Abendmahlsgerät
englisch: Communion instrument; französisch: Garniture de communion; italienisch: Arredi della cena.
Georg Stuhlfauth (1933)
RDK I, 46–48
Abendmahlsgerät (Kommuniongerät). Das A. besteht im protestantischen Kult aus Kelch (Abendmahlskelch), Weinkanne (Abendmahlskanne), Löffel (Kelchlöffel), Oblatendose und Hostien- bzw. Brotteller (Abendmahlsteller). Im Unterschied zu dem allgemeinen Altargerät erscheint das A. gleich dem Taufgerät nur zum unmittelbaren jeweiligen Gebrauch außerhalb seines Verwahrs auf dem Altar- oder Abendmahlstisch. Mit dem Altar- und dem Taufgerät zusammen bildet es gemäß der ihnen gemeinsam eignenden materiellen, künstlerischen und kultischen Bedeutung vom 16. Jh. an den am wertesten geachteten beweglichen Kleinbesitz der evangelischen Kirchen und Kirchengemeinden. Altargerät, Taufgerät und A. sind unter Vorantritt des letzteren im 17. und 18. Jh. ein Hauptzweig des Goldschmiedehandwerks gewesen. An sich Zweckbedürfnis, ist das A. nebst dem Altar- und dem Taufgerät dem Edelmetallgewerbe ein gut Teil Ersatz geworden für den Ausfall, den dieses durch die Reformation und den Übergang der Gemeinden zur evangelischen Lehre und zum evangelischen Kultus im 16. Jh. erlitten hatte.
Da einzelne Stücke, Kelche, Kannen usw., aber auch ganze Garnituren gerne von Gemeindegliedern bei festlichen Anlässen aller Art geschenkt oder durch Vermächtnis gestiftet wurden, eine Sitte, die im evangelischen Bürgertum wohl zu keiner Zeit mehr geübt wurde als zu E. 17. Jh., besaßen viele Kirchen Deutschlands, namentlich größere Stadtkirchen, einen Schatz an Silber, der, wenn auch wohl nirgends mehr in seinem ehemaligen Gesamtbestand erhalten, doch trotz aller durch irgendwelche Zwangsverhältnisse oder durch die veränderte Mode bedingten Verluste mancherorts noch eine vielbewunderte Hinterlassenschaft darstellt. Als Beispiele seien genannt der Dom und die Altstädtische Kirche in Königsberg; nach Verzeichnissen, die 1809 aufgestellt werden mußten, zählte letztere 14 Kelche, 8 Kannen usw., die Neuroßgärter Kirche ebendort außer einer Anzahl von Patenen, Kannen usw. gleichfalls 14 Kelche, wobei zu beachten ist, daß der Besitzstand von 1809 nur noch ein Überbleibsel des viel größeren Bestandes war, den die betreffenden Kirchen im 17. und 18. Jh. aufzuweisen hatten [6, I, 35 u. 43].
In den äußeren Formen und Schmuckelementen folgen die A. naturgemäß der allgemeinen Stilgeschichte und der Entwicklung des herrschenden Geschmackes. Doch wurde die Fülle und Höhe des Prunkes, welchen die Edelmetallkunst der katholischen Kirche entfaltete, evangelischerseits im ganzen nie erreicht, dem einfacheren Sinn und Wesen des Protestantismus entsprechend auch nie angestrebt. Gleichwohl gibt es auch protestantische „vasa sacra“ genug, die zum Schönsten gerechnet werden, was die nachmittelalterliche Goldschmiedekunst für kirchliche Zwecke geschaffen hat. – Neben Edelmetall wurde für ärmere Gemeinden und in Zeiten der Not auch geringeres Material (z. B. Zinn und Glas) verwendet, Zinn insbesondere für Abendmahlskannen, aber auch für Kelche und Abendmahlsteller, Glas nur verhältnismäßig selten und meist nur für Kelche und Patenen. Auch in diesem Fall war man bemüht, dem A. eine seiner kultischen Bedeutung entsprechende, über die Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens hinausgehende Schönheit der Form und Sorgfalt der Ausführung zu geben.
Nicht mehr oder nur noch in vereinzelten Ausnahmen sind als A. in Gebrauch die Kirchenflasche, das Saugröhrchen und die Vorhalteplatte.
Dem A. fügen sich an ein (gesticktes) Tuch zum Bedecken der Geräte vor dem Gebrauch (velum) und die sog. Kelchuntersetzer, kleine (gestickte) Deckchen als Unterlagen für den Kelch bzw. für die beiden Kelche (Altarbekleidung).
Für A. in der katholischen Kirche vgl. Meßgerät und Kommunion.
Abbildungen s. bei den einzelnen Artikeln.
Literatur
1. Inventare. 2. Rosenberg I–III. 3. Bergner. 4. Bildarchiv d. Rhein. Mus. Köln, Verzeichn. d. photogr. Aufn., B: Goldschmiedearbeiten, Köln 1932. 5. Johs. Warncke, Die Edelschmiedek. in Lübeck u. ihre Meister (Veröff. z. Gesch. d. freien u. Hansestadt Lübeck, VIII), Lübeck 1928. 6. E. v. Czihak, Die Edelschmiedek. früh. Zeiten i. Preuß., 2 Bde. Leipzig 1903 u. 1908. 7. Rich. Graul, Alte Leipziger Goldschmiede-Arbeiten, Leipzig 1910. 8. Schles. Mus. f. K.gew. u. Altertümer, Ausst. v. Goldschmiedearb. schles. Ursprungs od. aus schles. Besitze, Breslau 1905. 9. Karl Sitzmann, Goldschmiedek. u. Goldschmiede i. Oberfranken (Arch. f. Gesch. u. Altertumskde. in Oberfranken 30, H. 3, 1929). 10. Eduard Mutschelknauß, Die Entwicklung d. Nürnberger Goldschmiedehandwerks v. seinen ersten Anfängen an bis zur Einführung d. Gewerbefreiheit 1869, Leipzig 1929. 11. Gustav E. Pazaurek, Alte Goldschmiedearbeiten aus schwäb. Kirchenschätzen, Leipzig 1912. 12 Victor Roth, Gesch. d. dtsch. K.gewerbes in Siebenbürgen (Stud. z. dtsch. K.gesch. 104), Straßburg 1908. 13. Evang. Kirchen-Ornamentik (19. Jh.), Berlin o. J. (1868). 14. Neues Kirchengerät. Evangelisch. Hrsg. v. d. Sächs. Landesstelle f. K.gew. u. d. K.dienst Dresden, Dresden 1930.
Verweise
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