Fläche (Werkzeug)

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englisch: Stone-axe; französisch: Laye, ache; italienisch: Ascia, martellina.


Friedrich Kobler (1991)

RDK IX, 507–535


RDK II, 25, Abb. 1. Grabstein des Admonter Hüttenmeisters Wolfgang Denk († 1513) in Steyr.
RDK IX, 507, Abb. 1 a. Langenzenn, Kr. Fürth, Spät-MA oder frühe Neuzeit.
RDK IX, 509, Abb. 1 b. Hohkönigsburg, Oberelsaß, wohl zw. 1475 und 1633.
RDK IX, 509, Abb. 1 c. Koblenz, 15./16. Jh.
RDK IX, 513, Abb. 2. Trier, wohl neuzeitlich.
RDK IX, 513, Abb. 3. Gerolstein, Kr. Daun, Spät-MA.
RDK IX, 517, Abb. 4. Pierrot Ferré, 1402, Tournai.
RDK IX, 517, Abb. 5. Wien, vor 1147 (?).
RDK IX, 517, Abb. 6. Amiens, 1264.
RDK IX, 517, Abb. 7. Regensburg, um 1300 oder A. 14. Jh.
RDK IX, 517, Abb. 8 a. Stuttgart, 1383.
RDK IX, 517, Abb. 8 b. Paris, um 1370.
RDK IX, 519, Abb. 9. Hildesheim, 1010-1033.
RDK IX, 519, Abb. 10. Idensen, um 1120/1129.
RDK IX, 521, Abb. 11. Corvey, um 1146/1159.
RDK IX, 523, Abb. 12. Augsburg, um M. 12. Jh.
RDK IX, 523, Abb. 13 a und b. Otterberg, Kr. Kaiserslautern, um 1211/1219.
RDK IX, 525, Abb. 14. Grasburg, Kt. Bern, 13. Jh.
RDK IX, 525, Abb. 14 a. Eisenach, um 1220.
RDK IX, 527, Abb. 15 a-c. Burg Krautheim a. d. Jagst, um 1230/1240.
RDK IX, 529, Abb. 16. Regensburg, um 1380.
RDK IX, 531, Abb. 17. Regensburg-Prüfening, 1488.
RDK IX, 531, Abb. 18. Steyr, O.Ö., um 1513.
RDK IX, 531, Abb. 19. Burgdorf, Kt. Bern, 1540.
RDK IX, 533, Abb. 20. Lindau, 1748.
RDK IX, 533, Abb. 21. Peter von Hess, 1823, Würzburg.
RDK IX, 535, Abb. 22. Kassel 1827.

I. Allgemeines

Als F., Fleche, Flächt (flächen = aequare, ebnen: Grimm Bd. 3 Sp. 1699) werden die beilartigen eisernen Hiebwerkzeuge zum Einebnen (Abflächen) der in der Regel zunächst bossierten und dann abgespitzten Steinquader bezeichnet. F. werden mit beiden Händen geführt und sind aus Gründen des Gleichgewichts zweiseitig ausgebildet, mit der Ausnehmung („Haus“) für den Stiel („Holmen“, „Helm“) im Schwerpunkt.

Durch die Bearbeitung des Quaders mit der F. erhält dessen Spiegel eine belebte rauhe Oberfläche, die gegebenenfalls zu besserem Haften der Tünche oder feinen Putzes führt.

Die Bezeichnung F. ist im ausgehenden 18. Jh. belegt, z. B. bei [2 b] S. 63f.

Ältere, manchmal mundartlich überlebende Benennungen für das Werkzeug sind Steinbeil („steynbyel“, „steynmetzenbijl[l]“, „stienbyl“, niederl. „steenbijl“: Diefenbach, Gloss., S. 53 c; im 15./16. Jh. belegt als Übersetzung von „ascis“) und Steinaxt ([7] Bd. 2 S. 35; nachgewiesen im 15./16. Jh., vgl. Endres Tuchers Baumeisterbuch der Stadt Nürnberg [1464-1475] ..., hg. Matthias Lexer, Stg. 1862 [Bibl. Lit. Ver., 64; Ndr. Amst. 1968], S. 40 und 66f.; weitere Belege bei Diefenbach a. a. O. S. 606 b, s. v. „vanga“, und bei Grimm, Bd. 10,2,2 Sp. 2043; „steinmetzagst“: Diefenbach a. a. O. S. 53 c). Als jüngere Spezialisierung gibt es im 19. Jh. die Benennung Flächeisen ([4] S. 42 - hier F. Sammelbezeichnung für alle Werkzeuge zum Abflächen der Quader), um 1900 mehrfach Flachhammer, Flächhammer (H. Koch in: Baukde. des Architekten..., 1. Bd., 1. T., Bln. 1895, S. 17; Ad. Opderbecke, Die Bauformenlehre, Lpz. 21903 [Das Hdb. des Bautechnikers..., 3. Bd.], S. 135; Otto Frick, Steinbau, Lpz. und Bln. 151942 [Frick-Knoll, Baukonstruktionslehre, T. 1], S. 37 Bild 66), modern Flächbeil [21, S. 125] oder nur Beil [6, S. 45]. Zu regional gebrauchten Benennungen s. Sp. 511-513.

Die F. war das im hohen und späten MA am häufigsten gebrauchte Werkzeug des Steinmetzen. Ob die Steinhauer, die gleich den Maurern nur eine dreijährige Lehrzeit hatten (Steinmetzen eine fünfjährige) und die nach der Sächsischen Ordnung von 1462 nicht in die Steinmetzenbruderschaft aufgenommen werden durften [5, S. 25f.], sich der F. bedienten, ist ungeklärt; das Eisen Abb. 3 eines Werkzeugs, das als F. bezeichnet werden muß, stammt aus einem spätma. Mühlsteinbruch am Steffelner Kopf in der Eifel. - Im MA (und später ?) verwendeten auch Steinbildhauer die F., mit der sie als letzten Arbeitsgang die Oberfläche des Bildwerks zusammenzogen (vgl. Abb. 16; Friedr. Fuchs in [31] S. 237ff. mit Abb.; s. auch Kdm. Frankreich, Principes d’analyse scientifique. La sculpture, Paris 1978, S. 596f. s. v. „laye“).

Abgrenzung. Als F. wurde in Abhandlungen des 18. Jh. über das Maurerhandwerk gelegentlich jene zum Einreißen von Mauern dienende kurzstielige Picke bezeichnet, die eine spitze und eine stumpfe Seite hat ([1] S. 26, sub 1, Taf. Handwerkszeug des Maurers, sub 12; [2 a] S. 188 Nr. 31, Taf. Der Maurer, Fig. XXXVIII; s. auch [3] 1. T. S. 741f. und [7] Bd. 1 S. 330, s. v. Brechhammer).

Eines solchen Werkzeugs bedient sich z. B. in den Gewölbemalereien der Unterkirche von St. Klemens in Bonn-Schwarzrheindorf der Prophet Ezechiel, um die Mauer des Tempelvorhofs von Jerusalem zu durchbrechen: Ez 8.7f. (vor 1151 [?, Jahr der Kirchenweihe]; Clemen, Roman. Mon.mal., S. 287, Taf. XIX; Alb. Verbeek, Sch., Ddf. 1953, Abb. 20 und 21 a).

Diese F. genannte Picke dient auch, gleich dem Schellhammer (Scholhammer: [5] S. 78), zum Zerlegen von Kalkstein in kleinere Stücke für das Fundament; „man nennt dieses Werkzeug auch wol Mauerhammer“ ([2 a] S. 183, sub 12; [3] 1. T. S. 741f.).

In spätma. Bildern eines Steinmetzen bei der Arbeit handhabt dieser manchmal den Dechsel (Dexel, in Frankreich mehrfach „polka“), der sich von der F. dadurch unterscheidet, daß seine Schneide quer zum Stiel des Werkzeugs steht, nicht parallel. Nach den Bildern zu urteilen, wurde der Dechsel vorwiegend zur Bearbeitung der Stoß- und Lagerflächen gebraucht.

Den Dechsel gab es sowohl mit zwei Schneiden quer zum Stiel als auch mit einer quer und einer längs dazu (Kreuzhacke); auch die Kombination einer Querschneide mit einer Spitze kommt vor. Die Schneide kann glatt oder gekerbt sein (vgl. [25] S. 52-59). Zu bildlichen Wiedergaben s. den Steinmetz Conrad im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg, fol. 4, um 1425: ed. Wilh. Treue u.a., Mchn. 1965, Taf.bd. Abb. S. 11, und [18] T. 2 Abb. 86; weitere Beisp. ebd. Abb. 72 und 117f., [25] S. 58 Anm. 17). Bei Bildern vor allem aus dem 13. Jh. ist nicht immer zu entscheiden, ob eine F. oder der Dechsel dargestellt ist (vgl. ebd. S. 58 Anm. 16). Manchmal sind in der Literatur Abbildungen des Dechsels aus dem 15. Jh. als solche der F. ausgegeben.

Das Eisen eines als Maurerhammer beschriebenen Werkzeugs von 22 cm Länge mit einem stumpfen Ende und einer Schneide quer zum Holm kam in der Abteikirche Frauenchiemsee zum Vorschein (wohl um 1476; Vladimir Milojčić, Ber. über die Ausgrabungen und Bauunters. in der Abtei Frauenwörth auf der Fraueninsel im Chiemsee 1961-1964, Mchn. 1966 [Bayer. Akad. der Wiss., Philos.-Hist. Kl., Abhn., N.F. H. 65], Textt. S. 66, Taf.t. Taf. 1 Abb. 1).

Aus frühma. (fränkischen) Abbaustellen von „Basaltlava“ bei Mayen stammt ein im Umriß der F. gleichendes Hieb(?)werkzeug mit stumpfen Arbeitskanten, „das gleichfalls zur Flächenbearbeitung gedient haben muß“ ([14] T. 1 S. 25 Abb. 22, links, T. 2 S. 25f.) - mir erscheint diese Art der Verwendung unwahrscheinlich.

II. Arten der F.

Eiserne Hiebwerkzeuge nutzen sich durch den Gebrauch ab. Stumpf geworden wurden sie wieder aufbereitet oder dienten als Rohmaterial. So verwundert es nicht, daß, nach dem publizierten Material geurteilt, sowohl aus antik-römischer Zeit als auch aus MA und Neuzeit nur sehr wenige F. erhalten sind (Abb. 1-3).

In den in römischer Zeit ausgebeuteten Steinbrüchen bei Mayen wurden mehrere F. gefunden ([14] T. 1 S. 24 Abb. 20, T. 2 S. 25); ein Werkzeug aus einem röm. Steinbruch bei Bad Dürckheim, dem Kriemhildenstein, ist auf der einen Seite als Axt, auf der anderen als Picke ausgebildet und „dürfte bei den Abräumungsarbeiten verwendet worden sein“ (Friedr. Sprater, Limburg und Kr., Speyer 1948, S. 42, Abb. 40). Aus der Mosel in Trier stammt eine F., von der vermutet wird, sie sei römisch (Rhein. L.mus. Trier, Foto RE 73.12/21; Ausst.kat. „Kaiserresidenz und Bischofssitz“, Trier 1984, S. 93 Nr. 13,g); auf Grund der Form, der Erhaltung und der Marke, einer arabischen Zehn (?) als Eigentumsangabe oder als Seriennummer (?), ist sie eher ins ausgehende 19. Jh. oder ins 20. Jh. zu datieren (Abb. 2). Aus neuerer Zeit sind auch die bei [4] Abb. 10-12 und im Kat. der Ausst. Köln, Parler, Bd. 3 S. 58 in Umrißzeichnungen wiedergegebenen F., ebenso die im Ausst.kat. „Die Kuenringer“, Zwettl, N.Ö., 1981, S. 499 Nr. 607 b aus der Slg. Friedr. Opferkuh, Mannersdorf a. L., sowie die bei [31] S. 144 Abb. 3 gezeigten Werkzeuge.

So sind die im Grunde einzigen Quellen die auf dem Stein erhaltenen Hiebspuren und die bildlichen Wiedergaben (unter ihnen zahlreiche Steinmetzzeichen) mit all der Problematik, die solchen Bildern eigen ist (weswegen z. B. die Angaben bei Günther Binding und Norb. Nußbaum [Hgg.], Der ma. Baubetrieb nördl. der Alpen in zeitgenössischen Darst., Darmstadt 1978, und bei G. Binding, Der ma. Baubetrieb in W-Europa, Köln 1981 [Veröffn. der Abt. Archit. des Kh. Inst. der Univ. zu Köln, 32] in einigen Fällen nicht zutreffen oder nicht so eindeutig eine F. wiedergeben; das gilt auch für den Katalog von Wolfg. Schöller, Technikgesch. 54, 1987, H. 2 S. 77-100). Über die Formvarianten des Werkzeugs sind die Bilder nahezu die einzigen Zeugen.

Luc Mojon äußert die Vermutung, die auf ma. Grabmälern von Werkmeistern wiedergegebenen Geräte, darunter auch F., seien „auf die Platte gelegt und dann umrissen worden“, wären also Wiedergaben realer Werkzeuge im Maßstab 1 : 1 [26, S. 32 und 36f.].

1. Glattfläche

(Abb. 1 a-c).

Die meist spätma. Abbildungen zeigen die Glatt-F. (in Tirol „Flachhaue“ [15]) mit zwei Schneiden; sie hat keilförmige Blätter mit, aus den Hiebspuren erschlossen, etwa 3-12 cm breiter Schneide. Diese ist gerade und kann nach Ausweis der Hiebspuren abgestumpft sein (Hinweis Roland Möller, Dresden; s. Abb. 14 a). Das Gesamtgewicht wird mit ca. 3 kg angenommen, das Exemplar Abb. 1 c wiegt 675 g (zu modernen F. [21] S. 125).

Die Form des Eisens war unterschiedlich (vgl. Abb. 1 a-c, 4, 18, 20-22). Bilder des 12. und 13. Jh. zeigen den Körper des Werkzeugs oft gebogen oder aber die Ober- und die Unterseite des Werkzeugs konkav eingezogen. Später wurde vielfach entweder die Breite der Schneide beibehalten, der Körper des Werkzeugs verschmälert (Abb. 18), oder aber das Werkzeug ist insgesamt schmäler, mit Schneiden bis höchstens 3 cm, und wesentlich leichter (dieses Werkzeug wird bei Friederich [11] Pille genannt, möglicherweise eine lokal - in der Ulmer Münsterbauhütte - gebrauchte Benennung; Hinweis Sepp Jakob, Frbg.). Ausnahmsweise kommt auch die Wiedergabe einer Glatt-F. mit zwei unterschiedlich breiten Schneiden vor (Dijon, Bibl. mun., ms. 562, Histoire du monde, 2. H. 13. Jh., fol. 9, Turmbau zu Babel: [18] T. 2 Abb. 30; s. auch ebd. Abb. 51; sog. Admonter Hüttenbuch im L.archiv Graz, Wappen auf der Titelseite, dat. 1480: RDK II 29f. Abb. 2; Abb. 18). Im 19. Jh. gibt es auch sehr massiv ausgebildete Glatt-F. („Doppelkeilhammer“, „Flächhammer“; s. Abb. 21).

Daß es Glatt-F. mit nur einer Schneide gegeben hätte, ist unwahrscheinlich.

In der Prudentius-Hs. aus dem 10. Jh. in der Stiftsbibl. St. Gallen, Ms. 135, ist S. 434 ein Steinhauer wiedergegeben, der mit einem einer Axt ähnelnden Werkzeug ausgeholt hat, ein zweiter stützt sich auf ein solches Werkzeug, möglicherweise einen Hammer zum Zurechtschlagen von Handquadern ([18] T. 2 Abb. 2, rechts, mit irriger Angabe von Aufbewahrungsort und Signatur; als mögliche Frühform einer F. gedeutet bei ebd. T. 1 S. 263). Um eine Art Hammer handelt es sich wohl auch bei dem ebenfalls einarmig geführten Werkzeug, das ein am Tempelbau in Jerusalem tätiger Steinmetz oder Maurer handhabt: Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 6, 1. H. 11. Jh., fol. 89v; van Tyghem nimmt an, es sei eine F., die aber dann mit dem kurzen Blatt gehandhabt würde (ebd. S. 264, T. 2 Abb. 5). - Vgl. auch Stettiner, Prudentiushss., Taf.bd. Taf. 81.

2. Zahnfläche

(Abb. 2).

Die den Stein stärker angreifende Zahn-F. hat anstelle der glatten Schneiden gekerbte mit acht bis zehn zugespitzten oder rechteckigen bis trapezförmigen, feinen bis groben Zähnen (zwischen 3 und 18 mm Breite).

In Österreich heißt das Werkzeug „Kröneleisen“ [13, S. 154], in Tirol „Kröndlhammer“ [15] - nicht zu verwechseln mit dem sonst in Süddeutschland und in der Schweiz Krönel oder Kröneleisen genannten Hiebwerkzeug aus mehreren parallelen Spitzeisen in einer gemeinsamen gestielten eisernen Schließe ([28] S. 377; [10] S. 13 Abb. 25; Sepp Jakob und P. Donatus M. Leicher, Schrift und Symbol in Stein, Holz und Metall, Mchn. 1977, S. 267). Fr. van Tyghem setzt das in Brügger Rechnungen vorkommende „tanthammere“ mit Zahn-F. gleich [18, T. 1 S. 80] - ob zu Recht? Die schmale Zahn-F. wird bei Friederich [11], analog zur Bezeichnung der schmalen Glatt-F., Zahnpille genannt.

Daß es vor dem 19. Jh. F. mit einer gezähnten und einer glatten Schneide gegeben hätte, ist gut vorstellbar (vgl. Johs. Knauth, Straßburger Münsterbl. 3, 1906, S. 39, der es als ganz selbstverständlich angibt); nahegelegt wird es z. B. durch das Übereinander von mit der Glatt-F. und mit der Zahn-F. gearbeiteten Hieblagen (weil man dabei das Werkzeug nicht zu wechseln brauchte), belegt aber ist es nicht. Eine bildliche Wiedergabe von 1823: Abb. 21; Beisp. dann um 1900: Ausst. Köln, Parler a. a. O. (Sp. 510); [9] S. 178 Fig. 235; [10] S. 13 Fig. 28; [12] Abb. S. 444.

In franz. Arbeiten über Werkzeug von Steinmetzen ist mehrfach eines wiedergegeben, dessen Schneide von massiven Zähnen besetzt ist und das „marteau grain d’orge“ genannt wird. Wann dieses Werkzeug gebraucht wurde, war nicht in Erfahrung zu bringen (in der W-Schweiz seit dem 16. Jh.; Hinweis Andres Moser, Bern); am ehesten vergleichbar ist es mit dem oben für Süddeutschland und die Schweiz genannten Kröneleisen (Kdm. Frankreich, Principes d’analyse scientifique. Archit., Paris 1972, S. 46f., Taf.abb. III,11; ein diesem ähnelndes, als Krönel benanntes modernes Werkzeug in der Dombauhütte Regensburg: [31] S. 143 mit Abb. 3, sub f). Es gibt moderne Exemplare jenes Werkzeugs, bei dem die zweite Schneide als Zahn-F. mit kräftigen Zähnen ausgebildet ist (Kdm. Frankreich a. a. O. Taf.abb. III,8; Hiebspuren ebd. Taf.abb. III,23; s. auch [20] S. 191, S. 258 Fig. 15, S. 262 Fig. 6; [25] S. 69-75).

3. Spitzfläche

(Abb. 3).

Sie ist ein kombiniertes Werkzeug, bei dem die eine Seite als Glatt-F. (Abb. 8 a) oder als Zahn-F. (Abb. 8 b) ausgebildet ist, die andere als Spitzeisen, ähnlich oder gleich dem zur groben Abarbeitung der Quader dienenden Zweispitz. Die spitze Seite ist lang und oft leicht gekrümmt; der Körper des Werkzeugs hat meist Keilform.

In Österreich wird die Spitz-F. Steinhacke oder Bossierhacke genannt (Hinweis Fr. Opferkuh; manchmal nur die jüngere Ausformung: [13] S. 154), in Tirol heißt sie Keilhaue [15], in Kärnten auch Schlaghammer (Franz Pagitz, Zur Gesch. der Kärntner Steinmetzen ..., Klagenfurt 1963 [Archiv für vaterländ. Gesch. und Topographie, hg. vom Gesch.ver. für Kärnten, Bd. 58], S. 71).

Ob unter der „bücke“, um die der wandernde Geselle in der Hütte bitten soll, ehe er nach einem „stük steins“ fragt, eine Spitz-F. verstanden werden darf, muß offen bleiben; ein Doppelspitz ist es kaum: Sächsische („Torgauer“, „Rochlitzer“) Ordnung, 1462 ([5] S. 73, sub 109; orthographisch veränderter Wiederabdruck z. B. bei Rud. Wissell, Des alten Handwerks Recht und Gewohnheit, Bln. 1929, Bd. 2 S. 703). Zedler Bd. 28 (1741) Sp. 55 setzt die Picke dem Bossierhammer gleich (Synonyma: Keil-Haue, Steinhaue, Spitzhaue).

In bildlichen Wiedergaben kann die Spitz-F. nicht immer eindeutig vom (wann aufgekommenen?) Bossierhammer oder diesem ähnlichen Werkzeugen sowie vom Dechsel (zu diesem Sp. 509) unterschieden werden.

Einen Bossierhammer könnte z. B. der Maurer halten, der um 1210/1225 unter den Werkleuten in dem Fenster mit der Sylvesterlegende in der Kathedrale von Chartres wiedergegeben ist [18, T. 2 Abb. 45].

Nach Ausweis der Abbildungen hat der Körper der Spitz-F. im 12.-14. Jh. oft eine gerade Unterund eine gekrümmte Oberseite, vom 14. Jh. ist der Flügel mit der Schneide oft wie bei Glatt-F. und Zahn-F. verschmälert. Einige Formvarianten: Abb. 8 a und b, 17 und 21f.

Die Spitz-F. erlaubt dem Steinmetzen sowohl das Abspitzen als auch das Flächen, ohne das Handwerkszeug zu wechseln.

Auffällig ist beim Mustern bildlicher Wiedergabe von Steinmetzen bei der Arbeit mit der Spitz-F., daß in Frankreich sehr oft das Abflächen, im dt. Sprachgebiet und in den Niederlanden meist das Arbeiten mit dem Spitz gezeigt wird (vgl. [18] T. 2 und [22] passim).

III. Handhabung der F.

Die beidhändig geführte F. ist gleich der Axt und dem Beil des Zimmermanns ein Hiebwerkzeug (Abb. 4, 6, 8 a und b und 20). Da sich kein Hieb dem vorhergegangenen genau anschließt, bleiben zwischen den Hiebspuren stegartige Streifen stehen. Somit wird - anders beim Scharriereisen (s. Schlageisen) - eine Unregelmäßigkeit des dadurch belebten Quaderspiegels bewirkt.

Der zu bearbeitende Quader kann „auf der Bank“ (d. h. es wird der waagrecht liegende Spiegel des Quaders bearbeitet: [11] Abb. 11; überwiegend so bearbeitete Quader z. B. am Speyrer Dom: Kdm. Rheinland-Pfalz 5,1 S. 538) oder „im Stich“ geflächt werden, d. h. die zu bearbeitende Seite des Quaders steht ganz oder nahezu senkrecht, und die F. wird im spitzen Winkel zur Steinoberfläche geführt (vgl. [11] Abb. 10).

Die Glatt-F. dient- laut Literatur- vornehmlich zum Bearbeiten von weicheren Sandsteinen und verwandten Gesteinen (z. B. Tuff) sowie von Trachyt, die Zahn-F., mit der der Steinmetz besser „auf den Grund“ arbeiten kann (ihre Anwendung hindert das Wegspringen zu großer und in die Tiefe gehender Stücke: ebd. S. 65), zum Bearbeiten von härteren Sandsteinarten, von Kalk- und Kreidegestein, in Italien auch von Marmor; fälschlich wird die Zahn-F. zuweilen als Werkzeug zur Abflächung von Gestein von großer Druckfestigkeit („Hartgestein“) ausgegeben (z. B. bei [9] S. 178).

Das Verwenden der Glatt-F. und der Zahn-F. nebeneinander, je nach Gesteinsart, läßt sich z. B. am Kölner Domchor aufzeigen, dessen Quader, fast ausschließlich aus Trachyt, mit der Glatt-F. gearbeitet und dann – wohl mit einem Stein, trocken oder naß - nachgearbeitet wurden; die aus Kalkstein gefertigten Kapitelle der Chorkapellen dagegen wurden mit der Zahn-F. bearbeitet (Arnold Wolff, Chronologie der ersten Bauzeit des Kölner Domes 1248-1277, Kölner Dombl. 28/29, 1968, S. 111). In Regensburg fand die Glatt-F. „erst um die M. des 15. Jh. am Dom und den übrigen Bauten wieder Anwendung ..., als man ... an Stelle des (mit der Zahn-F. bearbeiteten) Kalksteins vorzugsweise oder ausschließlich den Sandstein verwendete“ [11, S. 52]; heute ist infolge der Verwitterung davon nichts mehr zu sehen. An den O-Teilen und am Langhaus des Bamberger Doms, um 1220/1230, wurde, offensichtlich abhängig von der Art des verwendeten Sandsteins, entweder die Zahn-F. oder die Glatt-F. gebraucht (Dethard von Winterfeld, Der Dom in B., Bln. 1979, Bd. 2 S. 23, 32f., 42, 49, 75f., 86, 91, 98f., 101, 103, 109, 132 und 149).

Andere Beispiele wieder warnen vor Verallgemeinerung dieser Feststellung: An den meisten Bauteilen der ehem. Zisterzienserkirche Otterberg Kr. Kaiserslautern, vor 1168-um 1242, wurde bei gleichem Gestein Glatt-F. und Zahn-F. nebeneinander verwendet (vgl. Abb. 13 a und b), die Quader des letzten Bauabschnitts, der Schildwände im westl. Langhausjoch, wurden bis auf wenige Ausnahmen mit der Glatt-F. gearbeitet und mehrmals überflächt [27, S. 61]. Vgl. auch Abb. 15 a-c.

IV. Quaderbearbeitung mit der F.

Um einen historischen Abschnitt über die Verwendung der F. schreiben zu können, bedarf es für zahlreiche Länder und Regionen erst einmal einschlägiger publizierter Untersuchungen. Solche fehlen aber weithin, z. B. für Italien (vgl. die Bemerkung von Hans Peter Autenrieth [30] S. 50f., S. 69 Anm. 121). Für Frankreich wurde die Kenntnis seit der Zeit Viollet-le-Ducs [6; 8 a; 8 b] nur unwesentlich größer, und für das deutsche Sprachgebiet sind seit Friederich [11] im wesentlichen vereinzelt, lokal begrenzt, Befunde veröffentlicht (beliebige Beisp.: [24]; [27]). Die in den letzten Jahrzehnten beschleunigte Verwitterung von Haustein bringt zudem mindestens am Äußeren der Bauwerke die Hiebspuren zum Schwinden und führt zu vermehrtem Auswechseln oder zur Überarbeitung der Quader, manchmal bis zum völligen Ersatz von Baugliedern, ohne daß die noch feststellbaren Befunde der ursprünglichen Bearbeitung festgehalten würden. Das Überprüfen älterer Angaben wird somit immer seltener möglich. Nur unter diesen Einschränkungen ist das Folgende niedergeschrieben.

Um nach der Art der Quaderbearbeitung die Entstehungszeit undatierter Bauten zu bestimmen, reicht das bisher veröffentlichte Material m. E. bei weitem nicht aus, auch wenn die Frage in der Literatur verschiedentlich gestellt und positiv beantwortet wurde (z. B. von [19]). Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß - jedenfalls in Frankreich - es eine Mehrzahl weiterer Hiebwerkzeuge gibt, über deren Verbreitung wenig bekannt ist.

a. Auf römischen Reliefs mit Werkzeug von Bauhandwerkern ist gelegentlich ein beilartiges wiedergegeben, das als Glatt-F. interpretiert wird ([16] Bd. 1 S. 220f. mit Fig. 36,3, Bd. 2 Taf. XXV, 1 und 4, XXX, 4; vgl. aber Karl Blümel, Griech. Bildhauer an der Arbeit, Bln. 41953, S. 24 und 91, Abb. 16: Schlegel). - Zu „ascia“ in der Bedeutung F. in Schriftquellen s. Paul-Marie Duval, Mém. de la Soc. Nat. des Antiquaires de France 9e sér. 3, 1954, S. 71-79. Ob das von G. Lugli als „upupa“ bezeichnete und in einer Umzeichnung abgebildete Werkzeug tatsächlich eine Spitz-F. ist, vermag ich nicht zu entscheiden ([16] S. 221, S. 220 Fig. 36,8); ein Werkzeug mit Schneide und dicklichem Spitz, hammerartig, bildet B. Champion ab (Rev. arch. 5e sér. 3, 1916, S. 226, Taf. VI Nr. 14586). - Erhaltene röm. Werkzeuge: Sp. 510; zu Arbeitsspuren der Zahn-F. (?) s. [30] S. 68 Anm. 115.

Die Hiebspuren der F. sind von denen ähnlicher Hiebwerkzeuge mit glatter Schneide, wenn überhaupt, schwer zu unterscheiden. Zum sog. Kreuzschlaghammer, einem Werkzeug mit einer stehenden und einer liegenden Schneide, ähnlich der Kreuzhacke (dazu Sp. 509) s. Wolfg. Gaitzsch, Eiserne röm. Werkzeuge, Oxf. 1980 (BAR, Internat. ser., 78), S. 93f., und ders. in: Hildegard Temporini und Wolfg. Haase (Hgg.), Aufstieg und Niedergang der röm. Welt, Bd. 2, Bln. und New York 1985, S. 180; zu als Doppelfinnenhämmer bezeichneten Werkzeugen s. W. Gaitzsch 1980 a. a. O. S. 94-96. - John Bryan Ward Perkin geht nach Nennung ausschließlich moderner Zeugnisse über die Verwendung der „axe“ mit einem „so much for the tools“ über die Problematik hinweg (in: Artigianato e tecnica nella società dell’alto medioevo occidentale, 2.-8. April 1970, Spoleto 1971 [Settimana di studio del Centro ital. di studi sull’Alto Medioevo, 18], Bd. 2 S. 525-544, bes. S. 530). - Auf Spuren eines Werkzeugs mit Schneide auf Quadern in Selinunt, Pompeji und Rom verweist G. Lugli [16, S. 221]. Tom F. C. Blagg will an Quadern des Kastells severischer Zeit in Carpow, Schottland, Hiebspuren einer „axe“ festgestellt haben, „allthough no example of this tool has been found in Roman Britain“ (Britannia 7, 1976, S. 152-172, bes. S. 156). Vgl. auch [18] S. 50f.

Selbst Monographien einzelner Bauten enthalten manchmal Widersprüchliches. So vermerken z. B. Rob. Heidenreich und Heinz Johannes zur Steinbearbeitung am Theoderich-Grabmal in Ravenna, um 526, die Quader hätten „fein gespitzte Spiegel“ oder seien „mindestens gespitzt, in vielen Fällen aber mit dem Flacheisen oder einem feinen Zahneisen überarbeitet (Das Grabmal Theoderichs zu R., Wiesb. 1971, S. 25 und 45, auch S. 50), von denselben Quadern aber heißt es an anderer Stelle (zutreffend?), sie seien „glatt oder zahngeflächte Steine“ (ebd. S. 141, unter Hinweis auf [11] Abb. 50 und 74).

b. Des öfteren wird angenommen, daß die F. in frühma. Zeit in Italien gebraucht worden sei. Belege allerdings konnte ich keine finden, die von H. P. Autenrieth genannten Beispiele sind aus der 2. H. 11. Jh. und aus späterer Zeit [30, S. 51].

Auf die Beschäftigung von „Bauleuten aus Italien“, wo „sicher damals die spätrömischen Bauüberlieferungen immer noch lebendig waren“, führt Friederich [11, S. 60 und 47] das Vorkommen von Arbeitsspuren der F. an karolingischen Bauten zurück. An Quadern des Aachener Münsters sah er solche Spuren der Bearbeitung mit der Glatt-F. Heute sind keine Spuren mehr festzustellen, die Quader daher nicht zu identifizieren; so bleibt die Frage offen, ob es sich bei den von Friederich gemeinten - was das Wahrscheinlichste ist - um römische Quader in Zweitverwendung handelt (Hinweis des Aachener Dombaumeisters Hans Siebigs), auch, ob diese mit der F. oder mit dem Dechsel bzw. einem anderen beilartigen Werkzeug bearbeitet waren (vgl. Jos. Röder, Die antiken Tuffsteinbrüche der Pellenz, Bonner Jbb. 157, 1957, S. 213-271, bes. S. 255, sowie Abb. 5f. und 12 b).

Mit der F. bearbeitete Sandsteinquader an Bauten karolingischer Zeit gibt es in Westfalen und Hessen. Die grob gearbeiteten am Dom in Paderborn waren verputzt (Periode II a, vor 799; briefl. Auskunft Uwe Lobbedey, Münster i. W., vgl. ders., Die Ausgrabungen im Dom zu P. 1978/80 und 1983, Bonn 1986 [Dpfl. und Forschg. in Westf., Bd. 11], Teilbd. 3 Abb. 177-121; hier auch ein vielleicht mit der Zahn-F. bearbeiteter Quader, so jedenfalls ebd. Teilbd. 1 S. 88, Teilbd. 3 Abb. 285 und 306f.), ebenso die der Krypta der Einhard-Basilika in Steinbach i. O., nach 821 - um 827/828. - Günther Binding erwähnt Steinbearbeitung mit der F. bei Quadern der ehem. Stiftskirche Hersfeld, Bau III (Aachener K.bll. 41, 1971 [Fs. für Wolfg. Krönig], S. 192; Datierung unsicher, nach Dehio, Hessen [1982], S. 40, „wahrscheinlich die Anlage von 769-75, vielleicht auch die von 831-50“). - Zu Corvey s. Sp. 525.

Werkstücke aus Sandau und Frauenchiemsee in der Prähist. Staatsslg., München, sind mit Zahneisen geglättet, nicht zahngeflächt (so eine Vermutung von U. Lobbedey a. a. O. Teilb. 1 S. 88 Anm. 10). Zu Lorsch s. Sp. 523f.

Unter den in frühma. Basaltlavabrüchen westlich Koblenz gefundenen Werkzeugen fehlt die F. [14, T. 2 S. 24f.], was freilich auch an der Gesteinsart liegen kann.

Die Angabe von C. Bessac, in Südfrankreich, in den Dép. Ardèche, Hérault, Aude, sei im frühen MA die Verwendung der Glatt-F. vereinzelt nachzuweisen [25, S. 51 mit Anm. 66], konnte nicht geprüft werden.

In Migné (Vienne) gefundene Sarkophage aus merowingischer Zeit, nach Bessac mit der Glatt-F. gearbeitet (ebd. Anm. 65), zeigen laut dort zitierter Literatur die Spuren eines „instrument pointu“ (Franç. Eygun, Gallia 13, 1955, S. 179 und Abb. 17f.; zu bei der Sarkophag-Herstellung gemeinhin gebrauchten Werkzeugen, darunter vielleicht der „polka“ mit glatter Schneide, s. Gilbert-Rob. Delahaye, Production et diffusion des sarcophages en pierre pendant le Haut Moyen Âge, in: Xavier Barrai i Altet [Hg.], Artistes, artisans et production artistique au moyen âge, Colloque internat. ... Rennes 1983, Bd. 3, Paris 1990, S. 41-50, mit weiterer Lit.).

Genauer untersucht sind die Tuffsteinplatten der spätmerowingischen Gräber von Wielenbach Kr. Weilheim-Schongau; bei ihnen wurden Bearbeitungsspuren unterschiedlicher Glatt-F. festgestellt.

„Für das Reduzieren der Dicke ein Beil mit gewölbter Schneide, rund 6 cm breit, für die Bearbeitung der Plattenkanten und Ausklinkungen ein Beil mit gerader, wenigstens 10 cm breiter Schneide und beim Abbau für das Auftrennen ein Beil mit schmaler, gerader Schneide. ... Von Genauigkeit im Sinne der Werksteinbearbeitung kann bei den Tuffsteinplatten dieser Gräber keine Rede sein“ (Ulrich Niedhorn, Bayer. Vorgesch.bll. 43, 1984, S. 173-196, die Zitate S. 180f.; Hinweis Hermann Dannheimer, Mchn.).

Den vorliegenden Auskünften über Befunde an angelsächsischen Bauten läßt sich nur Widersprüchliches über das Vorkommen geflächter Quader vor M. 11 . Jh. entnehmen, von der Seltenheit der Quaderbauten jener Zeit und deren so manchesmal strittiger Datierung zu schweigen.

E. M. Jope gibt an, „Saxon mason’s tools appear to have been rather coarse, dressing being done usually with axe and adze ...“ (Medieval Arch. 8, 1964, S. 113), E. G. M. Fletcher berichtet, „Dr. F. W. Anderson, the well-known building-stone consultant, has observed that in the church (Bradford-on-Avon) there are carefully dressed and squared (probably sawn) stones, roughly squared (chipped not sawn) stones and undressed rubble“ (The Arch. Journ. 130, 1973, S. 171). H. M. Taylor wertet die Art der Bearbeitung von Quadersteinen wie folgt: „the principal examples of ashlar fabric in Anglo-Saxon churches are at Bradford-on-Avon, Diddlebury, Dymock, and Milborne Port. Perhaps non of these would rank as ashlar in classical or gothic buildings but they are sufficiently distinct from roughly dressed and coursed stone to justify the use of the term ashlar in this context (Anglo-Saxon Archit., Bd. 3, Cambr. usw. 1978, S. 960; vgl. auch seine allgemeine Einschätzung: „coused ashlar was used frequently by the Normans and not at all in any of the Anglo-Saxon-Buildings ...“: ebd. S. 760). - Erst vom Neubau der Kathedrale von Canterbury, den Lanfranc (Erzbischof 1070-1089) unternommen hatte, wird berichtet, daß „arcus et caetera omnia plana“ mit der F. gearbeitet waren („sculpta secure et non scisselo“: Gervasius, Chronica, verfaßt wohl E. 12. Jh.; vgl. Charles Reginald Dodwell, The Meaning of ‚Sculptor‘ in the Roman. Period, in: Romanesque and Gothic. Essays for George Zarnecki, Woodbridge 1987, Bd. 1 S. 4-61, bes. S. 51).

Auf Grund dieses Befundes läßt sich in der Federzeichnung um 1000 des Turmbaus zu Babel in der Ceadmon-Genesis (Oxford, Bodl. Libr., ms. Junius 11, fol. 82, Schule von Canterbury) jenes Werkzeug in der Hand zweier Männer, das W. Schöller als Spitz-F. bezeichnet (a. a. O., s. Sp. 511), George Henderson als „pick“ benennt (Warburg Journ. 25, 1962, S. 181, Taf. 34 c), nicht mit wünschenswerter Eindeutigkeit als F. interpretieren.

Ob bei früh- und mittelbyzantinischen Bauten die F. verwendet wurde, war nicht zu ermitteln; Literatur dazu fehlt.

c. Am E. 10. Jh. und zu Beginn des 11. Jh. wurde nach dem üblichen Abspitzen der Quaderspiegel ein weiterer Arbeitsgang gebräuchlich: das Abflächen mit der - manchmal schmalen - Glatt-F. Die Hiebführung ist meist unregelmäßig (vgl. Abb. 9; [11] S. 53f.; [29] S. 241f.). Belege finden sich vor allem in Mittel- und Westdeutschland.

Manchmal verwendete man die F. nur für Eckquader sowie Architekturglieder und beließ den laufenden Stein in seiner natürlichen Bruchfläche (Stiftskirche in Gernrode, 2. H. 10. Jh.: [11] S. 53). In anderen Fällen war die Verwendung der Glatt-F. eine Möglichkeit der Oberflächenbearbeitung neben anderen: so gibt es am um 1025 beg. Dom in Speyer in dem ältesten Teil, der Krypta (1041 geweiht), neben meist sehr fein geflächten Quadern mit dem Spitzeisen bearbeitete und unregelmäßig gespitzte (Kdm. Rheinland-Pfalz 5,1 S. 538); im Langhaus von Bau I (dieser 1061 geweiht) sind die Halbsäulen samt Basen und Würfelkapitellen, die Gesimse und die Keilsteine der Mittelschiffarkaden geflächt, die laufenden Quader und die übrigen Bogenflächen dagegen mit dem Spitzeisen bearbeitet- letztere wurden wohl mit vollständigem Randschlag, aber vor der Feinbearbeitung des Quaderspiegels versetzt und erst dann fertig gearbeitet (ebd. und S. 541). Gleichartig ist die Anwendung der Glatt-F. bei der um 1032 begonnenen, 1042 geweihten ehem. Klosterkirche Limburg a. d.H. ([11] S. 39; Fritz Wellmann, Kloster L. a. d. H., Diss. Dr.-Ing. Karlsruhe 1953 [masch.; Druck 1982], S. 146f.). An Bau II des Speyrer Doms (Umbau kurz vor 1082 begonnen, 1106 weitgehend fertig) sind auch die meisten einfachen Quader geflächt, und zwar recht unterschiedlich (Kdm. Rheinland-Pfalz a. a. O. S. 539). - In der Krypta des Straßburger Münsters erfolgte die spätere Überarbeitung der Quader (E. 11. Jh.?, 12. Jh.?), entgegen Friederich [11, S. 29f.], mit dem Spitzeisen und nicht mit der F. (Jean-Philippe Meyer, La crypte de la cath. de S., Bull. de la Cath. de S. 16, 1984, S. 9-30, bes. S. 13).

d. Von der Zeit gegen und um 1100 an wurde im Gebiet des Bodensees und des Oberrheins die Zahn-F. verwendet, seit der 2.H. 12. Jh. war sie im Süden und Westen Deutschlands allgemein verbreitet (Friederich [11] widerspricht sich mehrfach selbst, wenn er S. 37 das Aufkommen dieses Werkzeugs in das E. 12. Jh. verlegt).

Die Hiebspuren der Zahn-F. sind zu sehen an den Zwillingsfenstern auf der S-Seite der gegen 1100 erbauten Vorhalle von St. Georg in Reichenau-Oberzell (ebd. S. 41) und an Quadern der noch stehenden Vorkirche der ehem. Klosterkirche in Lorsch, abgebrannt 1090 und 1130 neu geweiht (ebd. S. 47 und Bild 63; Friedr. Behn, Die karoling. Klosterkirche von L. a. d. Bergstraße, Bln. und Lpz. 1934, Taf. 17; W. Scriba, Der karoling.-roman. Bau der Justinuskirche in Höchst a. M., Ffm. 1930, Taf. 103 Abb. 344f.). An der Torhalle in Lorsch, 9. Jh., könnten die Quader, die „teilweise noch die ursprüngliche Behandlung mit der gezahnten F.“ zeigen (Fr. Behn a. a. O. S. 79; Rud. Kautzsch u. a., Der Dom zu Worms, Bln. 1938, Textbd. S. 115), ausgewechselte Teile der Zeit um 1100 (?) sein; eine Analyse ist auf Grund des durch die Restaurierung geschaffenen Zustands derzeit nicht möglich. - Auch an der nach dem Brand 1090 erneuerten Justinuskirche in Frankfurt-Höchst kommen zahngeflächte Quader vor (W. Scriba a. a. O. Taf. 9 Abb. 27, Taf. 16 Abb. 51). Am um 1130 begonnenen Wormser Dom überwiegen die mit der Zahn-F. bearbeiteten Quader (R. Kautzsch a. a. O. S. 115, 146, 151 und 169).

Manchmal ist die Verwendung der Zahn-F., wie früher die der Glatt-F., eine selektive: So sind im Augsburger Dom bei den um M. 12. Jh. erbauten O-Teilen der W-Krypta die planen Teile der Kapitelle und Basen zahngeflächt, die gerundeten Teile dagegen mit dem Zahneisen gearbeitet, die Schäfte mit der Glatt-F. (Abb. 12; [11] S. 49; zur Dat. Walter Sage, Ars bavarica 23/24, 1981, S. 27f.).

In Italien ist der Gebrauch der Zahn-F. seit der 2.H. 11. Jh. nachgewiesen [30, S. 50]. Im dt. Sprachgebiet gilt sie in der Literatur (irrig, s. oben) als „neben der Kenntnis der neuen gotischen Stilformen“ aus den nordfranzösischen Kalkstein- und Kreidegebieten eingeführtes Werkzeug [11, S. 64] -die bisher bekanntgemachten Beispiele freilich stützen diese Ansicht nicht.

P. Noël [20, S. 334] zitiert, was das Aufkommen der Zahn-F. in Frankreich betrifft, Pierre Paquet, Generalinspektor an der École supérieure des Beaux-Arts: „on trouve l’employ de la bretture dès 1150 dans le nord de la Loire, puis, peu à peu, il se généralise, mais ce n’est pas guère que vers la fin du XIIe siècle qu’il est constaté en Bourgogne et dans le midi de la France, et cinquante ans plus tard dans l’Auvergne, les bords de la Saône et le Languedoc“ (vgl. [8 b] S. 3), und er fügt hinzu, daß es dieselbe Entwicklung im Rheinland und in Süddeutschland gab, ohne irgendeine Abhängigkeit zu konstatieren, in welcher Richtung auch immer.

e. Seit E. 11. Jh. ist der andersartige Umgang mit der F. bei der Bearbeitung der Quader an geregelten Lagen der Hiebspuren abzulesen.

Diese verlaufen in einer Richtung, entweder parallel zu den Quaderkanten (d. h. in der Regel auf der Bank gearbeitet) oder schräg dazu (beim Flächen im Stich entstehen oft leicht kurvige „Linien“).

Ein Beispiel für glattgeflächte Quader bietet in Frankreich St-Étienne in Nevers, vom E. 11. Jh. [19, S. 36 Abb. 6]. Etwa gleichzeitig sind im dt. Sprachgebiet die zahngeflächten Quader nachzuweisen (s. oben); bei Quadern, die mit der Glatt-F. gearbeitet sind, stammen die frühesten bislang bekanntgemachten Beispiele aus der 1. H. 12. Jh. (Herrenbreitungen Kr. Schmalkalden, ehem. Klosterkirche, um 1100: Hinweis Roland Möller, Dresden; Paulinzella Kr. Rudolstadt, Ruine der vor 1107 beg., bei der Weihe 1124 noch nicht voll. Klosterkirche: [30 a] S. 104f.; Idensen Kr. Hannover: Abb. 10). Wenig spätere Beispiele: Peterskirche in Erfurt, beg. 1124 (ebd.); Wien, St. Stephan, vor 1147 (? Abb. 5); Corvey, ehem. Abteikirche, Westwerk, sog. Johannischor von 873-885, Umbau unter dem von 1146 bis 1159 amtierenden Abt Wibald von Stablo (Abb. 11; Hinweis H. P. Autenrieth, als karolingisch bei U. Lobbedey a. a. O. [Sp. 519] Teilbd. 1 S. 88 Anm. 8); Großmünster in Zürich, um 1160/70 [19, Abb. 11]. An Baugliedern ist das Verfahren älter (Halbsäulen, Kapitelle und Basen im Langhaus des Doms zu Speyer, Bau I, geweiht 1061: Kdm. Rheinland-Pfalz 5,1 S. 539, Bd. 5,2 Abb. 418).

Am Palas der Wartburg bei Eisenach sind die Quader unterschiedlich strukturiert: an der Außenfassade, um etwa 1190, sind sie feingeflächt; an den Arkaden der Westseite und des Giebels im sog. Festsaal des zweiten Obergeschosses, um 1220, sind die Bogensteine feingeflächt, die der Laibungen mit stumpfer, etwa 6-9 cm breiter Schneide der F. gearbeitet, wobei durch wechselnde Richtung der Hieblagen ornamentale Wirkung hervorgerufen wird (Abb. 14 a; [30 a] S. 104, Bild 5).

Gelegentlich sind die Hiebspuren der auf Kämpferhöhe von Arkaden sitzenden Quader so gelegt, daß dadurch die Weiterführung der Arkadenbögen suggeriert wird (so im sog. Festsaal der landesfürstl. Burg [„Runneburg“] in Weißensee, Thür., 3. Dr. 12. Jh.: [30 a] S. 108, Bild 12).

Geometrische Muster auf dem Quaderspiegel, lange Zeit mit dem Spitz- oder dem Flacheisen geschaffen, wurden seit E. 11. Jh. auch mit der F. hergestellt: Zierhiebe im Fischgrätenmuster, einem im Elsaß und den benachbarten oberdt. Landschaften häufigen Ornament, gibt es z. B. an zwei Quadern am Nordquerarm des Doms von Speyer, um 1082/1106 (Kdm. Rheinland-Pfalz 5,1 S. 540).

f. Nach der M. 12. Jh. sind Quader anzutreffen, die den Schluß zulassen, daß das Flächen in zwei oder mehr Etappen vorgenommen wurde: Dem Abarbeiten des abgespitzten Bossen mittels einer Glatt- oder einer Zahn-F. folgte die Überflächung durch eine zweite, die Oberfläche verfeinernde Flächung, oft (meist?) mittels Glatt-F., und gegebenenfalls die Wiederholung dieser Überarbeitung. Für die zweite und evtl. dritte Flächung nahm man wohl des öfteren die leichtere „Pille“. Die Überarbeitung kann den ganzen Quaderspiegel erfassen (Abb. 14), in der Regel aber ist sie eine partielle; vgl. die Schemata und Abb. bei [19] S. 38 und 40, S. 31 Tab. 3 (3. und 4. Zchg.), S. 41 Abb. 14 und 15 (Kathedrale von Reims, hier sogar vier Hieblagen übereinander), S. 45f. Abb. 19-21, S. 48 Abb. 23. Die Hiebspuren jeder Überflächung liegen parallel (vgl. Abb. 14, im Unterschied zur ungeordneten Lage der Hiebspuren auf Quadern der Zeit um 1000, s. Sp. 522). Wie lange das Überflächen üblich war, konnte ich nicht feststellen; Friederich gibt an „bis nach M. 14. Jh.“ [11, S. 36f.]; [33] S. 88f.: bis 16. Jh.

g. Seit der 2.H. 12. Jh. begegnet man Darstellungen von Steinmetzen, die sich eines Hiebwerkzeugs bedienen, das als Spitz-F. interpretiert werden kann; dies scheint fortan das am häufigsten dargestellte Hiebgerät des Steinmetzen zu sein („Universalwerkzeug“; vgl. [29] S. 243 Anm. 15; Abb. 8 a und b und 17).

Beispiele der 2.H. 12. Jh. sind die wohl bayerische (Schäftlarner?) Hs. Bose q. 6 der Univ.Bibl. Jena (Otto von Freising, Chronica de duabus civitatibus), fol. 10v, Erbauung Babylons, und fol. 20, Erbauung Roms; die Hs. gilt als zeitgenössische Kopie des 1157 Kaiser Friedrich I. überreichten Exemplars (ed. Walther Lammers, Darmstadt 1961 [Ausgewählte Quellen zur dt. Gesch. des MA. Frhr. vom Stein-Gedächtnisausg., Bd. 16], Taf. 2 und 4). Ins späte 12. Jh. datiert werden Malereien an den Pfeilern der sog. „salle St-Michel“ von St-Julien in Brioude, Haute-Loire, darunter die Wiedergabe eines Steinmetzen beim Flächen, eines zweiten mit geschulterter Spitz-F. (Paul-Henri Michel, Fresques romanes des églises de France, Paris 1949, S. 11, Taf. 88; Anne Courtillé, Hist. de la peinture murale dans l’Auvergne du moyen-âge, Brioude 1983, Abb. S. 26 und 37).

Auf Grabmälern von Werkmeistern ist die Spitz-F. seit M. 12. Jh. abgebildet (Grabstein aus der Abtei St-James im Mus. von La Rochelle: [26] S. 56 Kat.nr. I/10, Abb. 39); vielleicht ist auch das Werkzeug auf dem in St. Johannsen, Kt. Bern, gefundenen Grabdeckel aus der 1. H. 12. Jh. eine solche (ebd. S. 13 Abb. 1, S. 65 Kat.nr. I/23).

h. Seit E. 12. Jh. gibt es Beispiele für die Verwendung der Zahn-F. bei Stoß- und Lagerflächen, wogegen die Sichtflächen der Werkstücke mit der Glatt-F. gearbeitet sind. Wie weit diese Gepflogenheit verbreitet war, ließ sich nicht feststellen.

Als Beispiele genannt seien die Burg Nydegg in Bern, um 1191-1195 [19, S. 47, S. 46 Abb. 22], und der Westlettner des Doms in Mainz, 2. V. 13. Jh. ([11] S. 45; die Abbildung eines Kapitells in Untersicht und eines Schlußsteines mit Rippenansatz bei Annegret Peschlow-Kondermann, Rekonstruktion des Westlettners und der Ostchoranlage des 13. Jh. im Mainzer Dom, Wiesb. 1972 [Forschgn. zur Kg. und chr. Arch., 8], Taf. 13 Abb. 71, Taf. 18 Abb. 108).

Im Chor der ehem. Abteikirche St. Johannsen, Kt. Bern, 3. Dr. 14. Jh./ A. 15. Jh., sind am untersten Tas-de-charge die Lagerflächen mit der Glatt-F. gearbeitet, die Profile mit dem Schlageisen [26, S. 91 mit Abb. 7, S. 93 Abb. 9f., S. 104 Abb. 26].

i. Nach Friederich [11, S. 31, 52, 57 u. ö.] wurde im 13. und 14. Jh. im Rheinland und in Süddeutschland einschließlich Österreich und der Schweiz bevorzugt die Zahn-F. gebraucht (Abb. 7), manchmal, abhängig vom Steinmaterial, zusammen mit der Glatt-F. (z. B. am Kölner und am Bamberger Dom, s. Sp. 515). In Mittel- und Norddeutschland überwiegt, wohl materialbedingt, die Verwendung der Glatt-F. (ebd. S. 57); nur vereinzelt sind Bauteile aus zahngeflächten Quadern erstellt (Westchor des Naumburger Doms, Chor der Bartholomäuskirche in Blankenburg am Harz: ebd. S. 56f.). Im 15. Jh. überwog dann allgemein der Gebrauch der Glatt-F., in der 2. H. 15. Jh. griff man häufiger zum vorher nur vereinzelt (?) gebrauchten Scharriereisen, benutzte es als Stelz-Schlageisen (Hinweis S. Jakob), vom 16. Jh. an als reines Schlagwerkzeug. Doch kam das Arbeiten mit der F. nicht gänzlich außer Übung.

j. Über die Verwendung sowohl der Glatt-F. als auch der Zahn-F. in der Zeit nach 1500 läßt sich derzeit kein rechtes Bild gewinnen, doch kamen beide Werkzeuge wohl nie außer Gebrauch.

Nach Friederich, der 1930-1933 die Restaurierung des 1513 bis 1529 erbauten W-Turms der Kilianskirche in Heilbronn leitete, sind dort die Quader des Rechteckteils zahngeflächt [11, S. 68]. Glattgeflächt sind die Quader des 1540 unter dem Wohnturm im Schloß Burgdorf, Kt. Bern, eingebauten Kellers (Abb. 19). Zahngeflächte Gartenmauern aus dem späten 17. Jh. und aus dem 18. Jh. bildet Paul Hofer ab (Steinbearbeitung und Steinwerkzeug im alten Bern, in: Ernst Reinhard [Hg.], Stein und Steinwerk, Bern usw. 1945 [Landschaften und Bauten, Bd. 3], S. 69, Abb. S. 61). Jost Amman gibt im Ständebuch den Steinmetz beim Arbeiten mit einer glattschneidigen Spitz-F. wieder (Amman-Sachs, Ständebuch, Bl. Z1). Durch die auf der Tafel über dem Eingang des Hauses Lothgäßchen 1 in Regensburg wiedergegebenen

Werkzeuge, darunter eine Spitz-F., weist sich der Eigentümer, Jorg Meistaller, als Maurermeister und Steinmetz aus. Das Siegel der Bürgerlichen Steinmetzen und Maurer der Haupthütte bei St. Stephan in Wien von 1651 zeigt einen Arm mit einer Spitz-F. [13, Abb. S. 5]. Auf dem Titelblatt der „Bürgerlichen Bauk.“ von Daniel Harttmann, Basel 1688, liegen unter den Werkzeugen des Baumeisters eine Glatt-F. und eine Spitz-F. Auf dem Grabstein des Hofsteinmetzen und -maurers Joh. Mich. Umbhaus († 1748) in Thaur ist eine Spitz-F. wiedergegeben (Heinz Moser, Die Steinmetz- und Maurerzunft in Innsbruck..., Innsbr. 1973 [Veröffn. des Innsbrucker Stadtarchivs, N.F. 4], Abb. 4). Im Jahre 1748 entstand das Gemälde im Stadtmus. Lindau, das den Neubau der dortigen Stiftskirche zeigt; unter den Steinmetzen auf dem Werkplatz handhabt einer die zweischneidige Glatt-F. (Abb. 20). An Oberharzer Häusern weisen die einfachen Werksteine Spuren der Bearbeitung mit der F. auf (Hans-Günther Griep, Das Bürgerhaus der Oberharzer Bergstädte, Tüb. 1975 [Dt. Bürgerhaus, 19], S. 117). In der 1. H. 18. Jh. ist die F. in Architekturtraktaten genannt, z. B. bei Auguste Charles Daviler (d’Aviler), Explication des termes d’archit., Suite du Cours d’archit., Paris 1720, S. 636, s. v. „Hacher une pierre“, S. 661, s. v. „Layer une pierre“ (hier die Zahn-F.). Von der 2. H. 18. Jh. an ist sie in Abhandlungen über das Steinmetzhandwerk immer wieder erwähnt und abgebildet (s. oben Sp. 508; vgl. Abb. 22). Auf dem Gemälde von Peter von Hess, Grundsteinlegung der Konstitutionssäule in Gaibach, dat. 1823, ist im Vordergrund eine Glatt-F. und eine Spitz-F. wiedergegeben, einer der Arbeiter stützt sich auf eine schwere Glatt-F., und an einem Quader lehnt eine F. mit einer glatten und einer gezähnten Schneide (Abb. 21).

Inwieweit diese bildlichen Wiedergaben und textlichen Erwähnungen den allgemeinen und dauernden Gebrauch der F. bezeugen, besonders den der Spitz-F., und sei es überwiegend zur Ausarbeitung der Stoß- und Lagerflächen (vgl. Sp. 528; für Frankreich s. [25] S. 51 mit Anm. 72), läßt sich derzeit nicht beantworten, ebensowenig, wo und um welche Zeit dieses Werkzeug in der Ära des Historismus und der großen Domrestaurierungen wieder in größerem Umfang in Gebrauch kam. Letztlich ist auch vorstellbar, daß die Quaderspiegel nach wie vor mit der F. abgeflächt wurden und erst dann das Scharriereisen eingesetzt wurde.

Zu den Abbildungen

1 a. Langenzenn Kr. Fürth, Heimatmus., Inv.nr. 377, Eisen einer Glatt-F., gefunden an der Stadtmauer des Ortes. L. ca. 24,5 cm, H. ca. 10,5 cm, Gewicht 1,9 kg. Spät-MA oder frühe Neuzeit. Foto Foto-Bätz, Langenzenn.

1 b. Hohkönigsburg bei Schlettstadt, Oberelsaß, Eisen einer Glatt-F., gefunden bei Grabungen in der Burg. Wohl zw. 1475 und 1633. Nach: Das Kgwb. in Elsass-Lothringen 1, 1900-1901, S. 153 Abb. 13, oben Mitte.

1 c. Koblenz, Priv.bes., Glatt-F., gefunden bei der Grabung im Haus Metternich, Koblenz. H. ca. 26,5 cm, Br. ca. 19 cm, Gewicht 675 g. Spät-MA. Zehg. Dankwart Leistikow, Dormagen.

2. Trier, Rhein. L.mus., Eisen einer Zahn-F. L. ca. 19,5 cm. Wohl neuzeitlich (um 1716/1719?; E. 19./ A. 20. Jh.? um 1931?). Foto Mus. (Nr. RE 72,12/21).

3. Gerolstein Kr. Daun, Slgn. des Arch. Ver. e.V., Eisen einer Spitz-F. (oben) und eines Ritzfäustels, gefunden in einem im Spät-MA genutzten Steinbruch am Steffelner Kopf. L. der F. ca. 39 cm. Foto Slgn.

4. Pierrot Ferré, Der hl. Piat gründet die Kirche N.-D. in Tournai. Bildteppich aus der Teppichfolge mit dem Leben des hl. Piat, Detail (Gesamtabb.: Jan Leurs, De Kathedraal van Doornik, Antw. 1935 [Ars Belgica, IV], Taf. 28). 1402. Tournai, Schatzkammer des Doms. Foto ACL, Brüssel (Nr. 104 646 D).

5. Wien, St. Stephan, südl. Heidenturm, sog. Schwarze Kammer, Fensterlaibung der S-Wand. 12. Jh. (vor 1147?). Foto Bundesdenkmalamt Wien (W. Wellek).

6. Amiens, Bibl. mun., ms. 23 (Altes Testament), Randillustration zum Anfang des Buches des Propheten Haggai, Ausschnitt (Gesamtabb.: [18] T. 2 Abb. 34). Corbie, 1264. Foto Bibl.

7. Regensburg, Dom, Hauptchor, Polygon, N-Seite, innen. Um 1300 oder A. 14. Jh. Foto Achim Hubel, Bamberg.

8 a. Stuttgart, Württ. L.bibl., cod. Bibl. 2° 5 (Rudolf von Ems, Weltchronik), fol. 9v, Turmbau zu Babel, Ausschnitt (Gesamtabb.: G. Binding und N. Nußbaum a. a. O. [Sp. 511] Taf. 28). Trier (?), dat. 1383. Foto Bildarchiv Foto Marburg (Nr. 236 531).

8 b. Paris, Bibl. Ste-Geneviève, ms. 777 (Pierre Bersuire, Histoire romaine Der Name des Attributs „[Person“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. Livius-Übersetzung]), fol. 100r, Errichtung der Stadtmauern Roms. Paris, „Maître aux Boquetaux“, um 1370. Foto Bildarchiv Foto Marburg (Nr. 165 139).

9. Hildesheim. St. Michael, südöstl. Querhausarm, W-Seite. 1010-1033. Foto Hartwig Beseler, Kitzeberg (Aufnahme Frühjahr 1946).

10. Idensen, Alte Kirche, S-Querhaus, S-Seite. Um 1120/1129. Foto H. P. Autenrieth, Krailling.

11. Corvey, Stadt Höxter, ehem. Klosterkirche, Westwerk, sog. Johannischor, Obergeschoß, n. Mittelpfeiler der W-Seite. Um 1146/1159. Foto H.P. Autenrieth, Krailling.

12. Augsburg, Dom, O-Teil der W-Krypta, Kapitell. Um M. 12. Jh. Foto Bayer. LA für Dpfl., Mchn.

13 a und b. Otterberg Kr. Kaiserslautern, ehem. Zisterzienserkirche, Langhaus (Bauabschnitt III A). Um 1211/1219. Foto M. Werling, Hann.

14. Grasburg, Kt. Bern, Ruine. 13. Jh. Foto Inventarisation der bernischen Kdm., Bern (Martin Hesse †).

14 a. Eisenach, Thür., Wartburg, sog. Festsaal im zweiten Obergeschoß des Palas, Arkaden der W-Seite, Laibung. Um 1220. Foto R. Möller, Dresden.

15 a–c. Krautheim a. d. Jagst, Burgruine, Kapelle, Quader der inneren Fensternische im Obergeschoß nach S, a: glattgeflächt, b. grob zahngeflächt, c. fein zahngeflächt. Um 1230/1240. Foto D. Leistikow, Dormagen.

16. Regensburg, Dom, hl. Paulus am südöstl. Vierungspfeiler, Detail (Gesamtabb.: [31] S. 237 Abb. 1). Kalkstein. Um 1380. Foto Fr. Fuchs, Rgbg.

17. Regensburg-Prüfening, Kapelle St. Anna, linker Nebenaltar, Vierpaß mit Roritzerwappen, dat. 1488. Foto Inst. für Kg. der Univ. Regensburg (Walter Ziegler).

18. Steyr, O.Ö., Stadtpfarrkirche St. Ägid und Koloman, Grabstein für den Werkmeister Wolfgang Tenk † 1513, Detail (Gesamtabb.: RDK II 26 Abb. 1). Rotmarmor. Foto Bundesdenkmalamt, Wien (N 7898).

19. Burgdorf, Kt. Bern, Schloß, Keller des Wohnturms („Pallas“). 1540. Foto Inventarisation der bernischen Kdm., Bern (Martin Hesse †).

20. Lindau, Stadtmus., Inv.nr. ÖHD 13, Neubau der 1728 abgebrannten Stiftskirche von Lindau, Detail (Gesamtabb.: Hans Jordan und Karl Gröber, Das Lindauer Heimatmus., Augsb. 1932, Abb. 43). Ölgem. auf Lwd., 80 × 115 cm. 1748. Foto Mus.

21. Peter von Hess, Grundsteinlegung der Konstitutionssäule in Gaibach, Detail (Gesamtabb.: Max H. von Freeden [Hg.], Aus den Schätzen des Mainfränk. Mus. Würzburg, Würzburg 31976, Taf. 55). Ölgem. auf Lwd., 162 × 205 cm. Dat. 1823. Würzburg, Mainfränk. Mus., Inv.nr. 60219 (Leihgabe aus Schloß Gaibach). Foto Lichtbildstelle Stadtbauamt Würzburg.

22. Glatt-F., Spitz-F. und Kelle, Lithographie aus [4] Taf. 1 Fig. 10f. und 14. 1827. Nach dem Original.

Literatur

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Nach Redaktionsschluß erschien: 33. Dorothea Hochkirchen, Ma. Steinbearbeitung und die unfertigen Kapitelle des Speyerer Domes, Köln 1990 (39. Veröff. der Abt. Archit. gesch. des Kh. Inst. der Univ. Köln).

Rat und Hilfe boten besonders Hans Peter Autenrieth (Krailling), Wolfg. Gaitzsch (Bonn), Walter Haas (Mchn.), Fridolin Hörter (Mayen), Sepp Jakob (Frbg.), Dankwart Leistikow (Dormagen), Uwe Lobbedey (Münster i.W.), Roland Möller (Dresden), Andres Moser (Bern), Friedr. Opferkuh (Mannersdorf a. L., N.Ö.).

Verweise