Einlegearbeit
englisch: Intarsia; französisch: Marqueterie, incrustation; italienisch: Commesso, tarsia.
Hans Martin von Erffa (I) und Josef Greber (II) (1958)
RDK IV, 987–1006
I. Begriff, Benennung und Arten
E. (eingelegte Arbeit) ist der Oberbegriff für eine Reihe von Kunsttechniken, die der Verzierung der Oberfläche von Gegenständen dienen und bei denen entweder (1.) dünne Platten eines bestimmten Materials in meist andersfarbiges Material der gleichen oder einer anderen Art eingelegt oder (2.) verschiedenfarbiges Material in dünnen Platten von wechselnder Größe und Form auf gemeinsamer Unterlage zusammengefügt werden; eine glatte Oberfläche ist bei beiden Arten die Regel (Ausnahme: Reliefintarsie, s. u.).
Aus der zweiten Gruppe ist das Mosaik auszuscheiden. Es dient in der Regel nicht zur Verzierung der Oberfläche eines gegebenen Gegenstandes, sondern bildet ein selbständiges Werk, das den Bildkünsten zuzurechnen ist.
Als eine der Ausnahmen von der Regel, welche zu erkennen gibt, daß im Hinblick auf den Kunstzweck die Grenzen zwischen E. und Mosaik schließlich auch fließend sind, ist die Cosmatenarbeit an Ambonen, Osterleuchtern u. dgl. anzuführen, bei welcher Strecken von musivischer Arbeit in dekorativer Absicht in Marmor eingelegt werden (s. Mosaik; Edward Hutton, The Cosmati. The Roman Marble Workers of the XIIth and XIIIth Centuries, London 1950; Hans Wentzel, Zs. f. Kw. 9, 1955, 57).
Im technischen Sinne ist Mosaik von E. nicht reinlich zu scheiden. Wie beim Mosaik, das als eine Technik des Zusammensetzens von Figuren und Figurengrund aus Stücken eines oder mehrerer Materialien (vornehmlich aus Glaspasten oder Steinchen) zu bestimmen ist, so bleibt auch bei der zu den E. gerechneten Marketerie, welche ornamentale oder bildmäßige Zusammenhänge in furnierter Fläche wiedergibt, der Grund unsichtbar (s. II B 3). Das Zudecken des Grundes ist daher als Kriterium der technischen Unterscheidung dieser Kunstarten nicht zu gebrauchen.
Der Sprachgebrauch zeigt die Schwierigkeit einer genauen Trennung der beiden Kunstarten an: bestimmte Techniken der E. in Holz z. B. werden als „Holzmosaik“ bzw. „Certosinamosaik“ bezeichnet. Bei der Marmor- oder besser Steinintarsie sollte allerdings auf die Bezeichnungen Marmor- bzw. Steinmosaik verzichtet werden, da dieses Verfahren eindeutig E. ist.
Ebensowenig ist eine genaue begriffliche Abgrenzung der E. gegen die Inkrustation möglich. In der Architektur spricht man vor allem dann von Inkrustation, wenn die gesamte Oberfläche einer Wand mit verschiedenfarbigen Steinen verkleidet ist. Hingegen wird unter „Holzinkrustation“ eine Technik verstanden, bei der Einlagen in eigens ausgehobene Vertiefungen des Grundes gelegt werden (s. II B 1). Die Holzinkrustation muß dieses echten Einlegeverfahrens wegen hier mit behandelt werden, während die als Inkrustation bezeichnete Plattenverkleidung der Wände in der Architektur (z. B. in der Florentiner Baukunst des 11.–16. Jh.) ebenso wie die – Inkrustation nachahmende – Sgraffitotechnik hier ausgesondert wird. Jegliche E. als „Inkrustation“ („inkrustierte Arbeit“) zu bezeichnen, wie es gelegentlich noch geschieht, entspricht nicht mehr unserem Sprachgebrauch.
E. von Stein in Stein unterliegen ebenfalls keiner einheitlichen Begriffsbestimmung. Man spricht von „Marmorintarsie“, „Marmormosaik“, „Florentiner Mosaik“, „Commesso in pietre dure“, „Pietra-dura-Arbeit“ o. ä. Es handelt sich indessen nicht nur um Marmor, welcher oder in welchen eingelegt wird, sondern mindestens ebenso häufig um andere Schmuck- oder um Halbedelsteine. Deshalb werden E. von Stein in Stein jeder Art unter Steinintarsie zusammengefaßt (s. vorerst Walther Kern, Die Kunst der Marmor-Intarsie vom Altertum bis zur Neuzeit, in: W. Kern, Ital. Marmor-Intarsien und Mosaiken, 25 Farbtaf. a. d. Kunstanstalt v. Bogdan Gisevius, Bln. [1922]; Hilde Weigelt, Florentiner Mosaik in Halbedelsteinen – commesso in pietre dure –, Belvedere 10, 1931/I, 166–77; Fil. Rossi in Enc. Ital. 27, 224–27; zur Terminologie vgl. auch Lando Bartoli und Edward A. Maser, Il Museo dell’ Opificio delle Pietre dure die Firenze Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. 1955]). Ferner wird die – bei der Pietra-dura-Arbeit seltener, an anderer Stelle häufiger auftretende – E. von Metall in Stein (z. B. Bronze- oder Messingschrift auf Grabsteinen) unter Steinintarsie behandelt werden.
Als Ersatz für die kostspielige Pietra-dura-Arbeit tritt zur Barockzeit häufig die Scagliola-Technik auf, die ihrer äußeren Erscheinung wegen oft irrig zu den E. gerechnet wird; bei dieser Technik werden gefärbte Stuckmarmorpasten zusammengefügt und nach dem Erhärten poliert.
Obwohl der Begriff der E. in erster Linie von der Tischlerarbeit gilt (Grimm 3, 223; „der tischler legt ein, fügt feines holz in grobes, buntes in einfärbiges oder andere zierat ein: eingelegte arbeit“), sind die ältesten E. – sieht man von den früh verbreiteten Einlagen in keramischen Erzeugnissen ab – solche von Metall in Metall. Hier spricht man von Tauschieren (Tausia). Meist wird ein unedles Metall (Eisen, Bronze) durch Einlagen von edlen Metallen (Silber, Gold) geziert und im Wert gesteigert. Das Tauschieren geschieht durch Einhämmern des häufig drahtförmigen Einlagemetalls in vorher im Grundmetall angebrachte Vertiefungen, in welchen es sich durch deren Rauheit verklammert.
E. von Stein und ähnlichem Material in Metall waren in der Frühgeschichte häufig. So wurden z. B. Bernstein und Koralle (die als weiche Masse eingebrachten Harze kommen hier nicht in Betracht) in Bronze eingelegt. Bein und Eisen findet sich als Einlage in Bronze auf germanischen Schwertgriffen der Bronzezeit (s. hierzu und zu den Anfängen der Tauschierkunst Ebert, Reallexikon 3, 54–61). In der Merowingerzeit gewann die Zellenverglasung, eine E., bei welcher Glas oder Almandine in Metallzellen eingelegt werden, Verbreitung. Das Einschmelzen von Pasten in Metall (Email) zählt nicht zur E., ebensowenig die Technik des Niello, bei welcher in Metall eine aus Silber, Kupfer, Blei, Schwefel u. a. Mineralien bestehende Masse eingegossen wird.
Farbige Einlagen („Tiefornamente“) in keramischen Erzeugnissen sind sehr alt (Ebert a. a. O.; M. Wosinsky, Die inkrustierte Keramik der Stein- und Bronzezeit, Bln. 1904), doch können sie nicht eigentlich zur E. gerechnet werden (s. Keramik). Das Einlegen von Metall u. ä. in Töpferwaren wurde nur in der frühgeschichtlichen Zeit vereinzelt geübt. Im MA und zu Beginn der Neuzeit bedienten sich die Hersteller von Fliesen einer Technik, bei welcher das Muster durch den Farbkontrast zwischen Grund und eingetiefter Verzierung entstand. Besonders bei Bodenfliesen liegt der Vorteil gegenüber gemalten Mustern in der größeren Dauerhaftigkeit der Musterung.
Auch beim Leder kennt man die E., insbesondere bei Bucheinbänden, Kästchen u. dgl. Hier werden Verzierungen aus andersfarbigem Leder in entsprechende Ausschnitte des Lederbezugs eingelassen und die Fugen mit Gold-, Schwarz- oder Blindprägung verdeckt (s. Leder).
Glatte Elfenbeinflächen sind zuweilen durch E. in ihrem Schmuckwert erhöht. So ist das Einlegen von Metall, aber auch von Schmucksteinen und ebenso von Holz in Elfenbein möglich. Die Kunstkammern des 16. und frühen 17. Jh. kennen Elfenbeinarbeiten mit mehrfacher E. (z. B. von Gold und Silber in Ebenholz, das wiederum, mit feinen Goldkanten, in Elfenbein eingelegt ist: Rahmen von einem Spiegel im B.N.M., Nr. R 4577, Kat. Berliner 1926, Taf. 71 Nr. 134). Die meisten dieser E. folgen den Grundsätzen der E. in Holz.
II. Einlegearbeiten in Holz
A. Allgemeines
Die Kunstschreiner (Tischler, Kistler, Kabinettmacher und Ebenisten) bedienen sich seit alters her der E., um glatte Flächen der Möbel, Täfelungen, Chorgestühle u. dgl. werkgerecht zu dekorieren. Sie lassen Ornamente und Bilder entweder in das massive Holz oder in die Furnierdecke des Werkstückes ein. Oft wird auch das gesamte Zierfurnier aus vielen Einzelteilchen zusammengesetzt. J. Burckhardt nennt daher die E. „eine jüngere Schwester des Mosaiks und der Glasmalerei“ [14, S. 305]. Das Material der Einlagen besteht vornehmlich aus farbigen und charakteristisch gemaserten Hölzern. Zur Ergänzung kommen Elfenbein, Perlmutter, Schildpatt, Messing und Zinn, mitunter Silber, Gold, Alabaster und Glas hinzu.
B. Arten und Herstellungsweise
Je nach ihrer technischen und künstlerischen Ausführung nennt man die E. Holzinkrustation, Holzmosaik oder Intarsie bzw. Marketerie. Die Anwendung dieser Bezeichnungen ist jedoch weder im deutschen noch im internationalen Sprachgebrauch immer ganz einheitlich.
1. Holzinkrustation
Die Holzinkrustation stellt die urtümlichste Form der E. dar. Mit Schnitzer und Eisen werden geringe Vertiefungen ornamentaler oder figürlicher Art aus dem massiven Holz gehoben und dann wieder mit Furnieren aus anderem Holz, Elfenbein usw. gefüllt (Abb. 3). Der italienische Meister Barile hat sich bei einer solchen Arbeit porträtiert (Abb. 1; das Bild selbst ist aber eine Intarsie). Die Holzinkrustation war bereits in Ägypten, Babylonien und Griechenland bekannt ([18] S. 1 d; C. Leonard Woolley, Ur und die Sintflut, Lpz. 19303, S. 32; Carl Watzinger, Griech. Holzsarkophage aus der Zeit Alexanders d. Gr., Lpz. 1905, S. 47, 78). Seit dem hohen MA pflegten sie vor allem die Italiener [19, Taf. 16–18, 24, 51, 97]. An den dt. Holzkunstwerken des MA finden wir nur wenige Beispiele [15, S. 5 a, 31 a]. Im 16. Jh. wurde die Holzinkrustation von den andern Arten der E. überflügelt, lebte aber noch bis ins 18. Jh. weiter fort ([3] S. 841, Taf. 290; [19] S. 21).
2. Holzmosaik
Das Holzmosaik steht der Inkrustation im Alter nicht nach ([18] S. 3d; Woolley a.a.O. S. 31, 42, 57), unterscheidet sich aber dadurch von ihr, daß stets ein geradliniges, geometrisches Ornament benutzt wird. Es ist entweder in das Werkholz eingelassen (Abb. 4; Stollen; [19] Taf. 5, 6, 8, 10, 12–18) oder einem Blindholz als Furnierschicht aufgelegt [3, Taf. 286, 290]. Wolfram von Eschenbach erwähnt im „Parzival“ (VIII, 408, 20–21) mit dem „schachzabelgesteine“ erstmals „ein bret wol erlegt“ (eingelegt). Das Schachbrettmuster gehört wie die Rauten-, Fischgräten- und Würfelmuster zu den beliebtesten des Holzmosaiks. Die frühesten deutschen Beispiele dieser Art sehen wir auf kleinen Laden des 12.–14. Jh. [15, S. 32–34 a, b]. In der Folgezeit tritt das Holzmosaik neben den übrigen E. immer wieder auf (Abb. 4; [2] Taf. 1, 2, 7; [13] S. 13; [15] S. 253 a, 267 b; [17] S. 208). Um eine schöne, gleichmäßige Zeichnung zu erhalten, setzt man die vorerwähnten Muster nicht wie die einfachen Sternmotive aus einzelnen Furnierteilchen zusammen, sondern fügt viele gleich breite Furnierstreifen verschiedener Hölzer wechselweise aneinander, schneidet davon im entsprechenden Winkel zu den Fugen abermals parallele Querstreifen ebenderselben Breite ab und versetzt (verschiebt) dann die Felder gegeneinander ([12] Abb. 16–19; M. Wiederanders, Die Kunst der Intarsia, in: Der Bau- u. Möbelschreiner 11, Beilage Mai 1956, S. 19).
Eine oberitalienische Spezialität war das äußerst kleinteilige, meist aus Stern- und Kreismustern bestehende, während der Spätgotik und Renaissance sehr beliebte Certosinamosaik ([16] Abb. 79; [19] S. 18f., Taf. 19, 288; Catalogus van Meubelen en Betimmeringen, Rijksmus. Amsterdam, 1952, Abb. 10; P. Schubring, Cassoni, Lpz. 1923, Nr. 740; W. v. Bode, Ital. Hausmöbel d. Renss., Lpz. 19202, S. 41 u. Abb. 115–119). Der Name deutet auf Klosterwerkstätten und damit womöglich auf die ersten Schrittmacher dieser E. hin. Sie geht auf Vorbilder des vorderen Orients zurück [18, S. 310], die über Venedig in die Lombardei gelangten. Im 18. Jh. wanderte die gleiche Technik von Persien nach Indien und faßte dort Fuß. Ein Jh. später kam sie auf Importmöbeln unter dem Namen Bombaystiftmosaik nach Europa ([13] S. 29 f; Alfred Koeppen u. Carl Breuer, Gesch. d. Möbels, Bln. u. New York 1904, Abb. 335). Zur Herstellung des Certosina- und Bombaymosaiks werden viele dünne, drei- oder vierkantige Stäbchen (Drähte) aus Ebenholz, Bein und Perlmutter (in Indien auch Rotholz und Zinn) in ornamentaler Ordnung zu einem Block verleimt und dann quer zur Achse in feine Furnierblättchen zersägt. Sie enthalten alle das gleiche Muster und lassen sich auf vielfältige Art zusammensetzen. (Die Herstellung des Millefioriglases ist ganz ähnlich.) – Im Quattrocento wandten die Italiener die Blockverleimungstechnik auch bei der Anfertigung des großteiligen Holzmosaiks an. Die deutschen Kunstschreiner übernahmen sie im 16. Jh. Gegenüber der vorgenannten Methode, die Mosaikteile aus Furnieren zu schneiden und zusammenzusetzen, hat die Verleimung von Querholzleisten im Block den Vorteil, daß das Mosaik noch gleichmäßiger ist und seine Herstellung schneller vonstatten geht [5, Abb. 4]. Querholzleisten oder -stäbe müssen es, im Gegensatz zur Certosinarbeit, hier aber sein, damit jedes Mosaikteilchen im Furnier Langholz zeigt. Dieses Arbeitsprinzip ist heute noch bei der Massenanfertigung üblich (vornehmlich bei Borten: [4] Bd. 1, S. 324). – Das buntscheckige, ebenfalls aus dem Orient stammende Stickereimosaik [5, Abb. 7–9, Taf. I, 13] hat kunstgeschichtlich keine Bedeutung. Seiner Herstellung liegt eine umständliche Kombination vieler Blockverleimungen gefärbter Messerfurniere zugrunde.
3. Intarsie und Marketerie
Die Intarsia (ital., von arab. tarsi = Einlegearbeit) bildet die höchste künstlerische Form der E. Sie ist stets in Furniertechnik ausgeführt und benutzt die mannigfaltigsten Motive: Ornamente aller Art, Stilleben, perspektivische Architekturbilder, Landschaften und figürliche Darstellungen. Die Italiener waren es, die die Intarsie im 14. Jh. entwickelten und im 15. Jh. zur vollen Blüte brachten ([19] S. 21f., Taf. 21, 27–30, 33, 43, 46, 87 a; [14] S. 304ff.; [9]; [10]; [6] S. 18ff.). Florenz allein verfügte 1478 über 84 Werkstätten für Intarsienschneider und Holzschnitzer [14, S. 306]. Die Franzosen nennen die Intarsie wie alle E. marqueterie, von marqueter = mit Flecken bedecken ([1] S. 450; [2] S. 137; [3] S. 848). Beide Bezeichnungen sind in den deutschen (Marketerie) und englischen Sprachgebrauch eingegangen ([4] Bd. 2, S. 29f.; [6] S. 2ff.; [15]; [16]; [17]), ohne indessen begrifflich gegeneinander abgegrenzt oder im einzelnen präzisiert zu sein. Vom 2. V. 16. Jh. an drang die Intarsienarbeit in Deutschland vom Süden nach Norden vor und stand gegen 1580 überall in voller Blüte (s. Intarsie). „Von den technischen Gaben der italienischen Renaissance ist die Intarsia für die deutsche Tischlerkunst die wertvollste“ [15, S. LIII].
Die Herstellung der Intarsie kann niemals im Block, sondern nur einzeln erfolgen. Je nach der Beschaffenheit des Entwurfs kamen unterschiedliche Arbeitsverfahren zur Anwendung.
Die Italiener ahmten bei der Herstellung ornamentaler Intarsien noch lange die Holzinkrustationstechnik nach. Sie leimten zuerst das Zierfurnier, das den Intarsiengrund abgeben sollte (gegebenenfalls unter Dazwischenfügen einer dünnen Weichholzschicht wie am Chorgestühl in der Certosa von Pavia, 1486) auf das Blind- oder Grundholz, übertrugen darauf die Zeichnung, schnitten und gründeten sie aus und fügten schließlich die mit dem Schnitzer zugeschnittene Einlage ein. Auch die Franzosen kannten diese Methode noch im 18. Jh. [3, Taf. 299, Abb. 5].
Seit 1. H. 16. Jh. legte man demgegenüber in Deutschland bereits bei zweifarbigen Intarsien das helle und das dunkle Furnier (bzw. 2–3 Paar) für die Einlage und den Grund übereinander und sägte die aufgebrachte Zeichnung mit der Laubsäge aus beiden Holzarten gleichzeitig im Laubstock aus (Abb. 2, Hintergrund).
Diese Arbeit erforderte viel Geschick in der Beherrschung der Geräte und Materialien. Durch wechselweises Ineinanderfügen der gewonnenen Teile entstanden positive (dunkelgrundige, hellgezeichnete) und negative (hellgrundige, dunkelgezeichnete) Intarsien, auch Schnitt und Gegenschnitt genannt [3, Taf. 335f.]. Die in Italien verpönte negative Intarsie verwendete man in Deutschland gern ([7] Taf. 1–10, 13ff.; [8] Taf. 2, 4, 5, 7 usw.; [15] S. 155 a, 156, 165, 167 usw.), oft sogar mit der dazugehörigen positiven zusammen an einem Werkstück (Abb. 4; [15] S. 195 b, 251). Bei diesem Durchsägeverfahren, das erst die Erfindung der Laubsäge ermöglichte, verbleibt zwischen Grund und Einlage eine dunkle, mit Leim oder Holzkitt ausgefüllte Fuge von gewissem dekorativen Reiz. Sie ist bei zwei Furnieren durch den Schräg- oder Paßschnitt ([4] Bd. 1 S. 323; [12] Abb. 37), sonst nur durch gesondertes Aussägen oder -schneiden von Grund und Einlage vermeidbar. Durchgesägte E. sind in der Regel an dem an allen Stellen des Grundes bzw. der Einlage gleichgerichteten Faserverlauf zu erkennen.
Die gleiche Herstellungstechnik liegt den Metall- und Elfenbeinintarsien zugrunde, die meistens auch bloß zweifarbig sind (Messingornament in Schildpattgrund, Elfenbein in Ebenholz). Die bereits in der 1. H. 17. Jh. von Augsburger Kistlern geübte Metallmarketerie stieg durch die vorzüglichen Arbeiten des französischen Ebenisten Boulle in der allgemeinen Wertschätzung und fand in Deutschland ebenfalls bedeutende Pflegestätten (RDK II 1075ff.; [17] S. 239). Die Elfenbeinmarketerie ([17] S. 142, 165; [16] S. 374; RDK IV 646; Nußbaumkommode HG 7357 mit farb. E. u. Elfenbein, um 1720, im G.N.M.) ist weitaus seltener; sie dient vor allem für Brettspiele u. dgl. Im Gegensatz zu den Holzeinlagen wirken sowohl die Metall- als auch die Elfenbeineinlagen hart und kalt.
Die Anfertigung vielfarbiger Ornamente [15, S. 192 c, d], perspektivischer Architekturen (Abb. 5; [15] S. 153, 154, 155 a, 156 a, 157 usw.) und figürlicher Darstellungen (Abb. 6; [15] S. 168, 169 a, 196 u. v. a.) geht nach dem Zusammensetzverfahren vonstatten. Hierfür muß außer der Werkzeichnung (einschließlich mehrerer Pausen) noch eine Farbskizze vorliegen.
Aus den Pausen werden zunächst alle Bildteilchen im Groben herausgeschnitten, nach Holzart und Farbton geordnet und unter genauer Berücksichtigung der Holzmaserung auf die betreffenden Furniere geklebt. Ist dieselbe Intarsie mehrmals erwünscht, so kommen entsprechend viele gleichartige Furniere übereinander zu liegen. Dann erfolgt das Ausschneiden bzw. -sägen (mit Schnitzer oder Laubsäge; [13] Abb. 8–10). Zu den farbigen Hölzern treten oft kleine Einlagen aus Perlmutter, Elfenbein (Abb. 5) und Zinn hinzu. Die ausgeschnittenen Teilchen werden auf einer Pauszeichnung dicht zusammengesetzt und mit Papier überklebt, danach insgesamt wieder von der Pause abgehoben, auf das Blindholz geleimt, vom Klebepapier befreit, verputzt und poliert ([3] Taf. 299 Abb. 1–6, Taf. 301–07).
Ganz ähnlich verläuft die Anfertigung der Reliefintarsie (Abb. 7), bei der einzelne Einlagen (Ornamente, Figuren oder bestimmte Vordergrundpartien bildlicher Darstellungen) aus dickeren Furnieren geschnitten und leicht reliefiert sind, während das übrige flach bleibt.
Die zu reliefierenden Teile werden nach dem Aussägen zunächst in einem provisorischen Grund geschnitzt und danach erst in den richtigen, fertig furnierten und verputzten flachen Grund eingesetzt. Die Italiener kannten die Reliefintarsie schon im 15. Jh. Später gelangte sie (vermutlich über Nürnberg) nach Eger und entwickelte sich dort während des 17. und frühen 18. Jh. zu einer Spezialarbeit von hervorragender Qualität ([17] S. 20f.; O. v. Falke, Barockmöbel, Berliner Museen 40, 1918/19, 75f.; Ausst.Kat. „Kunst u. Kultur i. Böhmen, Mähren u. Schlesien“, Nürnberg, G.N.M. 1955, S. 58f. und 106f., Nr. F 1 mit Abb.). Auch an einem Augsburger Kunstschrank von 1628 kommt bereits die Reliefintarsie vor (J. Böttiger, Phil. Hainhofer u. d. Kunstschrank Gust. Adolfs usw. Bd. 1, Stockholm 1909, S. 61). Der prächtige Kabinettschrank von Haberstumpf, 1. V. 18. Jh., im Wiener Mus. f. angew. Kunst weist nicht weniger als 24 Reliefintarsien auf.
Nur selten fertigten die Kunstschreiner die E. nach eigenen Entwürfen an. Sie benutzten vielmehr Holzschnitt- bzw. Stichvorlagen (Einzelblätter oder „Mauresken-“, „Schweif-“, „Schild-“, „Säulen-“, „Architektur-“ o. a. „Zieraten“-Bücher; s. Ornamentstich), deren vom 16. bis 18. Jh. zahlreiche erschienen. Lorenz Stoer wies z. B. im Untertitel seiner „Geometria et Perspectiva“ (1567) ausdrücklich darauf hin, daß sein Buch den Schreinern zu E. dienlich sei. Eine Reihe solcher Vorlagenbücher sind von Schreinern verfaßt [20, S. 476f.]. Figürliche Darstellungen schnitten die deutschen Intarsiatoren wie die italienischen nach Bildern bekannter Maler. In allen Fällen müssen sie jedoch den eigenen Stilgesetzen folgen und eine Konkurrenz mit der Malerei vermeiden. Allzuoft wurde die E. fälschlich als eine Malerei in Holz aufgefaßt ([1] S. 452f.; [3] S. 866; [6] S. 94f.; [9] S. II). Nur vereinzelte Meister waren in der Lage, für ihre Zwecke besondere Entwürfe (Hans Huth, Abraham u. David Roentgen, Bln. 1928, Taf. V; John Goldsmith Philipps, Early Florentine Designers and Engravers, Cambridge [Mass.] 1955, S. 25f., Abb. S. 34–40) anfertigen lassen zu können (Abb. 6). Stets aber machten die Schreiner selbst von der Vorlage eine Werkzeichnung in der Originalgröße der E., d. h. sie übertrugen den freien Entwurf des Künstlers in die Technik der Intarsie, die dann der Ausführung zugrunde gelegt wurde [3, Taf. 299, Abb. 1–2].
4. Imitationen
Seit dem 16. Jh. versuchte man, E. durch Aufkleben von bemaltem Papier, Holzschnitten oder kolorierten Kupferstichen zu imitieren (Max Lehrs, Die dekorative Verwendung von Holzschnitten im 15. u. 16. Jh., Jb. d. preuß. K.slgn. 29, 1908, 183–94).
Die Augsburger und Nürnberger Schreinerordnungen von 1550 bzw. 1567 untersagten bereits diesen Betrug [20, S. 460]. Aber trotzdem tauchten immer wieder solche Arbeiten auf [17, S. 233, 236].
Desgleichen versuchten unlautere Schreiner recht früh, durch Übermalen minderwertigen Holzes E. vorzutäuschen oder schlechte Arbeiten durch Aufzeichnen von Konturen und Maserungen zu verbessern.
In den Jahren 1568 u. 1592 nahmen die Augsburger Meister auch hiergegen Stellung und erwirkten vom Rate der Stadt ihre Ordnung ergänzende Bestimmungen, die derartige Pfuscharbeit unter Strafe stellten [20, S. 457]. Ein bezeichnendes Beispiel für das Ausmalen breitflächiger Einlagen aus hellem Holze mit bunten Bildern (aus der biblischen Gesch. u. d. Leben Christi) bietet ein Kommodenschrank von 1760 [17, S. 224]. „Mit anerkennenswerter Beherrschung der figürlichen Darstellung hat der Erfurter Meister mit dem Pinsel in roten, blauen und grünen Tönen nachgeholt, was er mit seiner Marketerie allein nicht zu geben vermochte“ (O. v. Falke, Berliner Museen 40, 1918/19, 87; [20] S. 458ff.). Selbst in Italien kommen „zur Zeit bester Renaissance schon (ähnliche) Imitationen von Intarsien“ vor, wie die gemalten Schränke von S. M. delle Grazie in Mailand zeigen ([9] S. II; [6] S. 58 Anm.).
C. Holzauswahl, Färben, Schattieren, Gravieren
Bei der Auswahl der für die E. geeigneten Hölzer sind deren Farbe und Zeichnung (Maserung) entscheidend. Da mit Ausnahme des reinen Grün und Blau alle Farben zwischen Weiß und Schwarz, vornehmlich aber viele Abstufungen zwischen Hellgelb und Dunkelbraun vorkommen, haben die Intarsiatoren genügend Variationsmöglichkeiten. Zunächst bevorzugten sie die weiß-gelben und braunen Töne und erzielten mit Ahorn-, Eichen-, Eschen-, Birnbaum- und Nußbaumholz ausgezeichnete Wirkungen. Mit der Zeit stieg die Einfuhr außereuropäischer Hölzer, die die natürliche Farbskala der E. [22, S. 610f.] nach Schwarz, Rot und Violett hin bereicherten: Ebenholz, Rosenholz, Grenadille, Amarant, Königsholz, Palisander u. a. (Abb. s. [22–25]). Roubo [3] zählt 1774 achtundvierzig verschiedene ausländische Holzarten auf, deren sich die Ebenisten bedienten (S. 768f.).
In der 2. H. 15. Jh. begannen die Italiener damit, Furnierhölzer zu färben, eine Manier, die (nicht immer zum Vorteil der künstlerischen Wirkung der E.) auch in Deutschland Nachahmer fand. Vorzugsweise wurden grün und schwarz, bisweilen rot gefärbte Hölzer (Linde, Birnbaum, Birke u. a.) gebraucht. Die Augsburger Kistler brachten die Holzfärbetechnik im 16. Jh. zu beachtlicher Höhe [20, S. 136f., 459]. Viele Rezeptbücher vermitteln genaue Anweisungen zur Herstellung der Farben (z. T. Extrakte aus Brasil-, Sandel- u. Campecheholz) und zum Färben der Hölzer in siedenden Farbbrühen [20, S. 497].
Das zur Vortäuschung einer plastischen Wirkung übliche Schattieren der ausgeschnittenen Einlagen an den Rändern (Abb. 2) ist etwas jüngeren Ursprungs. Es geschieht 1) durch Färben mit Säuren, Kalkwasser oder Sublimat, 2) durch Sengen an offener Flamme, in flüssigem Blei oder heißem Sand [3, S. 878, Taf. 299, Abb. 7–9]; das Holz darf dabei nicht brennen. In Deutschland und Frankreich ist das Schattieren seit M. 18. J. sehr verbreitet. Der Virtuose David Roentgen lehnte es jedoch strikt ab und legte alle Schatten mit dunkleren Holzstückchen ein (Abb. 6; J. M. Greber, David Roentgen, Neuwied 1948, S. 94).
Je nach der Holzart oder dem Stammteil (Mitte, Seite, Wurzelende, Knollen), aus dem die Furniere geschnitten werden, zeigen sie unterschiedliche Maserung (Querstreifen oder Wellen, Flammen, Fladern, Kräuselungen oder Augen, Pyramiden; [4] Bd. 2, S. 113ff.). Die natürliche Zeichnung der Hölzer nützten die Schreiner in geschickter Weise aus, um auf Bildintarsien ohne weiteres Hinzutun Berge, Baumkronen, Wolken, Wasser, Stoffe usw. darzustellen (Abb. 6). Hierin liegt überhaupt ein entscheidender Wesenszug der Holzeinlegekunst. Aber auch sonst waren Maserfurniere („krauses Holz“) aus Ahorn-, Eschen-, Nußbaum- [23, Taf. 23, 81, 85] u. a. Hölzern sehr beliebt (F. Fuhse, Braunschweiger Tischlerhandwerk, Braunschweig 1925, S. 22, 24, 27).
Auf ein dezentes Gravieren mit dem Stichel (in der Hauptsache bei figürlichen Einlagen, s. Abb. 2, 5 u. 6) haben selbst erste Meister nie ganz verzichtet [3, S. 885ff., Taf. 300]. Nimmt jedoch die Gravierung überhand, so geht der Charakter der E. verloren.
D. Leim, Werkzeuge und Geräte
Zum Zusammensetzen und Furnieren der E. diente hauptsächlich ein aus tierischen Hautabfällen, Sehnen u. dergl. gesottener Leim, der in Tafeln gehandelt und in dreibeinigen Tiegeln am offenen Feuer zubereitet wurde (Abb. 2, Hintergrund; in einer Wanne auf einem Schemel stehend: [26] S. 23ff., 33ff.), bisweilen (bei Schildpatt od. Metall) auch Fischleim [3, S. 991]. Den aus Käsequark und einem geringen Zusatz von gelöschtem Kalk angemachten Kaltleim nahm man nur dann, wenn die Verleimung wasserfest sein sollte [26, S. 42ff.]. Das war höchstens bei E. in Fußböden (Heinr. Kreisel, Das Schloß zu Pommersfelden, München 1953, Abb. 42f.), Außentüren oder dgl. der Fall.
Zu den für die Ausführung der E. notwendigen Geräten gehören zunächst die gewöhnlichen Werkzeuge der Schreiner (Hobelbank, Sägen, Hobel, Bohrer, Stemm- u. Stecheisen, Raspeln, Feilen, Zirkel usw.), wie sie u. a. die italienischen Intarsiatoren Agostino de Marchis und Fra Damiano da Bergamo (Zambelli) an den Chorgestühlen von S. Petronio in Bologna, 1468–1477 (J. M. Greber, Gesch. d. Hobels, Zürich 1956, Abb. 58 a, b), und S. Lorenzo in Genua, 1539–1546, sowie viele dt. Kunstschreiner an ihren Werken (Abb. 2; [21] Abb. 1, 14–16, 18, 21f. usw.) darstellten. Darüber hinaus dienen als Spezialwerkzeuge der Schnitzer, die Laubsäge und der Laubstock.
Der Schnitzer (Abb. 8) besteht aus einer kräftigen und spitzen, 6–14 cm langen Eisenklinge, die in ein kurzes oder langes Heft eingesetzt ist. Das lange Heft legt man auf die Schulter, um sicherer schneiden zu können (Abb. 1); daher auch die Namen Achselschnitzer und Schultermesser. In dem 1587 aufgestellten Inventarverzeichnis der großen Werkzeugsammlung des Kurfürsten August von Sachsen (1553 bis 1586; [20] S. 438f.), dem ältesten und bedeutendsten, leider unveröffentlichten Dokument dieser Art, sind u. a. aufgeführt: „2 Schnitzer mit Buxbaumen geschnitzten Hefften und beinern Zwingen“, ferner „3 kleine Schnitzer mit schwarz gedrehten Hefften“. Einige davon waren noch bis 1945 im Hist. Mus. zu Dresden. Auf dt. Werkzeugintarsien u. ä. Darstellungen (RDK IV 662, Abb. 8, Fig. 101; [1] Taf. 65, F.; [3] Taf. 289, Fig. 16) sieht man den Schnitzer öfters (Abb. 2, oben im Schild; [21] Abb. 15f., 18, 21, 25–27 usw.); desgl. kommt er in den Museen vor.
Die Laubsäge (Abb. 9) hat einen rechteckigen Bügel aus Flacheisen, in den das dünne und nur etwa 2–3 mm breite Sägeblatt aus Uhrfederstahl ehedem so eingespannt war, daß die kleinen, überhängenden Zähne von dem in der Achse des Sägeblattes stehenden Griffe wegwiesen (RDK IV 661, Abb. 7, Fig. 75; [1] Taf. 64, Fig. II. B; [3] Taf. 292). Die waagerecht zu führende Säge arbeitete „auf Stoß“. „Die Uhrfeder ... kömmt von Augsburg und bereits fertig gefeilt“ (Johann Samuel Halle, Werkstätte der heut. Künste Bd. 3, Brandenburg u. Lpz. 1764, S. 56). Das Inventar der kurf. Werkzeugsammlung in Dresden verzeichnet „4 Lobsägelein, eines geezt mit einem Helffenbeinen Hefft, die andern mit holzern Hefften“. Das schön geätzte, vermutlich in Nürnberg hergestellte Stück war bis 1945 erhalten (Abb. 9). Die früheste Darstellung der Laubsäge stammt von dem Intarsiator AM, der 1565 gemeinsam mit Leonhard Danner für Kurf. August von Sachsen die 4,30 m lange, an allen Seiten mit prächtigen figürlichen E. dekorierte Draht- und Leistenziehbank in Nürnberg anfertigte und sich selbst, in seiner Werkstatt arbeitend, an deren Stirnseite abbildete (Erich Haenel, Die Drahtziehbank des Kurf. August im Mus. de Cluny zu Paris, Mitt. a. d. sächs. K.slgn. 5, 1914, 31–43, bes. S. 36ff.); die Laubsäge sehen wir an der Wand hängen. Sie ist außerdem unter anderen Holzbearbeitungswerkzeugen auf dem Epitaph des 1566 in Nürnberg verstorbenen Neberschmiedes Voytt (Martin Gerlach u. Hans Boesch, Die Bronzeepitaphien der Friedhoefe zu Nürnberg, Wien [1896], Taf. 23, 4) und in der Folgezeit oft auf eingelegten Werkstattbildern (Abb. 2; [21] Abb. 25, 29, 30, 34) zu finden, wohingegen die Originalstücke in den Museen seltener sind. Man darf die Laubsäge wohl als süddeutsche (Nürnberger?) Erfindung aus der 1. H. 16. Jh. – und nicht erst um 1590 [5, S. 6] – ansehen. Ihr Name stammt von den ornamentalen Laubranken, die in der ersten Zeit hauptsächlich damit ausgesägt wurden.
Der Laubstock oder Bock (Abb. 10) dient zum Einspannen der Furniere bei der Arbeit (RDK IV 659/60, Abb. 6e; [1] Taf. 64, II A; [3] S. 842, Taf. 291; [2] S. 141). Es „ist bey den Tischern ein Sessel mit einem Kloben und Tritt“ (Hübner, Natur-, Kunst-, Berg-, Gewerck- u. Handlungs-Lexikon, Lpz. 1712), ganz ähnlich dem „Nähroß“ der Sattler. Das Dresdener Inventar von 1587 nennt einen „geschnittenen (geschnitzten) Laubstockh zum Lobwergk“. Der an dem Gestell stehende oder rittlings auf der Bank sitzende Intarsiator hält die Furniere, die nach allen Seiten zu drehen sein müssen, in dem mit dem Fuße leicht zu bedienenden Kloben (Klaue, Klemmspalt) in der Vertikalebene fest und führt die Laubsäge stoßend in waagerechter Richtung (Abb. 2, Hintergrund links; [3] Taf. 292, Abb. 14). Der Augsburger Kunstschreiner Ulrich Baumgartner hatte offensichtlich einen ähnlichen Kloben direkt an der Hobelbank befestigt (Abb. 2). Heute noch benutzen Italiener und Franzosen den alten Laubstock, während man in Deutschland die Laubsäge an einem kleinen v-förmig ausgeschnittenen Auflagebrettchen senkrecht mit ziehendem Schnitt führt. Die übrigen Arbeitsverfahren sind die gleichen geblieben (W. Brunkhorst, Die Herstellung von Intarsien, in: „Der Bau- und Möbelschreiner“ 6, Stg. 1951, S. 45ff.).
Im Großbetrieb hat die Dekupiermaschine [5, S. 8] die Laubsäge verdrängt.
E. Oberflächenbehandlung
Die E. erhalten ihre volle Schönheit und Leuchtkraft erst nachdem sie sorgfältig verputzt, glatt geschliffen und mit einem glänzenden Überzug versehen sind.
Zum Verputzen dienten der Zahn- und der Steilhobel (Abb. 2, im Hintergrund rechts auf der Hobelbank stehend; [3] S. 808ff., Taf. 281; s. Hobel) sowie die Ziehklinge (RDK IV 662, Abb. 8, Fig. 116; [1] Taf. 65, C; [2] S. 143; [3] S. 857f., Taf. 296, Abb. 3–5). Das Schleifen geschah bis zum Aufkommen des Glaspapiers (2. Viertel 19. Jh.) mit Binse, Schachtelhalm („Schafft-Heu“) und Fisch- oder Seehundhaut, von denen es grobe und feine Sorten gab [3, S. 857ff. Taf. 296, Abb. 6–9]. Der glänzende Überzug bestand entweder aus Öl und Wachs oder Firnis. Der letztere, dessen Hauptbestandteil ein Harz war, verlieh dem Holz eine glasharte Schutzschicht. Die Rezeptbücher verzeichnen vielerlei Arten Firnis [20, S. 485ff.]. Die schwierige Auflösung des bernsteinähnlichen Kopalharzes blieb bis ins späte 18. Jh. hinein Werkstattgeheimnis weniger Eingeweihter (erst nach langem Drängen Goethes offenbarte der Hofebenist Johann Kronrath, der nach Weimar übergesiedelte Werkmeister Roentgens, im Sommer 1800 das Geheimnis gegen einen namhaften Preis [12 Karol.] an den Herzog Ernst II. von Gotha: Goethe, Werke IV, 15, S. 80). Gegen 1792 kam erst die Schellackpolitur in Mainz und Leipzig auf.
Zu den Abbildungen
1. Antonio Barile (1453–1516), Selbstbildnis. Intarsie vom Chorgestühl der Taufkapelle im Dom von Siena, 73 × 45 cm. Ehem. Wien, Mus. f. Kunst u. Industrie, Inv.Nr. 9942/813 (zerst. 1945). Dat. 1502, Inschr.: „Hoc ego Antonius Barilis opus coelo non penicello excussi An. Dn. MCCCCCII“. Fot. Mus.
2. Upsala, Kunstmus. der Universität, Intarsie vom Kunstschrank für Gustav Adolf von Schweden. 21,2 × 13,4 cm. 1632 von einem Mitarbeiter des Ulrich Baumgartner in Augsburg. Fot. Mus.
3. Wien, Mus. f. angewandte Kunst, Cassone (Ausschnitt von der Vorderseite). Nußbaumholz (ein Brett; Füllung nur markiert) mit Inkrustation aus hellem Holz. Italienisch, E. 16. Jh. Fot. Mus.
4. Nürnberg, G.N.M., Inv.Nr. Kl. 12 309, Kölner Truhe mit Holzmosaik und durchgesägten Intarsien. Um 1600. Fot. Mus.
5. Joh. Justus Schacht und Gesellen, Intarsientafel vom Chorgestühl der ehem. Kartäuserkirche in Mainz, seit 1787 im Trierer Dom (vgl. RDK II 1080). Farbige Hölzer und Elfenbein, 34 × 52 cm. 1723–16. Fot. Stadtbibl. Trier.
6. David Roentgen nach einem Entwurf von Januarius Zick, chinesische Anglerin mit Kind. Trier, Städt. Mus. Intarsie mit farbigen Hölzern, 36 × 24 cm. Um 1776. Fot. Mus.
7. Braunschweig, Hzg. Anton-Ulrich-Mus., Reliefintarsie mit hl. Georg. 18,5 × 18 cm. Egerer Arbeit in der Art des Adam Eck, M. 17. Jh. Fot. Mus.
8. Innsbruck, Tiroler Volkskunst-Mus., Schnitzer. 51, 57 und 37 cm lang. 18. Jh. Fot. Mus.
9. Ehem. Dresden, Hist. Mus. (verschollen), Laubsäge. Bogen Flacheisen, geätzt und z. T. vergoldet, Griff Elfenbein (obere Befestigungsschraube fehlt). 27 cm h. Um 1565. Fot. Mus.
10. Laub- und Spannstöcke verschiedener Bauart. Kupferstich von R. Bénard nach J. R. Lucotte. 1765. Nach [2] Taf. 9.
Literatur
I. Quellen: 1. André Félibien, Des principes de l’architecture, de la sculpture, de la peinture et des autres arts qui en dépendent, Paris 1676. – 2. J. R. Lucotte, Art. „Marqueterie“ in: Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné etc. Bd. 10, Neufchâtel 1765, S. 137–43; dazu: Recueil de Planches etc. Bd. 4, Paris 1765, Taf. 1–11. – 3. André Jacques Roubo fils, L’art du menuisier ébéniste, Paris 1774.
II. Schrifttum: 4. Eugen Vernon Knight und Meinrad Wulpi, Fourniere und Sperrholz (Veneers and Plywood), dt. Ausg. v. Leo Mich. Cohn-Wegner, 2 Bde., Bln. 1930–31. – 5. Aug. Weinsheimer, Die Intarsia. Ihre technische und künstlerische Gestaltung und Anwendung, Bln. 1925. – 6. Christian Scherer, Technik u. Gesch. der Intarsia, Lpz. 1891. – 7. W. Rhenius, Eingelegte Holzornamente der Renss. in Schlesien v. 1550–1650, 20 Taf., Bln. 1881. – 8. Karl Lacher, Mustergiltige Holzintarsien der dt. Renss. a. d. 16. u. 17. Jh., Graz 1889. – 9. Valentin Teirich, Ornamente aus der Blüthezeit italien. Renss. (Intarsien), Wien 1873. – 10. Wilh. Bode, Das Chorgestühl des Pantaleone de Marchis in den Kgl. Museen zu Berlin, Bln. 1884. – 11. J. Hartmann, Das Einlegen von Holz, Augsburg 19523.– 12. J. Brunschwiler, Intarsien. Allgemeines, Geschichtliches und Technisches zu einer schönen Handwerkskunst, Zürich 1951. – 13. Fr. Krauß, Intarsien. Herkunft, Herstellung, Verwendung, Lpz. 1954. – 14. Jac. Burckhardt, Gesch. d. Renss. in Italien, Stg. 18913. – 15. Otto von Falke, Dt. Möbel des MA u. d. Renss., Stg. 1924. – 16. Feulner, Möbel. – 17. Schmitz, Bar. Möbel. – 18. Schmitz, Möbelwerk. – 19. Mario Tinti, Il mobilio fiorentino, Mailand-Rom (1929). – 20. Fritz Hellwag, Die Gesch. des dt. Tischlerhandwerks, Bln. 1924. – 21. Jos. M. Greber, Die alten Zunftladen des kunstreichen Handwerks der Schreiner, Zürich 1952. – 22. Rob. Macco, Die Intarsie, in: Paul Krais, Die Hölzer (= Gewerbl. Materialkunde Bd. 1), Stg. 1910, S. 597–613. – 23. Emil Rau, Die Nutzhölzer, Lpz. 1928. – 24. H. Schafflützel, Die Nutzhölzer in Wort und Bild, Zürich 1946. – 25. Alfr. Schwankl, Welches Holz ist das?, Stg. 19512. – 26. Jos. M. Greber, E. Lehmann u. A. v. d. Werth, Die tierischen Leime, Heidelberg 1950. – 27. J. Hager, Die Handwerkszeuge des 16. Jh. im Hist. Mus. zu Dresden, Dresden 1916 (Ms.). – 28. Lies. Möller, Der Wrangelschrank, Bln. 1956.
Verweise
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