Fons signatus
englisch: Fons signatus; französisch: Fons signatus; italienisch: Fons signatus.
Esther P. Wipfler (2004)
RDK X, 158–175
I. Definition
F., der versiegelte Brunnen, ist eine aus dem Hohen Lied (Cant 4,12) stammende Metapher, mit der die Jungfräulichkeit Mariens versinnbildlicht wurde (vgl. auch *Empfängnis Mariä, unbefleckte: RDK V, Sp. 242-259).
II. Quellen
A. Altes Testament
In Cant 4,12 rühmt der Bräutigam seine Verlobte mit den Worten: „Ein verriegelter Garten ist meine Schwester, Braut, ein verriegelter Garten, ein versiegelter Quell“ („hortus conclusus soror mea sponsa, hortus conclusus fons signatus“).
B. Deutungen
1. Wortgebrauch und Übersetzungen
In den Kommentaren wurde das Wort „versiegeln“ im Sinne von „besiegeln, ein Siegel aufdrücken, einprägen“ gebraucht, jedoch auch mit der Bedeutung „bezeichnen“ verwendet.
Belege: Ps.-Hieronymus, De assumptione beatae Mariae Virginis: „Fons itaque signatus sigillo totius Trinitatis: ex quo fons vitae manat, in cujus lumine omnes videbimus lumen.“ (P. L. 30, Sp. 132); Honorius Augustodunensis, Sigillum beatae Mariae (P. L. 172, Sp. 495-518); Philipp von Harveng[t]: „sub signaculo diu“ (P. L. 203, Sp. 395); Speculum ecclesiae: „Der brunne ist uersigelt uon dem heiligen geiste, wande sie wart enphangen uon dem heiligen geiste, unde ist behuot von ime“, um M. 12. Jh. (München, Bayer. St.bibl., cod. germ. mon. 39, fol. 87v: [10] S. 93); Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculorum, dist. VII, cap. 1: Josef Strange (Hg.), Caesarii Heisterbacensis Monachi ordinis Cisterciensis Dialogus miraculorum ..., Bd. 2, Köln 1851, S. 2; ähnlich, mit „versigleter Brunn“, wird F. noch übersetzt in: Büschelein Außerlesner andächtiger und auß heiliger Schrifft und H. Bättern Zusamen getragner Letaneyen, Mchn. 1629, S. 103.
In dt. Texten wurde F. häufig im Sinn von „bezeichnen“ übersetzt.
Bruder Eberhard von Sax verwendete den Begriff „gezeichent brunne“ (Friedrich Heinrich von der Hagen [Hg.], Minnesinger: Dt. Liederdichter des 12., 13. und 14. Jh. ..., Bd. 1, Lpz. 1838, S. 70), ebenso wurde im mhd. Text der Heilsspiegelhs. in Kremsmünster, 2. V. 14. Jh., „signatus“ mit „bezeicheten brunnen“ übertragen ([11] S. 45). Johann Hartlieb übersetzte in der 2. H. 15. Jh. den Text des Caesarius mit „bezaichneten Brunn“ (Karl Drescher [Hg.], Johann Hartliebs Übers. des Dialogus Miraculorum des C. von Heisterbach. Aus der einzigen Londoner Hs., Bln. 1929, S. 8; s. Sp. 159). Gelegentlich wurde F. auch im Sinne von „gefaßt“ verstanden („beschlossen kull“: s. Sp. 170).
2. Kommentare zum Hohen Lied
Die marianische Deutung des atl. Begriffes F. setzt nachweisbar mit Ambrosius ein (Rosemarie Herde, Das Hohelied in der lat. Lit. des MA bis zum 12. Jh., Spoleto 1968 [Münchener Beitr. zur Mediävistik und Renss.forschg., 3], S. 958) und ist auch für die Karolingerzeit belegt (Paschasius Radbertus, Expositio in Matthaeum, lib. 2, cap. 1, in: P. L . 120, Sp. 106). Unter F. verstand man später jedoch nicht nur die unversehrte Jungfräulichkeit Mariens, sondern auch ihre Sündelosigkeit.
F. als Metapher für die Jungfräulichkeit gebrauchte Honorius Augustodunensis („F. ... id est primum exemplum virginitatis. Qui fons erat signatus, id est Christi passione consecratus“: Sigillum beatae Mariae, P . L . 172, Sp. 507; zur späteren ekklesiologischen Interpretation: Brian E. Daley, The „Closed Garden“ and the „Sealed Fountain“: Song of Songs 4:12 in the Late Medieval Icon. of Mary, in: Medieval gardens, hg. Elisabeth B. MacDougall, Wash. 1986 Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. Oaks colloquium on the hist. of landscape archit., Bd. 9], S. 255-278, hier S. 265) sowie Bonaventura („comparatur beata Virgo fonti signato propter pudicitiae integritatem“: De Assumtione Beatae Virginis Mariae Sermo IV, in: Sermones de tempore, de sanctis, de B. Virgine Maria et de diversis, Quaracchi 1901 [S. Bonaventurae Opera omnia ..., Bd. 9], S. 697).
Zur Deutung vgl. auch Hesychius von Jerusalem (Sermones, in: P. G . 93, Sp. 1463), Ps.-Ephraem („Maria fons signatus, cuius rivi purissimi irrigant totum mundum“: Orationes ad deiparam, ed. Giuseppe Simone Assemani, S. P. N. Ephraemi Syri Opera omnia ... 3, Rom 1746, S. 529 und 597), Ps.-Hieronymus („Fons itaque signatus sigillo totius Trinitatis: ex quo fons vitae manat, in cujus lumine omnes videbimus lumen“: De assumptione beatae Mariae virginis, P. L . 30, Sp. 132) und Rupert von Deutz („Hortus conclusus es, o dei Genitrix, hortus conclusus, fons signatus. ... uterus tuus nulli uiro, nulli carnali commercio accessibilis, et mens tua nulli uitio, nulli spirituali nequitiae fuit umquam penetrabilis“: CCCM 26, S. 86f.).
Weitere Belege für die marianische Deutung von Cant 4,12 s. Sp. 159; ferner: Isidor von Sevilla (César Chaparro Gómez [Hg.], Isidoro de Sevilla, De ortu et obitu patrum, Paris 1985, S. 191); Alanus ab Insulis, gest. 1203 (P.L. 210, Sp. 82); Bernhard von Clairvaux (S. Bernardi opera, hg. Jean Leclercq u.a., Bd. 1, Rom 1957, S. 64; Bd. 5, Rom 1968, S. 280); Thomas Cisterciensis (P. L. 206, Sp. 454); Adam von St. Viktor (Sämtliche Sequenzen [Sequentiae] lat. und dt., bearb. von Franz Wellner, Mchn. 21955, S. 110, 9b); Predigt des 12./13. Jh. (Philipp Wackernagel, Altdt. Predigten und Gebete, Bd. 9, Basel 1876, S. 24); dieser Tradition folgt noch die Erklärung von F. bei: Oddo Koptick, Fons Signatus seu Historia Divae Hospitalensis in Styria, Salzburg 1735 [Attestatio].
3. Lateinische Dichtung
Die Verwendung dieser Brunnenmetapher für Maria ist seit dem 9. Jh. belegt.
a. Texte für liturgischen Gebrauch
F. ist in Antiphonen für die Feste Mariae Himmelfahrt ab der 2. H. 9. Jh. und Mariä Geburt seit E. 12. Jh. belegt (René-Jean Hesbert, Corpus Antiphonalium Officii, Bd. 3: Invitatoria et Antiphonae, Rom 1968 [Rerum Ecclesiasticarum Documenta, Ser. maior Fontes, 9], Nr. 3137f.).
Milo von St-Amand, gest. 871 oder 872, Carmen de sobrietate, lib. II, v. 7: „Per te diffusa est in totum gratia mundum: Fons signatus aquae, purissima vena salutis“ (MGH, Poetae 3, S. 645).
Zahlreiche Hymnen und Litaneien vom 10.-15. Jh. belegen die Verwendung von F. als Epitheton Mariens: 10. Jh.: Anal. hymn. 50, S. 123, Nr. 97; Magister P, 2. H. 12. Jh. ([9] Bd. 2, S. 56); 13. Jh.: Anal. hymn. 10, S. 104, Nr. 136; ebd. Bd. 20, S. 119, Nr. 148; [9] Bd. 1, S. 187; 14. Jh.: Anal. hymn. 5, S. 58, Nr. 15; ebd. Bd. 20, S. 120, Nr. 150; ebd. Bd. 4, S. 40, Nr. 53; S. 44, Nr. 60; ebd. Bd. 20, S. 194, Nr. 264; 15. Jh.: ebd. Bd. 15, S. 63, Nr. 50.
b. Speculum humanae salvationis
Im Text des seit dem 2. V. 14. Jh. in zahlreichen Abschriften verbreiteten Werks ist das Motiv ausführlich erläutert.
Die Erklärung „Et fonti signato id est sigillato eam comparabat / Quam cum mater adhuc in utero conclusum ferebat / Spiritus sanctus ei sanctificationem infundebat / Et sigillo sancte trinitatis sic eam signabat / Quod in eam nunquam aliquid coinquinamentum intrabat“ (München, Bayer. St.bibl., cod. lat. mon. 146, cap. III, gegen M. 14. Jh.: [8] Bd. 1, Taf. 6) findet sich mit leichten, jedoch den Sinn verändernden Varianten in den Druckfassungen des „Speculum“ wieder; so wird z. B. das Siegel zum „sigillum sancte crucis“ umgedeutet in einem niederländischen Blockbuch aus dem letzten Dr. 15. Jh. (Bayer. St.bibl., Xyl. 37: Ndr. [7] Bd. 1, S. 11).
Der Text der gedruckten Inkunabeln des Heilsspiegels von Günther Zainer, Augsburg 1473, Bl. 22v, belegt das Verständnis von „signatus“ im Sinne von „bezeichnet“ (s. Sp. 164). F. trägt hier den Titel „der verschlossen gart und verzeichnet brunn bedeuttend Mariam“ ([15] Bd. 2, S. 13, Taf. 45, Abb. 360).
4. Deutsche Dichtung
In Texten über Maria ist F. seit dem 12. Jh. häufig belegt.
Beisp.: Melker Marienleich, um 1125: „Brunne besigelter, garte beslozzener“ (Karl Müllenhoff und Wilhelm Scherer, Dkm. dt. Poesie und Prosa aus dem VIII.-XII. Jh., Bln. 31892, S. 153, Strophe 10,1f.); Marienlied des Priesters Wernher, um 1172: „besigelet ist der brunne“ (Carl Wesle [Hg.], Priester Wernher. Maria. Bruchstücke und Umarbeitungen, Halle a. d. S. 1927, erw. Ndr. hg. von Hans Fromm, Tüb. 1969 [Altdt. Text-bibl., 26], S. 10).
In der aus dem 13. Jh. stammenden Hs. des Rheinischen Marienlobes wird F. mit der Vorstellung des Spiegels verbunden: „Maria, du bis de besigelde brunne, den hat entfengt die götliche sunne, sin bild hat got an dich gelacht“ (Adolf Bach [Hg.], Das Rhein. Marienlob ..., Lpz. 1934 [Bibl. des lit. Ver., 281], S. 12). Der Magdeburger Brun von Schonebeck variierte gegen E. 13. Jh. das Thema mit typologischen Verweisen ([12] S. 14f.). Bruder Hans vom Niederrhein wies um 1400 auf die geistliche Wirkung hin: „du lebendighe bronne, de vast bist zu besigelt und ghezeichent, Miin siel in diszen bron gheert siin ghevryschet“ (Bruder Hansens Marienlieder, hg. von Michael S. Batts, Tüb. 1963 [Altdt. Text-bibl., 58], S. 54, v. 1282-1284).
Weitere Beisp. s. auch Sp. 159f.; Salzer, S. 9f.; ferner: Johann Spangenberg, Alte und Newe Geistliche Lieder und Lobgesenge, Erfurt 1544 (Wackernagel, Bd. 2, S. 911f.); eine eigene Strophe widmete der Metapher Martin Opitz 1627 (zit. bei [12] S. 9); auch Angelus Silesius griff sie auf, als er Maria beschrieb als „Eine Burg, die stets verriegelt, Und ein Brunn, von Gott versiegelt“ (Sämtliche poetische Werke, hg. von Hans Ludwig Held, Bd. 2, Mchn. 31949, S. 54).
III. Darstellungen
Verbildlichungen von F. lassen keinen einheitlichen Typus erkennen, vielmehr wurden verschiedene Brunnenformen variiert; selbst die Versiegelung ist nicht immer dargestellt, so daß oft ebenso eine Deutung als Fons hortorum möglich ist. Deshalb werden im folgenden nur Darstellungen behandelt, die entweder mit F. bezeichnet wurden, eine Versiegelung zeigen oder zweifelsfrei als Wiedergaben von F. zu erschließen sind. Der trinitarische Gedanke wird zumeist durch die Anzahl der Ausflüsse, seltener durch diejenige der Siegel zum Ausdruck gebracht. Nur in Ausnahmefällen wurden dabei die Personen der Trinität dargestellt.
A. Mittelalter
1. Illustrationen des Hohen Liedes
Darstellungen von F. im Rahmen der Ill. des Hohen Liedes konnten bislang erst in spätma. Hss. und Drucken nachgewiesen werden.
In der lat. Fassung eines niederl. Drucks, um 1465, steht der Schalenbrunnen auf drei Säulen mit drei Ausflüssen nach den Beischriften für „fons signatus“, „puteus aquarum viventium“ und „fons ortorum“. In der durch den Regensburger Buchmaler Berthold Furtmeyr nach dieser Vorlage 1472 fertiggestellten Hs. mit Texten des AT ist der Brunnen ähnlich gestaltet; in den Texten der Spruchbänder heißt F. hier: „gezaichent prunn ... prunn der ge’rten prunn der lebentigen wasser“ (Augsburg, Univ.bibl. Hs. I. 3. 2° IV, fol. 78v: Rainer Kahsnitz, Die Hs. und ihre Bilder ..., in: Johannes Janota [Hg.], Die Furtmeyr-Bibel in der Univ.bibl. Augsburg, Augsb. 1990, S. 101f., Abb. 41f.).
2. Speculum humanae salvationis
Die weiteste Verbreitung fand F. in Hss. und Drucken des Spec. hum. salv. (vgl. Hans-Walter Stork und Burghart Wachinger in: VL2 9, 1995, Sp. 52-65). F. ist in den frühen Hss. ein Ziehbrunnen (z. B.: Abb. 1a; München, Bayer. St.bibl., cod. lat. mon. 146, fol. 6r; [8] Bd. 1, S. 9, Bd. 2, Taf. 6) oder ein offener Stockbrunnen mit verschlossenem Brunnenkasten, aus dessen seitlichen Ausflüssen sich das Wasser ergießen kann.
F. erscheint in der Regel zwischen Darstellungen der Typen der unbefleckten Empfängnis, dem Traum des Königs Astyages (vgl. Petrus Comestor, Historia scholastica, in: P. L . 198, Sp. 1470f.) und der Prophezeiung des Bileam (Num 24,17), vgl. Breitenbach, Spec., S. 98-101 und Taf. II.
Selten wird auf diese Präfiguration verwiesen: In der ältesten bekannten zweisprachigen Hs. des „Speculum“, 2. V. 14. Jh., vermutlich aus dem Prämonstratenserkloster Weissenau, Kr. Ravensburg, wird die Ranke aus dem Traum des Astyages neben dem Brunnen gegenüber dem Rosenstrauch wiederholt, während der von Bileam angekündigte Stern über ihm leuchtet (Abb. 1b). Für die Darstellung des Sterns an dieser Stelle ist bislang keine Parallele in anderen Hss. bekannt.
Beisp. in dt. Drucken aus dem 15. Jh.: Augsb. (Günther Zainer) 1473 und 1476; Speyer (Peter Drach) 1475 und 1492; Basel (Bernhard Richel) 1476; [6] S. 26, Anm. 58; vgl. Die Holzschnitte des Meisters vom Amsterdamer Kabinett zum Spiegel menschlicher Behaltnis..., hg. von Hans Naumann, Strbg. 1910 [Stud. dt. Kg., 126], S. 37, Abb. 11. Die Drachsche Ausgabe zeigt einen Stockbrunnen mit viereckigem Brunnenkasten, aus dem das Wasser in den Garten fließt ([6] Abb. S. 52), bei G. Zainer ist dagegen ein Ziehbrunnen mit sechseckigem Becken dargestellt ([15] Bd. 2, Taf. 45, Nr. 360); in einem niederl. Blockbuch ist die Darst. von F. als rundes Becken mit aufwendiger Brunnensäule gestaltet, aus den Ausflußröhren ergießt sich Wasser ins Becken (Abb. 3).
Darstellungen von F. in Wand-, Decken- und Glasgemälden sowie auf Textilien sind nur selten erhalten.
Der Heilsspiegel-Teppich im ehem. Zisterzienserinnenkloster Wienhausen, Nieders., 1427-1433, zeigt das Motiv ohne Versiegelung: Der Ziehbrunnen steht in dem von einer hohen Mauer umschlossenen Hortus conclusus (vgl. Pia Wilhelm, Die Bildteppiche, Wienhausen 1973 [Kloster Wienhausen, Bd. 3], Abb. S. 33; zur Datierung: Tanja Kohwagner-Nikolai, Zur Funktion des Heilsspiegelsteppich im Kloster Wienhausen, Die Diöz. Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart 69, 2001, S. 105-137).
3. Hortus conclusus
Bereits in den Illustrationen zum Hohen Lied und in den Heilsspiegel-Illustrationen wird F. als Bestandteil des verschlossenen Gartens gezeigt.
In einer Hs. des Spec. hum. salv., 2. V. 14. Jh., ist die Verbindung des verschlossenen Gartens mit F. dadurch veranschaulicht, daß der Verschluß gleichermaßen auf Mauer und Brunnen bezogen werden kann (Abb. 1b).
a. Tafelbilder
Selbständige Darstellungen des Gartens mit F. sind erst für die Zeit um 1400 bekannt. Nur selten zeigen sie Abwandlungen der früheren Bildtypen.
Auf dem Tafelbild des Stefano da Verona, um 1410, aus dem Kloster S. Domenico in Verona ist F. als offenes vierpaßförmiges Becken mit tabernakelartigem Brunnenstock gestaltet, der drei stehende, zum Teil nimbierte Figuren trägt, die die Trinität verkörpern (Abb. 2; Angelo Aldrighetti, Das Mus. des Castelvecchio, Ven. 1960, S. 30, Abb. 20; vgl. zu dieser Art der Darstellung auch Novum beatae Mariae virginis Psalterium, Zinna [Hermann Nitzschewitz] zw. 1493 und 1496: Ferdinand Geldner, Die dt. Inkunabeldrucker ..., Bd. 1, Stg. 1968, Abb. 114). In anderen Darstellungen von Brunnenaufsätzen ist an dieser Stelle der Schmerzensmann dargestellt (Stundenbuch Johannas der Wahnsinnigen, 15. Jh.: Maj-Brit Wadell, Fons Pietatis ..., Göteborg 1969, Nr. 29); die Wirkung der Versiegelung wird auf der Veroneser Tafel auch durch die Geste eines Engels veranschaulicht, der seine Hände vergebens vor einen der Ausflüsse hält. Auf dem Flügel eines Diptychons, westf., A. 15. Jh., erscheint F. ohne Bezeichnung neben der Rosenblüte und fünf anderen atl. Motiven (Gideons Vlies, Bundeslade, verschlossene Pforte Ezechiels, brennender Dornbusch, Stab Aarons) als sechsseitiges Brunnenbecken auf Sockel und Fuß, aus dessen drei Röhren Wasser fließt (Isolde Lübbeke, Early German Paintings 1350-1550, Ld. 1991 [The Thyssen-Bornemisza Coll., 10], S. 110-115).
F. in Verbindung mit der Einhornjagd (RDK IV, Sp. 1523-1528) ist unter den Motiven, welche die im Hortus conclusus sitzende Jungfrau Maria umgeben, im frühen 15. Jh. zuerst in der Tafelmalerei nachweisbar. Die ältesten bekannten Beispiele stammen aus dem thüringischen Raum, insbesondere aus Erfurt.
Auf der Mitteltafel eines Triptychon, um 1430/1440 (Kat. „K.slgn. zu Weimar. Schloßmus. Gem.gal.“, Mchn. 1994, Nr. 6), ist der als F. bezeichnete Brunnen in Form eines sechsseitigen Beckens mit Ausflußröhren an den Ecken ausgebildet und durch einen Deckel mit einem Schloß ‚versiegelt’. Damit verwandt ist die Darstellung von F. auf der Innenseite eines Flügelretabels, dat. 1485, in Allendorf bei Rudolstadt in Thüringen ([4] Nr. 337, Abb. 144). Als F. betitelt ist der Brunnen auf der Mitteltafel des Triptychon mit der Einhornjagd im Erfurter Dom, 2. V. 15. Jh., der als offenes vierseitiges Becken dargestellt ist (Edgar Lehmann und Ernst Schubert, Dom und Severikirche E., Lpz. 1988, S. 166f., Abb. 93). Ein weiteres Tafelbild aus dem Erfurter Dom, 3. V. 15. Jh., zeigt einen aufwendig gestalteten Stockbrunnen, dessen Becken mit drei verschiedenfarbigen ovalen Siegeln verschlossenen ist (Abb. 4; Ausst.kat. „Schätze aus Erfurter Kirchen“, Erfurt 1992, S. 45). Die Darstellung auf der Mitteltafel eines Altarretabels in Jeníkov, Böhmen, nach 1460, weist ebenfalls drei Siegel auf (Ausst.kat. „The bride in the enclosed garden“, Prag 1995, S. 100-103, mit Abb.). Die Einhornjagd auf dem Tafelgem. aus dem Umkreis des Meisters E. S., zw. 1465 und 1475, zeigt in der Mitte F. neben Maria, umgeben von weiteren marianischen Motiven, als rechteckigen Brunnenstock. Der obere Deckel ist ähnlich verriegelt wie die „Porta Ezechielis“ und mit zwei Ausflußröhren versehen, die ihr Wasser in einen rechteckigen Brunnentrog abgeben, aus dem das Wasser in den Garten fließt (Darmstadt, Slg. Walter Steinmetz; [4] Nr. 333; RDK IV, Sp. 1517f., Abb. 8).
Eine Tafel vom linken Seitenflügel des ehem. Hochaltarretabels der Dominikanerkirche zu Colmar von Martin Schongauer, 1476/1477 (Colmar, Mus. Unterlinden) zeigt F. mit Inschrift als polygonales Becken mit einem Brunnenstock, der drei Ausflüsse besitzt, jedoch auf der Oberseite mit einem Deckel verschlossen und zusätzlich mit einem Hängeschloß gesichert ist: Ausst.-kat. „Der hübsche Martin“, Colmar 1991, Abb. S. 76).
Auf dem Tafelgem. eines nieders. Malers aus dem Braunschweiger Dom, dat. 1506, ist der inschriftlich benannte F. als sechsseitiges Brunnenbecken mit Brunnensäule und drei Wasserausläufen dargestellt (Braunschweig, Hzg. Ant. Ulr.-Mus.; [4] Nr. 345). Ein F. mit entsprechender Inschrift ist als Becken mit Löwenköpfen auf dem Flügel eines Retabels, um 1510, in Maria Gail in Kärnten wiedergegeben ([4] Nr. 349, Leopold Kretzenbacher, Mystische Einhornjagd ..., Mchn. 1978 [Bayer. Akad. der Wiss., Philos.-Hist. Kl., Sitzungsber., Jg. 1978, H. 6], Abb. 1). Ein mit dem Pelikan bekrönter F. mit Inschrift befindet sich auf dem Flügel eines Retabels aus einer Villacher Werkstatt, um 1512, aus Heiligengestade in der Deutschordenskirche zu Friesach ([5] Abb. 3).
b. Skulptur und Plastik
Die meisten plastischen Darstellungen stammen aus dem Zusammenhang von Altarretabeln oder sind kleine Andachtsbilder.
Beisp.: Schrein eines Retabels aus Maria Saal, um 1510, Klagenfurt, L.mus. (unbezeichneter Stockbrunnen mit sechsseitigem Brunnenbecken und Brunnensäule, die mit einem Pelikan und seinen Jungen bekrönt ist); mittlerer Teil eines Flügelretabels, dat. 1506, im St. Annen-Mus. in Lübeck (Stockbrunnen mit reich verziertem architektonischen Aufbau): [4] Nr. 374, Abb. 187; Nr. 372). - Ein „besloten hofje“ mit der Einhornjagd aus Mecheln, A. 16. Jh., zeigt F. mit einem Brunnenstock, der von einem Wappenhalter bekrönt ist: Abb. 6; Ausst.kat. „Monsters & Fabeldieren ...“, s’-Hertogenbosch 2003, S. 52.
Die Ausformung eines Models in Ton, um 1500, New York, Metropolitan Mus., zeigt einen F. in hexagonaler Form ([4] Nr. 378B, Abb. 188).
c. Wand- und Glasmalerei
Wand- und Glasgem. mit der Darst. von F. sind selten erhalten.
Ein spätes Beisp. für Glasgem. mit F. stammt aus der King’s College Chapel in Cambridge, um 1530 ([4] Nr. 365, Abb. 186). - Das von Giovanni Maria Falconetto 1514 im Auftrag der Hofräte Kaiser Maximilians gemalte Wandbild in S. Giorgetto (S. Pietro Martire) in Verona zeigt einen inschriftlich bezeichneten F., durch einen quadratischen Sockel erhöht und mit einem Pelikan bekrönt. Antike Fabelwesen wie Seepferde und Satyrn dekorieren die Hohlkehle der Beckenwand ([4] Nr. 362).
d. Graphik
Die spärlich erhaltenen Zeugnisse der Buchmalerei und Druckgraphik stammen aus dem Spät-MA.
Ein Metallschnitt, um 1470/1480, zeigt F. mit hexagonalem Becken (ebd. Nr. 321, Abb. 142). wohl nach einem solchen Vorbild wurde F. in dem Gebetbuch für ein Nonnenkloster, lat. und niederdt., um 1470/1480, vereinfacht mit rundem Becken dargestellt (Göttingen, St.- und Univ.bibl., cod. theol. 291, fol. 109r: ebd. Nr. 323, Abb. 137); In dem von Ulrich Pinder 1505 in Nürnberg gedruckten „Beschlossen gart des rosencrantz Marie“ ist F. in einem Holzschnitt mit runder Beckenform verbildlicht (ebd. Nr. 326, Abb. 139). Im „Pancarpium Marianum ...“ des Jesuiten Jan David illustriert ein Kupferstich mit der Darst. eines Springbrunnens das Kapitel über F. und ist erläutert durch die Legende „Non temeranda, sacrum claudunt signacula fontem: Turbabit vitreas nemo profanos aquas“ (Pancarpium Marianum ..., Antw. 1607, S. 52-55, Taf. 12).
e. Textilien
F. auf Textilien ist erst in der 2. H. 15. Jh. nachweisbar, die meisten Beisp. stammen aus dem Rheingebiet und benachbarten Regionen, oftmals aus Nonnenklöstern.
Häufig ist die Darstellung auf Antependien: [4] Nr. 382, 384f.; zu einem Antependium aus Niederzürndorf, um 1490, und neuzeitlichen Kopien: Karen Stolleis, Auf den Spuren eines verlorenen Kiedricher Antependiums, Rheingau-Forum 3, 1994, H. 4, S. 49-56.
Die Bekanntheit des Motivs im nieders. Raum bezeugt die Darstellung auf einer Pultdecke des 4. V. 15. Jh. im ehem. Benediktinerinnenkloster Ebstorf. Der F. mit polygonalem Becken besitzt einen Brunnenstock mit drei Ausflüssen, auf dem durch ein Hängeschloß die Versiegelung vergegenständlicht ist (Ausst.kat. „Stadt im Wandel“, Braunschweig 1985, Bd. 1, S. 473-475, Nr. 390). F. auf dem Bildteppich, wohl niederrhein., um 1500, Bayer. Nat.mus., München, ist ein mit Deckel verschlossener Brunnen mit polygonalem Becken und Schloß an der Vorderseite. Der Deckel ist lat. textiert (Abb. 5; [3] S. 172f., Nr. 67). F. ist inschriftlich bez. auf einem Antependium in Sarnen/Obwalden, Verena Zoller, dat. 1554 ([5] Abb. 2). Die Stickerei eines Velums aus Leinen, schwäb. um 1500, zeigt F. als offenes polygonales Becken mit drei Ausflußröhren, das jedoch als „der beschlossen kull“ benannt ist ([3] Nr. 30).
B. Neuzeit
Neben im MA gebräuchlichen Verwendungen war F. seit dem ausgehenden 16. Jh. eines der Motive, mit denen man die Darstellung der Apokalyptischen Frau oder Immaculata (zum Problem: RDK V, Sp. 257), Szenen aus dem Marienleben sowie die Darstellung des Herzens Mariens oder ihres Monogramms umgab.
Zu Reprisen von F. im Hortus conclusus im 17. Jh. vgl. Jenny Schneider, Schweiz. Bildstickereien des 16. und 17. Jh., Bern 1960 (Aus dem Schweiz. L.mus. 14), S. 14 und Taf. 14; s. auch Sp. 169.
Bei der Immaculata war die Darstellung von F. als Springbrunnen zusammen mit dem „Puteus aquarum“ als Ziehbrunnnen am häufigsten.
Vielfach diente der Kupferstich von Cornelis Cort, 1567 ([14] S. 52-54 und Abb. 8), als Vorbild; vgl. Holzschnitt, dat. 1576, in: Petrus Canisius, De Maria Virgine, Ingolstadt 1577, S. 291 und 589 ([14] Abb. 9); Holzschnitt in: Ders., Commentaria de verbi dei corruptelis, Ingolstadt 1583, S. 316; Kupferstich, Georg Keller (1568-1634) zugeschr. ([16] S. 309, Taf. XIV,1).
In der span. Tafelmal. haben sich frühe Beisp. von F. mit der Immaculata erhalten: F. ist bez. auf einem Tafelbild, Valencia, 4. V. 16. Jh., und als mehrstöckiger Schalenbrunnen dargestellt, der die von der Dreifaltigkeit begleitete Immaculata umgibt (Palma de Mallorca, Palacio Episcopal: Ewald Maria Vetter, Virgo in Sole, Madrid 1963, Abb. 25). Das Gem. mit Immaculata von Domenikos Theotokopoulos, gen. El Greco, zwischen 1607 und 1613, zeigt beide Brunnenformen: Kat. „Maestros Antiguos del Mus. Thyssen-Bornemisza“, Madrid 1992, S. 581); weitere Beisp.: Tafelbild von Baltasar de Echave Ibia, 1622 (Mexiko, Mus. Nac. de Arte: Mirella Levi d’Ancona, The Icon. of the Immaculate Conception in the Middle Ages and Early Renss., N.Y. 1957 [Monographs on Arch. and Fine Arts, ... 7], Abb. 52).
Zur weiten Verbreitung trugen die illustrierten Fassungen der *Lauretanischen Litanei sowie die in großer Zahl tradierten Marienlitaneien bei, die vielfach die Anrufung Mariens als F. enthielten, z. B. Georg Schroetel, Apis argumentosa ..., Mchn. 1631, S. 177.
Philipp Sadelers Kupferstich auf dem Deckblatt dieses Werkes zeigt neben anderen marianischen Motiven den zweischaligen Springbrunnen; in G. Schroetels Erläuterungen wird jedoch die Bedeutung von F. zu „puteus aquarum“ sowie Fons vitae erweitert (ebd. S. 210-214).
Der Kupferstich von Raphael Sadeler d. J., zw. 1601 und 1604, mit der 1601 approbierten Fassung der Lauretanischen Litanei, deren Text F. nicht enthält, zeigt den mit F. bezeichneten Springbrunnen gegenüber dem Ziehbrunnen in der Folge der das Gnadenbild von Loreto umgebenden marianischen Motive (Abb. 7); auf Michiel Snyders’ (gest. 1630) Kupferstich mit der Darstellung der thronenden Maria ist der mit F. bezeichnete Springbrunnen Teil eines Rosenkranzes mit marianischen Symbolen (Abbildungsslg. RDK). F. als Springbrunnen oder Ziehbrunnen ist Bestandteil des marianischen Monogramms auf einem Kupferstich, fr. 17. Jh. ([16] Taf. 15, 2), und umgibt Maria „Tota Pulchra“ auf einem Kupferstich von Theodor Galle (Abbildungsslg. RDK).
Beide Brunnenformen ohne Bezeichnungen zeigt auch der Kupferstich mit der Apokalyptischen Frau über dem Hortus conclusus, der wohl von Jan van de Sande (1600-1664/1665) signiert wurde: [2] Abb. 115; ähnlich wurde F. auch in der Augsburger Druckgraphik des 18. Jh. wiedergegeben, z. B. von den Brüdern Joseph Sebastian und Johann Baptist Klauber in: Franz Xaver Dornn, Lauretanische Litaney ..., Augsb. 1749, oder auf einem von Johann Andreas Pfeffel d. Ä. oder d. J. ausgeführten Kupferstich mit dem Titel „Symbola B. Mariae Virg.“, der die Apokalyptische Frau umgeben von marianischen Motiven zeigt, zu denen auch Springbrunnen und Ziehbrunnen zählen (Abbildungsslg. RDK).
Das Motiv ist häufig Bestandteil der Bildprogramme von Marienkirchen. F. wird meistens in Form eines Springbrunnens als Pendant zum Ziehbrunnen gezeigt, der den „Puteus aquarum viventium“ verbildlicht; seltener ist es umgekehrt. Die Versiegelung wird nur ausnahmsweise verbildlicht, statt dessen sind die meisten Darstellungen inschriftlich als F. kenntlich gemacht.
Das Silberrelief von Anton Ort, 1578, auf dem Altarretabel in der Silbernen Kap. der Innsbrucker Hofkirche zeigt über dem Titulus F. einen Ziehbrunnen; es umgibt zusammen mit anderen marianischen Symbolen wie dem Springbrunnen („Puteus aquarum viventium“), die von Engeln gekrönte Maria. Ob diese Zuordnung der ursprünglichen Anordnung entspricht, ist nach dem heutigen Befund nicht mehr zu ermitteln (Erich Egg, Die Hofkirche in Innsbruck. Das Grabdkm. Kaiser Maximilians I. und die Silberne Kapelle, Innsbr. usw. 1974, S. 90f., Taf. 147). - F. ist der Darstellung der Verkündigung an Maria auf dem Mittelbild des 1615 gestifteten Altarretabels in der sog. Lichtenfels-Krozingenkapelle des Freiburger Münsters zugeordnet (Wolf Hart, Die künstlerische Ausstattung des Freiburger Münsters, Frbg. i. Br. 1981, Abb. 100). - F. und Fons hortorum begleiten die Darstellung der Himmelfahrt Mariens auf den um 1630 entstandenen Gem. der Holzdecke der sog. Seekapelle auf Herrenchiemsee; sie sind als Schalen- und als Ziehbrunnen verbildlicht (Peter von Bomhard, Die Kdm. der Stadt und des Lkr. Rosenheim, T. 3: Die Kdm. des Gerichtsbez. Prien ..., Rosenheim 1964, S. 121). In der Münchner Hofkapelle ist im Deckenstuck nach dem Entw. von Hans Krumper, um 1614, F. zusammen mit „Sanctuarium Dei“ und „Templum Salomonis“ dem Marienmonogramm zugeordnet (Abb. 8).
Ein besticktes Antependium aus Atlasseide zeigt Maria mit dem Springbrunnen sowie dem Ziehbrunnen ohne Bezeichnung zusammen mit Motiven der Lauretanischen Litanei, Hamburg 1680/1681 (Géza Jászai, Die Domkammer der Kathedralkirche Sankt Paulus in Münster ..., Münster 1991, S. 167f.). Wohl als F. zu deuten ist die Darstellung einer Fontäne auf der Mitra des Bischofs Piotr Gembicki, zw. 1636-1653, mit der Apokalyptischen Frau, umgeben von marianischen Symbolen: Ausst.kat. „Wawel 1000-2000“, Krakau 2000, Bd. 2, S. 235f. Nr. I/199 und Bd. 3, Abb. 265).
Im 18. Jh. erscheint F. häufig in Deckengem., vor allem in Werken von Johann Baptist Zimmermann: In Steinhausen, Kr. Biberach, 1730-1731, im Langhaus mit der Darstellung der Himmelfahrt Mariens ist im östlichen Bereich F. im Hortus Conclusus mit der Inschrift „Hortus Conclusus Es, Dei Genetrix, Fons Signatus“ als Springbrunnen gestaltet, dessen Schale von zwei Engeln getragen wird. Das Wasser strömt aus einer herzförmigen Öffnung in der Mitte mit dem Monogramm Mariens (Norbert Lieb, Barockkirchen zwischen Donau und Alpen, Mchn. 61992, S. 122, Taf. 144f.; [1] Abb. S. 189). In der ehem. Dominikanerkirche St. Blasius in Landshut ist F. im Mittelschiff auf dem Deckengem. mit Maria und Heiligen des Dominikanerordens, 1749, als Schalenbrunnen dargestellt, bekrönt von einem Herzen, aus dem ein Wasserstrahl aufschießt (Kdm. Bayern, Ndb. 16: Stadt Landshut, S. 150f., Taf. XIII; [1] Abb. S. 255). In der Wallf.k. Maria Brünnlein in Wemding, Kr. Donau-Ries, ist F. in einem der Medaillons mit marianischen Quellen- und Brunnensymbolen wiedergegeben, die an der Decke des Langhauses von 1754 mit Maria als Gnadenquell umgeben. F. ist dort ein Schalenbrunnen, dessen Becken von Engeln gehalten und ähnlich einem Taufbrunnen von einer Kalotte bedeckt wird. Diese trägt ein dreieckiges Schloß an der Vorderseite und ist bekrönt von einem mit Flammen gezierten Dreieck. Die Inschrift erläutert: „das sigl der drey Einigkeit den ghaimnusvollen bronn bedeit“ (Abb. 9).
In der 1779 voll. Wallf.k. Fahrenberg, Kr. Neustadt a. d. Waldnaab, ist F. als Ziehbrunnen im Gegensatz zur Quelle des lebendigen Wassers dargestellt (Johann Götz und Gustav Motyka, Fahrenberg, Wallf.k. in der Pfarrei Waldthurn, Mchn. usw. 31968, S. 14).
Als selbständiges Motiv wurde F. wohl nur selten dargestellt, doch ist diese Tradition bislang nur wenig untersucht.
Beisp.: Kupferstich von J. S. und J. B. Klauber, Augsburg, um M. 18. Jh.: F. mit Hinweis auf Hebr 4,16. Das Gnadenbild in der Wallf.k. Maria Bründl, BH Mistelbach, N.Ö., gab Anlaß zur Darstellung von F. auf Andachtsbildern: Ein von Ferdinand Landerer (nachweisbar von 1730-1795) in Wien ausgeführter Stich zeigt das Gnadenbild als Brunnenfigur, aus der mit F. bezeichneten Schale trinkt ein Pilger (Abbildungsslg. RDK).
Zu den Abbildungen
1. a. Ehem. Toledo, Archivo y Biblioteca Capitulares, ms. 10.8 (Spec. hum. salv.), Bologna, wohl um 1320/1340, fol. 6r (Detail). Foto MAS Barcelona, Neg.nr. C 78676; b. Kremsmünster, Stiftsbibl., cod. Nr. 243, fol. 9r (Detail), Weissenau, zw. 1310 und 1324. Nach [11] S. 181, Abb. 3c.
2. Stefano da Verona, Verona, Mus. civ., Tafelgem. (Detail; Gesamtabb.: Ewald Maria Vetter, Maria im Rosenhag, Ddf. 1956, Taf. 9), um 1410. Foto Alinari, Florenz, Nr. 13 494.
3. München, Bayer. St.bibl., Xyl. 37, Blockbuch (Spec. hum. salv.), Niederlande, zw. 1475 und 1479, Bl. 4r (Detail). Nach [7] Taf. 11.
4. Erfurt, St. Severi, Mitteltafel des Triptychon aus dem Erfurter Dom (Detail; Gesamtabb. Faszination MA. Meisterwerke sakraler K. in E., Erfurt 1993, Abb. S. 29), 2. H. 15. Jh. Öl auf Holz. Foto Gregor F. Peda, Passau.
5. München, Bayer. Nat.mus., Antependium, Niederrhein, um 1500. Nach: [3] Abb. S. 175 (Gesamtabb.).
6. Klosterarbeit (Detail), Mecheln, A. 16. Jh. Nach Ausst.kat. „Le jardin clos de l’âme ...“, Brüssel 1994, S. 94, Abb. 85.
7. Raphael Sadeler d. J., Kupferstich (mit der 1601 approbierten Fassung der Lauretanischen Litanei), Maße: 21,1 × 16,5 cm (Gesamtmaße: 33 × 27,5 cm) Nach Dt. ill. Flugbll. 3, T. 3, S. 73.
8. Hans Krumper (Entw.), München, Residenz, Stuckrelief an der Decke der Hofkap., um 1614 (Zustand 1944). Foto Erwin Schalkhaußer, München.
9. Johann Baptist Zimmermann, Wemding, Wallf.k. Maria Brünnlein, Deckengem. im Langhaus, 1754. Nach [1] S. 269.
Literatur
1. Anna und Hermann Bauer, Johann Baptist und Dominikus Zimmermann. ..., Rgbg. 1975. - 2. Stephan Beissel, Gesch. der Verehrung Marias im 16. und 17. Jh., Frbg. i. Br. 1910. - 3. Saskia Durian-Ress, Meisterwerke ma. Textilk. aus dem Bayer. Nat.mus., Mchn. und Zh. 1986. - 4. Jürgen Werinhard Einhorn, Spiritalis unicornis ..., Mchn. 21998. - 5. Uta Henning, Zur „mystischen Einhornjagd“ in Friesach ..., Carinthia I, 189, 1999, S. 177-200. - 6. Avril Henry, The Mirour of Mans saluacioune ..., Aldershot 1986. - 7. Ernst Kloss (Hg.), Spec. hum. salv. Ein niederl. Blockbuch, Mchn. 1925. - 8. Lutz-Perdrizet. - 9. Meersseman. - 10. Gert Mellbourn, Speculum ecclesiae. Eine frühmhd. Predigtslg. (cod. germ. mon. 39), Lund 1944 (Lunder Germanistische Forschgn., 12). - 11. Manuela Niesner, Das Spec. hum. salv. der Stiftsbibl. Kremsmünster ..., Köln usw. 1995 (Pictura et Poesis, 8). - 12. Heimo Reinitzer, Der verschlossene Garten. Der Garten Marias im MA, Braunschweig 1983 (Wolfenbütteler Hh., 12). - 13. Erwin Schalkhausser, Die Hofkapelle der Münchener Residenz, Das Münster 11, 1958, S. 261-266. - 14. Bernadette Schöller, Kölner Druckgraphik der Gegenreformation ..., Köln 1992 (Veröffn. des Kölnischen Stadtmus., 9). - 15. Schramm, Frühdrucke. - 16. Spamer, Andachtsbild.
Bei der Bearbeitung des Artikels wurden Vorarbeiten von Friedrich Zoepfl (†) verwendet.
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