurde es oft mit 2, bisweilen sogar mit 3 Paar Flügeln versehen, was statt einer bloß 2fachen eine 3- bzw. 4fache Ansicht des A. ermöglichte. In der Spätzeit kam zu den beweglichen Flügeln häufig auch noch rechts wie links je ein fester, durch den das A., wenn geschlossen, eine größere, der Höhe entsprechendere Breite erhielt. Mit gemaltem Bildwerk waren die Flügel oft auch dann geschmückt, wenn das des Schreines geschnitzt war (Abb. 18 u. 20). Immer wurde geschnitztes Bildwerk nur an der Innenseite der Flügel, bei 2 oder 3 Flügelpaaren nur an der der innersten Flügel angebracht. Die größte Pracht entfaltet das A., wenn mit mehr als 1 Flügelpaar ausgestattet, nach Öffnung aller Flügel.
Der Rahmen des Schreins wie der Flügel war fast immer nur mäßig breit und einfach profiliert. Mit Ornament wurde er meist nicht oder doch nur spärlich ausgestattet. Reicheren Schmuck weist er nur bei wenigen Flügelretabeln auf, wie z. B. dem des Marien- und des Antoniusaltars im Dom zu Xanten, des Sieben-Schmerzenaltars und des Hochaltars in der Pfarrkirche zu Kalkar, des Pacherschen A. zu St. Wolfgang und einigen anderen. Der den Schrein und die Flügel oben abschließende Rahmen weist nicht selten, statt gerade durchzugehen, eine rechteckige (Abb. 20), abgetreppte oder spitzbogige Überhöhung auf, besonders bei nordfranzösischen und flämischen Flügelretabeln. Auch hat er des öfteren, zumal bei A. der Spätzeit, die Form eines flachen Kleeblattbogens, eines Stichbogens oder eines Eselsrückenbogens; bei flämischen Flügelretabeln aber, von denen manche auch nach Deutschland kamen, hat man mit Vorliebe dem oberen Rahmen mannigfaltig geschweifte Form gegeben oder ihn aus konvexen und konkaven Bogenstücken zusammengesetzt.
Eine Innengliederung des A., des Schreines wie der Flügel, fehlte, falls ihr Bildwerk sich aus Gruppendarstellungen zusammensetzte (Abb. 13 u. 20), nur selten. Waren diese gemalt, so wurde sie in der Regel nur durch gemalte Friese oder schlichte, höchstens mit einem Hängekamm oder einer Folge von Baldachinchen versehene Leisten gebildet; waren sie geschnitzt, durch mehr oder weniger entwickelte Architekturen, besonders bei den flämischen Flügelretabeln, bei denen die tiefen Gelasse, in welchen die Gruppen untergebracht sind, zu förmlichen, mit köstlichen stalaktitenartigen Gewölben ausgestatteten Kapellen gestaltet erscheinen (Abb. 20). Bestand das Bildwerk in gemalten oder geschnitzten Einzelfiguren, so fehlte häufig eine Innengliederung und wurden diese ohne Trennung nebeneinander angeordnet. Der Stilcharakter der Innenarchitektur entspricht der jeweiligen Entstehungszeit der A. In süddeutschen, tiroler und österreichischen Flügelschreinen des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jh. hat sie oft eine derartige Umbildung ins Malerische erfahren, daß man sie kaum mehr Architektur nennen kann. Die Säulchen sind zu knorrigen Stämmen oder Stäben, die von Laubwerk umrankt sind, geworden, die Bogen zu Astwerk, das Maßwerk zu Laub-, Ranken- und Blumenwerk (A. im Münster zu Breisach, in der Stadtkirche zu Besigheim, der Pfarrkirche zu Bönnigheim u. a.).
Mit einer Predella das Flügelretabel zu versehen, wurde erst im 15. Jh. Regel (Abb 13, 19–22). Unten von der Breite des Altars, hatte sie oben die des A., kragte also hier wie dieses mehr oder weniger über den Altar vor. Gewöhnlich ein bloßer Untersatz, stand sie mit dem A. nur selten in organischem Zusammenhang, doch wurde sie bisweilen durch das gemalte oder geschnitzte Bildwerk, mit dem sie geschmückt war, ideell mit ihm verbunden. Predellen mit Bildwerk, zumal geschnitztem, oder mit Nischen, in denen Reliquiare aufbewahrt wurden, waren oft gleich den A. mit Flügeln oder mit Schiebern zum Verschließen versehen. Die Höhe der Predella war sehr verschieden. Am häufigsten betrug sie etwa ein Drittel der des A.
Selten entbehrte das Flügelretabel irgendeiner Bekrönung. Sie tritt in drei Haupttypen auf. Beim ersten besteht sie aus einem aus Zacken, Blättern oder Blumen bestehenden Kamm (Abb. 17). Er begegnet uns in Deutschland vornehmlich bei norddeutschen A. Beim zweiten hat sie die Gestalt eines leicht und luftig emporsteigenden, mit Lauben und Statuetten ausgestatteten turmartigen Aufsatzes, der ursprünglich streng architektonisch sich aufbaute, bei den A. der Spätzeit (Abb. 21 u. 22) aber freiere Form annahm und zu einem oft prunkvollen, malerisch empfundenen Dekorationsstück wurde. Dem A. meist nur äußerlich aufgepfropft, stand er mit ihm bloß insofern in einem Zusammenhang, als sich dessen vertikale Innenteilung in ihm wiederholte. Seine glänzendste Ausbildung fand der zweite Typus bei den süddeutschen, österreichischen und tiroler A., für die er geradezu charakteristisch ist. Die Bekrönung des dritten Typus besteht in Statuetten, einem Kreuz mit Kruzifixus oder einer Kreuzigungsgruppe. Er ist der am seltensten vorkommende.
Das Flügelretabel reicht, wie die noch erhaltenen Beispiele bekunden, in Deutschland bis in das ausgehende 13. Jh. zurück. Im 14. immer mehr an Verbreitung gewinnend (Abb. 16 u. 17), erreicht diese in der 2. H. 15. Jh. und im Anf. 16. Jh. ihren Höhepunkt. Daß es in Deutschland zuerst in Gebrauch kam, ist wahrscheinlich, ja kaum zu bezweifeln. Auf alle Fälle wurde es hier vor allem gepflegt, in der großartigsten Weise entwickelt und zur glänzendsten Blüte gebracht.
Die 3 gotischen A.-Typen behaupten sich auch noch in der Renaissance weiter, der des Flügelretabels in Deutschland, wie ein Beispiel in St. Burchard zu Würzburg von 1590, in der Marienkapelle zu Neufra von 1592, in der Peterskirche zu Münster von 1599 und in der Klosterkirche zu Oliva (1604–1609) bekunden, bis in den Ausg. 16. Jh. und den Anf. 17. Jh. Anders wie mit den Typen verhielt es sich freilich mit dem Stil. An die Stelle gotischer Formen und Ornamente traten die antikischen der Renaissance, hier früher, dort später, hier rascher, dort langsamer, hier durchgreifender, dort nur teilweise. Am frühesten erfolgte dieser Stilwechsel in Italien, früh auch in Frankreich und Spanien, später und zögernder in Deutschland, wo die Gotik sich allzu tief eingewurzelt hatte. Entstand doch noch 1629 ein ausgesprochen gotisches Flügelretabel in Gestalt des Hochaltars der Pfarrkirche zu Ludesch in Vorarlberg.
Eine Neuschöpfung der Renaissance war das Aedikula-Retabel (vgl. Abb. 34), ein architektonisch gestaltetes A. in Form eines hochrechteckigen, aus Sockel, Gebälk, Pilastern oder Säulen als Trägern des Gebälks sich zusammensetzenden, von einem Rund- oder Dreieckgiebel oder einem diese vertretenden kleinen ädikulaartigen Aufsatz bekrönten Aufbaues. Der Typus entstand in Italien und reicht in seinen Anfängen bis in das späte 15. Jh. zurück. Seine Vollendung erhielt er in der 1. H. 16. Jh. Die frühesten Beispiele des Typus auf deutschem Boden entstammen der 2. H. 16. Jh., ein A. zu Altmünster in Oberösterreich, im Dom zu Eichstätt, in der Schloßkapelle zu Augustusburg und im Franziskanerhospiz zu Gleichenberg in Steiermark, und selbst von diesen zeigt nur das letzte ihn ganz rein. Größere Verbreitung erlangte er dann jedoch dort seit dem frühen 17. Jh.
In der Zeit des Barock erscheint das Flügelretabel ganz ausgeschaltet, und zwar selbst in Deutschland. Nicht aufgegeben ist in ihr der Typus des Tafelretabels; er findet sogar in der Zeit des Spätbarock und des Rokoko eine gesteigerte Verwendung, auch in Deutschland, zumal in Süddeutschland und in Österreich; jedoch ist es nun statt rechteckig häufiger oval oder rund oder mit gebrochener, bewegt verlaufender, willkürlich geschweifter Umrahmung versehen, besonders in der Zeit des Rokoko, während das Barock des 17. Jh. für das Tafelretabel eine strengere Form bevorzugte. Das Zeitalter des Spätbarock schmückte das A. gern mit schweren Akanthusranken und massigen Akanthusblättern, das Rokoko mit zierlichen Girlanden, eleganten Draperien, starrendem oder flammendem Muschelschnörkel, mit Wolkenballen, mit lustig sich tummelnden Engelchen oder Putti. Bisweilen sind die barocken Tafelretabeln der Wand hinter dem Altar so eingeordnet, daß sie scheinbar eine Art Wandretabel bilden.
Architektonische A., die nicht den Charakter des Ädikularetabels hatten, entstanden ebenfalls noch unter der Herrschaft des Barock, doch zeigten sie in diesem am gewöhnlichsten den Ädikulatypus (Abb. 29ff.), jedoch in einer dem Geist, der Formensprache, den Übertreibungen und Willkürlichkeiten des Barock entsprechenden Weiterbildung, die keinen Bestandteil des A. unberührt ließ, Sockel, Säulen, Gebälk und Bekrönung ummodelte, Kolossalwirkung zum Ziele hatte und im Spätbarock oft zu einer völligen Verwilderung und Auflösung des Typus führte, zumal in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Spanien, wo das A. in erster Linie Prunk- und Dekorationsstück wurde, während es in Frankreich und namentlich in Italien noch immer vor allem als Architekturwerk gelten wollte. Auch im Klassizismus blieb das Ädikularetabel der Hauptretabeltypus. Er bedeutete für dasselbe eine Rückkehr zu ruhigeren, strengeren, freilich meist recht nüchternen Formen (Abb. 39).
V. Bemalung
Kennzeichnend für das mittelalterliche A. ist seine Bemalung. Selbst Steinretabeln wurden, falls sie nicht etwa aus Marmor bestanden, bemalt. Regelmäßig wurden A. aus Holz polychromiert; unpolychromierte entstanden erst seit dem ausgehenden 15. Jh. (Herrgottskirche zu Creglingen, 1487; Jakobskirche zu Rothenburg o. d. T., 1499–1505, Abb. 21; Dom zu Schleswig, 1515–1521, u. a.). Die Bemalung des Rahmenwerkes erstreckte sich auf alle einzelnen Bestandteile desselben, Predella, Bekrönung, Innengliederung, Architekturen, Ornament, so daß nichts an ihm unpolychromiert blieb. Ausgiebigst ist an den mittelalterlichen A. Vergoldung verwendet, und zwar nicht nur an dem geschnitzten Bildwerk derselben, sondern auch an ihrem Rahmenwerk. Fail immer erscheint das Gold poliert. Das Figurenwerk wurde häufig vollständig vergoldet, ausgenommen nur die Unterseite der Gewänder und die Fleischteile. Dem Figurenwerk der flämischen und spanischen A. ist die sog. Estofadopolychromierung eigentümlich, eine Bemalung, bei der die Figur zuerst vergoldet, dann mit Farbe bemalt und diese nun nach dem Auftrocknen mittels eines stumpfen Messers soweit abgeschabt wird, daß das Gold, sei es als Muster, sei es als Mustergrund, wieder zum Vorschein kommt. Ausgeführt wurde die Vergoldung stets auf Kreidegrund in sog. Wasservergoldung.
Seit dem späten 16. Jh. verlor sich die Vorliebe für buntbemalte, reichvergoldete A. immer mehr. Am längsten erhielt sie sich in Spanien, wo sie bis tief in das 18. Jh. fortdauerte. Im späten 17. Jh. gab man den Retabeln aus Holz, zumal den nun vorherrschenden Ädikularetabeln, gern einen braunen Anstrich unter reichlicher Vergoldung der Basis und des Kapitells der Säulen, der Leisten und Simse und des Ornaments, ihrem Figurenwerk einen farbigen. Im 18. Jh. liebte man es, sie, wie namentlich auch die nun häufigen Ädikularetabeln aus Stuck, mit einer weißen oder farbigen, Marmor nachahmenden Bemalung zu versehen, ihr Bildwerk mit blendend weißer. Die Kirchen Süddeutschlands enthalten dafür eine Fülle von Belegen.
VI. Bildwerk: Vielbildigkeit – Einbildigkeit; Verhältnis zum Rahmenwerk, Gegenstand
Das Bildwerk des A. bestand im Mittelalter wie in nachmittelalterlicher Zeit entweder in Einzelfiguren oder in szenischen Darstellungen. Bezüglich der Bevorzugung der einen oder anderen herrichte bis in die Renaissance hinein nicht bloß in den verschiedenen Ländern, sondern selbst in den verschiedenen Teilen desselben Landes eine auffallende Mannigfaltigkeit. Von den deutschen A. weisen die mit gemaltem Bildwerk ausgestatteten am gewöhnlichsten Gruppendarstellungen (Abb. 4 bis 6), die mit plastischen versehenen umgekehrt vornehmlich Einzelfiguren auf (Abb. 8–10). Gemalte Einzelfiguren begegnen uns namentlich auf der Außenseite der Flügel von Flügelretabeln, geschnitzte Gruppen auf der Innenseite der Flügel (Abb. 19), und zwar auch in Fällen, in denen das A. selbst Einzelfiguren enthält. Das Bildwerk der in Deutschland sich findenden flämischen Flügelretabeln hat, wie das dieser A. überhaupt, obwohl geschnitzt, fast ausschließlich den Charakter von szenischen Darstellungen (Abb. 20). Eine größere Übereinstimmung brachte erst die Spätrenaissance und das Barock; das Hauptbild der A. besteht nun allenthalben, gleichviel, ob Malerei oder Skulptur, gewöhnlich in einer Szene oder Gruppe (Abb. 23ff.), was sie aber an Nebendarstellungen schmückt, in Einzelfiguren.
Für das mittelalterliche A. gerade kennzeichnend ist seine Vielbildigkeit. Zwar kommen auch A. mit nur einer einzigen Darstellung vor, doch sind solche im ganzen Ausnahmen. In der Regel besteht das Bildwerk aus einer Vielheit von Einzelbildern, die entweder auch innerlich als Teile eines Zyklus oder durch eine alle umfassende Idee oder nur äußerlich durch das Rahmenwerk des A. zu einem Ganzen, zu einer Bildertafel verbunden erscheinen. In Deutschland behauptet sich die Vielbildigkeit des A. bis in den Beginn des 17. Jh. (Abb. 28), weicht aber dann auch dort der Einbildigkeit. An die Stelle eines aus einer Summe von Einzelbildern zusammengesetzten A.-Bildes trat nun ein bloß aus einer Darstellung bestehendes von oft größten Abmessungen und mächtigster Wirkung, das besser zu den schweren Formen und der wuchtigen Architektur des A. der späten Renaissance und des Barock paßte. Höchstens daß man noch zwischen oder neben den Säulen des A. oder in dem es bekrönenden Aufsatz die eine oder andere weitere Figur anbrachte, die jedoch nur Nebendarstellung war und mit dem Hauptbild innerlich wie äußerlich meist in zu lockerer Verbindung stand, als daß sie mit ihm jene Einheit gebildet hätte, wie sie das Bildwerk des vielbildigen mittelalterlichen A. zeigte (Abb. 29ff.). Vielbildige A. im Sinn dieses letzteren entstanden nur mehr ganz ausnahmsweise als späte Nachklänge früheren Brauches, und zwar bloß im früheren Barock.
Hauptsache beim mittelalterlichen A. war das Bildwerk; das Rahmenwerk hatte, selbst wenn es architektonisch gestaltet oder mit einem turmartigen Aufbau versehen war, keine Eigenbedeutung. Es war nur eine mehr oder weniger reich ausgebildete Einfassung, die nur als solche, nicht auch für sich wirken wollte. Ein Wandel begann, als das A. die Form der Ädikula erhielt (vgl. Abb. 29 und 34). Nun wurde allmählich die architektonische Fassung des Bildwerks aus einem diesem untergeordneten zu einem ihm nebengeordneten, ihm gleichwertigen Bestandteil des A., bis dann in der Zeit des Spätbarock die Ädikula mit ihren gehäuften, vor- und zurücktretenden Säulen und Pilastern, ihrem schweren, weitausladenden, mächtig sich verkröpfenden Gebälk, ihrem Riesensockel, ihren massigen Giebelstücken, kurz, mit ihrem ganzen wirkungsvollen architektonischen Apparat oft zuletzt geradezu zur Hauptsache, das Altarbild aber zur bloßen Dekoration wurde, zumal in Deutschland, wie eine Fülle deutscher Barockretabeln bekunden (Abb. 30–33).
Seinem Gegenstand nach war das Bildwerk der mittelalterlichen A. außerordentlich mannigfaltig, wie die A. beweisen, die sich erhalten haben. Es dürfte wenige Darstellungen der christlichen Ikonographie geben, die nicht irgendwo auf diesen vorkommen. Es umfaßt auf den Erlöser und die Erlösung hinweisende Darstellungen aus der alttestamentlichen Heilsordnung, Propheten, Patriarchen, Ahnen des Herrn (Jessebaum), Vorbilder desselben; Darstellungen der Trinität (Gnadenstuhl), des Erlösers (Majestas, Weltrichter, Schmerzensmann, Fürbitt- und Veronikabilder, Gregoriusmesse), seines Jugendlebens, seiner öffentlichen Wirksamkeit, seines Leidens und Sterbens und seiner Verherrlichung; Darstellungen Marias als Gottesmutter mit dem Jesuskind, im Grunde nur eine andere Form der Christusdarstellung, als Schmerzensmutter, Tempeljungfrau, Rosenkranzkönigin, Maria Schutzmantel, sowie besonders auch Darstellungen aus dem Leben Marias; Engeldarstellung; Darstellungen der Apostel als Kollegium, einzelner Apostel, zumal der hl. Petrus und Paulus, und der Evangelisten; Darstellungen von Heiligen aller Klassen und Ordnungen, allgemein wie nur örtlich verehrten, bekannten wie nur selten genannten, einzelnen wie zu Gruppen vereinigten (Virgines capitales, Kirchenlehrer, hl. Sippe, Nothelfer, Allerheiligenbilder); Darstellungen aus dem Leben und den Legenden der Heiligen; moralische Darstellungen, wie Jüngstes Gericht, Kirche und Synagoge, kluge und törichte Jungfrauen, Armeseelenbilder, die Werke der Barmherzigkeit, Beichtbilder, die Gebote Gottes, symbolische Darstellungen, wie Tiersymbole (Löwe, Pelikan, Phönix, Adler, Einhorn, Lamm Gottes), Leidenswerkzeuge (arma Christi), hl. Mühle, Kelterbild, Baum des Lebens, symbolische Kreuzigung. Was sich aber auch an Bildwerk an den A. fand, immer stand es in irgendeiner Beziehung zu der am Altar sich vollziehenden Opferhandlung, war es unter der einen oder anderen Hinsicht sinnfälliger Ausdruck derselben, und zwar gilt das auch von den an ihnen dargestellten Heiligen, die im A. ganz besonders auch einen Platz erhielten als die herrlichsten Früchte des Kreuzopfers und seiner fortwährenden Erneuerung in dem am Altar gefeierten Meßopfer, wie das sehr schön in der Darstellung des Lebensbaumes seinen Ausdruck gefunden hat. Gern wurden dem Bildwerk erklärende Inschriften beigefügt. Von sonstigen Inschriften, die sich auf den mittelalterlichen A. finden, sind am wichtigsten die Stifter- und Künstlerinschriften.
Das Bildwerk der nachmittelalterlichen A. bietet nicht nur nichts Neues über das der mittelalterlichen hinaus; es tritt sogar Hand in Hand mit der Aufgabe der Vielbildigkeit des A. auch gegenständlich eine immer steigende Vereinfachung des Bildwerks desselben ein, die bei den A. des Spätbarock ihren Höhepunkt erreichte.
VII. Wandgemälde, Behänge als Ersatz des Retabels
Auch nach Einführung des A. brachte man nicht selten noch anstatt eines solchen an der Wand hinter dem Altar ein Wandgemälde an. Beispiele finden sich auf deutschem Boden in St. Andreas und in der Krypta von St. Severin zu Köln, in der oberen Sakristei des Münsters zu Konstanz, zu Oberbreisach im Rheinland, im Dom zu Xanten, in der Elisabethkirche zu Marburg, auf der Trausnitz bei Landshut und anderswo, die heute freilich z. T. durch spätere Altaraufsätze verdeckt werden. In England, Frankreich und Flandern ersetzte man das A. im Mittelalter gern durch einen hinter dem Altar an der Wand oder an einer Stange befestigten, oft mit Bildwerk reichst bestickten Behang, dossellum (fr. dossier, dossel, douciel), paramentum (fr. parement), pannus (fr. drap, engl. cloth), frontale sowie auch rerdos genannt, der jedoch in Deutschland keine Verbreitung fand.
Zu den Abbildungen
1. Paris, Cluny-Mus., A. aus St. Castor in Koblenz, Metall, 12. Jh. Phot. Bildarchiv des Rhein. Mus. Köln.
2. Ehem. A. zu Stablo, Metall, 12. Jh. Nach einer Zeichnung von 1661 im Staatsarch. Lüttich. Phot. Samml. der „Stimmen der Zeit“.
3. Kopenhagen, Nat.-Mus., Altarbekleidung aus Lisbjerg, Metall, 12. Jh. Phot. Verf.
4. Berlin, Deutsches Mus., Altaraufsatz aus Soest, Holz, westfälisch, A. 13. Jh. Phot. Staatl. Mus. Berlin.
5. Berlin, Deutsches Mus., Altaraufsatz aus Quedlinburg, Holz, niedersächsisch, 13. Jh. Phot. Staatl. Mus. Berlin.
6. München, Bayr. Nat-Mus., Altaraufsatz aus Rosenheim, Holz, 13. Jh. Phot. Verf.
7. Köln, St. Kunibert, bemaltes Stein-A., 14. Jh. Nach „Die Pfarrei und Kirche St. Kunibert“, Köln 1911.
8. Luxemburg, Quirinuskapelle, Stein, 12. Jh. Phot. Verf.
9. Brauweiler (Rheinland), Abteikirche, Stein (modern bemalt, Rahmen ergänzt), um 1200. Phot. Bildarchiv des Rhein. Mus. Köln.
10. Brandenburg, Katharinenkirche, Stein, um 1430. Phot. Staatl. Bildstelle Berlin.
11. Marburg, Elisabethkirche, Hochaltar, geweiht 1290, Stein. Phot. Kunstgeschichtl. Seminar Marburg.
12. Frankenberg (Reg.-Bez. Kassel), Pfarrkirche, Marienkapelle, Stein, um 1380. Phot. Kunstgeschichtl. Seminar Marburg.
13. Landshut, St. Martin, Hochaltar (mit Altartabernakel!), Stein, 1424. Phot. E. Bissinger, Erfurt.
14. Frankfurt a. M., Dom, Maria-Schlafaltar, gestiftet 1434, Stein. Phot. Bildarchiv d. Rhein. Mus. Köln.
15. Berlin, Deutsches Mus., A. aus Minden, Holz, 13. Jh. Phot. Staatl. Mus. Berlin.
16. Marienstatt (Reg.-Bez. Wiesbaden), Klosterkirche, Hochaltar, 1324. Phot. Kunstgeschichtl. Seminar Marburg.
17. Oberwesel (Rheinprov.), Stiftskirche U. L. Fr., Hochaltar, 1331. Phot. Verf.
18. Nürnberg, St. Lorenz, Deocarusaltar, 1406. Phot. Germ. Nat-Mus. Nürnberg.
19. Stralsund, Nikolaikirche, Hochaltar, E. 15. Jh., Phot. Dr. Bertold Conrades, Berlin.
20. Waase (Rügen), Altar aus der Stralsunder Nikolaikirche, Antwerpen, um 1520. Phot. Staatl. Bildstelle Berlin.
21. Rothenburg o. d. T., St. Jakob, Hl. Blutaltar von Tilman Riemenschneider, 1499–1505. Phot. Dr. F. Stoedtner, Berlin.
22. Freiburg i. Br., Münster, Locherer Altar von Sixt von Stauffen, 1524. Phot. Georg Röbcke, Freiburg i. Br.
23. Augsburg, St. Ulrich, Auferstehungsaltar von Hans Degler, 1607. Phot. Kunstverlag Hoefle (M. Lang), Augsburg.
24. Wien, Dom- und Diözesan-Mus., A. aus der Augustinerkirche in Wien, Sandstein, um 1520. Phot. Österr. Lichtbildstelle, Wien.
25. Augsburg, Fuggerkapelle, A. von Adolf Daucher, Marmor, um 1520. Phot. Kunstverlag Hoefle (M. Lang), Augsburg.
26. München, Bayr. Nat.-Mus., Altaraufsatz von Loy Hering, Stein, 1548. Phot. Verf.
27. Regensburg, Obermünster, Altar der Äbtissin Wandula von Schaumberg, Marmor, zwischen 1535 und 1540. Phot. Dassel, Regensburg.
28. Aschaffenburg, Schloßkapelle, Hochaltar von Hans Juncker, vor 1614. Phot. Bayr. Landesamt für Denkmalpflege, München.
29. Paderborn, Dom, Altar der Wolff-Metternich-Kapelle (diese gestiftet 1687). Phot. Dr. F. Stoedtner, Berlin.
30. Erfurt, Dom, Hochaltar, 1697. Phot. Dr. F. Stoedtner, Berlin.
31. Rohr (Niederbayern), Augustiner-Chorherrnkirche. Von E. Q. Asam, 1720. Phot. Bayr. Landesamt für Denkmalpflege, München.
32. Birnau (Bodensee), Wallfahrtskirche, Hochaltar von Joh. Anton Feuchtmayer, vollendet 1750. Phot. W. Kratt, Karlsruhe.
33. Zwiefalten, ehem. Klosterkirche, Hochaltar von Joh. Mich. Feuchtmayer, Joh. Christian u. a., um 1750. Phot. Dr. F. Stoedtner, Berlin.
34. Trier, Dom, Dreikönigsaltar von Arnold Harnisch, 1687. Phot. Prof. Deuser, Trier (Stadtbibl.).
35. Trier, Dom, St.-Agnes-Altar von Joh. Neydecker d. J., vollendet 1725. Phot. Staatl. Bildstelle, Berlin.
36. Hildesheim, Dom, Altar in der Kapelle der unbefl. Empfängnis von Paul Egell, 1731. Phot. Staatl. Bildstelle, Berlin.
37. Ottobeuren, Klosterkirche, Altar im nördlichen Querschiff-Flügel von J. M. Feuchtmayer, um 1760. Phot. Georg Braun, Ottobeuren.
38. Wiblingen b. Ulm, Klosterkirche, nördl. Vierungsaltar von Joh. Georg Schneck nach Entwürfen von Jan. Zick, um 1780. Phot. Georg Fick, Wiblingen.
39. Mainz, St. Ignaz, Joh.-Nepomuk-Altar, 1780. Phot. Prof. O. Schmitt.
Weitere Abbildungen von A. s. unter Altarciborium (Sp. 473ff.), Altartabernakel, Flügelaltar.
Literatur
1. Jos. Braun, Der christliche Altar, München 1924, S. 277ff. 2. E. F. A. Münzenberger und St. Beissel, S.J., Zur Kenntnis und Würdigung der mittelalterlichen Altäre Deutschlands, Frankfurt a. M. 1885ff. 3. Marie Schütte, Der schwäbische Schnitzaltar, Stud. z. deutsch. Kg. 91, Straßburg 1907. 4. Otto Schmidt und Alb. Ilg, Altäre in Österreich, Wien 1895. 5. F. C. Jobst und J. Leimer, Sammlung mittelalterlicher Kunstwerke aus Österreich, Wien 18892. 6. Fr. Paukert, Altäre der Gotik in Tirol, Leipzig 1895/97. 7. Karl Atz, Kunstgesch. von Tirol, Innsbruck 1908. 8. Adelbert Matthäi, Holzplastik in Schleswig-Holstein, Leipzig 1901. 9. Francis Beckett, Altartavier i Danmark fra den senere meddelalder, Kopenhagen 1897. 10. Rich. Hoffmann, Bayerische Altarbaukunst, München 1923. 11. Harry Fett, Norges malerkunst i middelalderen, Kristiania 1917. 12. Poul Nörlund, Gylden Altre, Kopenhagen 1926. 13. Ders., Les plus anciens retables Danois, Acta archaeologica I, Kopenhagen 1930, S. 147ff. – Reichliches Material auch in den deutschen Denkmälerstatistiken.
Verweise
Empfohlene Zitierweise: Braun, Joseph , Altarretabel (Altaraufsatz, Altarrückwand) (A. In der katholischen Kirche), in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. I (1934), Sp. 529–564; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=94487> [04.04.2022]
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