Dreifaltigkeitsring

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englisch: Trinity ring; französisch: Anneau trinitaire; italienisch: Anello della Trinità, annulus trinitarius.


Hans Martin von Erffa (1955)

RDK IV, 447–449


RDK III, 861, Abb. 2. Lorenz Zick, M. 17. Jh.
RDK IV, 447, Abb. 1. J. D. Doppelmayr, 1730.

I. Begriff

D. nennt man eine ringförmig angeordnete dreifache Spirale, die so ineinander verflochten ist, daß Anfang und Ende zusammenfallen und die einzelnen Windungen einander nicht berühren (s. Abb. 1); der D. besteht also nur scheinbar aus drei getrennten Reifen, in Wirklichkeit aus einem einzigen.

D. dienten im allgemeinen nicht als Fingerringe, sondern meist als Kunstkammerstücke ohne praktischen Zweck; sie waren Spielzeuge eines mechanistischen Zeitalters. Der Durchmesser der D. beträgt etwa 3–6 cm.

Nicht den Namen D. verdienen Schmuckringe, die aus drei glatten, lose ineinanderhängenden Reifen bestehen, deren untere Partien wellig gewunden sind und beim Zusammensetzen ineinandergreifen. Eine Gruppe solcher Ringe hat Heinz Battke zusammengestellt (Gesch. des Ringes, Baden-Baden 1953, Nr. 88, S. 67f.).

II. Entstehung, Name und Symbolik

Die Erfindung des D. wird von Johann Friedrich Kern [1] und, nach ihm, von Johann Daniel Doppelmayr [2, S. 262], dem Ingolstädter Jesuitenpater Heinrich Scherer (1628–1704), Mathematiker, Geographen und Prinzenerzieher beim Kurf. Max Emanuel von Bayern, zugeschrieben, doch mit Vorbehalt („Rumore quidem nuntio quod accepi“, [1] S. 10). Kern vermerkt nämlich, daß nach Berichten gewisser Reisender schon 1640 in Berchtesgaden D. gezeigt wurden. Als sicher darf gelten, daß 1670 in Nürnberg zwei Goldschmiede, Johann Heel und Albrecht Götz, D. in Gold und Silber angefertigt haben.

Die Bezeichnung D. entstand offenbar zur gleichen Zeit. Nach Kern geht sie auf den Poeten Siegmund von Birken (gen. Betulius, 1626–81) zurück, der in verschiedenen Gedichten den Symbolgehalt des D. verdeutlicht hat.

„Schau hier der Gottheit Bild ist Eines und doch Drey /

Ist Drey und Eines / doch kein Anfang ist dabey / Die Runde weiset dir / daß Sie ohn Ende sey.“

„Drey Ringe du in Einem siehest / und keiner rührt den andern an:

Da dieses (ob du dich bemühest) / nicht dein Verstand erreichen kan:

Darffst du dich dann deß Fragen zeihen / wie GOtt kan Eines seyn in Dreyen?“ [1, S. 13f.].

III. Material

Als Material wird vor allem Elfenbein, Gold und Silber, aber auch Eisen, Messing, Buchs und anderes Holz genannt. Die ältesten D. scheinen solche aus Edelmetall gewesen zu sein (Abb. 1, Fig. 2). Über sie läßt sich Kern von einem Goldschmied berichten [1, S. 12]:

„Die guldene und silberne Dreyfaltigkeitsringe werden nicht aus dreyen Dräten sondern nur aus einem Drat / und zwar aus einem Drat von einer Länge / ineinander dreyfach geflochten und geschlossen / dergestalten / das kein Theil das andere berührt: und besteht die gröste Kunst meistens darinnen / daß man die beede Ende also wisse zusammen zu löten / damit die Lötung nicht leicht könne gesehen noch gemercket werden.“

Aus Stahl fertigte Johannes Heel d. J., Sohn des obigen, in Berlin D. an.

Elfenbeinerne D., die am häufigsten vorkommen, können geschnitzt, aber auch gedrechselt sein. Dem Nürnberger Kunstdrechsler Stephan Zick (1639–1715), Sohn des Contrefaitdrechslers Lorenz Zick (RDK III 861, Abb. 2), gelang es wohl als erstem, D. aus einem Stück Elfenbein auf der Drehbank zu fertigen (Abb. 1, Fig. 1). Er lieferte je einen gedrechselten D. an die Höfe von Wien und Dresden, wo sie große Bewunderung erregten, und an einen privaten Kunstsammler in Nürnberg. Im 18. Jh. war das Drechseln elfenbeinerner D. sehr beliebt. Spätere Mitglieder der Drechslerfamilie Zick, besonders David († 1777) und Christian (1753 bis nach 1809), haben zahlreiche D. geschaffen ([2] S. 310; Thieme-Becker 36, S. 476). Außer in Nürnberg wurden D. aus Elfenbein auch in Salzburg, Geislingen und Regensburg gedrechselt. Johann Martin Teuber gibt in seinem Lehr- und Musterbuch „Vollständiger Unterricht von der gemeinen und höheren Drehkunst“, Regensburg 1740, auf Taf. 16 zwei Beispiele wieder [3, Taf. 2]: unter Nr. 1 ist ein komplizierter D. abgebildet, bei dem nur zwei Reifen miteinander verflochten sind, während der dritte, ein glatter Reif, im Inneren der ringförmigen Spindel beweglich läuft; dieser D. ist als Anhänger gedacht (ein ebensolcher D. wird schon bei Kern erwähnt). Ein ähnliches Stück befand sich im G.N.M. in Nürnberg, wo sich bis 1944 noch andere D. in ihren zugehörigen Dosen erhalten hatten (vgl. [3] S. 14). Weitere D. werden genannt in der Münchner Schatzkammer, im Mecklenburg. L.M. in Schwerin und im Schloß Rosenborg in Kopenhagen; der letztere wurde 1714 von dem schwedischen General Stenbock während seiner dänischen Gefangenschaft gedreht (M. v. Boehn, Das Beiwerk der Mode, München 1928, S. 262).

Der Preis für einen D. aus Elfenbein war um 1700 etwa 1 fl, für einen goldenen je nach Gewicht 4–6 fl.

S. auch Drechsler, Kunstdrechslerarbeiten.

Zur Abbildung

Joh. Daniel Doppelmayr, elfenbeinerner und goldener Dreifaltigkeitsring, beide in natürlicher Größe. Kupferstich, 1730. Aus [2] Taf. 5.

Literatur

1. Joh. Friedrich Kern(ius), Disputatio de Annulo Trinitario, vulgo Dreyfaltigkeits-Ring (gehalten unter dem Vorsitz des Prof. Daniel Wilh. Moller), Altdorf 1701. – 2. Joh. Daniel Doppelmayr, Historische Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern usw., Nürnberg 1730. – 3. Katalog der im G.N.M. befindlichen Kunstdrechslerarbeiten, Nürnberg 1891.