Contrefait

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englisch: Contrefait; französisch: Contrefait; italienisch: Contrefait.


Hans Martin von Erffa (1953)

RDK III, 859–862


RDK III, 859, Abb. 1. Jak. Zeller, 1611, Dresden.
RDK III, 861, Abb. 2. Lorenz Zick, M. 17. Jh.

C. (Contrafect) nennt man eine Kunstdrechslerarbeit, zumeist aus Elfenbein, bei der sich im Inneren einer Hohlkugel eine Kapsel (die C.-Büchse) befindet, welche man von außen durch ein Sehloch sehen und mittels Schnüren öffnen und schließen kann; die C.-Büchse selbst enthält in ihrem Inneren meist Heiligenbilder, Bildnisse oder Wappen. Das C. besteht also aus dem gleichen Stück Elfenbein, aus dem auch die umgebende Hohlkugel gedreht ist; es ist inwendig in dieser mit einem Metallscharnier befestigt.

Die Erfindung dieser im 17. Jh. sehr beliebten Spielereien wird von J. G. Doppelmayr [1, S. 299] dem Nürnberger Kunstdrechsler Lorenz Zick (1594–1666) zugeschrieben; doch muß sie älter sein, denn es gibt C.-Arbeiten schon aus E. 16. Jh. In Dresden wurde die Kunst von Egidius Lobenigk aus Köln († 1595) und Jakob Zeller aus Regensburg († 1620) gepflegt. Auch in Regensburg wurden C.-Büchsen gedrechselt, doch ist das Zentrum der Kunst im 17. Jh. Nürnberg gewesen.

Solche C.-Werke haben sich, zumeist aus fürstlichen Kunstkammern stammend, in größerer Zahl erhalten. Ihre Montierung ist mannigfaltig, da sie sowohl mit gedrechseltem Fuß und Aufsatz, wie auch mit figürlicher Elfenbeinplastik kombiniert werden können. So wird z. B. bei einem Werk Zellers von 1611, ehem. im Grünen Gewölbe, die Hohlkugel von einem römischen Krieger als Atlas getragen und von einem flöteblasenden Knaben bekrönt (Abb. 1); die Kugel enthält eine „ablengigte Contrafectbüchße“ (Inv. d. Dresdener Kunstkammer von 1619), welche ihrerseits von einer durchbrochenen Kugel umgeben ist; erst im Inneren der C.-Büchse finden sich dann die Bildnisse des Kurfürstenpaares. Andere Werke sind komplizierte Kunstdrechslerarbeiten, wie das Kugelwerk in der Elfenbein-Slg. des Hzg.-Ant.-Ulr.-Mus. in Braunschweig (Kat. Chr. Scherer, 1931, Nr. 592, Taf. 65), eine Arbeit in der Art Lorenz Zicks aus der 1. H. 17. Jh., mit den Bildnissen Christi und Mariä im Inneren.

Die älteste datierte C.-Arbeit stammt von Egidius Lobenigk: eine ehem. im Grünen Gewölbe befindliche Uhr auf gedrehter Säule, die von einer C.-Kugel bekrönt ist (dat. 1589). – Im G.N.M. Nürnberg befinden sich 2 C.-Büchsen, die Lorenz Zick zugeschrieben werden [2, S. 14 Nr. D 21 und 22]; in der einen ist ein Doppelwappen, in der anderen zwei Heiligenbilder. Aus Schloß Ambras stammt ein C.-Becher im Kh. Mus. Wien mit den Bildnissen Habsburger Fürsten, der von Lorenz Zick bez. und 1643 dat. ist. Drei weitere C.-Büchsen befanden sich in der Slg. von Lanna (Aukt. Kat. 1605 v. Rud. Lepke, Berlin, Taf. 110 Nr. 1457–59).

Eine schematische Skizze bei Doppelmayr [1, Taf. V] zeigt in einfachster Art die Anbringung des C. in einer eiförmigen elfenbeinernen Hohlform (Abb. 2).

Zu den Abbildungen

1. Jakob Zeller († 1620), Contrefaitwerk, Elfenbein, geschnitzt und gedrechselt. Dat. 1611. Ehem. Dresden, Grünes Gewölbe. Nach J. L. Sponsel, Bd. IV, Taf. 8.

2. Lorenz Zick (1594–1666), Contrefaitwerk in Elfenbein, M. 17. Jh. Nach J. G. Doppelmayr, [1] Taf. V.

Literatur

1. Joh. Gabr. Doppelmayr, Histor. Nachr. von den Nürnberger Mathematicis und Künstlern usw., Nürnberg 1730. – 2. Katalog der im G. N. M. befindlichen Kunstdrechslerarbeiten, Nürnberg 1891.