Bonitas
englisch: Bonitas; französisch: Bonté; italienisch: Bontà.
Herbert Rudolph (1942)
RDK II, 1036–1037
Als Tugend begegnet B. literarisch innerhalb der Tugendleiter des Honorius von Autun, der die Jakobsleiter in moralischem Sinne interpretiert (Migne, P. L. 172, Sp. 869ff., 1239ff.). Jede Stufe stellt eine Tugend dar; B. ist die neunte. Die Darstellung der B. ist selten, da sie weder zu den sieben kanonischen Tugenden zählt, noch in die Zwölfzahl der Tugenden aufgenommen wurde, die innerhalb der großen Kathedralprogramme (Paris, Chartres, Amiens usw.) wiedergegeben wurden. Immerhin kennen wir m.a. Darstellungen. Auf einer Anzahl von Bronzeschüsseln des 12. und 13. Jh., den sog. Hanseschüsseln (wahrscheinlich niederrheinischer Herkunft), sind um eine Mittelfigur Büsten von Frauengestalten angeordnet, die durch Beischriften als Tugenden charakterisiert sind: bonitas, benignitas, mansuetudo usw. (Exemplare u. a. in Aachen, Berlin [Kat. Bange, S. 6f.], Lübeck).
Von den Humanisten (z. B. Pirckheimer) wird B. in der viel allgemeineren Weise der guten Eigenschaft gebraucht. So ist sie in der unter Pirckheimers Mithilfe entstandenen großen Allegorie Dürers „Triumphwagen Kaiser Maximilians I.“ (Holzschnitt von 1522) als gute Eigenschaft des Kaisers durch einen Lorbeerkranz mit Inschrift vertreten. – In der Iconologie des Cesare Ripa (vgl. RDK I, Sp. 359) endlich steht B. als schöne Frau in goldenem Gewand und Rautenkranz auf dem Kopf, die Augen gen Himmel gerichtet, im Arm einen Pelikan mit seinen beiden Jungen haltend. Da der Pelikan auch im Zusammenhang mit der „Benignitas“ vorkommen kann (Beispiel: Hadriani Junii Medici Emblemata, 1569, Emblema 7), sind Verwechslungen möglich, zumal bonitas und benignitas schon innerhalb der Proprietatesbezeichnung der Hl. Dreifaltigkeit „Macht – Weisheit – Güte“ durcheinander gebraucht werden (bei Abaelardus). Damit ist auch der Zusammenhang aufgezeigt, in dem das Christussymbol Pelikan zum Tugendattribut werden konnte. – Auch in der Neuzeit sind B.-Darstellungen selten. E. Mandowsky [7] konnte nur eine einzige nachweisen (Frauengestalt mit Pelikan über der ersten Arkade rechts des Mittelschiffs von St. Peter zu Rom, Bernini-Schule). Wir können eine weitere Darstellung an der Decke des großen Festsaales im Schloß Hellbrunn bei Salzburg hinzufügen (Abb.; im Inv. Österreich, Bd. 11, S. 209, als „Aufopfernde Mutterliebe“ bezeichnet).
Zur Abbildung
Salzburg, Schloß Hellbrunn, Festsaal, Deckengemälde von Arsenio Mascagni: Gerechtigkeit und Bonitas. Um 1619. Phot. F. Hartl, Salzburg.
Literatur
1. Sauer. – 2. Mâle II, S. 106ff., IV, S. 396. – 3. Knipping, Iconografie I, S. 16. – 4. Richard Kienast, Ava-Studien III, Zs. f. Dt. Altertum und Dt. Literatur 77, 1940, S. 95. – 5. Anton C. Kisa, Die gravierten Metallschüsseln des 12. und 13. Jh., Zs. f. christl. Kunst 1905, S. 227ff., 366ff. – 6. Karl Giehlow, Dürers Entwürfe für das Triumphalrelief Kaiser Maximilians I. im Louvre, Jb. Kaiserhaus 29, 1910–11, S. 14ff. – 7. Erna Mandowsky, Untersuchungen zur Iconologie des Cesare Ripa, Diss. Hamburg 1934.
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