Esrogdose
englisch: Ethrog box; französisch: Boîte à cédrat; italienisch: Portaethrog.
Louis Loeb (1968)
RDK VI, 40–42
I. Verwendung
Die E. ist der Behälter zum Aufbewahren der Esrogfrucht. Diese Frucht (citrus medica cedra), hebr. Ethrog oder Etrog, hat Zitronenform, ist jedoch zwei- bis dreimal größer als die gewöhnliche Zitrone; in Deutschland wird sie auch Paradies- oder Adamsapfel genannt, denn sie soll (nach hebr. Tradition) die Frucht gewesen sein, von der Adam aß (Bereschit Rabbah 15, 7). Sie ist eine der vier Pflanzen, die zu dem am Sukkotfest vorgeschriebenen Feststrauß gehören; in der Bibel wird sie „Frucht des Baumes Hadar“ genannt (3. Mos. 23, 40; Vulg.: „fructus arboris pulcherrimae“, so auch Luther).
Die E. ist das einzige typische Ritualobjekt des Laubhüttenfestes. Sie ist jedoch vom Ritual nicht vorgeschrieben; infolgedessen gibt es auch keine Hinweise in der religiösen Literatur über ihre Herstellung oder Ausschmückung.
Die Verwendung eines Behälters für die Esrogfrucht hat eher praktische Gründe. Die Frucht soll geschont werden, da sie zum rituellen Gebrauch unverletzt, rein und fleckenlos sein muß. Auch soll dem Verlust vorgebeugt werden. Ferner mag der Wunsch mitgesprochen haben, den seltenen Gegenstand durch eine kunstvolle Dose auszuzeichnen.
II. Gestaltung
Häufig haben E. die Form einer Esrogfrucht, die sich öffnen läßt, um die wirkliche Frucht in sich aufzunehmen (Abb. 1, 2). Meist ruht die E. auf einem mehr oder weniger hohen Fuße (Abb. 1) oder auch auf drei oder mehr kleinen Füßchen. Manche Füße ahmen einen Baum nach, der auf seinen Ästen die Esrogfrucht trägt. Andere E. ruhen auf Löwen, die auf einer von kleinen Füßen getragenen Platte kauern. Viele E. sind außerdem mit Verzierungen geschmückt, wie Blumen, Löwen, Vögeln, Blattwerk, Stengeln oder kleinen Esrogfrüchten. Meist öffnet sich die Dose in der Mitte, einzelne auch oben in Form eines Deckels mit Schloß.
Außer dieser typischen Form kommen auch solche in Form von Melonen, Granatäpfeln, Fässern, Deckelpokalen, Zuckerdosen, Bonbonnieren, Konfektdosen oder Soupièren vor. In diesen Fällen ist die der Dose zugedachte Bestimmung oft schwer zu erkennen. Diesbezügliche hebr. Inschriften (Abb. 3) sind oft viel später graviert worden, selbst bei E., die sich in Synagogen befinden. Zum Erkennen einer E. dienen u. a. die erwähnten Verzierungen sowie die Tatsache, daß die E. sich meist in der Mitte öffnen. Die meisten bekannten E. sind aus getriebenem oder gehämmertem Silber. Doch gibt es auch solche aus Holz, Kokosnuß und Serpentinstein.
Die früheste bisher bekannt gewordene E. in typischer Esrogfruchtform entstand um 1670 in Augsburg (Abb. 1; s. a. Jos. Gutmann, Jewish Ceremonial Art, New York 1964, Abb. 45). Doch erst aus dem 18. Jh. sind solche E. in größerer Zahl erhalten. Eine besonders merkwürdige E. des 18. Jh. aus Kokosnuß und Silber beschreibt Rud. Hallo (Gesamtkat. der Ausst. „Religiöse K. aus Hessen und Nassau“, Marburg a. d. L. 1932, Textbd. S. 241, Tafelbd. 2, Taf. 370 a): „eine ausgehöhlte Nuß, auf silbernem Schaft über zierlichem Standteller montiert. Die Kappe abgeschnitten und als Deckel abhebbar. Der Teller ist mit Rocaillen verziert, das letzte Schaftstück als Baum behandelt. Auf dem Deckel geriefelter Knopf.“ – Eine charakteristische silberne E. des 18. Jh. ist abgeb. bei Heinr. Frauberger, Mitt. der Ges. zur Erforschung jüd. Kdm. 3/4, 1903, S. 74. – Im jüdischen Mus. Breslau (Kat.Nr. 354) befand sich eine E. aus Serpentinstein von Zöblitz bei Marienberg in Sachsen aus dem Jahre 1730. Sie hatte die Form einer runden Deckeldose mit hebr. Inschrift. – Weitere Beispiele: Jüdisches Lexikon Bd. 2, Bln. 1928, Taf. 66; Ausst.Kat. „Synagoga“, Ffm., Hist. Mus., 1961, Nr. 355, Abb. 135; Ausst.Kat. „Monumenta Judaica“, Köln, Stadtmus., 1964, Kat.Nr. E 600–04, Abb. 144 und 146f.
Zu den Abbildungen
1. New York, The Jewish Mus., Inv.Nr. F 4390, E. Silber, getrieben und vergoldet, 18,4 cm h., 20,9 cm lang. Augsburg, um 1670. Fot. Mus.
2. Gg. Wilh. Schedel, E. Silber, vergoldet, 9,5 cm h. Ffm., Hist. Mus., Inv.Nr. X 61:17. Frankfurt (Meistermarke Rosenberg Bd. 23 Nr. 2059), 2. V. 18. Jh. Fot. Mus.
3. Cincinnati, Ohio, Hebrew Union College Mus., Inv.Nr. 21.6, E. Silber, gegossen und ziseliert, 7,9 cm h., 13,9 cm lang. Inschrift auf dem Deckel: 3. Mos. 23, 40. Ungarn, 19. Jh. Fot. Mus.
Hinweise gab Jos. Gutmann, Cincinnati, Ohio.
Verweise
Empfohlene Zitierweise: Loeb-Larocque, Louis , Esrogdose, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VI (1968), Sp. 40–42; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=88616> [02.06.2023]
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