Eibe
englisch: Yew tree; französisch: If; italienisch: Tasso.
Alexander von Reitzenstein (1956)
RDK IV, 903–905
I. Verwendung
Die E. (taxus baccata) ist eine Nadelholzart von ehemals weiter, in Europa nur im Osten geringerer Verbreitung; ihr Bestand ist jetzt stark zurückgegangen.
Das feinjährige, rotbraun gefärbte, harte und elastische Kernholz fand schon in der jüngeren Steinzeit Verwendung für Geräte (z. B. Eimer) und Bogen (Funde von Robenhausen im S.L.M., Zürich). Als Bogenholz blieb es bis in die Neuzeit hochbegehrt. Das griechische Wort für Bogen (τόξον) darf von dem Wort für E. (τάξος) abgeleitet werden. Das altnordische y̅r wie das mhd. îwe bedeuten sowohl E. wie Bogen. Für die enge Beziehung zwischen dem Bogen, dem „Eiben“, und der E. noch im 16. Jh. zeugt die in die Bestallung des Bogenmachers Loquet 1517 aufgenommene Verpflichtung, für Kaiser Maximilian 1. Handbogen aus E.-Holz herzustellen (Jb. Kaiserhaus 2, 1884, Reg. Nr. 1284). England, berühmt durch seine Bogenschützen, hielt lange an der Bogenwaffe fest (letzte Verwendung von Bogenschützen 1627 bei der Belagerung von Rey); vom „zwiefach tödlichen Eibenbogen“ spricht noch Shakespeare (König Richard II., 3, 2).
Der E. -Holzhandel ist seit dem 13. Jh. nachzuweisen (Ausfuhr über Danzig nach England und in die Niederlande; 1287 Zollrolle von Dordrecht). Das Holz kam aus Westrußland und den Karpaten auf Weichselflößen nach Danzig; westpreußische E. wurde nicht exportiert (H. Conwentz, Die E. in Westpreußen, Danzig 1892). Etwa seit 1500 beteiligte sich auch Süddeutschland am E.-Export (der Entwurf eines Privilegs Kaiser Maximilians I. bezeichnet als Herkunftsorte der E. kaiserliche Wälder am Attersee, bei Admont und Eisenerz; Karl V. gab Privilegien für Tiroler und niederösterreichische E.-Wälder). Im 16. Jh. war der E.-Holzhandel eine begehrte Geldquelle; Maximilian I. ließ in seiner ständigen Geldnot einen solchen Raubbau an E.-Holz zu, daß von seiten örtlicher Forstverwaltungen mehrfach dagegen protestiert wurde [6, S. 186f.], doch war die Nachfrage, besonders in England, groß. Berechnungen ergaben [6, S. 188], daß in 60 Jahren etwa 500–600 000 E. geschlagen wurden. Die Nürnberger Handelsgesellschaft Fürer-Stockhamer [4] ließ 1588 zehntausend „Eiben Pogen“ bei Waidhofen a. d. Ybbs schlagen, die sie über ein Kölner Handelshaus nach England lieferte.
Die starke Inanspruchnahme der langsamwüchsigen E., die ihre Bestandsverluste auch nur langsam ausgleicht, führte zu so weitgehendem Abbau, daß Schonzeiten eingeführt und Privilegien verweigert werden mußten: so erteilte Hzg. Albrecht V. dem Nürnberger Tetzel noch 1551 ein Privileg, versagte es aber 1568 dem Nürnberger Muffel und später den Fürer-Stockhamer mit der Begründung, daß die „Eybene waldt vast verschlagen seindt“. Heute hat sich der Naturschutz der E. angenommen.
Die Möbeltischlerei verwendete das Holz der E. vornehmlich als Furnier und für Einlegearbeiten („Roteibenmaser“); schwarz gebeiztes E.-Holz (= „deutsches Ebenholz“) wurde als Ersatz für Ebenholz gebraucht. Auch für Drechsel- und Schnitzarbeiten war das harte, gut zu polierende Holz der E. beliebt [7]. Heute dient es kaum noch für gewerbliche Zwecke.
II. Symbolik
Eigenschaften wie das dunkle, „ernste“ Immergrün und vor allem die Giftigkeit der Nadeln wiesen der E. ihren Ort im Aberglauben und Brauch zu. Offenbar schon sehr früh wurde sie zum Friedhofsbaum, wenn auch erst im 12. Jh. bezeugt (Giraldus Cambrensis, Topographia Hibernica 3, 10). Auf englischen Friedhöfen stehen noch E. aus dem 12. und 13. Jh. Der Aberglaube schrieb der E. Abwehrkräfte gegen Unholde zu, und darum wurde sie wohl in den Raum der Toten gebracht. Ägyptische E.-Holz-Sarkophage dürfen in diesen Zusammenhang gestellt werden. Der E.-Zweig bannt Zauber und befreit von ihm; ein Stück E.-Holz wurde als Amulett auf dem Leibe getragen. Die Verwendung für Eßgeräte wie Löffel und Messergriffe, ferner als „Palm“, hängt mit dieser magischen Bewandtnis zusammen. Das Gift der Nadeln, ein Alkaloid, Toxin, tötet (Shakespeare, Hamlet 1, 5: „Saft vom gottverfluchten Eibenbaum“), heilt aber auch, bezeichnenderweise bei Vergiftungen durch Hund, Schlange oder Insekten.
Im „Mondo simbolico“ des Fil. Picinello (lat. Ausg. Köln 1681, Buch 9, 496ff.) erfuhr die E. verschiedene Deutungen: so symbolisiert sie das gerechte Gericht, weil sie sich durch ihre Stacheln gegen jeden Zugriff verteidigt (laedo laedentem); sogar auf das Kreuz kann sie hinweisen, weil ihr Gift seine tödliche Kraft verlieren soll, sobald der E.-Stamm von einem Nagel durchbohrt ist (infixo innoxia).
Zur Abbildung
München, B.N.M., Inv. Nr. W 556, Armbrust aus Eibenholz. Süddeutsch, um 1600, Fot. Mus.
Literatur
1. Hoops, Reallexikon 1, S. 517 bis 520. – 2. Bächtold-Stäubli 2, Sp. 644–46 (Marzell). – 3. Aug. Essenwein, Der Eibenbogen, Mitt. aus dem G.N.M. 1, 1884/86, 153–56. – 4. Hans Bösch, Der Eibenbogenhandel der Gesellschaft des Christoph Fürer und Leonhard Stockhamer zu Nürnberg, Ebd. 246–55. – 5. Hjalmar Falk, Altnordische Waffenkunde, Oslo 1914, S. 92. – 6. Richard B. Hilf, Die Eibenholzmonopole des 16. Jh., Vierteljahrschrift für Sozial- u. Wirtschaftsgesch. 18, 1925, 183–91. – 7. Fritz Spannagel, Der Möbelbau, Ravensburg 195410, S. 22f.
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