Fortitudo
englisch: Force; französisch: Fortitude; italienisch: Fermezza, Fortezza, Forza.
Michaela Bautz (2004)
RDK X, 225–271
I. Begriff
F., Stärke, Starkmut oder Tapferkeit, griech. ἀνδρεία, im NT meistens ἰσχύς, aber auch δύναμις wurde im Ahd. mit „starchi, sterchi“ und Mhd. mit „sterke, sterck“ übersetzt (Lexer, Bd. 2, Sp. 1180; Grimm, Bd. 10,2,1, Sp. 889-895 und Sp. 906f.). Sie zählt mit Prudentia, Justitia und Temperantia zu den vier Kardinaltugenden (vgl. Kurt Alfred Blüher, Art. „Tapferkeit“, in: Hist. Wb. der Philos., Bd. 10, Basel 1998, Sp. 894-896).
Die bei Plato formulierte Vorstellung (Protagoras, 330a: Hippias II. Protagoras ..., bearb. von Heinz Hofmann, dt. Übers. von Friedrich Schleiermacher, Darmstadt 1977 [Werke, hg. von Gunther Eigler, Bd. 1], S. 136; Politeia, lib. 4, 429a-430c: [1] S. 318-323) wurde vor allem durch Cicero übernommen (De officiis, lib. 1, 15-17 und 46: [2] S. 14-16 und S. 42; De inventione lib. 2, 53: [2b] S. 320 und 322) und durch Ambrosius in die christliche Ethik eingeführt (De officiis ministrorum libri tres, 1, 25, 117-121: P. L . 16, Sp. 57-59). Im Gegensatz zu den Theologischen Tugenden *Fides, Spes und Caritas, die Geschenke Gottes sind, müssen die Kardinaltugenden aus eigener Kraft erworben werden. Unter den Kardinaltugenden steht F. nach Prudentia und Justitia (Isidor, Etym. 2, 24, 5). Plato verband die Tapferkeit mit dem Wehrstand im Staat (Politeia, lib. 4, 429b: [1] S. 318f.). Aristoteles führte sie als erste der ethischen Tugenden an und definierte, sie stehe zwischen Angst und Verwegenheit (Ethica Nicomachea, lib. 3, 9-12: hg. von Rainer Nickel, übers. von Olof Gigon, Ddf. usw. 2001, S. 116-128). Nach Cicero gehört F. zum „honestum“ (De officiis, lib. 1, 5: [2] S. 14). Sie ist die für die Gerechtigkeit kämpfende Tugend (ebd. lib. 1, 19: [2] S. 54). Er unterteilte F. in „magnificentia“, „fidentia“, „patientia“ und „perseverantia“ (De inventione, lib. 2, 54, 163: [2b] S. 322). Heidnische wie christliche Autoren betonten, daß F. den Menschen von äußeren Zwängen befreie (Marcus Tullius Cicero, De finibus bonorum et malorum, lib. 1, 49: [2a] S. 46f.; Alanus ab Insulis, Summa de arte praedicatoria, 24: P. L . 210, Sp. 160: „Qui fortis est liber est, non servit fortunae, non varietati mundanae“; vgl. dazu Fortuna). Der entscheidende Unterschied zwischen heidnischen und christlichen Definitionen von F., in denen gleichermaßen das klaglose Bestehen in Drangsal gefordert war, ist die Begründung: Ein furchtloses Leben, die Befreiung der Seele und des Leibes von Beschwerden (Cicero, De finibus, lib. 1, 49: [2a] S. 46f.) und das Streben nach Großem sowie die Verachtung der geringen Dinge (Ders., Ad C. Herrenium libri IV, de ratione dicendi [Rhetorica ad Herrenium], lib. 3, 1-3, ed. Harry Caplan, Ld. 1954, S. 156-168) stehen dem christlichen Ideal des geduldigen, demütigen Ausharrens in der Hoffnung auf Erlösung nach dem Tode, d. h. der bedingungslosen Glaubensstärke, gegenüber. Von Patientia unterscheidet sich F. durch ihren Widerstand: „Patientia consistit in tolerando adversa, fortitudo in resistendo et agendo contra mala“ (Petrus Cantor, Verbum abbreviatum 117: P. L . 205, Sp. 306). Für die Christen ist der besondere Ausdruck der F. das Martyrium (z. B. Ps.-Vincenz von Beauvais, Speculum morale I, 80: Bibl. mundi ..., Douai 1624, S. 418); vgl. [12] Bd. 3,2, S. 167-220.
Christliche Exegeten setzten F. zudem mit sexueller Abstinenz und Zurückhaltung in weltlichen Freuden gleich (Augustinus, De moribus ecclesiae catholicae, I, 22: John Cevin Coyle, Augustine’s „De Moribus Ecclesiae Catholicae“, Freiburg [Schweiz] 1978 [Paradosis, 25], S. 285; vgl. ferner Gregor der Große, Moralia in Iob VII, 21: CCSL 143, S. 349f.), womit sie in die Nähe der Temperantia rückt. F. ist vorrangig die geistige Stärke, die mehr gilt als irdische Siege (Hrabanus Maurus, Tractatus de anima, VIII: P. L . 110, Sp. 1116: „Nemo melius vincit, quam qui seipsum vincit“; vgl. Prov 16,32). Selbstbeherrschung, verbunden mit beständiger Ausübung guter Werke, läßt F. über sämtliche Laster und den Teufel siegen (Alkuin, De virtutibus et vitiis liber ad Widonem Comitem 35: P. L . 101, Sp. 637). Dennoch kommt F. in der „Psychomachia“ des Prudentius nicht vor. Thomas von Aquin sieht in F. nur dann eine Tugend, wenn sie den Menschen der Vernunft folgend leben läßt (Summa theologica II, II, qu. 123, art. 1). Robert Grosseteste unterschied im Entwurf seines Lehrgebäudes bei F. die aktiven und passiven Eigenschaften: „Magnanimitas“ und „Constantia“ ordnete er der „F. agendo“ zu, „Securitas“ und „Fiducia“ der „F. paciendo“ (Robert Grosseteste, Templum Dei II,3, hg. von Joseph Ward Goering und Frank Anthony Carl Mantello, Toronto 1984 Toronto medieval Latin texts, 14], S. 31). Weitere Beisp. bei Lauretus, S. 464-466.
F. zählt auch zu jenen Tugenden, die als eine der Gaben des Hl. Geistes (nach Is 11,2) verliehen wurden und als „remedia“ gegen die Hauptlaster galten ([54] S. 82f.).
Bereits im sog. „Glossarium Salomonis“ wird bei F. ausdrücklich zwischen geistiger und körperlicher Stärke unterschieden (z. B. München, Bayer. St.bibl., cod. lat. mon. 22 201, fol. 61v, Windberg, 1165; zur Überlieferung: VL2 8, Sp. 542). Jacobus Lobbetius SJ unterteilte in „De fortitudine et constantia christiana libri tres ...“, Wien 1723, cap. II, mit Berufung auf Augustinus F. in Magnificentia, Fidentia, Patientia und Perseverantia.
In Einteilungen der Philosophie steht F. als eine der Ethik untergeordnete Tugend zwischen oder neben Prudentia und Temperantia (München, Bayer. St.bibl., cod. lat. mon. 18 961, fol. 47r; süddt., 2. H. 12. Jh.; Leipzig, Univ.bibl., cod. 1253, fol. 83v, mitteldt., 2. Dr. 13. Jh.: [56] Abb. 26f.) oder neben Justitia (München, Bayer. St.bibl., cod. lat. mon. 9921, süddt., 12. Jh., fol. 13v: ebd. Abb. 10). Zu Darst. der F. in Lehrfiguren s. Sp. 247-249.
II. Personifikation
A. Ikonographie
In Werken des 9.-12. Jh. ist F. oft als Halbfigur im Medaillon, seltener ganzfigurig dargestellt (Abb. 1), in der Buchmal. als Schmuck von Bildrandleisten, z. B. im Missale von St. Denis, M. 11. Jh., Paris, BNF, ms. lat. 9436, fol. 106v (Hermann Fillitz, Das MA I, FfM.-Bln. 21990 [Propyläen Kg., 5], Abb. 19). In späterer Zeit überwiegen Darstellungen der stehenden oder sitzenden F. als Ganzfigur. Vielfach ruht F. auf einem Löwen (Abb. 20, 23) oder auf einer Säule bzw. Säulentrommel. Selten wurde F. in der Neuzeit als Büste wiedergegeben (Kupferstich des Hieronymus Wierix nach Jan van der Straet, E. 16. Jh.: [44] Bd. 2, Taf. 180, A 1370).
Bereits die ältesten erhaltenen Abschriften der „Somme le Roi“ wie jene von 1294 enthalten eine Malanweisung für die Darstellung der F. : „Force ... une damoisele a destre en estant vestue dun mantel et a entre ses ii mains un lion en un compas raont en forme dun platel“ (zit. nach [39] T. 1, S. 318).
Zu der um M. 14. Jh. erstmals in Bologna nachweisbaren Tradition der gegen einen Löwen kämpfenden F. mit zusätzlichen Attributen s. Sp.
241. Zu der seit etwa 1420 in Frankreich verbreiteten Bildtradition s. Sp. 245.
Ein seltener Sonderfall ist die Darstellung von F. als eine der Tugenden, die Christus ans Kreuz nageln (Tugenden kreuzigen Christus).
1. Gestalt (Alter, Geschlecht, Haltung)
F. wurde üblicherweise als junge Frau dargestellt. Manchmal ist sie von besonders kräftiger Statur, z. B. im Sockelfresko des Giotto di Bondone in der Cappella degli Scrovegni, Padua, vor 1306 (Abb. 6). C. Ripa forderte für die „Fortezza“ „corpo largo, la statura diritta, l’ossa grandi, il petto carnoso“ ([8] S. 90).
Im MA wurde F. häufiger als andere Tugenden in männlicher Gestalt wiedergegeben, wobei sie oftmals ikonographische Kennzeichnungen (z. B. Attribute) erhielt, die von Exempla der F. (s. Sp. 258-262) übernommen wurden. Nach dem 16. Jh. wurde F. nur noch selten als Mann personifiziert.
Auf der Bildseite vor den Psalmen in der Vivian-Bibel, Tours, 845/846 (Paris, BNF, cod. lat. 1, fol. 215v), sind F. und Prudentia durch Männer verkörpert (Florentine Mütherich und Joachim E. Gaehde, Karol. Buchmal., Mchn. 1976, S. 78, Abb. 22). Am Grab Clemens’ II. im Dom zu Bamberg, um 1235, reißt F. wie Samson einem Löwen den Rachen auf (s. Sp. 236; [43] Bd. 2, S. 16, Abb. 18). Als Mann dargestellt ist sie z. B. in einer Hs. mit dem Text der „Somme le Roi“ des Laurent du Bois von 1279 (Rom, BAV, cod. Urb. lat. 3984, fol. 52v, Ital., sp. 14. Jh.: [50] S. 89, Abb. 55). Eine Miniatur der Bibel des Robert von Anjou, um 1340, zeigt F. als nackten, bärtigen Mann mit Löwenfell über Kopf und Schultern (Mecheln, Bibl. du Grand Séminaire, cod.1, fol.1v:[25]Abb.VI-62).Die F.-Karte der „Tarocchi“ von Antonio Cicognara (?), um 1470-1480, zeigt einen mit einer Keule ausholenden Mann mit einem geduckten Löwen zu Füßen (New York, PML: [20] S. 42, Nr. 9, Abb. S. 31); als König, der auf einem Löwen reitet, erscheint F. in den Ill. zum „Fulgentius Metaforalis“, 15. Jh., Rom, B AV, cod. Palat. lat. 1966, fol. 232v ([40] Abb. 11).
Mit Flügeln (und/oder Nimbus oder Krone) wurde F. wie alle theologischen Tugenden und Kardinaltugenden im MA und vereinzelt noch bis ins 16. Jh. charakterisiert.
Beisp.: F. als weibliche Personifikation mit Nimbus auf der Unterseite der Mensa eines Tragaltares, um 1160 (Peter Rummel [Hg.], Das Diöz.mus. St. Afra in Augsburg, Augsb. 2000, S. 142-145, Abb. 90); Giovanni Fetti nach Entw. des Agnolo Gaddi, Relief in einem Zwickel der Loggia dei Lanzi in Florenz, 1384-1389 ([55] Bd. I V, S. 715, Fig. 590); Hans Sebald Beham, Kupferst., 1539 (B. ill., Bd. 15, S. 85). Giorgio Vasari, Deckengem. in der Kuppel des Doms von Florenz, zw. 1570 und 1574 (Cristina Acidini Luchinat, Taddeo e Federico Zuccari ..., T. 2, Mail. und Rom 1999, Abb. S. 70). Pieter Bruegel d. Ä. stellte „Fortytudo“ 1560 mit Flügeln dar (Abb. 15; Ludwig Münz, Bruegel, Zchgn., Gesamtausg., Köln 1962, Nr. 147; danach der Kupferstich [21] S. 80, Nr. 36, Abb. S. 81; s. auch Sp. 232).
2. Mimik und Gestik
Besonders seit dem 16. Jh. wird F. bisweilen durch einen grimmigentschlossenen Gesichtsausdruck charakterisiert.
Beisp.: Hendrik Goltzius, Kupferstich, um 1578 (B. ill., Bd. 3, S. 84, B. 83); Fresko des Carl von Blaas, dat. 1859, in der Kuppel der Ruhmeshalle des Heeresgesch. Mus., Wien (Abb. 23); Antoine Bourdelle, Skulptur, 1923 (Ausst.kat. „Antoine Bourdelle. Sculptures, Dessins“, Brest 1970, Abb.).
F. kann sich mit abwehrendem Gestus einem Löwen (vgl. Sp. 235) zuwenden, wodurch ihre Standhaftigkeit gegenüber dem Bösen veranschaulicht werden sollte.
In einer Makrokosmos-Darstellung mit Tugenden als Ill. zu Thomas de Cantimpré, De naturis rerum, 1295 (München, Bayer. St.bibl., cod. lat. mon. 2655, fol. 105r: [50] S. 34, Abb. 18), hält sie dem Löwen die senkrechte Handfläche entgegen. In den Fresken des Perin del Vaga in der Sala Paolina der Engelsburg in Rom, 1544-1547, weist F. mit gespreizten Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand auf einen Löwen neben sich (Elena Parma Armani, P. d. V. L’anello mancante, Genua 1986, Abb. 256); als Inschrift ist Prov 12,24 zitiert: „Manus fortium dominabitur“.
Selten weist F. zum Himmel (um den Ursprung ihrer Stärke anzudeuten?).
In einer schematischen Darstellung der Tugenden in einer Hs. des Spec. hum. salv., 1. H. 14. Jh., streckt F. beide Arme empor (Kremsmünster, O.Ö., Stiftsbibl., cod. 243, fol. 4r: Faks.ausg., Spec. Hum. Salv. ..., Graz 1997); auf den Wandfresken von Cherubino Alberti und Baldassare Croce da Bologna in der Sala Clementina im Vatikan, voll. 1602, weist F. mit der Linken zum Himmel (Carlo Pietrangeli, Die Gem. des Vatikan, Mchn. 1996, S. 468, Abb. 447).
3. Kleidung
F. ist meistens mit Helm und Harnisch dargestellt (vgl. Sp. 231-233). Im Spät-MA erscheint F. in zeitgenössischer Kleidung. Seit dem 16. Jh. ist sie häufig antikisierend gestaltet.
Beisp.: Vivian-Bibel (s. Sp. 228); Mosaik beim Grab der Gräfin Mathilde von Tuszien, S. Benedetto di Polirone, M. 12. Jh. ([55] Bd. 3, S. 435, Abb. 410); F. mit Helm: Ill. zu Ps.-Hugo von St-Victor, De fructibus carnis et spiritus: Salzburg, Univ.bibl., M I 32, fol. 76r, Salzburg (?), 2. Dr. 12. Jh. (Abb. 2); Kath. von Chartres, S-Portal, Pfeiler, zw. 1230 und 1240 (Jean Villette, Les Portails de la cath. de Ch., Chartres 1994, S. 261); das Alberto Arnoldi zugeschr. Sandsteinrelief der N-Fassade der Loggia del Bigallo in Florenz, um 1355 (Hanna Kiel [Hg.], Il mus. del Bigallo a Firenze, Mail. 1977, Abb. XIII); Marcantonio Raimondi, Kupferstich, zw. 1515 und 1520 (B. ill., Bd. 27, S. 81); Georges Reverdy, Kupferstich, um 1555 (ebd. Bd. 31, S. 331); Johann Wierix, Kupferstich, 1579 ([44] Bd. 2, Taf. 179); Crispijn de Passe nach Marten de Vos, Kupferstich, nach 1580 ([30] Bd. 46, T. 2, S. 119, Nr. 1174); Jacob Matham nach Hendrick Goltzius, Kupferstich, um 1587 ([22] S. 33-35); Jan Saenredam nach Hendrik Goltzius, Kupferstich, 1593 (ebd. S. 28-30, mit Abb.), sowie Andreas Schlüter, Sandsteinrelief vom Portal V des Berliner Stadtschlosses, 1702 (Abb. 20; Heinz Ladendorf, A. S. ..., Lpz. 1997, S. 48).
Zeitgenössische Frauenkleidung trägt F. in spätma. Darst. bis ins 16. Jh. häufig sogar dann, wenn sie wie Samson bei der Bezwingung eines Löwen gezeigt wurde.
Auf der F.-Karte des sog. Yale-Tarot-Spiels von Bonifacio Bembo oder Francesco Zavattari, 2. V. 15. Jh., reißt eine gekrönte, höfisch gekleidete F. dem Löwen, auf dem sie sitzt, das Maul auf (Stuart Kaplan, The Enc. of Tarot, Bd. 2, N.Y. 1986, S. 27). Zeitgenössische Kleidung trägt sie auch auf der Miniatur einer franz. Hs.
von „De quatuor virtutibus cardinalibus“ von 1470 (Abb. 11), auf einem Augsburger Holzrelief, um 1520, Berlin, StMPK (Abb. 13), auf dem Titelblatt der Tacitus-Ausg., Basel 1519, mit dem dat. Holzschnitt von Ambrosius Holbein und Urs Graf (Ausst.kat. „Altes K.- und Kulturgut aus den Gymnasien zu Osnabrück, Quakenbrück, Lingen und Meppen“, Osnabrück 1958, Nr. 33, mit Abb.). Helm und Damenrobe trägt die F. von Giacomo Serpotta (Skulptur im Oratorio di S. Domenico in Palermo, 1710-1717: Abb. 22).
In wenigen druckgraphischen Beispielen aus der 1. H. 16. Jh. ist F. nur mit einem Tuch bekleidet oder nackt: Monogrammist IB (Georg Pencz), Kupferstich, zw. 1523 und 1530 (B. ill., Bd. 16, S. 75); Lucas van Leyden, Kupferstich, 1530 (ebd. Bd. 12, S. 266).
Besonders häufig in Italien seit dem 14. Jh., seltener im 16. Jh. trägt F. wie Herkules eine Löwenexuvie auf Kopf und Schultern.
Beisp.: Giotto di Bondone, Fresko, Capp. degli Scrovegni in Padua, vor 1306 (Abb. 6); Abb. 10; Hendrik Goltzius, Kupferstich, um 1578 (B. ill., Bd. 3, S. 81, B. 076); Löwenfell als Kopfbedeckung der F.: London, BL, Add. ms. 11 866, fol. 6v; weitere Beisp. vom 16. bis 19. Jh. s. Fellkleid als Attribut (RDK VII, Sp. 1203). F. Pistrucci beschrieb „Forza“ mit einem Löwenfell auf dem Kopf sowie mit Panther- und Hyänenfell bekleidet und begründete dies mit der Stärke dieser Tiere ([19] Bd. 2, Nr. 123).
Mit Krone wurde F. häufig als eine der Kardinaltugenden dargestellt (Abb. 4f. und 8f.). Weitere Kopfbedeckungen außer Helm oder Löwenkopf sind selten.
Einen weißen Schleier trägt F. in einer Ill. zu der franz. Übers. von 1403 des Jean de Courtecuisse von Ps.-Seneca, „De quattuor virtutibus cardinalibus“, 1. H. 15. Jh. (Dresden, Sächs. L.-, St.- und Univ.bibl., ms. Oc. 79, fol. 68v: [50] S. 91, Abb. 57; [35] S. 26, Taf. 6; Kat. der Hss. der Sächs. L.bibl. zu Dresden, Bd. 3, Dresden 21982, S. 137); vgl. Abb. 11.
Vereinzelt kleidet sie ein modischer Turban: Genf, Univ.bibl., ms. fr. 160 (Brunetto Latini, Li livres dou trésor), fol. 82r, zw. 1460 und 1470: [50] Farbabb. 18). Einen Lorbeerkranz trägt F. in einem Kupferstich von Crispijn de Passe nach Maarten de Vos, nach 1580 ([30] Bd. 46, T. 2, S. 119, Nr. 1174).
Die Farbe der Kleidung von F. ist im MA nicht festgelegt; wenn F. keine Rüstung trägt, wird meistens Blau oder Grün bevorzugt, häufig kombiniert mit Rot. C. Ripa verlangte für die „Fortezza“ Kleidung in der Farbe eines Löwen, da dies Stärke bedeute ([8] S. 90).
4. Attribute
Die frühesten bekannten Darstellungen der F. mit Attributen stammen aus dem 9. Jh.
a. Rüstung und Waffen
Rüstung und Waffen bezeichnen die Fähigkeit der F., Widrigkeiten zu ertragen und siegreich gegen das Böse zu kämpfen (s. Sp. 255).
Eine wichtige Quelle war die Beschreibung der Rüstung des christlichen Streiters in Eph 6,10-18. Theodulf
von Orléans, 9. Jh., nannte Dolch, Schild und Helm als Attribute der mit F. gleichzusetzenden „Vis“ (vgl. Sp. 247). Brunetto Latini, um 1265, bezeichnete F. als Schild und Verteidigung des Menschen („escus et defense de l’ome, c’est son hauberc et son glave, car ele fet l’ome deffendre soi et offendre a ciaus k’il doit“: Li livres dou trésor, lib. II, 81,1, ed. Francis J. Carmody, Berkeley und Los Angeles 1948, S. 260). C. Ripa bezog die Rüstung der „Fortezza“ auf die Stärke in Gefahren ([8] S. 90-92); neben der ma. Tradition wirkte seine Beschreibung der F. als „donna armata“ bis ins 19. Jh.
Vom 9.-15. Jh. wurde F. mit zeitgenössischer Rüstung und Bewaffnung dargestellt, vom 16.-19. Jh. wurden Harnisch und Waffen meist antikisierend aufgefaßt (s. Abb. 17f. und 24).
Baudoin empfahl als Vorbild die Göttin Pallas ([11] T. 1, S. 76 und T. 2, S. 66; vgl. auch Essay d’un dict. contenant la connoissance du monde ..., Amst. 1700, S. 17f., S. 109f., mit den von Daniel de la Feuille ausgeführten Kupferstichen); Honoré Lacombe de Prezel, Dict. portatif des beaux arts ..., Paris 1755, S. 122; Breysig, S. 794. Pieter Bruegel d.Ä. setzte F. 1560 mit Brustharnisch, den gefangenen Teufelsdrachen zu Füßen und inmitten einer endzeitlichen Schlacht, wie den Erzengel Michael ins Bild (Abb. 15; [21] S. 81).
Für die Vergabe des Helms als Attribut seit dem 9. Jh. s. oben und Abb. 2, 17f., 23.
Im Kettenhemd: Kollektar aus Zwiefalten, um 1140-1150, Stuttgart, Württ. L.bibl., cod. brev. 128, fol. 10r ([50] Farbabb. 2; [26] S. 93, Nr. 61, Abb. 209); Evangeliar Heinrichs des Löwen, Nieders., um 1188 (Wolfenbüttel, Hzg. August Bibl., cod. Guelf. 105 Noviss. 2°, fol. 172v: Elisabeth Klemm, Das Evangeliar Heinrichs des Löwen, FfM. 1988, Taf. 36); ehem. Straßburg, Stadtbibl., „Hortus deliciarum“ der Herrad von Hohenburg, 3. Dr. 13. Jh., fol. 204r: RDK VIII, Sp. 943f., Abb. 31); Abb. 23.
F. im (Brust)harnisch: Abb. 6; Ill. zu Francesco da Barberino, Documenti d’amore, Rom, BAV, cod. Barb. lat. 4076, fol. 98v, Rom, vor 1324: RDK IX, Sp. 1045f., Abb. 2; ebd., cod. Barb. lat. 4077, fol. 87v; in den Kopien des Lobgedichtes von Convenevole da Prato auf Kg. Robert den Weisen von Neapel, gest. 1343 (Florenz, BN Centrale, ms. II.I.27, fol. 31r; Wien, Österr. Nat.bibl., cod. ser. nov. 2639, fol. 32r (Abb. 9; [49]). - Abb. 10, 14 und 17. - F. als geharnischter Jüngling war ursprünglich eine Brunnenfigur auf dem Fischmarkt in Regensburg, 1610 (Helmut-Eberhard Paulus, Politische Brunnenikonologie ..., in: Wasser. Lebensquelle und Bedeutungsträger, Rgbg. 1999 [Regensburger Herbstsymposion zur K.gesch. und Dpfl., 4], S. 121); Abb. 18 und 24.
Der Schild erscheint in Darstellungen der F. von der Karolingerzeit bis ins 19. Jh.
F. mit den Kardinaltugenden zeigt ein Evangeliar in Cambrai, 2. H. 9. Jh. (Abb. 1); Abb. 6. Manchmal wird der Schild durch ein Kreuz als „Scutum Fidei“ (Eph 6,16) gekennzeichnet, z. B. von Matteo di Cione am Tabernakel in Orsanmichele, Florenz, zw. 1352 und 1360 (Gert Kreytenberg, Orcagna. Andrea di Cione ..., Mainz 2000, S. 110f. und Abb. 260). Seit dem 14. Jh. schmückte den Schild häufig ein Löwe (s. Sp. 235-238). Im Stundenbuch des Giangaleazzo Visconti, vor 1402 und nach 1413, ist der Schild mit der Schlange des Visconti-Wappens versehen (Florenz, BN Centrale, ms. L. F. 22, fol. 129v: [45]). Selten ist das Lamm Gottes „Wappenbild“: Ill. zu „Fulgentius Metaforalis“, Rom, BAV, cod. Palat. lat. 1066, fol. 232v, 15. Jh. ([40] Abb. 11); Abb. 17f.; Franz Martin Kuen, Wandgem. in der Pfarrk. St. Ulrich, Eresing, 1756/1757 ([27] Bd. 1, S. 69, Abb. B3); Abb. 23.
Vom 9. bis 12. Jh. war die Lanze (Abb. 1 und 4) häufiges Attribut der F. In „Kunst-Göttin Minerva“ steht sie für die irdische Stärke ([15] VII, 8, S. 57). In zahlreichen Darstellungen des 12.-15. Jh. trägt F. ein Schwert. In Italien im 14. Jh. wird sie wie Herkules mit einer Keule bewaffnet, und seit E. 14. Jh. konnte sie einen Streitkolben führen (Abb. 10). Seit der 2. H. 14. Jh. wird F. zwar noch in Helm und Harnisch, seltener jedoch mit Waffen gezeigt; vom 17.-19. Jh. ist jegliche Art von Waffen bei F. nachweisbar.
Lanze: Sakramentar, Autun, um 845 (Autun, Bibl. de la Ville, ms. 19, fol. 173v: Sibylle Mähl, Quadriga virtutum, Köln-Wien 1969, S. 171, Abb. 1); Abb. 1; F. in der Darstellung des „Mystischen Paradieses“ im „Speculum virginum“, um 1140 (London, BL, ms. Arundel 44, fol. 13r: CCCM 5, Abb. 4); Abb. 4 und 23.
Schwert: Kollektar aus Zwiefalten, um 1140-1150 (Stuttgart, Württ. L.bibl., cod. brev. 128, fol. 10v: [26] Abb. 209); Ill. zu Ps.-Hugo von St-Victor, De fructus carnis et spiritus, um 1300 (London, BL, ms. Arundel 83, fol. 129r ([46] S. 113, Abb. 184); das abgebrochene Schwert hält F. in Giottos Darstellung: Abb. 6. Im letzten Dr. 19. Jh. präsentierte man F. als bürgerliche Tugend mit Harnisch und Schwert, so am Turm des Hamburger Rathauses (Abb. 24).
Keule: Andrea Pisano, Relief an der Tür des Baptisteriums in Florenz, 1330-1336 ([55] Bd. 4, Abb. 553); Abb. 20.
Keule und Schild: Nachfolger des Tino di Camaino, Grabmal des Francesco Pazzi in S. Croce in Florenz, M. 14. Jh. (Emma Micheletti, S. Croce, Flor. 1982, S. 39, Abb. 76).
Streitkolben: Ill. zu Convenevole da Prato, „Regia carmina ad Robertum Andecavensem ...“ (London, BL, ms. Roy. 6 E IX, fol. 21v : [49] Abb. 32). Sandro Botticelli zeigte F. auf einem Tafelgem. für die Mercatanzia, Florenz, 1470 (Mina Gregori, Uffizien und Pal. Pitti, Mchn. 1994, S. 90, Abb. 103). Einem Szepter ähnlich ist der Streitkolben der F. auf einem der Bronzereliefs am Grabmal für Papst Sixtus IV. von Antonio Pollaiuolo, 1493, in St. Peter in Rom (Leopold D. Ettlinger, Antonio and Piero Pollaiuolo, Oxf. 1978, Abb. 116).
Mit Streitkolben und Schild ist F. auch am sog. Morelli-Cassone aus der 2. H. 15. Jh. dargestellt (London, Courtauld Inst. Gal.), so auch von Francesco da Carpa in den Deckenfresken der Kath. von Albi, 1509-1512 (Émile Mâle, La cath. d’A., Paris 1950, Abb. 65). Die Radierung Johann Georg Bergmüllers zum „Donum Fortitudinis“, um 1735, zeigt F. im Harnisch mit Löwenfell, Fahnenlanze, einer mit Stacheln besetzten Keule, Schwert und Schild (Karl-August Wirth, „Septem Dona Spiritus Sancti“ ..., Münchner Jb., 3. F. 29, 1978, S. 155f. und S. 152, Abb. Ie).
Mit einer Streitaxt ist F. wiedergegeben in einer Ill. zu Brunetto Latini, Li livres dou trésor (Abb. 7).
b. Tiere
Wegen ihrer besonderen Kraft wurden der F. manche Tiere zugeordnet, am häufigsten der Löwe (vgl. Judic 14,18). Die doppelte Bedeutung der F. - sowohl Körperkraft also auch Tugend (s. Sp. 225-227) - begründet, daß in vielen Darstellungen der unterlegene Löwe (oder sein Fell) ebenso Attribut der F. sein kann wie Hinweis auf das von der Tugend überwundene Laster (vgl. Ps 90,13; Ps 57,7; I Petr 5,8). Hubert Korneliszoon Poot nannte den Kampf gegen den Löwen als besonderen Hinweis auf Repräsentanten der F. (Poot, Bd. 2, S. 354).
Insbesondere in italienischen Beispielen des 13. und 14. Jh. hält F. häufig einen besiegten Löwen oder ein Löwenfell.
Beisp.: Nicola Pisano, Kanzel am Baptisterium in Siena, um 1265 (Maria Laura Testi Cristiani, Nicola Pisano ..., Pisa 1987, Abb. VI, Abb. 338-340); Giovanni Pisano, Kanzel in der Kath. von Pisa, 1302-1310 (John Pope-Hennessy, Ital. Gothic Sculpture, Ld. und N.Y. 1972, Abb. 21); Grabmal der Maria von Ungarn in Neapel, S. M. Donnaregina, 1325 (Lorenz Enderlein, Die Grablegen des Hauses Anjou in Unterital., Worms 1997 [Röm. Stud. der Bibl. Hertziana, 12], Abb. 39).
F. wurde oft wie Samson im Kampf mit dem Löwen dargestellt.
Beispiele: Email-Medaillon auf dem Deckel des sog. Sibyllen-Evangeliars, 2. V. 12. Jh. (Darmstadt, Hess. L.mus.: Falke-Frauberger, S. 74); Nikolaus von Verdun, Email am sog. Klosterneuburger Altar, um 1180 (Abb. 3); Mosaik zwischen den Fenstern der Hauptkuppel von S. Marco in Venedig, E. 12. Jh. (auf dem Schriftband ist Ps 57,7 zitiert: Demus, Mos. S. Marco, Bd. 1,2, Abb. 277); Francesco da Barberino, Rom, vor 1324 (Rom, BAV, cod. Barb. lat. 4076, fol. 6v); Ill. zu „Le virtù e le scienze“ von Nicolò di Giacomo da Bologna (Mailand, BA, cod. B. 42 inf., 1354, fol. 1r: [34] Abb. 15); vgl. auch Sp. 230f.
Auf dem Fresko des Domenico Zampieri, gen. Domenichino, in S. Carlo ai Catinari in Rom, 1628-1630, ist unterhalb der Tugend ein mit einem Löwen kämpfender Jüngling zu sehen (Abb. 18), ebenso in einem Deckengem. des Giovanni Francesco Romanelli, um 1655, in den Appartements der Anna von Österreich im Louvre (Paris, Mus. du Louvre, Saal 26, Lünette neben der Darstellung von Judith und Holofernes).
Um den Sieg der F. zu veranschaulichen, zeigte man sie auf dem unterlegenen Löwen sitzend oder stehend, manchmal mit einem abgeschlagenen Löwenhaupt.
Stehend zeigte Jean Pucelle sie im sog. Belleville-Brevier, um 1323 (Abb. 8). Auf dem Löwen sitzend stellte Bonino da Campione die F. am Grabmal des Cansignore della Scala, um 1375, bei S. M. Antica in Verona dar (Nino Cenni und Maria Fiorenza Coppari, I segni della V. scaligera, Verona 1988, S. 67). Eines der von Agnolo Gaddi entworfenen Zwickelreliefs der Loggia dei Lanzi, Florenz, 1384-1389, zeigte F. über einem Löwenkopf thronend, andere Tugenden über den umgekehrten Köpfen der Laster ([55] Bd. 4, S. 715, Abb. 590). Einen Löwenkopf hält F. auf einem Kupferstich von Hans Collaert I. nach Lambert Lombard, 1557 ([23] S. 336).
Der Löwe wurde der F. auch wie ein Wappen zugeordnet, besonders häufig in französischen Beispielen des 13. und 14. Jh.
Beisp.: N-Portal der Kath. von Chartres, A. 13. Jh. (Martin Büchsel, Die Skulptur am Qhs. der Kath. von Chartres, Bln. 1995, Abb. 233); Sockelrelief am mittl. W-Portal, der Kath. N.-D. in Paris, um 1210 ([37] Taf. 46, Abb. 73a); Ill. zu F. als einer der Kardinaltugenden in der „Somme le Roi“ (Abb. 5, zur Hs.: Ausst.kat. „L’Art au temps des rois maudits ...“, Paris 1998, S. 276f., Nr. 183; [50] S. 87f., 90, Abb. 53f. und 56). In beiden Bedeutungen erscheint der Löwe in einer Hs. mit der „Somme le Roi“, um 1300 (London, BL, Add. ms. 28 162, fol. 8v), hier verkörpert die mit „proesse“ bezeichnete Tapferkeit das Gegenteil von Trägheit, indem sie einen Schild mit dem Bild des Löwen hält und ihr Schwert in den Rachen des Löwen stößt, auf dem sie steht ([54] Abb. 19). - Den Löwen zeigt auch der Schild der F. auf dem Fresko des Giotto di Bondone (Abb. 6).
In Darstellungen seit dem 15. Jh. kann der Löwe F. begleiten. Er liegt ihr zu Füßen oder wird dienstbar gemacht (Abb. 10; als Zugtier: Sp. 247; Abb. 14).
Die gewappnete F. sitzt auf einem Löwen, dem sie mit der rechten Hand in den Rachen greift, am Sebaldusgrab in Nürnberg, St. Sebald, Werkstatt des Peter Vischer, 1507-1519 (Heinz Stafski, Der jüngere P. Vischer, Nbg. 1962, Taf. 13). Der Löwe begleitet F. auf einem Wandgem. in der Marienkirche in Pirna, zw. 1544 und 1546 (mit einem Zitat nach Prov 28,1 „Iustus autem quasi leo confidens absque“; [38] S. 166 und 452, Abb. 29). F. in modischer Kleidung, bez. mit „Die Starckmütigkeit“, ist auf einem Holzschnitt des Monogrammisten CE, Wittenberg, zw. 1561 und 1565, dargestellt, als streichle sie das abgeschlagene Löwenhaupt (Wahrhafftige, Schöne Figuren der furhnehmsten chr. Tugenden ...: Göttingen, K.slg. der Univ., Inv.nr. 204). Ein zähnefletschender Löwe blickt auf zu F. am Tugendbrunnen in Nürnberg, Guß nach 1586 von Benedikt Wurzelbauer ([38] S. 433, Abb. 3). Die Skulptur im Auszug des Altarretabels in der Stadtpfarrk. zu Pirna, 1611/1612, zeigt F. triumphierend, mit geschulterter Säule und mit einem Fuß auf dem Löwen stehend (Kdm. Freistaat Sachsen, S. 94, Taf. 26).
Noch Franz Georg Hermann gab in einem Deckengem., zw. 1754 und 1761, F. mit einem Löwen wieder (Alfons Kaspar, Der Schussenrieder Bibliothekssaal und seine Schätze, Erolzheim 1954, S. 43); Abb. 20 und 23.
C. Ripa verlangte neben der löwenfarbenen Kleidung der F. in Anlehnung an Giovanni Piero Valeriano (lib. II) die Bemalung ihres Schildes mit dem Kampf eines Löwens gegen ein Wildschwein, womit die von körperlicher Stärke begleitete Seelenstärke versinnbildlicht werde, da der Löwe maßvoll, das Wildschwein dagegen unüberlegt agiere. Auf dem Schild der „Fortezza d’animo e di corpo“ deutete C. Ripa die Keule als Zeichen körperlicher Stärke, der Löwenkopf stehe nach G. P. Valeriano für Großmut ([8] S. 92).
In seltenen Fällen repräsentierte der Löwe allein die F.
F., verkörpert durch den Löwen, reicht Maiestas das Schwert in einer von Marten de Vos entworfenen und von Jan Sadeler d. Ä. 1579 gestochenen Folge der Tugenden und Laster ([30] Bd. 46, Taf.bd. II, Nr. 1182); ebenso auf einem Wandbild des Tugendzyklus von Pietro Maria Bagnadore u.a. in Schloß Velthurns in Südtirol, 1581-1584 (Karl Wolfsgruber u.a., Schloß V., Bozen 1993, S. 104 und Abb. 107).
Zur Darstellung der F. im Kampf gegen den Löwen als Verkörperung des Bösen s. Sp. 236, 255 und 257.
Stier: In der Rose der Westfassade der Kath. N.-D. in Paris, um 1220, trägt F. auf dem Schild das Bild eines Stierkopfes: Abb. 4.
Auch die Stärke des *Elefanten gab Anlaß zu auf F. weisenden Deutungen (vgl. RDK IV, Sp. 1240).
Eine Medaille des Sigismondo Pandolfo de Malatesta von Matteo de’ Pasti, 1446, zeigt F. auf einem Sitz, der aus zwei Elefantenköpfen besteht (Hill, Bd. 1, S. 41, Nr. 178; Bd. 2, Taf. 33).
Der Adler ist F. zugeordnet auf einer Tapisserieserie mit dem Triumph der Tugenden von Jean de Bruxelles, um 1535, San Francisco, Fine Arts Mus. (Abb. 14). Bei Andrea Alciato gehört der Adler zu den „Signa fortium“ ([4] S. 36; Ausg. Padua 1621, S. 183).
c. Architekturmotive
Die Säule, in der Neuzeit das häufigste Attribut der F. , wurde dieser seit dem 14. Jh. in Italien zugeordnet. Grund dafür war ihre Funktion in der Architektur (vgl. C. Ripa, der sie mit dieser Begründung der „Fortezza“ beigab; [8] S. 90). Übertragene Deutungen wurden schon im MA vorgeschlagen, so von Alanus ab Insulis: Er sah die Stärke als Maß für den Wert der Handlungen eines Menschen und verwendete dabei den Ausdruck „columna fortitudinis“: wenn sie breche, stürze das Gebäude der guten Werke zusammen (Summa de arte praedicatoria 26, P. L . 210, Sp. 160). Seit den weitverbreiteten anononymen Kupferstichen der sog. „Mantegna-Tarocchi“, um 1465 (Abb. 10; [20] S. 67-69), wurde F. häufig beim Zerbrechen einer Säule oder mit Bruchstücken dargestellt. Säule, Säulenstumpf, -schaft, Kapitell oder Bruchstücke verweisen sowohl auf die körperlichen Eigenschaften von F. als auch auf die von F. veranschaulichten Tugenden (s. Sp. 226f.).
F. mit Säule: Skulptur eines unbekannten Genueser Meisters aus dem 1. V. 14. Jh. von der Fassade der Kirche S. M. Maddalena in Genua (Kopie der F. des Giovanni Pisano am Grabmal der Kgn. Margherita von Brabant in Genua, 1313: Max Seidel [Hg.], Giovanni Pisano a Genova, Genua 1987, S. 45, Abb. 20); Giusto de’ Menabuoi, Wandgem. im Salone des Palazzo della Ragione, Padua, nach 1370 (Carlo Guido Mor [Hg.], Il Palazzo della Ragione di P., Padua 1964, Abb. 104); Paolo Uccello, Wandgem. in der Capp. dell’Assunta im Dom zu Prato, um 1433-1435 (Franco und Stefano Borsi, Paolo Uccello, Mail. 1992, Abb. S. 189); In „L’Acerba“ ist die Säule das einzige Attribut der gekrönten „Fortezza“ ([3] Bl. 32v); Abb. 14. Eine Skulptur von Conrat Meit, um 1525, zeigt F., wie sie sich gegen eine Säule stemmt und sie zum Bersten bringen will (Georg Troescher, Conrat Meit von Worms, Frbg. i. Br. 1927, Taf. XIV). Abb. 15f.; Hendrik Goltzius, Kupferstich, 1587 (B. ill., Bd. 4, S. 246). Am Grabmal Maximilians I. in der Hofkirche in Innsbruck hält die sitzende F., entw. von Alexander Colin, gegossen von Hans Lendenstreich 1570, eine Säule im Arm (Kdm. Österr. 47, S. 365, S. 402 und Abb. 581); vgl. die Skulptur der F. an der Fassade des Ottheinrichsbaus des Heidelberger Schlosses, 1558-1589, von Alexander Colin (Helga Dressler, A. C., Karlsruhe 1973, S. 27 und Abb. 11). Auf dem nicht ausgeführten Entw. eines Brunnens mit F. von Tommaso Laureti (um 1530-1602) für Papst Pius IV. hält F. eine Säule im Arm, die mit dem Wappen des Papstes bekrönt ist (Heinz Widauer, Tommaso Lauretis Vorzeichnungen zum Neptunbrunnen in Bologna, K.-Jb. der Stadt Linz 1990/1991, S. 186, Abb. S. 187). Die Personifikation von F. mit geschulterter Säule dient der Illustration von Ier 9, 23 bei Melchior Mattsperger ([14] Nr. 198). - Abb. 18. Auf die Säule gestützt ist die Skulptur der F. in dem Zyklus von Tugenden an einem Beichtstuhl von Michiel van der Voort, gen. Vervoort, d. Ä., um 1713, aus der Abtei Sint Bernards op’t Schelt (Antwerpen, Liebfrauenkirche; Abb.slg. RDK). F. mit ganzer Säule zeigte auch P. Ambrosius Reith im Deckengem. im Festsaal des Rathauses in Esslingen, 1725/1726 ([52] S. 616, Abb. 96). - Abb. 22.
F. mit Säulenfragment: Grabmal des Vieri da Bassignana, Mus. d’Arte Antica, Castello Sforzesco, Mailand, um 1370 (Costantino Baroni, Scultura got. lombarda, Mail. 1949, Abb. 258); Cassone, 15. Jh. (Schubring, Cassoni, Taf. 484); Abb. 10. - Auf einem Holzschnitt von Hans Burgkmair, um 1510, hantiert F. mit Kapitellen und Säulenfragmenten: Geisberg-Strauss, Bd. 2, S. 453. Eine in der Mitte gebrochene Säule ist das Attribut der F. auf einem Wandgem. in der Marienkirche in Pirna, 1544/1546 ([38] S. 452, Abb. 29); Abb. 13. Die Darstellung Peter Flötners der auf einen Säulenstumpf gestützten F. in einer Serie von Bleiplaketten mit sieben Tugenden diente u.a. als Vorlage für Model von Ofenkacheln, zw. 1550 und 1560 (Kat. „Kölner Ofenkacheln. Die Bestände des Mus. für Angewandte K. und des Kölnischen Stadtmus.“, bearb. von Ingeborg Unger, Köln 1988, S. 113f., Nr. 86). F. wurde häufig mit Säulenfragment(en) in der Serie der Tugenden von Virgil Solis dargestellt (B. ill., Bd. 19, T. 1, S. 95, S. 97 und S. 104). Säulenfragmente oder -stümpfe kennzeichnen F. in den Kupferstichserien mit sieben Tugenden von Jacob Matham und Jan Saenredam nach Hendrick Goltzius oder Jacques de Gheyn II ([22] S. 28-30, 33-35, 40-42 mit Abb.). Eine Säule ohne Kapitell umfaßt F. in der Tugendserie von Jost Amman, Federzeichnung, nach 1580 ([38] S. 440, Abb. 11).
F. auf Säulentrommeln sitzend war dargestellt in der zerstörten ersten Fassung des Deckenfreskos im Antiquarium der Münchner Residenz, Umkreis von Friedrich Sustris, um 1583 ([27] Bd. 3,2, S. 79f., Abb. S. 829). Stuckrelief von Caspar Feichtmayr im Fürstensaal des Klosters Andechs, zw. 1670 und 1674 (Karl Bosl u.a. [Hgg.], Andechs. Der hl. Berg, Mchn. 1993, S. 202f., Abb. 3a).
F. mit einer ganzen und einer gebrochenen Säule sowie einem Löwen zeigt eine Schaumünze des Jakob Stampfer, 1565 (Umschrift nach der Devise des Erasmus von Rotterdam „Nullis Cedo“: Habich, Schaumünzen, Bd. 1,1, Taf. 108, Nr. 4 und S. 128, Nr. 873).
Der Turm steht für Wehrhaftigkeit und veranschaulicht die defensiven Eigenschaften der F. In dem mittelengl. Traktat „Vices and Vertews“, um 1200, wird F. mit der „turris fortitudinis“ (vgl. Ps 60,4 und Prov 18,10) kombiniert (Ferdinand Holthausen [Hg.], Vices and Virtues, being a souls confession ..., Oxf. 1888, S. 106).
Einer der zwölf Türme des sog. Hezilo-Leuchters, zw. 1055 und 1065, der das himmlische Jerusalem versinnbildlicht, ist inschriftlich mit F. bezeichnet (Willmuth Arenhövel, Der Hezilo-Radleuchter im Dom zu Hildesheim, Bln. 1975, S. 43). In Darstellungen der Belagerung der Tugendburg (vgl. [23] S. 44f.) ist F. die Bezeichnung für einen der Türme: Rom, Bibl. Casanatense, ms. 1404, fol. 27r, oberdt., zw. 1440 und 1450; s. Kurth, Bildteppiche, Bd. 1, Abb. 83).
In italienischen Beispielen ist dieses Attribut seit etwa M. 14. Jh. nachweisbar.
Auf dem Mauerwerk sind die Eigenschaften der F. als Inschriften mitgeteilt, z. B. in den Abschriften des Textes von Convenevole da Prato ([49] Abb. 59[a] und 61; Abb. 9) und in der Ill. von Nicolò di Giacomo zu Bartolus de Sassoferrato, Lectura super digesto novo, die Augustinus als Kirchenlehrer zeigt, umgeben u.a. von Personifikationen der Theologie und Philosophie sowie der sieben Freien Künste (Madrid, BN, cod. 197, fol. 3r, zw. 1360 und 1370: [34] S. 137-146, Abb. 4). Genannt sind dort: „magnanimitas“, „magnificentia“, „fidutia“, „pacientia“, „perseverantia“, „constantia“, „securitas“, „tollerantia“, „firmitas“ ([34] S. 143).
Auf dem Wandgem. mit dem sog. Triumph des hl. Thomas von Andrea Bonaiuti in der Span. Kap. von S. M. Novella in Florenz, 1366/1367 (Hans Belting und Dieter Blume [Hgg.], Malerei und Stadtkultur in der Dantezeit ..., Mchn. 1989, Taf. 12), trägt F. in Anspielung auf die Trinität einen dreistufigen Turm. Taddeo di Bartolo stellte die sitzende F. in einem Wandgem. der Antecapp. des Pal. Pubblico, Siena, 1414, ebenfalls mit einem kleinen Turm dar ([48] Taf. 17a).
In der franz. Buchmal. im 15. und 16. Jh. wird F. vor allem mit einem kleinen Turm (neben Amboß und Schraubpresse: Sp. 245) dargestellt, aus dem sie einen Drachen hervorzieht. Verse in verschiedenen Abschriften von Ps.-Seneca in der franz. Übers. des Jehan de Courtecuisse (1403) erläutern, der Turm stehe für die unbesiegbare Herzensstärke des Menschen, die das Böse aus seinem Gewissen vertreibe: „La force du cuer est la tour / Qui nest vaincue par nul tour / Qui mest hors de sa conscience / le mauvais ver est grant science“ (Paris, BNF, ms. fr. 9186, fol. 304r, um 1470: Abb. 11; vgl. Chantilly, Mus. Condé, ms. XVIII D, fol. 240v: [35] Taf. 4); vgl. ferner eine Hs. mit der franz. Übers. der Ethik des Aristoteles von Nicolas von Oresme, wohl um 1450 (Rouen, Bibl. mun., ms. 927, fol. 17v: Rosemond Tuve, Notes on the Virtues and Vices, Part I, JWCI 26, 1963, S. 264-303, Taf. 33b). Die Ill. von François Demoulins, Traité des vertus, Lyon, nach 1509 (?), zeigt die von den Türmen „Firmite“, Magnanimite“, „Fiance“, „Sevrte“, „Magnificence“, „Tolerance“ und „Constance“ umgebene F., die „Respublica“ und „Patria“ in ihren Armen hält: Paris, BNF ms. fr. 12 247, fol. 8v: Abb. 12. Einen Turm hält auch die F., die als eine der Kranke pflegenden geistlich gekleideten Kardinaltugenden gezeigt wird (Ill. zu Jean Henry, Livre de Vie Active, gegen 1482, Paris, Mus. de l’Assistance Publ., Inv.nr. AP 572, fol. 77r: Ausst.kat. „Gratia Dei ...“, Québec 2003, Abb. S. 97). Weitere Beisp.: Nantes, Kath., Grabmal des Hzg. François II. der Bretagne von Michel de Colombe, 1502-1507 (Georg Kauffmann, Die K. des 16. Jh., FfM. und Bln. 1969 [Propyläen-Kg., 7], Abb. 230a). Pieter van Aelst, Bildteppich „Justicia“ aus der Folge „Los Honores“, um 1520 (Cat. de Tapices del Patrimonio Nac., Bd. 1, Madrid 1986, S. 44f., mit Abb.).
C. Ripa ordnete einen Turm der „Fermezza“ als Attribut zu ([8] S. 85). Weitaus seltener als Attribut war die Pyramide.
Unter dem Motto „F. Custos Dignitatis“ schmückt die personifizierte F. mit einer Pyramide das Titelblatt einer Leipziger Ausgabe von Ovids Metamorphosen aus dem Jahre 1582. Im Hintergrund der Abbildung zu Gravelot-Cochin sind zwei Pyramiden zu sehen ([18] Nr. 55). Filippo Picinelli betont die Solidität dieser Gebäude ([13] T. 2, XVI,172).
d. Pflanzen und Mineralien
Einen Eichenzweig erhielt F. als Attribut vorwiegend im 16. Jh.
Für G. P. Valeriano verkörperte die Eiche physische Stärke ([6] lib. LI); C. Ripa hingegen setzte den Eichenzweig mit der Geistesstärke gleich, da dieser wegen der Härte des Holzes auch mit lat. „robur“ bezeichnet worden sei ([8] S. 91; Abb. 17; vgl. [11] T. 1, S. 77. In „Kunst-Göttin Minerva“ steht der Eichenzweig für die himmlische Stärke ([15] S. 57). In der Beschreibung bei Jakob Masen ist F. mit einem Eichenkranz gekrönt (Speculum Imaginum Veritatis ..., Köln 1650, erw. Neuausg. Köln 1664, S. 228); vgl. auch [13] T. 1, lib. 9, Nr. 407 und 414.
Einen Eichenzweig zeigen Raffaello Santis Fresko in einer Lünette der Stanza della Segnatura, Vatikan, Rom, 1511 (Pierluigi de Vecchi, Raffael, Frbg. i.Br. 1983, S. 170) und die Skulptur am Grabmal des Papstes Hadrian VI. in Rom, S. M. dell’Anima, 1522-1523 ([33] S. 66f., Abb. 40).
Den Zweig einer Palme tragen alle Kardinaltugenden in frühen Darstellungen: Vivian-Bibel (s. Sp. 228); Mosaik über dem Grab der Gräfin Mathilde von Tuszien, S. Benedetto di Polirone, M. 12. Jh. ([55] Bd. 3, S. 435 und 437). Im „Liber floridus“ des Lambert von St-Omer (gest.
1077) wird die Palme auch in Zusammenhang mit F. gebracht (Gent, Univ.bibl., ms. 92, fol. 76v: Albert Derolez [Hg.], Lamberti S. Audomari ... Liber Floridus, Gent 1968).
Als spezifisches Attribut kommt der Palmzweig erst ab dem 16. Jh. vor. Er ist gleichzeitig Siegeszeichen und Symbol für das Martyrium als besonderer Ausdruck von „F.“.
Beispiele: Erste Fassung des Deckengem. im Antiquarium der Münchener Residenz, Umkreis des Friedrich Sustris, um 1583 ([27] Bd. 3, 2, Abb. S. 82); Andechs, Kloster- und Wallf.k., Deckengem. von Johann Baptist Zimmermann, 1753-1755 (ebd., Bd. 1, S. 297, Abb. EU4).
Zur Rose als Attribut von F.: Gaben des Hl. Geistes.
Den *Diamanten ordnete Brunetto Latini wegen seiner Härte der F. zu (Li livres dou trésor, II,I,3); vgl. Genf, Univ.bibl., ms. fr. 160, fol. 82r, zw. 1460 und 1470 ([50] Farbabb. 18). Auch von G. P. Valeriano ([6] lib. XLI) und bei anderen Autoren emblematischer Werke wird der Diamant im Sinne extremer Widerstandskraft interpretiert; [13] T. 1, lib. 12, Nr. 7, 12, 34; [29] Sp. 85-87.
Beisp.: Grabmal des Germain Pilon für Heinrich II. und Katharina von Medici in St-Denis, um 1560-1573 (Jean Babelon, G. P., Paris 1927, Abb. 16 [dort fälschlich mit „la Sagesse“ identifiziert], der hier auch auf die Impresen des Cosimo de’ Medici und seines Sohnes Pietro anspielt (vgl. Paolo Giovio, Dialogo dell’imprese militari e amorose, Lyon 1574, S. 46f.; dazu dgl., hg. von Maria Luisa Doglio, Rom 1978, S. 63f.). F. zeigt einen Diamanten auf einem Deckenfresko des Giovanni Battista Piazzetta von 1727 in der Capp. di S. Domenico in Ss. Giovanni e Paolo in Venedig (Ennio Concina, Kirchen in V., Mchn. 1996, S. 185).
e. Sonstiges
In einigen nordfranz. Hss. der „Somme le roi“ hat F. einen Fuß auf einen am Boden liegenden Mann gestellt, gegen den ein anderer eine Axt erhoben hat. Zwischen F. und dem Angreifer lodert eine hohe Flamme (Beisp.: London, BL, Add. ms. 28 162, fol. 4v: [50] S. 87, Abb. 53; Deutungsversuche bei [53] S. 43, und [39] S. 265, Anm. 4).
In vielen Darstellungen hält F. eine Scheibe, die oft mit verschiedenen Motiven geschmückt ist.
In einer picardischen Hs. der „Somme le roi“, dat. 1311, hält die gekrönte F. eine Scheibe mit einer Taube (?) und steht an einem Fluß. Neben ihr lodert eine Flamme. Im Hintergrund sind sieben goldene Kugeln (?) zu sehen, die möglicherweise auf die Gaben des Heiligen Geistes hinweisen sollen (Paris, Bibl. de l’Arsenal, ms. 6329, fol. 96v: [46] S. 119, Abb. 193a). F. hält eine Scheibe mit dem Bild eines Löwen in späteren Hss. der „Somme le roi“, wie in jener von 1415, Brüssel, BR, ms. 11 041, fol. 65v ([50] S. 90, Abb. 56). Weitere Beispiele: Skulptur am Grabmal des hl. Petrus Martyr von Giovanni di Balduccio, Mailand, S. Eustorgio, um 1339 ([55] Bd. 4, Abb. 438); Bergamo, Baptisterium, Nischenfigur, Giovanni da Campione zugeschr., um 1340 (ebd. Abb. 511); Nicola Pisano, Skulptur am Grabmal des hl. Augustinus in Pavia, S. Pietro in Ciel d’Oro, 1362-1370 (Anita Fiderer Moskowitz, Nicola Pisano’s Arca di S. Agostino and its Legacy, Univ. Park, Penns., 1994, Abb. 65).
Der Amboß, meistens auf dem Kopf getragen, und die Schraubpresse, auf der F. steht, sind vor allem in französischen Beispielen des 15. Jh. verbreitet (vgl. Sp. 241).
Nach Ps.-Seneca steht der Amboß für den Geist eines Menschen, dessen Stärke durch häufige Prüfungen (Hammerschläge) wächst (vgl. Hebr. 12,6): „L enclume se rent clere et fine / Par souvent prendre discipline“ (Paris, BNF, ms. fr. 9186, fol. 304r [42] S. 338, Abb. 158, s. Sp. 241; vgl. Chantilly, Mus. Condé, ms. XVIII D, fol. 240v: [35] Taf. 4). Zur Veranschaulichung trägt F. in einer Min. von Jean Mansel in „Fleur des histoires“, 1454/1467, zusätzlich zum Amboß einen Hammer (London, BL, Add. ms. 6797, fol. 276r: [50] Farbabb. 16). Die Schraubpresse, auf der F. steht, wird in den Versen zur Ps.-Seneca-Hs., Paris, BNF, ms. fr. 9186, fol. 304r (s. oben), als „pressoir de contrition“ bezeichnet und versinnbildlicht Buße und Reue.
5. Ikonologien
In den Ikonologien wurde zwischen den verschiedenen Ausprägungen der Stärke, „Fortezza“ und „Forza“, unterschieden ([8] S. 90-93 und S. 96; Ripa-Orlandi, Bd. 3, S. 109-112. Hertel führte allerdings nur „Robur“ auf ([17] S. 167, Nr. CLXVII).
Cesare Ripa bot mehrere Varianten der F. unter dem Stichwort „Fortezza“. Der Text dieser Beschreibung blieb in den Ausgaben seit 1593 inhaltlich unverändert. Die Edition von 1603 enthält erstmalig die Darstellung der F. als gewappnete Frau mit einem Schild in der Linken, der den Kampf des Löwen mit dem Eber zeigt: Abb. 17. In ihrer Rechten hält sie einen Eichenzweig sowie einen Stab, der in der in späteren Ausgaben zum Speer umgedeutet wurde ([8] S. 90-93; Ripa 1603, S. 166-169; Ripa 1618, S. 201-203; Ripa 1625, S. 253-255).
F. sei darzustellen als bewaffnete Frau mit löwenfarbener Kleidung, die sich auf eine Säule stütze, da es der stärkste Teil des Gebäudes sei, der alle anderen Teile trage. Sie habe einen großen Körper, aufrechte Haltung, starke Knochen, eine üppige Brust, dunkle Gesichtsfarbe, dichtes Haar, glänzende, nicht allzuweit geöffnete Augen, in der rechten Hand einen Speer mit einem Eichenzweig, am linken Arm einen Schild, auf den ein Löwe gemalt ist, der mit einem Wildschwein kämpft. Eine Frau, die mit einer Keule einen großen Löwen erschlägt, am Boden liegt ein Köcher mit Pfeilen und Bogen. „Fortezza d’animo et di Fortezza di corpo“ werde dargestellt durch eine Frau, gewappnet mit einem Harnisch, Helm, Schwert und Lanze, die im linken Arm einen Schild mit einem Löwenkopf trage. Darüber sei eine Keule, wie man es auf einer antiken Münze sehen könne. „Fortezza, et valore del corpo congiunto con la prudenza, et virtù dell’animo“ sei gerüstet mit Harnisch, Helm und Schild und trage in der Rechten einen Speer, um den sich eine Schlange winde. Auf dem Helm sei ein Lorbeerkranz mit einem goldenen Band, das das Motto „His Frugibus“ trage. Die „Fortezza del corpo congiunta con la generosità dell’animo“ sei eine gerüstete Frau, in der Rechten halte sie die Keule des Herkules, als Helm einen Löwenkopf, wie man es auf antiken Statuen sehe.
Die nur als Körperkraft aufgefaßte „Forza“ wurde von C. Ripa als kräftige Frau mit Stierhörnern beschrieben, deren Attribut der Elefant (RDK I V, Sp. 1240) sei ([8] S. 96; Ripa 1603, S. 171; Ripa 1618, S. 206; Ripa 1625, S. 258). Bei J. Baudoin erscheint diese bei der „Force de Courage“ ([11] T. 1, S. 77, T. 2, S. 67).
Gemäß der Beschreibung von C. Ripa wurde die F. in der Bearbeitung von Johann Georg Hertel, um 1760, unter „Robur“ oder „Die Stärcke“ dargestellt mit einer Keule, die mit Eichenlaub umwunden ist, mit einer Säulenbasis und einem Schild, der den Kampf des Löwen gegen das Wildschwein zeigt. Im Hintergrund sieht man den mit dem Löwen kämpfenden Samson ([17] Taf. 167).
Der Gedanke der „Forza minore, da maggior forza superata“ wird schon in der Ausgabe von 1593 angesprochen ([8] S. 96), systematisch in der Ausgabe von 1603 unter den Titeln „Forza alla Giustitia sottoposta“ und „Forza sottoposta all’ Eloquenza“ ausgeführt, aber erst in den späteren Ausgaben mit dem von der jeweiligen Personifikation unterworfenen Löwen illustriert (z. B. Ripa 1618, S. 207f.).
B. Vorkommen
Personifikationen der F. kommen im MA fast ausschließlich in Zyklen der Tugenden vor (Kardinaltugenden; Tugenden und Laster; s. auch Gaben des Hl. Geistes), nicht aber in der Psychomachie. Seit der Renss. wurde F. auch vielfach mit einzelnen Tugenden oder Personifikationen als Paar oder Gruppe gezeigt, doch gibt es im Gegensatz etwa zu *Fides oder Justitia offenbar kaum Einzeldarstellungen von F.
Selten ist F. in einem Zyklus von mehreren Tugenden selbständig dargestellt wie auf einer Brüsseler Tapisserie, um 1535, die zu einer Serie der sieben triumphierenden Tugenden gehört: Löwen ziehen ihren Wagen, Repräsentanten der F. wie *Alexander und Judith umgeben sie (Abb. 14). Häufiger gehört F. besonders in der Herrschafts-Ikonographie zu den Begleiterinnen der Triumphzüge anderer Personifikationen, z. B. der Libertas (Hans Vredeman de Vries, Danzig, Ratssaal, 1594/1595: [52] S. 612, Abb. 91) oder der Sapientia: Peter Candid, Mittelbild der Decke des „Goldenen Saals“, Augsburg, Rathaus, 1620/1621 ([52] S. 584, Abb. 60). - F. nimmt mit anderen Tugenden teil am Triumph Mariens: Geoffroy Tory (?), Holzschnitt, Illustration zu den „Heures de la Vierge“, 1542 ([42] S. 306, Abb. 146). Sie befindet sich auch unter den Tugenden, die die Providentia divina auf dem Thron Salomonis umgeben, auf dem Kupferstich nach dem Entw. von Andrea Sacchi in: Aedes Barberinae ad Quirinalem a comite Hieronymo Fetio Perusino descriptae, Rom 1642, nach S. 82.
1. F. in Lehrfiguren
Dort, wo man die Tugenden in schematischen Darstellungen zusammenfaßte - wie im MA zum Gebrauch in der Lehre häufig -, wies man auch der F. einen Platz zu.
Die gerüstete Personifikation der F. kommt in Beispielen des Rad-Schemas vor und ist z. B. in Ill. zu Carmen 46 des Theodulf von Orléans zusammen mit Moderatio, Justitia und Prudentia dem Bereich der Ethik zugeordnet: De septem liberalibus ..., carmina v. 47-52: MGH, Poetae Latini ..., Bd. 1, S. 545); weitere Beispiele: [56] Abb. 6 und 11). Bei Francesco de Caronellis ist die „Rota fortitudinis“ Teil eines Wagens, dessen Achsen mit „Fides“ und „Spes“ bezeichnet sind (Liber currus magnifici Karariensis moraliter descriptus, Paris, BNF, ms. lat. 6468, fol. 9v, Oberit., um 1376: RDK VIII, Sp. 898, Abb. 5).
In den Baum-Schemata (zum Prinzip: RDK II, Sp. 74f.) ist F. in der Regel den Kardinaltugenden zugeordnet.
So sind ihr in „Speculum virginum“-Hss. des 12. Jh. die Tugenden Requies, Constantia, Stabilitas, Tolerantia, Confidentia, Perseverantia und Magnificentia nachgeordnet (z. B. Köln, Hist. Archiv, W. 276a, fol. 12r, M. 12. Jh., wohl aus dem Augustinerinnenkloster St. Maria in Andernach: CCCM 5, Abb. 5; London, BL, ms. Arundel 44, fol. 29r, wohl aus dem Kloster Eberbach, zw. 1140 und 1150; Liber de fructu carnis et spiritus, 1133, Leipzig, Univ.bibl., ms. 148, fol. 114r: Eleanor Simmons Greenhill, Die Stellung der Hs. Brit. Mus. Arundel 44 in der Überlieferung des Speculum virginum, Mchn. 1966 [Mitt. des Grabmann-Inst. der Univ. München, 10], mit Abb.); Ill. zu Ps.-Hugo von St-Victor, De fructibus carnis et spiritus: Salzburg, Univ.bibl., M I 32, fol. 76r, Salzburg (?), 2. Dr. 12. Jh. (Abb. 2). In den „Diffinitiones virtutum et viciorum“ wird F. charakterisiert als „Fortitudo est inmobilis inter adversa animi laborum et periculorum susceptio“: Darmstadt, Hess. L.- und Hochschulbibl. ms. 738, fol. 138v-141r (ebd., S. 22); Rom, Bibl. Casanatense, ms. 1404, fol. 17v und 36r, oberdt., um 1440-1450; London, Wellcome Libr. for the Hist. and Understanding of Medicine, ms. 49, fol. 48v, oberdt., um 1440-1450: RDK VIII, Abb. Sp. 901f.; mit Personifikation im Psalter des Robert De Lisle, zw. 1300 und 1310: London, BL, ms. Arundel 83 II, fol. 129r: [32] Taf. 9, S. 128. Als „Strenthe“ und „Strenthe et myght“ ist F. bezeichnet im Tugendbaum einer nordengl. Hs., 1. H. 15. Jh., London, BL, Add. ms. 37 049, fol. 54r und 66r.
Das Turm-Schema konnte - nach Ps 60,4 mit „turris fortitudinis“ bezeichnet - der Aufzählung der Kardinaltugenden dienen (Chantilly, Mus. Condé, ms. 1426, fol. 3r, Bologna, M. 14. Jh.: RDK VIII, Sp. 896, Abb. 4).
In den Fällen, in denen es gewählt wurde, um z. B. die mit der Weisheit zusammenhängenden Eigenschaften oder die Tugenden systematisch darzustellen, wurde F. auf einer Säule gezeigt: Psalter des Robert De Lisle, zw. 1300 und 1310, London, BL, ms. Arundel 83 II, fol. 135r ([32] Taf. 25 und S. 132; Budapest, Zentralbibl. des Piaristenordens, cod. 110, fol. 267v, Wien, 1413: Anna Boreczky, Imitation und Invention ..., Acta Hist. Artium 41, 1999/2000, S. 1-62, Abb. 71 auf S. 50).
Bei der Tugendleiter ist mit F. eine Stufe etwa in der Mitte des Weges zu Gott bezeichnet, die Zuweisung der Stufen an andere Tugenden variiert (London, BL, ms. Royal I B X, fol. 4r: [54] Abb. 25; Wolfenbüttel, Hzg. August Bibl., ms. Helmst. 217, fol. 299v, um 1460, und Holzschnitt, Augsburg, um 1490: [28] Abb. 104 und 100). Verbreitet war die Tugendleiter mit der Abfolge von „Temperantia“, „Fortezza“ und „Iustitia“ durch den Baccio Baldini zugeschriebenen Kupferstich in: Antonio Bettini da Siena, Monte santo di Dio, Flor. (Nicolaus Laurentius) 1477, Bl. 4v: B. ill., Bd. 24, S. 296; vgl. ([28] Abb. 91).
2. F. in Tugendpaaren und -gruppen
Mit wechselnden Begleiterinnen kommt F. häufig in der Herrscherikonographie vor, wo sie außer der Glaubensstärke auch die vom Herrscher geforderte Standhaftigkeit in Regierungsfragen und politischen Entscheidungen repräsentiert. Sind die Kardinaltugenden in Paare aufgeteilt, ist die Kombination mit Temperantia (s. Sp. 254) besonders häufig.
Beisp.: Ill. zu Ps 121 im Stundenbuch des Giangaleazzo Visconti, vor 1402 und nach 1413, Florenz, BN Centrale, ms. B.R. 397, fol. 120v: [45]); Relief an der Fassade des Bremer Rathauses, 1608-1612 (Rolf Gramatzki, Das Rathaus in B., Bremen 1995, S. 105, Abb. 147); auf einer Ofenkachel des 3. Dr. 17. Jh. sind die beiden Tugenden unterhalb der Personifikation der Asia dargestellt (Rhein. Bildarchiv, Plattennr. 11 880; vgl. Kachel am Ofen in Nagytétény, Schloßmus.: Éva Cserey, Dt. Kacheln und Öfen vom 15. bis 17. Jh. im ungarischen Kgwb.mus. Budapest, in: Zur Regionalität der Keramik des MA und der Neuzeit. ..., Bonn 1995 [Dpfl.
und Forschg. in Westf., 32], S. 24f., Abb. 9 und 10a); J. B. Zimmermann, Deckengem. in der Wallf.k. in Andechs, 1753-1755 ([27] Bd. 1, S. 297, Abb. EU4).
F. und Prudentia wurden als Eigenschaften Gottes gedeutet im Titelblatt einer Kupferstichserie von Dirck Volckertsz Coornhert nach Adriaan de Weert zur Schöpfungsgeschichte: Gott regiert die Welt mit Weisheit und Stärke (B. ill., Bd. 55, S. 7). Als herrscherliche Tugenden begleiten sie das Porträt Friedrichs V. von der Pfalz, Kupferstich von Lukas Kilian, 1. Dr. 17. Jh. ([47] S. 277, A 16 265).
F. und Justitia als Herrschertugenden begleiten die Reiterfigur des Bernabò Visconti von Bonino da Campione, 1354-1362 (Mus. d’Arte Antica, Castello Sforzesco in Mailand: Kurt Bauch, Das ma. Grabbild ..., Bln. 1976, S. 193, Abb. 304). Sie sind ebenso wiedergegeben neben dem Stammbaum des Hauses Württemberg auf einem Holzschnitt von Jacob Lederlein, 1585 (Ausst.kat. „Die Renss. im dt. Südw.“, Heidelberg 1986, S. 420, F 54) sowie auf zahlreichen Herrscherporträts (Hanns Lautensack, Erzhzg. Maximilian von Österreich, Kupferstich, 1555: B. ill., Bd. 18, S.
380) oder in Darst., die anderen Repräsentanten der Gerichtsbarkeit gewidmet sind (z. B. Gerichtsscheibe der Grafschaft Kiburg, dat. 1687 [36] Bd. 2, Zh. 1970, Nr. 692). Ein Sgraffito an der Außenwand des 1569 voll. Großen Ballhauses der Prager Burg zeigt ebenfalls F. mit Justitia (Abb.-slg. RDK). Die Personifikationen der beiden Tugenden wurden zusammen auch als Ill. von Is 45, 24 dargestellt ([14] Nr. 86).
F. und Patientia kommen zusammen seit dem 16. Jh. vor: Hendrik Goltzius, Kupferstich, 1582/1583, Nr. 101 (B. ill., Bd. 3, S. 107, B. 114). In einem Kupferstich des Battista Franco, M. 16. Jh., ist F. zu sehen, die eine stürzende Säule hält, der aufrecht stehenden und auf einen Regenbogen verweisenden Patientia untergeordnet (Rudolf Wittkower, Allegory and the Migration of Symbols, Ld. 1977, S. 112, Abb. 161). Ab dem 16. Jh. übernahm Patientia auch Attribute der F.
F. und Clementia wurden Misericordia und Veritas (vgl. Ps 84,11) in einer der Festdekorationen anläßlich des Einzugs der Maria Tudor in Paris am 6. November 1514 gegenübergestellt, wie eine Miniatur in Pierre Gringores 1538 oder 1539 abgeschlossenem Bericht über die Feierlichkeiten zeigt (London, BL, ms. Cotton Vespasian B. II, fol. 10r: Lawrence Bryant, The King and the City, Genf 1986, S. 267, Abb. 29).
F. und Concordia wachen auf einem Gem. von Daniel Freese im Lüneburger Rathaus, 1576, gemeinsam über die Stadt, die durch Gottesfurcht sämtlichen Feinden standhalten kann ([52] S. 642, Abb. 124).
F. und Oboedientia sind im Gem. einer Kartusche im Langhaus von St. Ulrich in Seeg von Johann Baptist Enderle, um 1770, vereint (Karl Ludwig Dasser, Johann Baptist Enderle [1725- 1798] ..., Weißenhorn 1970, S. 143; Hugo Schnell, Pfarrk. Seeg im Allgäu, Mchn.-Zh. 31971 [K.führer Nr. 454], Abb. S. 149).
F. mit theologischen Tugenden:
F. und Fides verkörpern zusammen Glaubensstärke (RDK VIII, Sp. 808). Sie begleiten das Porträt des Kirchenvorstehers Heinrich Bullinger auf einem Glasgem. nach dem Entw. von Tobias Stimmer, dat. 1577: [36] Bd. 1, Nr. 333 mit Abb. Sie wachen am Grabmal des Papstes Innozenz XI. von Pierre Étienne Monnot in Rom, St. Peter ([33] S. 88, Abb. 58). Unter den Tugenden des Guten Regiments ist neben F. die Treue auf einem Deckengem. von P. A. Reith dargestellt (Esslingen, Rathaus, Festsaal 1725/1726: [52] S. 616, Abb. 96).
F. und Spes begleiten die Szene der Kreuzauffindung im Zyklus mit Szenen aus dem Leben der hl. Helena von Nicolò Circignani, gen. il Pomarancio, in Rom, S. Croce in Gerusalemme, 1593 (Ilse von zur Mühlen, Bild und Vision, FfM. 1998, S. 35f.).
F. und alle *theologischen Tugenden sind als Hinweis der besonderen Glaubensfestigkeit Mariens der Darstellung des Marientodes zugeordnet (Johannes Sadeler, 1576: [30] Bd. 45, S. 240, Nr. 719). Ebenso konnten die Tugenden für die besondere Glaubensstärke einer Kommune stehen (Standesscheibe aus Zürich, dat. 1577: [36] Nr. 352 mit Abb.). Auch im 18. Jh. wurde F. zusammen mit den drei theologischen Tugenden dargestellt: Christian Thomas Wink, Wandgem. in den Pendentifs der zentralen Kuppel von St. Leonhard, Gde. Dietramszell, Obb., 1769 ([27] Bd. 2, S. 234-238).
F. und Caritas sind als Tugenden des Stadtregiments in einem gemeinsamen Bildfeld dargestellt bei Melchior Bocksberger, zweiter Entw. für die Fassadendekoration des Regensburger Rathauses, zw. 1573 und 1574 ([52] S. 668, Abb. 149).
3. Herrscherlob
F. gehört zusammen mit Sapientia seit der Antike zu den klassischen Herrschertugenden (Claudia Brink, Arte et marte: Kriegskunst und Kunstliebe im Herrscherbild des 15. und 16. Jh., Bln. 2000 [Kw. Stud., 91], S. 13-19).
Die fiktive Abstammung der Habsburger von Herkules (Guido Bruck, Habsburger als Herculier, Jb. Kh. Slgn. N. F. 14, 1953, S. 191-198) und der Löwe als Wappentier der Wittelsbacher (Lorenz Seelig, Aspekte des Herrscherlobs, in: Ausst.kat. „Kf. Max Emanuel ...“, München 1976, Bd. 1, S. 7, 9f.) gaben vor allem diesen Fürstenhäusern Anlaß zur häufigen Darstellung oder Nennung von F. und deren Verwendung in Impresen (s. Sp. 263).
Um Herrscherdarstellungen oder Herrscherwappen wurde F. häufig zusammen mit anderen Tugenden gruppiert.
Die vier Kardinaltugenden umgeben den thronenden Kaiser Heinrich VI. im „Liber ad honorem Augusti (Heinrici VI. Imperatoris)“ des Petrus de Ebulo (Bern, Burgerbibl., cod. 120 II, fol. 146r , 1195-1197: Petrus de Ebulo, Liber ad honorem augusti sive de rebus Siculis ..., hg. von Theo Kölzer und Marlis Stähli, Sigmaringen 1994, S. 238f.). F. und Temperantia stehen vor dem Thron des Erbprinzen Karl bei Remy du Puy, La tryumphante et solemnelle entree ... de ... prince Mons. Charles (Wien, Österr. Nat.bibl., cod. 2591, fol. 37r, nach 1515: RDK VIII, Sp. 1429f.: Abb. 5b); mit Fides, Caritas, Justitia: Hanns Lautensack, Erzhzg. Karl, Kupferstich, 1554 (B. ill., Bd. 18, S. 382, B. 213); mit Sapientia, Justitia, Patientia: Johann Hogenberg (?), Kf. Friedrich IV. von der Pfalz, Radierung, 1581/1594 ([47] S. 266, A 16 252); mit Fides, Justitia, Temperantia: Francesco Brizio nach Ludovico Carracci, Kupferstich, Wappen eines Kardinals der Familie Mattei, 1. V. 17. Jh. (B. ill., Bd. 40, S. 123, B. 259); mit Justitia und Pax: Peter Isselburg nach Gabriel Weyer, Porträt des Kaisers Matthias und seiner Gemahlin Anna, Kupferstich, 1613 ([31] Bd. 15a, S. 174).
Auf F. als herrscherliche Tugend verweist deren Darstellung mit anderen Tugenden auf dem Thronsessel von Bendix Grodtschilling für den dän. König, 1662-1665, in Kopenhagen, Schloß Rosenborg (Eugen von Philippovich, Elfenbein, Braunschweig 1961, S. 9, Abb. 5).
4. Heiligenleben
F. wird bisweilen als Hinweis auf die (besonders im Martyrium bewiesene) Glaubensstärke von Heiligen (s. Sp. 260) deren Darstellung zugeordnet.
Auf den Fresken von Joh. Baptist Anwander in der Pfarrk. St. Petrus und Paulus in Pittriching, Obb., 1753, begleiten die Kardinaltugenden das Hauptbild „Martyrium Petri und Pauli“, wobei F. neben Helm und Löwenfell auch ein Schwert, ein Kreuz mit der Inschrift: „Gaudeo in passionibus“ (Col 1,24), Geißelsäule, Strick, Kette und Rute mit sich führt ([27] Bd. 1, S. 196, Abb. A4). In einem Zyklus von Glasfenstern zum Leben des hl. Romanus in der Kath. von Rouen, 1521, steht F. dem Heiligen bei, der die Dämonen aus dem Tempel der Venus vertreibt (Georges Ritter, Les vitraux de la cath. de R., Cognac 1926, Taf. 89).
5. F. mit ihren Gegnern
Die jeweilige Interpretation von F. als Glaubensstärke oder Tapferkeit und Körperkraft bestimmte die Wahl ihrer Gegner. Dabei reichte das Spektrum von den Lastern der geistigen und körperlichen Trägheit, der Schwäche und der Verzweiflung bis zu den Verkörperungen des Bösen.
Thomas von Aquin nannte in der Tradition des „Goldenen Mittelweges“ nach Aristoteles „timor“, „intimiditas“ und „audacia“ als der F. entgegengesetzte Laster (Summa theologica II,II, qu. 125, art. 1f.). Robert Grosseteste sah „debilitas“ als Widerpart der F. (Templum Dei, VI,5: hg. von Joseph Ward Goering und Frank Anthony Carl Mantello, Toronto 1984 Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. med. lat. texts, 14], S. 38).
Da F. in der „Psychomachia“ nicht vorkommt und nur in Ausnahmefällen in Texten, die der „Etymachia“ verwandt sind, anstelle von Devotio auftritt (vgl. [23] S. 40-43, S. 193), wurde F. trotz ihrer häufig wehrhaften Personifikation selten in Kämpfen gegen Laster gezeigt; sie wurde ihnen meistens gegenübergestellt oder als siegreiche Tugend übergeordnet. Die häufigste Kampfszene ist die der F. gegen den Löwen als Verkörperung des Bösen (vgl. Sp. 236).
Zuweilen ist auch das Laster schlechthin gemeint.
F. triumphiert über die Laster zusammen mit den anderen Kardinaltugenden in einer Miniatur zu Ios 2,1 im Stundenbuch des Giangaleazzo Visconti, vor 1402 und nach 1413 (Florenz, BN Centrale, ms. L.F. 22, fol. 129v: [45]). Auf einem Kupferstich in der Nachfolge des Marcantonio Raimondi, um 1530, sitzt F. auf einem nackten Mann, der das Laster verkörpert (B. ill., Bd. 28: Commentary, S. 64, B. 083). Auf den Wandgem. der ehem. Stiftsk. zu Königslutter, Nieders., nach Entw. von Hans Essenwein, 1894, steht F. mit Löwenbanner auf einem besiegten Gegner (Peter Springer, Das Kölner Dommosaik, Köln 1991, S. 389, Abb. 377).
a. Personifizierte Laster
Gegen Acedia ist F. als *Gabe des Heiligen Geistes wirksam (s. auch Todsünden).
In einer Serie von Kupferstichen des Lucas van Leyden mit Sibyllen, um 1530, sind Tugenden einander zugeordnet, der F. die „Accidia“ ([41] L. v. L., S. 251, Bl. G). „Paresse“ ist in der „Somme le Roi“, um 1300, London, BL, Add. ms. 28 162, fol. 8v, durch einen Bauern verkörpert, der neben seinem mit Ochsen bespannten Pflug ausruht ([54] S. 96, Abb. 19). Weitere Facetten der „Acedia“ sind „Desperatio“ und „Tristitia“. Deshalb wird bei Gravelot-Cochin und F. Pistrucci der „Force/ Fortezza“ die Todsünde „Desespoir/Disperazione“ zugeordnet ([18] Nr. 55; [19] Bd. 1, Nr. 89). In den Bildern zum Text der „Somme le Roi“ steht F. als „Prouesse“ mehrfach auf einem *Ochsen ([39] T. 2, S. 55; [23]
S. 184), z. B. Paris, BNF, ms. fr. 938, fol. 93v, 1294, oder Paris, Bibl. de l’Arsenal, ms. 6329, fol. 96v, dat. 1311 ([46] S. 119, Abb. 193a), der Faulheit, körperliche Trägheit oder mangelnde Ausdauer repräsentiert und damit als Ausprägung der Acedia gilt (vgl. [51] S. 356, Ochse II,1). Die Schildkröte zu Füßen der F. auf dem Holzschnitt des Marin Bonnemer, 2. H. 16. Jh. (vgl. „Fuchs“), steht ebenfalls für die besiegte Acedia (vgl. LCI 4, Sp. 69).
Inconstantia dient als Gegenbild zu der F. untergeordneten Tugend „Constantia“ und wurde der F. z.B. von Giotto di Bondone in den Sockelfresken der Capp. degli Scrovegni in Padua, vor 1306, gegenübergestellt (Abb. 6).
Superbia und F. vertreten Laster und Tugend auf einem Holzschnitt des Lucas van Leyden, um 1530, mit der Darstellung des Jüngsten Gerichtes nach dem Gemälde von Jacob Cornelisz van Oostsanen (vgl. [41] L. v. L., S. 252, Nr. 325).
Ignavia als das der Tapferkeit entgegengesetzte Laster der Furcht oder Feigheit ist in den Reliefs des mittleren W-Portals von N.-D. in Paris, um 1210, durch einen Mann verkörpert, der sein Schwert wegwirft und vor einem Hasen davonläuft ([37] Taf. 46, Abb. 73a); in der dritten Archivolte des linken Portals an der N-Seite des Qhs. der Kath. von Chartres, zw. 1220 und 1230, sieht man zu Füßen der F. wohl ebenfalls Ignavia ([43] Bd. 2, S. 87, Abb. 101). Noch George
Richardson stellte F. und „Cowardice“ nebeneinander (Iconology, or, a coll. of emblematical figures ... Ld. 1779, Bd. 2, S. 22, fig. 229).
b. Repräsentanten der Gegner
Mit dem Triumph der F. über den Teufel sowie die ihn verkörpernden Tiere wird der Sieg Christi über das Böse versinnbildlicht.
Auf einer Miniatur in der Bibel des Robert von Anjou, um 1340, hat F. eine mit „Dyabolus“ bezeichnete Gestalt bezwungen (Mecheln, Bibl. du Grand Séminaire, cod. 1, fol. 1v: [25] Abb. VI-62).
Der *D rache wird in den Ill. zu den Ps.-Seneca-H.ss. aus einem Turm gezogen, welcher für den menschlichen Geist steht (Abb. 11; s. Sp. 241; zum Drachen: [51] S. 265f.). Pieter Bruegel d.Ä. zeigte F. mit einem gefangenen Drachen zu Füßen (Abb. 15; s. Sp. 232). F. kann den Drachen im Kampf bezwingen ([10] T. II, lib. 8, FfM. 1631, Taf. 14; Motto: „Wie dieß Jungfraw mit starckem muht, / Deß Drachen Maul zerreißen thut. / Also die Tugent jederfrist, / Der Laster überwinderin ist“). - Der Fuchs steht zu Füßen der F. auf dem Holzschnitt von Marin Bonnemer, 2. H. 16. Jh. ([23] S. 376; vgl. auch [51] S. 294f.). - Löwe (s. Sp. 236). - F. zertritt *Schlangen: [18] Nr. 55. - Die Tierattribute der *Sieben Todsünden wie Pfau, Esel (RDK 2, Sp. 964), *Ziegenbock (RDK 5, Sp. 1508-1511), Schwein und Hund bilden zusammen mit dem Motiv des Tretens auf die Schlange und den Schädel ein Gegensatzpaar in den Wappen der F. auf dem Kupferstich von Jan Saenredam nach Hendrick Goltzius ([22] S. 29; s. Sp. 240).
Gegenbild zu F. konnten auch Holofernes und Samson in ihrer Schwäche sein.
Holofernes, der von Judith getötet wurde (Jdt 13,1-10), liegt in vielen Darstellungen zu Füßen der F. Dies zeigt eine Gruppe von Hss., die von Augustiner-Eremiten in Auftrag gegeben wurden (vgl. Sp. 259), ebenso das dem Serafino de’Serafini zugeschriebene Wandbild aus der 1378 gestifteten Kapelle in S. Andrea in Ferrara (La Pin. Naz. di Ferrara. Cat. generale, Bologna 1992, S. 24-27, Nr. 31, mit Abb.); vgl. ferner den Holzschnitt für Bordüren in einem von Simon Vostre 1502 gedruckten Stundenbuch ([42] S. 335, Abb. 187); Abb. 14; Holzschnitt in Booke of Chr. Prayers, Ld. 1578 (Leslie Mahin Oliver, The Procession of Virtues in A Booke of Chr. Prayers, Harvard Libr. Bull. 6, 1952, S. 304, Taf. 1); Hans Collaert I. nach Ambrosius Francken (?), Kupferstich, 1576 (Abb. 16; vgl. [23] Nr. 20).
Als Gegenbild zu F. auf dem Löwen ist der in Delilas Schoß schlafende Samson dargestellt (Judic 16,19) im sog. Belleville-Brevier, 1323-1326 (Abb. 8).
III. Repräsentanten und Exempla
Um die Eigenschaften zu veranschaulichen, die F. vertritt, wählte man oftmals Exempla aus Bibel, Legende, Historie oder Mythologie.
Solche Exemplifikationen sammelten u.a. Johannes Herold, Exempla Virtutum et Vitiorum, Basel 1555, S. 215-221, 490, 540-543 und 759-773; Nicolaus von Hannapes, Virtutum vitiorumque exempla, Köln 1575, cap. 78 und 126; Andreas Eborensis, Exemplorum memorabilium, Lyon 1557, S. 21-32; ders., Sententiae, & exempla, Lyon 1557, S. 168-170; [12] Bd. 3,2, Antw. 1656, S. 167-220.
1. Biblische Personen
Samson ist der häufigste Repräsentant der F. Er wurde meistens im Kampf gegen den Löwen gezeigt (Judic 14,6); vgl. Sp. 236.
Beisp.: Hendrik Goltzius, Kupferst., 1578 (B. ill. Bd. 3, S. 84, B. 083); Samson (nach Judic 15,15) zu Füßen der F. auf einem Cassone, 15. Jh., von Francesco Pesellino und Dominico de Michelino (Birmingham, Alabama, Mus. of Art: [50] S. 57, Abb. 37); Holzschnitt des Marin Bonnemer, 2. H. 16. Jh. (s. Sp. 257). Der Untergang der Armee des Pharao im Roten Meer (Ex 14,27f.) steht für F. auf einem Kupferstich des Crispijn de Passe nach Entw. von Marten de Vos, nach 1580 ([30] Bd. 46, Taf.bd. II, S. 119, Nr. 1174).
Die Szene, wie Samson die Tore von Gaza aus den Angeln hebt (Judic 16,3), wurde eher selten gewählt, um ihn F. repräsentieren zu lassen (Brunetto Latini, Li livres dou trésor, II, 81, Rom, BAV, cod. Vat. lat. 3203, fol. 108v, fr. 14. Jh.).
David (I Sam 17,40f.): Ill. zur „Somme le Roi“, um 1300 (London, BL, Add. ms. 28 162, fol. 8v: [53] Taf. 9a). Unter den weiblichen Heldinnen, die F. verkörpern, ist Judith (Jdt 13,4-7) am häufigsten.
Beisp.: F-Bild der „Cantica ... de virtutibus et scientiis“ von Bartolomeo di Bartoli da Bologna, M. 14. Jh., Chantilly, Mus. Condé, cod. 1426, fol. 3r(RDK VIII, Sp. 895, Abb. 4; [34] S. 157-160); Judith, Josua und Naum (Geneviève Souchal, The Triumph of the Seven Virtues ... [ca. 1520-1535], in: Acts of the Tapestry Symposium November 1976, San Francisco 1979, S. 124-131; Abb. 14 und 16; zu weiteren Beisp.: Guy Delmarcel, The Triumph of the Seven Virtues and Related Brussels Tapestries of the Early Renss., in: ebd., S. 155-169, bes. S. 160-162).
*Iahel, die Sisara einen Nagel durch die Schläfe treibt (Judic 4,17-21), ist dargestellt z.B. auf der Brüsseler Tapisserie aus einer Serie mit dem Triumph der sieben Tugenden, um 1535 ([24] Nr. 23, Abb. S. 107).
2. Christus
Christus beweist seine Stärke in der Überwindung des Todes bei seiner Auferstehung: Seine Stärke siegt über Sünde und Tod.
Auf einer Brüsseler Tapisserieserie der Tugenden nach Entw. von Michel Coxcie, ausgeführt von Frans Geubels, um 1570, tritt F. auf einen Totenkopf, womit auf die Stärke Christi angespielt wird, der durch seine Auferstehung Sünde und Tod überwand: Ludwig Baldass, Die Wiener Gobelin-Slg., Wien 1920, Taf. 51.
In einem Emblemfeld auf dem Kupferst. mit F. in der Tugendserie des Jacob Matham und Jan Saenredam nach Hendrik Goltzius, 1593, sind zwei durchbohrte Füße zu sehen, die auf einen Totenkopf und eine Schlange treten ([22] S. 29, Nr. 1.5).
Christus, der den Versuchungen widersteht (Mt 4,1-11, Lk 4,1-13) ist das ntl. Exemplum für F. auf einem Kupferstich nach Marten de Vos, nach 1580 ([30] Bd. 46, S. 119, Nr. 1174), und auf dem sog. Ringerinckaltar von 1598 in St. Marien in Flensburg (Kdm. Land Schleswig-Holstein, Bd. 7, S. 93). Auch die Auferstehung Christi konnte als Beispiel für F. dargestellt werden: Conrad Saldörffer, Kupferstich, 3. V. 16. Jh. ([31] Bd. 37, S. 177, Nr. 15); Harmen Jansz. Muller nach Gerard van Groeningen, Kupferstich, um 1570 ([41] G. v. G, T 1, S. 189, Nr. 148).
3. Der gekreuzigte Mönch
F. als eine der Tugenden, die das Mönchtum erfordert, ist in allegorischen Darstellungen des späten MA veranschaulicht. In Analogie zur Kreuzigung Christi durch Tugenden wird der Mönch in der Nachfolge Christi durch die Tugenden - dabei auch F. - ans Kreuz genagelt (Al-
muth Seebohm, The Crucified Monk, JWCI 59, 1996, S. 61-102).
4. Heilige
F. als eine der Tugenden Mariens wurde durch ihre Darstellung im Kreis der Engel mit Rosen in den Händen vor Augen geführt: Das Bild ist Ill. zu D. Bernhard von Luxemburg (?), Consideratio de virtutibus (Thomas Sailly, Thes. litaniarum ac orationum sacer. ..., Brüssel 1598, S. 95). In Marienlitaneien wird für Maria die Metapher der „urbs fortitudinis“ nach Is 26,1 verwendet (Georg Schroetel, Apis argumentosa ..., Mchn. 1631, S. 176), in marianischen Bildprogrammen häufig neben der Stadt Jerusalem (Herrenchiemsee, Pfarrk. St. Maria, Deckengem., um 1630).
Im Triumph des hl. Ignatius über die Häresie ist F. in Verbindung mit dem Stiersymbol des Evangelisten Lukas (Evangelistensymbole: RDK VI, Sp. 552) dargestellt, da der Löwe hier dem Eifer („Zelo“) zugewiesen wurde (Kupferstich von Johann Christoph Storer, 1670: Sibylle Appuhn-Radtke, Visuelle Medien im Dienst der Gesellschaft Jesu ..., Rgbg. 2000, Nr. D 17).
Hl. Barbara mit F. nach Ps 60,4 („Turris fortitudinis a facie inimici“) sowie III Reg 19,8 („In fortitudine cibi illius“) ist über einem Turm und dem Kelch mit der Hostie auf einem von J. Weis entworfenen Kupferstich verbildlicht, der von Simon Thaddäus Sondermayr in Augsburg wohl im 2. V 18. Jh. gestochen wurde (Augsburg, St.- und Stadtbibl., 2° Kst 224, Bl. [240]).
Die hl. Hedwig zeigt der Kupferstich von Joseph Sebastian und Johannes Baptist Klauber nach Entw. von Gottfried Bernhard Goetz in: Annus dierum sanctorum. ..., Augsb. o.J. (um 1750), mit dem Zitat von Prov 31,25.
Beispiele für F. waren auch die hl. Symphorosa (Kupferstich von J. S. und J. B. Klauber nach G. B. Goetz, in: ebd., Zitat: Prov 31,25) sowie der hl. Vincentius ([13] lib. XII, Nr. 15).
5. Mythische Gestalten
Da Herkules aufgrund seiner Köperkraft als Repräsentant der F. galt, übertrug man charakterisierende Motive (Löwenfell, Keule) auf Personifikationen von F. (s. Sp. 231 und Sp. 235). Auch Mars besitzt die Eigenschaften der F.: Georgius Fendulus, Liber astrologiae Abumazaris, um 1220-1230 (Paris, BNF, ms. lat. 7330, fol. 48v: Dieter Blume, Regenten des Himmels ..., Bln. 2000 [Stud. aus dem Warburg-Haus, 3], Taf. 8; Text von fol. 50r: ebd., S. 220). Mars wird der F. in „L’Acerba“ zugeordnet: „Dal marte vien la fortezza humana ...“ ([3] Bl. 33r, Ill. auf Bl. 32v).
6. Helden
Die antiken Exempla wurden in der Literatur genannt, aber selten zusammen mit F. dargestellt.
Medaillons mit Bildern von P. Decius Mus, „Cato stoico“ (Uticensis) und T. Manlius Torquatus umrahmen die F. von Taddeo di Bartolo, Fresko, Antecapp., im Pal. Pubblico, Siena, 1414 ([48] S. 195 und Taf. 17a). Perugino ordnete in den Fresken der Sala dell’ Udienza im Collegio del Cambio, Perugia, um 1500, Lucius Sicinius, Leonidas und Horatius Coclitus der F zu (Pietro Scarpellini, Perugino, Mail. 21991, S. 98 und S. 218, Abb. 160). Eine Tapisserie (Abb. 14) zeigt ebenfalls Lucius Sicinius Dentatus und Horatius Coclitus, außerdem u.a. Sinope, Cloelia, Mucius Scaevola, Alexander d. Gr., Cassius Scaeva, Thamaris und Milo von Croton.
7. Sonstiges
Philo von Alexandrien verband zuerst die Paradiesesflüsse mit den Kardinaltugenden und setzte dabei F. mit Geon gleich (Legum allegoriae, lib. 1, 68: ed. Roger Arnaldez, Les oeuvres de Philon d’Alexandrie, Bd. 2, Paris 1962, S. 76-78). Ambrosius (Liber de Paradiso, P. L. 14, Sp. 275ff.) und Augustinus bevorzugten eine Parallelisierung von F. mit Tigris (De civitate Dei, lib. 13, cap. 21: CCSL 48, S. 404). Doch scheint diese Gleichsetzung nicht allgemein verbreitet gewesen zu sein. Darstellungen sind selten.
Am Taufbecken des Hildesheimer Domes, Bronze, um 1225, ist unterhalb des Medaillons mit F die gewappnete Personifikation des Tigris dargestellt; die Inschrift erläutert: „est velox tigris quo fortis significatur“ (Victor H. Elbern, Der Hildesheimer Dom ..., Hdhm. 21976, S. 71, Abb. 34). Auf der Quelle eines Paradiesesflusses (?) steht F. als Kardinaltugend in der „Somme le Roi“: Abb. 5.
Wenn die Tugenden den Bitten des Vaterunser entsprechen sollten, verband man F. häufig mit der vierten Bitte „Panem nostrum quotidianum da nobis hodie“ (Ulrich Rehm, Bebilderte Vaterunsererklärungen des MA, Baden-Baden 1994 Der Name des Attributs „[Sache“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. Spiritalia, 28], S. 286, 288, 291, 293f., 298, und 302) oder der siebten Bitte „Et libera nos a malo“ ([23] S. 112-115).
Beisp.: New York, PML, ms. M 359, fol. 119r, um 1430: William Voelkle, The Amerongen/Vronensteyn Hours ... in: Masters and Miniatures ..., hg. von Koert van Horst, Doornspijk 1991, S. 193, Abb. 17); Conrad Saldörffer, Kupferstich, 3. V. 16. Jh. ([31] Bd. 37, S. 177); Harmen Jansz. Muller nach Gerard von Goeningen, Kupferstich, um 1570 ([41] G v. G, T I, S. 188f.). Die Stiche zeigen als Exempel die Auferstehung Christi (vgl. Sp. 259).
Ausnahme blieb die Darstellung der Mechanik als Ausdruck von F.
So stellte Jacques la Joué (d.J. ? [gest. 1761]) die Kraft der Mechanik in einer Serie mit naturwissenschaftlichen Disziplinen durch verschiedene Hebe- und Zugmaschinen dar (gestochen von Johann Georg Hertel in Augsburg; Abbildungsslg. RDK).
Selten ist F. der Arithmetik zugeordnet (Ausst.kat. „Die Erfindung der Welt. Martin Schaffners bemalte Tischplatte von 1533“, Kassel 2002 [Monografische R., Staatl. Mus. Kassel, 9], S. 26f.).
IV. Emblematik
Die Picturae von Emblemen sind größtenteils dem gleichen Repertoire von Bildmotiven entlehnt, aus dem auch die Attribute von F. und ihren Repräsentanten stammen (s. Sp. 258-262).
Herkules mit dem Motto „Fortis, modestus, et potens“ steht vielfach für F. (Achille Bocchi, Symbolicarum Quaestionum, de Universo Genere, ..., Bol. 1574, Ndr. N.Y. usw. 1979, lib. II, Symb. 55). F. als Tugend des Hauses Wittelsbach wird auf dem Titelblatt des Werkes Fortitudo Leonina In Utraque Fortuna Maximiliani Emmanuelis ... Ducis [16] durch Herkules mit der Weltkugel verbildlicht. Zu Herkules s. auch Sp. 261). - Sehr verbreitet sind auch dessen Attribute als Picturae für F.: So versah Diego de Saavedra Fajardo das Löwenfell und die Keule mit dem Motto „Fortior spoliis“ (Idea de un principe ..., Amst. 1659, S. 377, Embl. 97). Herkules, der Cerberus mit der Keule bekämpft, ist bei Albert Flamen mit dem Motto „Fortis ut mors. Plus fort que la mort“ versehen (Devises et emblesmes d’amour moralisez, Paris 1672, Embl. 20, S. 78).
Der Löwe wird häufig kombiniert mit anderen Motiven: So steht er mit Speer und Kreuz in Darstellungen Kg. Philipps III. mit dem Motto „Ad utrumque“ nach F. Picinelli für die Verbindung von militärischer Stärke und Frömmigkeit. Das Löwenemblem des Ranuccio I. von Parma mit dem Motto „Par animo robur“ verweist dagegen auf die mit Großherzigkeit verbundene F. ([13] lib. 5, Nr. 436 und 472). Auf einem Löwen reitend zeigte Nikolaus Reusner den Christusknaben: [7] Embl. XL, S. 53). Einen aufsteigenden Löwen mit dem Motto „Fortibus Resistit“ wählte Erzhzg. Maximilian von Österreich ([9] T 2, Taf. 102). Ein Löwenfell mit dem Motto „F. vulnerata animosior per vulnera crescit“, bildet in einer didaktischen Hs. aus dem Jahr 1646 den Hintergrund für die Pictura des Kampfes mit einem verwundeten Stier sowie für das Motto „F. Thrasonum falsa. Magnum os, praeterque nihil“ zur Pictura eines Vogels mit riesigem Schnabel (Brüssel, BR, ms. 20 305, fol. 107r und 83r: Karel Porteman, Emblematic Exhibition [affixiones] at the Brussels Jesuit College [1630-1685], Turnhout 1996, S. 102f., Farbabb. S. 67). Ein zähnefletschender Löwe, der vor der Silhouette Wiens Hunde bedroht, illustriert das Motto Max Emmanuels im Kampf gegen die Türken „Fortitudo prompta in juvando et defendendo Imperio“ ([16] S. 13).
Ein gerüsteter Krieger, der zwischen Justitia und einer Frau mit Dolch steht, ist bei Jean Jacques Boissard
mit dem Motto „Nemo fortis nisi et iustus“ versehen (Emblematum liber, FfM. 1593, S. 27, Embl. XIII).
Der Widder steht zuweilen mit Motti wie „Fortior ut Redeat“ für F. ([29] S. 536). Unter dem gleichen Motto kann auch der Stier F. verkörpern ([14a] class. II, S. 9, Nr. CCXIX, Taf. 11).
Unter dem Motto „Sic Nutriuntur Fortes“ versucht ein Strauß, ein Hufeisen zu verschlucken, um die Mühsal des Erwerbs von Stärke vor Augen zu führen (Juan de Borja, Empresas Morales, Prag 1581, S. 190f., mit Abb.).
Die Eiche als Baum, der Stärke versinnbildlicht, erwähnte F. Picinelli in Zusammenhang mit Dominicus Gambertus ([13] lib. 9, Nr. 407, vgl. auch: [14a] class. II, S. 51, Nr. DCXC, Taf. 36; vgl. RDK IV, Sp. 917f.).
Gelegentlich steht der vom Blitzgewitter unversehrte Lorbeerbaum für F.: Antonius Vanossi S.J., Idea Sapientis Theo-Politici, id est: Tripartita Morum Philosophia ..., Wien 1724, Nr. IX.
Das Bild der Burg auf einem Felsen, von Markgf. Alfonso II. Caretto von Savoyen als Imprese gewählt, spielt möglicherweise auch auf Ciceros Worte „F. est immobilis inter adversa ...“ an ([13] lib. 16, Nr. 10; [9] T 3, Taf. 94). Bei M. Mattsperger wird die Stärke Gottes nicht nur durch eine säulentragende F., sondern auch durch eine Burg versinnbildlicht ([14] Nr. 62).
Der (geschmiedete) Stahl dient als Metapher für die unbesiegbare Stärke der Seele (Motto „Durus At His Animus“); es kommt vor in der Herrschaftsikonographie Kaiser Karls V ([13] lib. 12, Nr. 34). Das Schwert steht auch für F. als Feldherrntugend (ebd., Nr. 56). Claude Paradin erläuterte ein Emblem des Löwen mit dem Schwert, das angeblich schon von Caesar geschätzt worden sei, da nach Plutarch keine Macht ohne tugendhafte und großherzige Ausübung bestehen könne ([5] S. 86). Ein Schwert, in brennende Kohlen gehalten, illustriert das Motto Max Emmanuels „Fortia agere et pati“ ([16] S. 35).
Neben Waffen sind in späteren Emblem-Kompendien wie bei Jacobus Boschius Beispiele für die Widerstandskraft unter F. versammelt: der lodernde Kalkofen unter dem Motto „Ogni durezza vinco“ und das Schiff, das den Winden trotzt (Abb. 19; [14a] class. III, S. 31, Nr. CDVII-CDXI). So erscheint es auch als Imprese Erzhzg. Ferdinands von Österreich ([9] T. 2, Taf. 95).
Ein Schiff in stürmischer See steht für F. als der Via Media zwischen „Temeritas“ und „Ignavia“ in einem der von Johann Andreas Pfeffel gestochenen Embleme in: Anastasius à Cruce OCarm., Sacrosancta Theologia universa sacris bibliorum figuris illustrata ..., Augsb. 1738, Taf. 23: RDKVIII, Sp. 934.
Die Deutung der F. als Herrschertugend (s. Sp. 253f.) wurde vor allem in Emblemen propagiert, die sich auf Personen beziehen.
Zu der Devise Kaiser Karls VI. „Constantia et Fortitudine“ wurde eine Erdkugel im Wolkenkranz gezeigt: Abb. 21. Viele Beispiele finden sich auf Medaillen: Die mit dem Wahlspruch „Iuncta Piae Fortis - Fortior“ Herzog Karls V von Lothringen versehene Sieges-Medaille zeigt zwei mit einem Halbmond verbundene Hände, die eine hält ein Kreuz, die andere ein Schwert mit einem aufgespießten Türkenkopf (Ausst.kat. „Die Türken vor Wien“, Wien 1983, S. 235, Nr. 18/30).
Der „Princeps Fortis“ wird bei /. Boschius durch die verbreiteten Embleme wie das Löwenfell des Herkules, die Rüstung, den Adler und die Eiche charakterisiert, darüber hinaus wählte Boschius die Hydra und den Wald, der den Winden standhält ([14a] class. II, S. 51, Nr. DCLXXXIX, DCXC, Taf. 36).
Das in der Panegyrik häufige Thema des Sieges enthält vielfach Verkörperungen von F.
So zeigt ein Emblem, das Kaiser Joseph I. als dem Sieger über die Türken gewidmet ist, einen Ritter, der einem fliehenden Pferd den Schwanz abgeschlagen hat, mit dem Motto: „Felici Fortitudini Austriacae“ (Josepho Regi Hungariae Spei Germaniae, delicis Austriaei ... consecratum, o. O. zw. 1687 und 1690). Die mit Löwen dekorierte Mauerkrone verweist auf die militärische Einnahme einer Stadt ([5] S. 252J. Unter dem Motto „Virtuti Fortuna Cedit“ triumphiert der Elefant über ein schlangenartiges Tier in der Imprese für den franz. Kg. Ludwig VII. ([9] T 1, Taf. 77).
In manchen emblematischen Werken wird betont, daß menschliche F. von Gott komme.
Georgette de Montenay zeigte unter dem Motto „Resistite fortes“ einen Gewappneten, „fort par foy“, an dessen Schild die Angriffe des Bösen abprallen (Emblemes ou devises Chrestiennes, Lyon 1571, S. 83). Mit Ps 117,14 („F. et laus, et salus mea Dominus. Psal. 118“) stellte N. Reusner 1581 den Jesusknaben mit den Arma Christi auf einem Löwen reitend dar ([7] S. 53).
Viele Embleme nehmen Bezug auf die Einsicht, daß geistige Fähigkeiten bedeutender seien als körperliche Stärke. Eine positiv gedeutete F. wird daher von Weisheit oder Vernunft gestützt, eine negativ ausgelegte F. durch List oder Geisteskraft überwunden.
Guillaume de La Fernere forderte 1539, daß ein Fürst zugleich stark wie ein Löwe und klug wie ein Fuchs sein müsse; die Pictura zeigt einen gekrönten Herrscher, der Löwe und Fuchs an der Leine führt (Le théâtre des bons engins ..., Paris 1539, Nr. 22). Unter dem Motto „Unum nihil, duos plurimum posse“ findet sich in den „Emblemata“ des Andrea Alciato ein Bild des gewappneten Odysseus mit seinem greisen Vater Diomedes; sie stehen für F. und Weisheit. Die Subscriptio erläutert, daß Gewalt ohne Weisheit wenig ausrichten kann ([4] S. 43). Entsprechend argumentierte Hadrianus Junius 1565, der Merkur als jugendliche und greisenhafte Gottheit unter dem Motto „Prudentia cum robore coniuncta“ darstellte; F. (hier „robur“) ist nur siegreich zusammen mit der Weisheit des Alters (Hadriani Junii Medici Emblemata ..., Antw. 1565, Nr. 13). Jacob von Brück, gen. Angermundt, hob 1615 den Vorrang des Guten Rates (consilium) gegenüber F. (fortis manus) heraus: Das Motto „Sine hoc frustra“ deutet an, daß alle F. vergebens sei, wenn Vernunft sie nicht regiere; Zepter und Schwert, um die sich eine Schlange ringelt, sind die von der Klugheit bestimmten Zeichen herrscherlicher F. (Emblemata Politica ..., Strbg. und Köln 1618, Nr. 28).
Noch häufiger sind Embleme, die auf die Überwindung von F. durch Geisteskräfte abzielen. Kleine Tiere sind den großen in diesem Punkt überlegen, z.B. die Schlange dem Elefanten (Gilles Corrozet, Hecatomgraphie ..., Paris 1540, Bl. H VIv) oder der Skarabäus dem Adler (Nicolaus Reusner, Leorini Aureolorum emblematum liber singularis, Strbg. 1587, Emblem CXI). A. Alciato verwendete ein mythisches Exemplum: So wie Bellerophon mit Hilfe des Pegasus die Chimäre tötete, kann weiser Rat die F. des stärkeren Gegners überwinden ([4] S. 17). Auch Tugendkraft ist bloßem Mut und Körperkraft überlegen, wie Johannes Sambucus anhand eines Knaben zeigte, der ein temperamentvolles Pferd meistert, während ein Löwe im Käfig machtlos der Herrschaft des Schwächeren zusieht (Emblemata ..., Antw 1569, S. 242).
Dem Diamanten (vgl. Sp. 243f.) als Emblem des österr. Herrscherhauses widmete Johann Adam Weber seine Schrift „Adamas Austriacus Sive Indoles Heroica Augustissimae Domus Austriacae ....“, Ulm 1668, in der er Leopold I. mit diesem Symbol der Geistesstärke und Standhaftigkeit metaphorisch überhöhte: „Adamantem verò Te esse, probat indomabilis ac planè Adamantina animi Tui fortitudo atque constantia“ (ebd., Dedicatio). Nicolaus Taurellus (Oechslin) legte einem seiner Emblemata die Ansicht zu Grunde, daß der Diamant zwar nicht mechanisch, jedoch durch Bocksblut zerstört werden könne; entsprechend sei ein unschlagbarer Feind durch List zu überwinden (Emblemata physicoethica ..., Nbg. 1602, Bl. G 6). Jacob Cats wählte 1627 für die gleiche Aussage das Bild eines Löwen, dem die Augen verbunden worden sind (Proteus ofte Minnebeelden ..., Rott. 1627, S. 56f.).
Auch der Triumph über F. war ein Motiv in Emblemen. So dient der zu Fall gebrachte Elefant der Illustration des Mottos: „Wo grosse stärck nicht außricht viel, Bringt list zu eim gewünschten ziel.“ ([10] II, lib. 2, FfM. 1628, Taf. 34).
Seltener ist die Ansicht, daß F. durch eine größere F. überwunden werden könne.
J. von Bruck, gen. Angermundt, zeigte unter dem Motto „Fortem vis fortior urget“ einen Bären, der zum Tanzbären abgerichtet ist; entsprechend solle aufständisches Volk durch die Obrigkeit bezwungen werden (Emblemata Moralia et Bellica ..., Strbg. 1615, Bl. b 4).
Zu den Abbildungen
1. Cambrai, Bibl. com., cod. 327 (Evangeliar), fol. 16v. Frankr., 2. H. 9. Jh. Foto: Médiathèque mun. de Cambrai.
2. Salzburg, Univ.bibl., M I 32 (Ps.-Hugo von St-Victor, De fructibus carnis et spiritus), fol. 76r. Salzburg (?), 2. Dr. 12. Jh. Foto: Univ. bibl. Salzburg.
3. Nikolaus von Verdun, Augustinerchorherrenstift Klosterneuburg, N.Ö., Platte am sog. Klosterneuburger Altar. Um 1180. Email. Nach: Helmut Buschhausen, Der Verduner Altar, Wien 1980, Taf. 36.
4. Paris, Kath. N.-D., W-Fassade, Fensterrose. Um 1220. Glas. Nach: CVMA, Frankreich 1, S. 30, Taf. 4.
5. London, BL, Add. ms. 54 180 (Frère Laurent, Somme le Roi), fol. 91v. Paris, um 1290/1295. Nach: Eric Millar, The Parisian Miniaturist Honoré, Ld. 1959, Taf. 6.
6. Giotto di Bondone, Padua, Capp. degli Scrovegni, Fresko. Vor 1306. Nach: Giuseppe Basile, Giotto di Bondone. La Capp. degli Scrovegni, Mail. 1992, S. 321.
7. Rom, BAV, cod. Vat. lat. 3203 (Brunetto Latini, Li livres dou trésor), fol. 73v. Frankr., fr. 14. Jh. Foto Bibl.
8. Jean Pucelle, Paris, BNF, ms. lat. 10 483-10 484 (sog. Belleville-Brevier), Bd. 1, fol. 37r. Paris, 1323 bis 1326. Nach: François Avril, Buchmal. am Hofe Frankreichs 1310-1380, Mchn. 1978, S. 63, Abb. 12.
9. Wien, Österr. Nat.bibl., cod. ser. nov. 2639 (Convenevole da Prato, Lobgedicht auf König Robert von Anjou), fol. 32r. Italien um 1340. Foto: Österr. Nat.bibl., Wien.
10. Spielkarte aus der Serie der sog. „Mantegna-Tarocchi“. Oberitalien, um 1465. Metallschnitt. Nach: Giordano Berti u.a., Le carte del destino, Faenza 1988, Abb. S. 12.
11. Paris, BNF, ms. fr. 9186 (Aristoteles, De quattuor virtutibus cardinalibus, frz. Übers. von Nicolas Oresme, 1403), fol. 304r. Frankr., wohl um 1470. Nach: [46] S. 121.
12. Paris, BNF, ms. fr. 12 247 (François Demoulins, Traité des vertus), fol. 8v. Lyon, nach 1509 (?). Nach: Elizabeth Burin, Ms. Illuminations in Lyons 1473-1530, Turnhout 2001 (Ars Nova, 3), S. 444.
13. Berlin, StMPK, Skulpturenslg. und Mus. für Byz. K., Inv.nr. B 14. Augsburg, um 1520. Holzrelief, H. 47 cm. Nach: Ausst.kat. „K. der Reformationszeit“, Berlin 1983, S. 309, E 19.2.
14. San Francisco, Fine Arts Mus., Gift of The William Randolph Hearst foundation (CPLH), 1957.126. Brüssel, 1520-1535. Tapisserie, 442 × 566 cm. Nach: [24] Nr. 23, Abb. S. 107.
15. Pieter Bruegel d.Ä., 1560. Feder auf Papier, 22,4 × 29,4 cm. Rotterdam, Mus. Boijmans Van Beuningen. Foto: Abbildungsslg. RDK.
16. Hans Collaert I. nach Ambrosius Francken (?). 1576. Kupferstich, ca. 25,5 × 19 cm. Foto: Verf.
17. Holzschnitt-Ill. Fortitudo in: Ripa, Ausg. Rom 1603, S. 167. Maße 12,4 × 8,5 cm. Foto nach dem Original.
18. Domenico Zampieri, gen. Domenichino, Rom, S. Carlo ai Catinari, Fresko. 1630. Nach: Richard E. Spear, Domenichino, New Haven und Ld. 1982, Bd. 2, Abb. 333.
19. J. C. Schalckh und Johann Georg Wolffgang, Emblem class. III, Nr. CDVII-CDXI, in [14a], class. III, Taf. 23. Kupferstich, 26,3 x 17 cm (Ausschnitt). Nach: Ndr. Graz 1972.
20. Andreas Schlüter, ehem. Berlin, Stadtschloß, Lünettenfigur von Portal V Steinskulptur. Berlin, 1702, StMPK, Berlin. Nach: Ernst Benkard, A. S., FfM. 1925, S. 40.
21. Wien, Österr. Nat.bibl., Bildarchiv, Inv.nr. Pg 177 162/10 in Ptf.128: I(99). Österr., um 1710. Kupferstich (beschnitten), ca. 7,8 x 10,8 cm. Nach: Franz Matsche, Die K. im Dienst der Staatsidee Kaiser Karls VI., 2. Halbbd., Bln. usw. 1981, Abb. 25.
22. Giacomo Serpotta, Palermo, Oratorio di S. Domenico. Skulptur. Palermo, zw. 1710 und 1717. Nach: Filippo Meli, La vita e le opere, Palermo 1934 (G. S., Bd. 2), Taf. 39.
23. Carl von Blaas, Wien, Ruhmeshalle des Heeresgeschichtlichen Mus. Wandgem. 1859. Nach: Ausst.kat. „Carl von Blaas“, Wien 1985, Titelbild.
24. Rudolf Thiele, Hamburg (?), Modell für die Skulptur der „Tapferkeit“ am Turm des Hamburger Rathauses. Skulptur, 1893. Gips (?). Nach: Heinz-Jürgen Brandt, Das Hamburger Rathaus, Hbg. 1957, Abb. 96.
Literatur
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Verweise
Empfohlene Zitierweise: Bautz, Michaela , Fortitudo, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. X (2004), Sp. 225–271; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=105753> [11.10.2024]
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