Abendmahlsteller

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englisch: Paten; französisch: Plateau de communion, patène; italienisch: Patena.


Georg Stuhlfauth (1933)

RDK I, 64–70


RDK I, 57, Abb. 2. Stettin, 1558.
RDK I, 67, Abb. 1. Halle, 1654.
RDK I, 67, Abb. 2. Leipzig, 1665/66.
RDK I, 67, Abb. 3. Stettin, ca. 1650.
RDK I, 67, Abb. 4. Neuenhaus, 17. Jh.
RDK I, 69, Abb. 5. Ulm, 1735.
RDK I, 69, Abb. 6. Düren, 1733.

Abendmahlsteller ist, je nachdem die Spendung des hl. Abendmahles nach lutherischem oder nach reformiertem Ritus geschieht, entweder ein Oblatenteller (Hostienteller, Hostienschale, Patene) oder ein Brotteller (Brotschale, Brotschüssel).

Der Oblatenteller (Abb. 1–3) entspricht in seiner äußeren Form der bei der Messe der katholischen Kirche verwendeten Patene, ist demgemäß klein, hat flachen Rand, geringe Vertiefung, mittels deren er neben seinem eigentlichen Zweck auch als Deckel für den Abendmahlskelch benutzt werden kann (die von dieser Regel abweichende Form s. unten), und dient dem Geistlichen dazu, die Oblaten (Hostien) darauf zu legen, die er beim Abendmahl den Gläubigen in den Mund gibt. Neuerdings wird dem A. zum Halten während der Austeilung der Hostien gern ein niedriger Fuß gegeben, der die Höhe einer guten Handbreite hat. (Eine als A. dienende Silberschale des 16. Jh. mit Fuß in Naugard, Inv. Reg.-Bez. Stettin 9, S. 249, war ursprünglich für profane Zwecke bestimmt.)

Der Brotteller der reformierten Kirche (Abb. 4, 6) muß schon darum bei größerer Tiefe einen beträchtlich größeren, über das Maß eines gewöhnlichen Tellers noch wesentlich hinausgehenden Umfang haben, weil auf ihm die Brotwürfel aufgeschichtet sind, die im Abendmahl des reformierten Ritus gebraucht und, von dem Geistlichen mitten entzweigebrochen, den Gläubigen zum Essen dargereicht werden; der Brotvorrat macht überdies nicht bloß an sich schon eine unverhältnismäßig viel größere Menge aus als die entsprechende Anzahl von Oblaten, sondern der Brotbedarf ist bei den Abendmahlsfeiern der reformierten und reformiert gearteten Kirchen auch darum ein viel größerer, weil diese Abendmahlsfeiern an sich Gemeindefeiern sind und als solche nicht wie bei den Lutheranern und lutherisch gearteten Kirchen allsonntäglich, sondern in längeren zeitlichen Abständen abgehalten werden.

So wenig wie das andere Abendmahlsgerät kennt die evangelische Kirche für den A. irgendwelche Vorschriften amtlichen Charakters betr. Form oder Material. Entscheidend ist, neben dem Herkommen, der Gebrauchszweck, der Zeitgeschmack und der von der Einzelgemeinde geleistete Aufwand in Verbindung mit den Anforderungen, welche die natürlichen gesundheitlichen Rücksichten nahelegen. Um dieser willen verbietet sich für alle Abendmahlsgeräte die Herstellung aus Messing (doch s. Abendmahlskanne und Abendmahlskelch) oder aus Kupfer; hingegen sind Zinn und Silber beliebt, jenes besonders häufig anzutreffen bei den (reformierten) Brottellern, dieses – meist vergoldet – die Regel bei den (lutherischen) Oblatentellern.

Wiewohl der puritanische Geist der reformierten und reformiert gearteten Kirchen künstlerische Zier an religiösen Gegenständen gemeinhin vermeidet, gibt es nicht bloß lutherische, sondern auch reformierte A. von reicher künstlerischer Schönheit.

An der Spitze der lutherischen Oblatenteller dürfte unter diesem Gesichtspunkt der A. der Thomaskirche in Leipzig (Abb. 2; gefertigt und geliefert von Joh. Scholler in Leipzig 1665–66, geschmückt mit dem Kruzifix als Mittelbild in reichster Umrahmung einer gravierten Rose – Erinnerung an Luthers Wappen [?] – und getriebener Blumen und Früchte) stehen. Ihm reiht sich als besonderes Wertstück an eine Patene der St. Ulrichs-Kirche in Halle a. d. S. von 1654, die zusammen mit einem aus reinem Gold gefertigten und mit reichen Schmelzzieraten ausgezeichneten Abendmahlskelch von Christoph Knittel in Halle stammt (Abb. 1; der Rand trägt außer dem Zeichen des Kreuzes die Inschrift: „Nehmet hin vndt Esset das ist der Leib Jesu Christi für Eure Sünde in den Todt gegeben“). Zum Barnimskelch der Schloßkirche in Stettin 1558 (vgl. Abb. Sp. 58) gehört eine silbervergoldete Patene, auf deren Rand ein zierliches verschlungenes Band nebst einem kreisumschlossenen Kreuz eingeätzt ist (Inv. Reg.-Bez. Stettin 14, S. 88). Aus dem 18. Jh. seien erwähnt die beiden silbervergoldeten, wappengeschmückten A. der evangelischen Kirchen in Nußdorf (Württ.), 1708, und Mergentheim (Württ.), 1709 (Pazaurek, Taf. 49), sowie der gleichfalls silbervergoldete schöne A. des Münsters zu Ulm, eine Augsburger Arbeit von 1735 (Abb. 5); als tiefe Schale, die gleich der zugehörigen Oblatendose gerippt und mit Laub- und Bandelwerk geziert ist, unterscheidet sich dieser von dem in lutherischen Kirchen Üblichen.

Zahlreich sind A. aus Zinn, vgl. das Sp. 55 zitierte Werk von Hintze. Ein Beispiel des 17. Jh. aus Fürstenflagge im Pommerschen Prov.-Mus. Stettin gibt Abb. 3. Über A. aus Glas vgl. Abendmahlskelch Sp. 61.

Mehrere (reformierte) Brotteller verzeichnet das Bildarchiv des Rhein. Mus. in Köln, den ältesten im Besitz der evangelischen Gemeinde in Düsseldorf von 1615 (Nr. 442), den jüngsten in Emmerich von 1791 (Nr. 347), und außer diesen noch 2 von 1733, den einen aus Düsseldorf in Heinsberg (Nr. 576), den andern mit Deckel versehenen und also eine vollständige Schüssel bildenden von Johann Rütgers in Köln im Besitz der evangelischen Gemeinde zu Düren (Abb. 6). Gegenüber diesen durchweg zierlosen rheinischen Brottellern besitzen die reformierten hannöverschen Gemeinden in Neuenhaus (Abb, 4), Nordhorn und Veldhausen A. mit sehr reicher Gravier- und Treibarbeit aus dem 17. Jh. (Inv. Hannover IV, 4, S. 171, 180, 224); ob allerdings der größte und prunkvollste von ihnen, nämlich die Brotschüssel der Kirche in Nordhorn (E. 17. Jh., oval, Durchmesser 41 cm!), ursprünglich als kirchliches Gerät gefertigt ist, könnte nicht bloß wegen der außergewöhnlichen Größe, sondern auch wegen der den Boden füllenden Darstellung (bärtiger Mann im Lehnsessel, hinter dem 2 Hunde kauern, gegen ein offenes Feuer vorgebeugt, an dem er rechte Hand und Fuß wärmt) zweifelhaft erscheinen.

Zu den Abbildungen

1. Halle a.d.S., St. Ulrichs-Kirche, Oblatenteller von Christoph Knittel, 1654, Gold. Nach Oskar Doering und Georg Voß, Meisterwerke der Kunst aus Sachsen und Thüringen, Magdeburg o. J. (1905), Taf. 50.

2. Leipzig, Thomaskirche, Oblatenteller von Johann Scholler in Leipzig, 1665–66, Silber. Nach Graul, Taf. 39.

3. Stettin, Prov.-Mus., A. aus Fürstenflagge ([Kr. Naugard], von Kaspar Becke d. Ä. in Stettin, ca. 1650), Zinn. Phot. Mus.

4. Neuenhaus (Hannover), reform. Kirche, A. (Brotschüssel), 17. Jh. Nach Inv. Hannover IV, 4, Taf. 15.

5. Ulm, Münster, Oblatenschale, Augsburger Arbeit von 1735. Phot. Evang. Kirchengemeinderat, Ulm.

6. Düren (Rheinprov.), Evang. Gemeinde, A. (Brotschüssel) von Johann Rütgers in Köln, 1733. Phot. Bildarchiv des Rhein. Mus., Köln.

Literatur

s. Abendmahlsgerät.