Cerberus

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englisch: Cerberus; französisch: Cerbère; italienisch: Cerbero.


Hans Martin von Erffa (1952)

RDK III, 394–397


RDK III, 395, Abb. 1. Nardo di Cione, um 1355, Florenz.
RDK III, 395, Abb. 2. Joh. Bapt. Straub, 1771, Nymphenburg.

C. (griech. Κέρβερος), dessen Gestalt aus sehr altem, über die ganze Erde verbreitetem Sagengut stammt [3], ist in der griechischen Mythologie der Höllenhund, der Türhüter der Unterwelt. Er gehört hier – mit Chimaira, Sphinx, Hydra, dem nemäischen Löwen u. a. – in eine weitverzweigte Familie unterweltlicher Geschöpfe [1, 2]. C. ist ein schreckenerregendes Scheusal, dessen Aussehen in der Dichtung phantastische Züge annimmt. In der bildenden Kunst der Antike, insbesondere in der griechischen Vasenmalerei, wird es zumeist als zwei- oder dreiköpfiger Hund dargestellt, doch trägt es auch Schlangenköpfe an Kopf und Körper. Zusammenhänge mit älteren Dreikopfgottheiten sind anzunehmen.

Man findet den C. in der Antike fast ausschließlich in Verbindung mit der Heraklessage (Herkules); die Heraufholung des Höllenhundes aus der Unterwelt ist die letzte und schwerste der zwölf Taten des Herakles, und zugleich ihre Krönung; denn C. ist mehr als ein Wächter, er ist „das fressende Untier der Tiefe selber“ (J. Kroll).

Im Mittelalter tritt C. vereinzelt zur Kennzeichnung des Einganges der Hölle auf, wenn diese mit den Mitteln antiker Vorstellungen geschildert ist. So wird z. B. in der Hypnerotomachia Poliphili des Francesco Colonna in das traditionelle Bild der m.a. Höllenvorstellung (etwa die Visio Tundalis) eine Anzahl heidnisch-antiker Züge aufgenommen, darunter auch der C. Sogar in Beschreibungen der Höllenfahrt Christi wird er, in naheliegender Analogie zu dem Heraklesabenteuer, zuweilen genannt (J. Kroll, Zur Geschichte des Spieles von Christi Höllenfahrt, Vorträge der Bibl. Warburg 7, 1927/28, 293). Bildliche Darstellungen sind selten. So finden wir den C. in der Berliner Eneis, im Bilde des Besuches Aeneas’ in der Unterwelt, als ein Ungeheuer mit Krallen und Schlangenkopfschwanz, mit Schlangenhaar und drei menschlichen Köpfen. In der Höllenszene der Orpheussage in der Ovidausgabe des Colard Mansion, Brügge 1484 (Festschrift O. Schmitt zum 60. Geb., Stuttgart 1951, 245) stürzt der dreiköpfige, drachenleibige C., der am Tor der Hölle angekettet ist, auf Orpheus los. Auch beim Besuch Junos in der Unterwelt, in der venezianischen Ovidausgabe des Zoane Rosso von 1497, sieht er, zweiköpfig, am Höllentor hervor (M. D. Henkel, Vorträge der Bibl. Warburg 6, 1926/27, Taf. IV Abb. 9).

C. als Prinzip des Bösen schlechthin begegnet uns schon früh im MA. Isidor von Sevilla beschreibt ihn uns als dreiköpfigen Hund, der durch seine Köpfe die drei Lebensalter versinnbildlicht, in welchen der Tod den Menschen verschlingen kann: Kindheit, Jugend und Alter (Etymolog. Buch XII Kap. 3 v. 33; Migne, P. L. 82, 423). Den Namen erklärt Isidor aus Kreoborus = carnem vorans. – In einem wahrscheinlich nordfranzösischen Kloster gab es gegen Ende 9. Jh. ein Wandgemälde, das einen vom dreiköpfigen C. verfolgten Hirsch darstellte (Schlosser, Schriftquellen Nr. 1043). Auch der Teufel nimmt zuweilen die Gestalt des C. an. So finden wir ihn, namentlich bezeichnet, in Nardo di Cione’s Höllenfresko in der Strozzikapelle an S. Maria Novella in Florenz (Abb. 1).

Mit der Renaissance mündet dann die Darstellung des C. wieder in die des Herkules, doch nicht ausschließlich. In den Holbeinschen Randskizzen zum „Lob der Narrheit“ in Basel, 1514, wird C. von dem als Landsknecht gekleideten Aeneas mit einem Ast bedroht (Konr. Escher, Die Miniaturen in den Basler Bibliotheken, Basel 1917, Nr. 349/3, S. 235 Zs. 52; Abb. bei Willy Hes, Ambrosius Holbein, Stud. z. dt. Kg. 145, Straßburg 1911, Taf. 19).

War C. im MA Attribut der Hölle, so wird er folgerichtig in der Barockzeit zum Begleiter des Höllenfürsten Pluto, z. B. an einer Gartenskulptur von J. B. Straub im Nymphenburger Park in München (Abb. 2), sowie an einer Elfenbeinstatuette von Joh. Chr. L. v. Lücke, M. 18. Jh., in Braunschweig (Chr. Scherer, Braunschw. Elfenbeinslg. Nr. 123).

Zu den Abbildungen

1. Nardo di Cione († 1365/6), Das Inferno. Fresko in der Strozzikapelle in S. Maria Novella, Florenz, um 1355 (Ausschnitt). Phot. Brogi 25 573.

2. Joh. Bapt. Straub (1704–84), Pluto. Statue im Schloßpark Nymphenburg, 1771. Phot. Marburg 123 400.

Literatur

1. Roscher II, 1, 1119f.– 2. Pauly-Wissowa, XI, 271ff. – 3. Freda Kretschmar. Hundestammvater und Kerberos. Studien zur Kulturkunde, hrsg. von Leo Frobenius, Bd. 4, Stuttgart 1938.

Verweise