Dübel
englisch: Dowel; französisch: Cheville, goujon; italienisch: Cavicchio.
Paul Adolf Kirchvogel (1955)
RDK IV, 591–594
Der D. ist ein Konstruktionselement der Bautechnik und des holz- und steinverarbeitenden Handwerks, das zur Verbindung verschiedener Teile dient.
Das Wort D. (Diebel, Düppel, Döbel, Dollen o. ä.) gehört zu einem weit verbreiteten Stamm, dessen Wurzel verloren ist. Die ndt. Form „Döbel“ geht auf das mittelndt. dovei zurück und hat die gleiche Bedeutung wie das ahd. tupili und das mhd. tübel. Obwohl der D. zu allen Zeiten benutzt wurde, hat er in der handwerklichen Fachsprache des 18. Jh. nur noch die Bedeutung eines Hilfswerkstückes der Böttcher und Stellmacher oder (in Schwaben) die des Bankeisens (Joh. Heinr. Zedler, Universallexikon Bd. 7, Halle u. Leipzig 1734; Joh. Georg Krünitz, öconomische Encyclopädie Bd. 3, Berlin 1774). Erst im 19. Jh. bekommt der D. wieder den Begriff eines allgemein gebrauchten Werkelementes.
Dem Bildhauer dienen runde oder quadratische Zapfen aus Metall oder Holz zur Verbindung der einzelnen Teile eines nicht aus einem Stück verfertigten Bildwerkes oder zur Befestigung auf der Grundplatte (An- und Aufdübeln). Die D. verhindern ein seitliches Verschieben von Werkteilen in der Richtung der Fuge, sind meist von rundem, quadratischem, viereckigem, aber auch schwalbenschwanzförmigem Querschnitt aus Eisen, Kupfer, Bronze oder Stein. D., D.-Hölzer oder Mauer-D. werden auch keilförmige Klötze aus Holz oder ähnlichem Werkstoff genannt, die zur Nagel- oder Schraubbefestigung von Bauteilen oder dergl. in das Mauerwerk eingelassen werden. Hierher gehört auch das Bankeisen, ein dicker Nagel mit aufgehauenen Widerhaken am Nagelschaft.
Der D. zählt zu den ältesten Verbindungsmitteln. Daly fand am Hathortempel in Dendera, am Hypaithraltempel auf der Insel Philae und an anderen Orten Mauerwerk aus dem 1. Jh. v. Chr., das die Verwendung von Mörtelkanälen mit wahrscheinlich aus Sykomorenholz gefertigten Schwalbenschwänzen zur Erzielung einer allseitigen Unverschiebbarkeit zeigt (Revue gén. de l’archit. 1882, S. 51; Abb. 1 zeigt einen Teil einer solchen Konstruktion). In den oberen und unteren Lagerflächen wie in den Stoßflächen haben die Steine Kanäle, die mit Mörtel ausgefüllt sind. Über die Stoßfugen greifen die Schwalbenschwanz-D. Wahrscheinlich sind sie von der antiken griechischen und römischen Bautechnik übernommen worden, die z. B. bei der Befestigung der Astragale D. anwandte (Friedr. Ebert, Fachausdrücke d. griech. Bauhandwerkes, Programm d. Gymnasiums in Hof 1910/11, Würzburg 1911, S. 44, 51, 54f.).
Metall-D., meist aus Eisen, werden zur Verbindung von Steinen oder Hölzern benutzt. Die D.-Enden werden oft als Widerhaken aufgehauen und die D.-Löcher mit Blei, Schwefel, Gips, Mörtel, Zement, Asphalt oder Steinkitt ausgegossen. Wölbsteine werden in den Lagerfugen häufig durch D. gesichert, wobei auch Z-förmige Klammern zur Anwendung kommen (Abb. 2 a und b). In doppelt schwalbenschwanzförmiger Gestalt werden die Metall-D. zur Verbindung der Stoßfugen aufrecht gestellter Platten benutzt. Beim Abbruch des aus dem 15. Jh. stammenden Postgebäudes in Basel zeigte sich, daß der Schlußstein beiderseits in der Mitte der Fugenfläche mit den anschließenden Bogenstücken und sämtliche Bogenstücke untereinander verdübelt waren. Diese Eisen-D. waren teilweise bis 15 cm lang und hatten unterschiedlich bis 9 cm Querschnitt. Abb. 3 Fig. I zeigt einen der Bögen mit Pfeilern in der Ansicht der Fugenfläche (Dt. Baugewerksblatt 42, 1882, 115). Eine Verdübelung der Gewölberippen mit Blei-D. wurde beim Bau der Stuttgarter Marienkirche angewandt, um bei der allmählich fortschreitenden Belastung während des Baues die Rippen etwas biegsam zu halten. Aus dem gleichen Grund wurden auch die Rippenfugen mit Bleiguß ausgefüllt (Dt. Bauzeitung 14, 1880, 554).
Holz-D. haben sich als Mittel zur Übertragung der Längskraft zweier verdübelter Hölzer bewährt. Aus Hartholz, meist Buche, aber auch Lärche, Eiche oder ausländischen Hölzern gefertigt, sind sie rund oder kantig-rund, doch werden sie auch in schwach konischer Form als Keil-D. ausgebildet, um einer Lockerung durch Austrocknung des Holzes vorzubeugen. Im Holzbau angewandt, liegen die Längsfasern der Quer-D. quer zur Balkenachse; die Längsfasern der Zahn-D. liegen in zahnförmigen Einschnitten der Balken in der Richtung der Balkenachse. Im Werksteinbau wurden, außer in der Antike, Holz-D. wegen ihrer Vergänglichkeit und wegen des Quellens und Schwindens selten benutzt.
Das Dübelgebälk ist eine Balkenlage, in der Balken an Balken liegt, die in Abständen von 1 bis 1,5 m miteinander verdübelt sind. Mangel an Konstruktionshöhe ist in der Regel Veranlassung zur Anwendung dieses Gebälks.
Stein-D. sind verhältnismäßig selten. Bei antiken Bauten finden sich solche aus Marmor. Sie kamen dort zur Anwendung, wo die Größe der Quadersteine es gestattete. Quadratisch im Querschnitt, haben sie eine Länge, die etwa dem fünften Teil der Höhe der zu verbindenden Werksteine entspricht.
Auch beim Metallguß verwendete man D., um ein Verschieben der Gußformen gegeneinander vor und während des Gusses zu verhindern. Solche D. lassen sich seit der Bronzezeit nachweisen (Schlesiens Vorzeit in Wort und Bild 1909, S. 17) und fanden auch im Altertum Verwendung (Jahreshefte d. Österr. Archäol. Inst. in Wien 1904, S. 193).
Zu den Abbildungen
1. Mörtelkanal mit Schwalbenschwanzdübeln aus Sykomorenholz. Ägyptisch, 1. Jh. v. Chr. Nach Hdb. der Architektur III, 1, Stg. 19013, Abb. 269.
2. Verdübelung von Wölbsteinen: a) mit runden Dübeln, b) mit z-förmigen Klammern. Nach Hdb. der Architektur III, 1, Stg. 19013, Abb. 268.
3. Basel, altes Postgebäude (abgebrochen), in Blei gegossene Eisendübel im Portalgewände. 15. Jh. Nach Dt. Baugewerksblatt 42, 1882, S. 115.
Literatur
Theodor Gesteschi, Der Holzbau (= Handbibliothek für Bauingenieure Teil 4, Bd. 2), Berlin 1926.
Empfohlene Zitierweise: Kirchvogel, Paul Adolf , Dübel, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. IV (1955), Sp. 591–594; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=88789> [02.12.2023]
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