Architekturzeichnung

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englisch: Drawing, architectural, architectural drawing; französisch: Dessin d'architecture; italienisch: Disegno di architettura.


Dagobert Frey (1936)

RDK I, 992–1013


RDK I, 409, Abb. 8. I. D. Steingruber, 1773.
RDK I, 973, Abb. 5. Joseph Furttenbach, Grundrisse einer Schule, 1649.
RDK I, 975, Abb. 6. Joseph Furttenbach, Ansicht eines Gartenhauses, gegen 1667.
RDK I, 977, Abb. 7. Joseph Furttenbach, Grundriß des Gartenhauses Abb. 6.
RDK I, 993, Abb. 1. Villard de Honnecourt, Aufriß eines Westturms der Kathedrale von Laon, um 1240.
RDK I, 995, Abb. 2. Wien, Werkzeichnung zu einem Langhausstrebepfeiler von St. Stephan, 15. Jh.
RDK I, 997, Abb. 3. Wien, Aufriß zum Rathausturm, 15. Jh.
RDK I, 1001, Abb. 4. Madern Gertener, Aufriß zum Westturm des Doms zu Frankfurt a. M., 1415.
RDK I, 1005, Abb. 5. Balthasar Neumann, Schnitt durch die Würzburger Hofkapelle, 1732.
RDK I, 1007, Abb. 6. Anton Glonner, Entwurf für ein Jesuitenkollegium, 1774.
RDK I, 1009, Abb. 7. C. F. Schinkel, Dom zu Goslar, 1816.

I. Begriff, Zweck, Eigenart

Zeichnerische, meist geometrisch konstruierte Darstellung architektonischer Objekte. Darstellungsmittel und Darstellungsform werden durch den besonderen Zweck bestimmt, ein architektonisches Werk in seiner dreidimensionalen Gestaltung in geometrischer Plandarstellung möglichst eindeutig festzulegen und anschaulich zu machen. Die A. im engeren Sinn ist daher nicht Selbstzweck, sondern dient direkt oder indirekt als Grundlage für die Bauausführung. Daher ist auch das Verhältnis sowohl zum Ausführenden als auch zum Betrachter ein grundsätzlich anderes als bei anderen Werken der Graphik. Gerade bei rein gezeichneten Plänen tritt die Bedeutung der Originalität vollkommen zurück, da der künstlerische Wert nicht in der Darstellungsqualität, sondern in dem darzustellenden Objekt gelegen ist. Tatsächlich muß zu allen Zeiten mit einer weitgehenden Mitarbeit von Hilfskräften in der Werkstatt gerechnet werden, wodurch auch die Frage der Zuschreibung methodisch eine andere Bedeutung bekommt. Der Wert eigenhändiger Architekturskizzen des entwerfenden Künstlers liegt vor allem in ihrer genetischen Bedeutung, indem sie Einblick in den Schaffensprozeß des Künstlers und seine künstlerische Auffassung geben. In diesem Sinne können auch Aufnahmeskizzen und zeitgenössische Veduten aufschlußreich sein. Das Verhältnis zum Betrachter wird dadurch bestimmt, daß die A. nicht auf unmittelbare Bildwirkung berechnet ist; bei der Orthogonalprojektion ergibt sich dies schon durch die Zerlegung in mindestens 2 Risse, also 2 getrennte Planbilder, die erst zusammen die räumliche Vorstellung des Objekts ergeben. (Trotzdem wird der ästhetische Eigenwert des Projektionsbilds, z. B. der Grundrißkonfiguration, genetisch als anregender Faktor im Schaffensprozeß zu beachten sein.) Die bildhafte Wirkung gewinnt an Bedeutung bei perspektivischen Ansichten, die bezwecken, dem Laien eine anschauliche Vorstellung eines Bauwerks zu vermitteln.

Systematik auf Grund der Zweckbestimmung:

II. Entwurf

Entwurf, zeichnerische Festlegung einer architektonischen Idee.

1. Konkrete Entwürfe für eine bestimmte Bauaufgabe, gekennzeichnet durch besondere Zweckbestimmung, Angabe lokaler Voraussetzungen und meist durch maßstäbliche Darstellung (Kotierung). Eine systematische Unterteilung ergibt sich aus ihrer Stellung im Prozeß der Vorbereitung und Durchführung des Baus.

a) Vorentwürfe, Skizzen des ganzen Bauwerks oder einzelner Teile. Bedeutsam für die Schaffensweise des Künstlers ist die Frage, ob die Gestaltung von den realen Gegebenheiten ausgeht oder von einem ideellen Thema. Die ersten Entwurfsstadien können sich oft über die lokalen Bedingungen vollkommen hinwegsetzen; erst im weiteren Verlauf wird der Bauplan in den lokalen Rahmen eingefügt (Entwürfe Fr. Borrominis für S. Carlo alle quattro Fontane; Dag. Frey, Wiener Jb. f. Kg. III, 1924/25, S. 1). Andererseits kann die Entwicklung von einer lokal bedingten einfacheren Fassung zu einer Verselbständigung und Differenzierung der Form fortschreiten (Entwürfe B. Neumanns für die Schloßkapelle in Würzburg [26]). Als Indizien für die Bestimmung früher, von der Ausführung stark abweichender Skizzen dienen vor allem lokale Besonderheiten und grundlegende absolute Maße.

Eine besondere Gruppe bilden die seltenen Skizzen von Bauherren, entweder selbständige Entwürfe oder Korrekturen auf A.: Entwurf Augusts des Starken für die Orangerie in Dresden (P. Halm, Der Dresdner Zwinger, Zs. f. bild. K., 65, 1931/32, Abb. S. 3); Entwürfe Friedrichs d. Gr. für Sanssouci (Paul Seidel, Friedrich d. Gr. u. die bild. K., Leipzig 19242, S. 95/96) und für eine Residenz in Berlin (P. O. Rave, Zs. für Denkmalpflege, I, 1926/27, S. 67); zahlreiche Entwürfe Friedrich Wilhelms IV. (A. Geyer, Deutsche Bauztg. V/VI, 1922, Nr. 95 bis 103/04; [6, S. 92 mit Abb.]; G. Poensgen, Die Baugesch. d. Orangerie Friedrich Wilhelms IV. in Sanssouci, Jb. f. Kunst-Wiss. 1925, S. 157).

b) Reinzeichnungen für den Bauherrn oder für einen Wettbewerb (Visierung). Die Abfolge von Skizze und Reinzeichnung kann sich natürlich bei einem Bau mehrfach wiederholen; sie gilt in gleicher Weise wie für den ganzen Bau auch für Bauteile. Varianten werden bei symmetrischen Objekten oft als Halbbilder zu beiden Seiten der Symmetrieachse angeordnet, Abänderung auf angeklebten Klappen angebracht. Bei Entwürfen für Umbauten wird oft das Mauerwerk des bestehenden Baus und der Neuplanierung in verschiedener Farbe angelegt (heute üblich: alles Mauerwerk, das bestehen bleibt, grau; das abgebrochen werden soll, gelb; neues Mauerwerk rot). Hierher gehören auch Pläne von urkundlicher Bedeutung, die Werkverträgen (Gedingen), Baugesuchen, Steuer- oder Quartierbefreiungsgesuchen als integrierender Bestandteil beigegeben werden. Als Kontraktzeichnung aus gotischer Zeit ist durch die Beischrift („dise visyr ist verdingt gen Straubing zu machen“) ein Entwurf eines Sakramentshäuschens im Germ. Nat.-Mus. gekennzeichnet [10, I. Teil, S. 5]; vgl. dazu auch Hans Huth, Künstler u. Werkstatt d. Spätgotik, Augsburg 1923. Wettbewerbsprojekte: für Vierzehnheiligen von G. H. Krohne, J. S. Küchel (1742), M. v. Welsch (1744) und B. Neumann (1742, 1744) im Germ. Nat.-Mus. in Nürnberg und Würzburg, Slg. Eckert (Rich. Teufel, Vierzehnheiligen, Diss. Techn. Hochschule München 1921, Mskr.; ders., Die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, Süddeutsche K.-Bücher, XX, Wien 1923; [16, I. Teil, Abb. 46 u. 47; 2. Teil, Abb. 73 bis 78, 86/87]), für die Würzburger Domfassade von M. v. Welsch (1717/18), J. L. v. Hildebrandt (1731) und J. G. C. Fischer im Luitpoldmus. in Würzburg [16, 1. Teil, Abb. 41 u. 42; 2. Teil, 124], für Ottobeuren von Andreas Maini, J. M. Fischer u. a., Sammelbd. in Ingolstadt (A. Feulner, Zs. f. Gesch. d. Arch. VI, 1913, S. 167, Abb. 7; Münch. Jb. f. bild. K. 8, 1913, S. 46ff.). – Zu der Kategorie der Reinzeichnungen gehören auch die Pläne der Jesuitenkirchen, die dem Ordensgeneral zur Genehmigung vorgelegt werden mußten (Paris, Bibl. Nat., Cab. des Estampes; Jos. Braun, Die belgischen Jesuitenkirchen, Freiburg i. Br. 1907, S. VII). Über Planbeilagen zu Quartierbefreiungsgesuchen vgl. Dag. Frey, J. B. Fischer v. Erlach, Jb. d. kunsthist. Inst. des Bundesdenkmalamtes VI, Wien 1921/22.

c) Werkzeichnung für die Bauausführung, Gesamtpläne, Detailzeichnungen für die Handwerker (Naturdetails), Schablonen für die Bearbeitung der Profile. In spätgotischer Zeit werden nach den Originalplänen auf Pergament für den Gebrauch am Bauplatz Papierkopien hergestellt. Derartige Gebrauchspläne haben sich infolge starker Abnützung begreiflicherweise selten erhalten. Von der Zusammensetzung des Planmaterials einer spätmittelalterlichen Bauhütte gibt der aus der Wiener Bauhütte stammende Bestand gotischer Risse in der Akademie der bildenden Künste in Wien eine gute Vorstellung (Abb. 2 u. 3; [10]). Für die Ausführung wurden größere Objekte am Reißboden in natürlicher Größe aufgerissen (wichtig für die Bestimmung des Steinschnitts); dazu konnte ein Platz vor der Bauhütte, das Paviment der Kirche, Terrassendächer oder bereits ausgeführte Mauerflächen dienen. Solche eingeritzten Werkzeichnungen haben sich auf den Terrassendächern der Seitenschiffe der Kathedrale in Limoges (bis ins 13. Jh. zurückreichend) und Narbonne (Annales archéol. VI 1847), in Clermont (Bull. archéol. III) und in Reims an der Triforiummauer (13. Jh.; Bull. Mon., 1925, S. 121f.) erhalten. Ein besonders interessantes Beispiel ist der Aufriß eines Westturms auf der Plattform der Vorhalle des Doms von Traù (C. M. Iveković, Bau- u. K.Denkmäler in Dalmatien, III, 1927, Abb. 9).

2. Idealentwürfe, die nicht für eine besondere Bauausführung bestimmt sind. Gekennzeichnet sind sie dadurch, daß ihnen keine bestimmten lokalen Gegebenheiten zugrunde liegen. Allerdings ist zu beachten, daß z. B. auch bei Schulzeichnungen, die dieser Kategorie zuzuzählen sind, konkrete Verhältnisse dem Programm zugrunde gelegt werden können.

a) Schulzeichnungen, Übungsentwürfe in der Werkstatt, Übungs- und Preisaufgaben von Bauakademien, Meisterzeichnungen. Zeichnungen als Meisterstücke werden in den mittelalterlichen Hüttenordnungen nicht erwähnt. Die Bestimmung eines Entwurfs für ein Sakramentshäuschen in Wien (Akad. d. bild. K.) durch H. Egger als „Probearbeit eines Steinmetzen“ ([2, Taf. 5]; dazu [10, 1. Teil, S. 5]) ist durch nichts bewiesen.

b) Theoretische Studien, Musterentwürfe, Idealprojekte. Soweit sie Lösungsversuche einzelner architektonischer Grundprobleme bezwecken, stehen sie den architekturtheoretischen Werken nahe oder dienen diesen zur Illustrierung (vgl. Architekturtheorie). Dabei kann entweder die praktische Anleitung für den Werkstattbetrieb, wie bei den mittelalterlichen Skizzenbüchern und „Unterweisungen“, oder die systematisch-theoretische Einstellung, wie bei den „Säulenbüchern“ und Perspektivwerken der Renaissance und des Barock, für die Durchführung bestimmend sein. Über die mittelalterlichen Schriften siehe J. v. Schlosser, Materialien zur Quellenkunde der Kg., H. 1, 1914, S. 29f. Ein bisher unveröffentlichtes architektonisches Musterbuch der Spätgotik in der Nat.-Bibl. in Wien hat K. Rathe besprochen (Festschrift der Nat.-Bibl. in Wien, Wien 1926); es ist zu beachten wegen der eigenartigen Ausschneidetechnik, in der Netzgewölbe und Maßwerke dargestellt sind. (Ähnlich ein ebenfalls unveröffentlichtes Musterbuch, 16. Jh., im Städelschen Kunstinstitut.) Als Vorlagen wohl mehr für den Goldschmied oder Schreiner als für den Steinmetz sind die seltenen spätgotischen Architekturstiche aufzufassen; man kennt etwas über 20 Blätter (Peter Jessen, Der Ornamentstich, Berlin 1920, S. 10; M. Lehrs, Wenzel von Olmütz, Dresden 1889; K. Rathe, a. a. O.). Mit den theoretischen Werken verbinden sich die Vorlagewerke, wie J. Furttenbach d. Ä., Archit. civilis, 1628-41, Archit. recreationis, 1640; Nikol. Goldmann, Civil-Baukunst, posth. 1695; Chr. Leonh. Sturm, Entwürfe für protestantische Kirchen, 1712, 1718. Bis zu welcher Übersteigerung der Abmessungen und der Ausdehnung solche Idealprojekte getrieben werden können, bekundet ebenso Paul Deckers Fürstlicher Baumeister (1711, 1713) wie etwa Schinkels Projekt einer Kirche der Residenz (Aug. Grisebach, Carl Friedrich Schinkel, Leipzig 1924, Abb. 105). Seltsame architektonische Spielereien zeigen die Versuche, der Planung die Formen von Buchstaben, Gegenständen, Wappentieren zugrunde zu legen, wie in den Entwürfen für den Namen „Louis le Grand“ von Gobert in der Münch. Staatsbibl., dem architektonischen Alphabet von Joh. David Steingruber (Sp. 410, Abb. 8), dem Entwurf für ein Jesuitenkolleg in der Form I H S von Anton Glonner (Abb. 6; [6, S. 60f.]), wie dem Skizzenbuch von Joseph Walch von E. 17. Jh. im Bayr. Nat.-Mus. zu München, in dem die Form eines Herzogsstabs oder eines Herzes als Grundriß verwendet wird (Walter Boll, Münch. Jb. f. bild. K., N. F. II, 1925, S. 250). Daß solche Grundrisse nicht wirklichkeitsferne sein müssen, beweisen Beispiele wie das Schloß Stern bei Prag, der Grundriß von S. Ivo della Sapienza in Rom in Form einer heraldischen Biene (Wappentier Urbans VIII.) oder die Kleeblatt- oder Dreieckform für Dreifaltigkeitskirchen (Kappel, Stadl-Paura). Selbst Gobert denkt an die Ausführungsmöglichkeit, wie die Bemerkung zu dem Entwurf über dem A beweist: „wenn man zufällig einen Platz in einem Winkel für eine Kapelle findet, könnte man sich dieser Zeichnungen bedienen.“ Die entwicklungsgeschichtliche Bedeutung solcher Entwürfe liegt in der Anregung der Phantasie und der freien Entfaltung der Gestaltungsfähigkeit.

Zwischen konkreten und idealen Entwürfen sind die Übergänge überhaupt fließend. Eine bestimmte Bauaufgabe kann den Anlaß zu Entwürfen geben, die sich so sehr von der Realisierungsmöglichkeit entfernen, daß sie als Idealentwürfe anzusprechen sind (eintürmiges Projekt für den Regensburger Dom, H. R. Rosemann, Münch. Jb. f. bild. K., N. F. I. 1924, S. 232f.; Entwürfe B. Peruzzis für den Dom in Siena, Dag. Frey, Bramantes St.-Peter-Entwurf, Wien 1915, S. 36f.).

c) Architekturphantasien, bei denen Architekturen nur als Bildmotive verwendet werden. Die Absicht, das Bauwerk eindeutig festzulegen, wie es für die Realisierung nötig wäre, tritt damit zurück (z. B. Schinkel, Abend 1811, Mittelalterliche Stadt am Wasser 1813; A. Grisebach, a. a. O., Abb. 10 u. 20). Die Darstellung der Umgebung, Stimmungswerte der Beleuchtung, der Jahres- oder Tageszeit gewinnen Bedeutung. Trotzdem sind die Übergänge zum realisierbaren Idealentwurf fließend. Wenn z. B. Fr. Cuvilliés d. Ä. bei einem Entwurf einer Fontaine de quatres parties du monde [6, Abb. 89] darstellt, wie die Mauern durch einen Blitzschlag bersten, handelt es sich nur um einen malerischen Kunstgriff, einen Einblick in das Innere zu bieten; der Entwurf ist durchaus als ausführbar gedacht. Enge Beziehungen bestehen zwischen Architekturtheorie und -szenographie. Es wäre jedoch falsch, alle derartigen Architekturphantasien als Theaterdekorationen zu bezeichnen; vielfach erscheint dies schon des Formats und der Abmessungen wegen unmöglich (vgl. Piranesi, dessen Einfluß auf die deutsche A. zu beachten ist). Vgl. auch Architekturbild, Sp. 905ff.

III. Aufnahme

Aufnahme, zeichnerische, im engeren Sinn planmäßige Darstellung ausgeführter Architekturwerke.

1. Aufnahmen zu praktischen Zwecken für einen Um- oder Neubau oder für Verwaltungszwecke. Bei Umbauten verbindet sich Aufnahme mit Entwurf (s. oben Sp. 995).

2. Aufnahmen zu künstlerischen Studienzwecken. Hierher gehören vor allem die Reiseskizzenbücher von Architekten. Schon das Livre de portraiture des Villard de Honnecourt aus M. 13. Jh. zeigt diesen Charakter (Abb. 1); besonders bezeichnend hierfür ist die Skizze eines Pavimentmusters mit dem Vermerk: „J’estoie une fois en Hongrie ... la vi jo le pavement d’une glize de si faite maniere“. Reiseskizzen wurden in späterer Zeit auch für Veröffentlichungen verwertet wie in H. Schickhardts „Beschreibung einer Reiss in Italiam“. Reiseskizzenbücher von Schinkel in Berlin, Schinkelmus. (vgl. Abb. 7 u. P. O. Rave, Zs. f. Kg., I, 1932, S. 125; Reiseskizzenbücher des Schweizer Architekten Georg Müller in Wien, Akad. d. bild. K.).

Den Reiseskizzen der Architekten nahestehend sind die Zeichnungen nach Bauwerken von Malern. Sind sie auch meist mehr auf Bildwirkung eingestellt, so kommt ihnen doch mitunter auch baugeschichtliche Bedeutung zu, vor allem zur Rekonstruktion abgebrochener oder stark veränderter Bauwerke; z. B. zwei Zeichnungen A. Dürers der Innsbrucker Hofburg in der Albertina (Moritz Dreger in Jb. d. pr. K.slg. 55, 1934, S. 9ff.); Zeichnungen von Saenredam der Utrechter Marienkirche (Ernst Gall in Jb. f. Kw. 1923, S. 34ff.).

Aufnahmen bedeutender Bauwerke wurden als Vorlage für den Werkstattbetrieb vielfach kopiert und gesammelt. Sammelband wahrscheinlich aus dem Besitz von Leonhard Dientzenhofer mit Grundrissen nach fremden und eigenen Entwürfen im Bayr. Nat.-Mus. (Otto Albert Weigmann, Eine Bamberger Baumeisterfamilie, St. z. d. Kg. 34, Straßburg 1901; Max Hauttmann, Gesch. d. kirchl. Bau-K. in Bayern, Schwaben und Franken 1550 bis 1780, München, Berlin, Leipzig 1921, S. 143 u. Abb. S. 164). W. W. Praemer bringt in seinem handschriftlichen Architekturwerk (Wien, Nat.-Bibl.) neben Wiener Palastbauten auch die Residenz in München, das kgl. Schloß in Madrid und den Eskorial als berühmte Vorbilder, die gerade dem Wiener Hof nahestehen mußten (H. Tietze, Jb. Kaiserhaus 32, 1915, S. 343ff.). Einzelstiche und Stichwerke dienten dabei der Verbreitung und Vermittlung.

3. Aufnahmen aus gegenständlichem Interesse, vom archäologischen, topographischen oder hagiographischen Gesichtspunkt. Dabei können natürlich vielfach auch künstlerische Interessen mitspielen. Älteste Beispiele: skizzenhafte Aufnahme der Grabeskirche in Jerusalem durch Bischof Arculf, in Adamnanus, de locis sanctis, E. 7. Jh., hrsg. im Corpus ser. eccles. lat. 38, 219; Aufnahme eines Grabmals (sepouture d’un sarrazin) im Skizzenbuch des Villard de Honnecourt, M. 13. Jh. (s. unter Geschichte). Kataloge von zeichnerischen Aufnahmen antiker Baudenkmäler Italiens: A. Bartoli, I monumenti antichi di Roma nei disegni degli Uffizi di Firenze, 1914f.; H. Egger, Krit. Verzeichnis d. Slg. archit. Handz. d. Hofbibl., Wien 1903, 1. Teil, Aufnahmen antiker Baudenkmäler. Von archäologischen Aufnahmen mittelalterlicher Denkmäler ist vor allem die ausgedehnte Sammeltätigkeit von Bernard de Montfaucon (1655-1741) für seine „Monuments de la monarchie françoise“ zu nennen (das handschriftl. Material in der Bibl. Nat. in Paris; E. de Broglie, B. d. M. et les Bernardins, 1891; A. Rostand im Bull. Mon. 1924, S. 172 mit Abb.). Oft gab der Abbruch oder ein Neubau den Anlaß, den alten Bestand aus historischen Gründen in einer Aufnahme festzuhalten. Ein besonders interessanter Fall sind die Sepiablätter, die der dänische Maler Jeß Bundsen in den Jahren 1804 bis 1806 während des Abbruchs des Hamburger Doms allmonatlich anfertigte (F. Stöter, Die ehem. St. Marienkirche oder der Dom zu Hamburg, Hamburg 1879). Vgl. auch Architekturmodell Sp. 932.

Mit den Aufnahmen vor allem antiker Denkmäler hängen die Rekonstruktionsversuche zusammen, die in der Zeit der Renaissance und des Barock vielfach in Idealentwürfe übergehen (Joh. Bernh. Fischer v. Erlach, Entwurf einer histor. Archit., Mskr., Wien. Nat.-Bibl., Stichwerk 1721, 1725, Buch I–III). Vielfach wird mit Absicht die Grenze zwischen Aufnahme und reiner Erfindung in antikem Geist verwischt, wie bei Montano (Scielta de varii tempietti antichi, Raccolta de tempii e sepolcri disegnati dall’antico) oder bei Montfaucon (Antiquitas explanatione et schematibus illustrata 1719-57).

Eine eigenartige Verbindung antiquarischer Interessen mit szenographischer Darstellung zeigen die Sammelveduten, auf denen Aufnahmen oder Rekonstruktionen verschiedener, meist antiker Denkmäler malerisch zusammengestellt erscheinen; sie sind vielfach als Theaterdekorationen gedacht, können aber auch selbständige Bildbedeutungen besitzen.

4. Darstellung ausgeführter Werke zu propagandistischen Zwecken. Sie dienen zumeist als Vorlagen für Stichwerke, die entweder die Werke eines Architekten oder eines Bauherrn bekanntmachen und damit dessen Ruhm verkünden sollen. Sie gewinnen E. 17. Jh. und im 18. Jh. große Bedeutung. Da sie sich an weitere Kreise wenden, wird die perspektivische Darstellungsweise bevorzugt. Wichtigste Stichwerke: G. Riedinger, Schloß Aschaffenburg 1616; S. de Lans, Heidelberger Schloß, 1618; Nic. Person, Schloß Gaibach, 1697; Guernieri, Wilhelmshöhe, 1706; J. Fr. Nette, Ludwigsburg, 1712; M. Diesel, Bayrische Königsschlösser, 1717-22; J. B. Fischer v. Erlach, Entw. einer histor. Archit., IV, 1721, 1725; D. G. Frisoni, Ludwigsburg, 1726; S. Kleiner, Schönborn-Schlösser, 1724 bis 1727; ders., Belvedere in Wien, 1731-40; D. Pöppelmann, Dresdner Zwinger, 1729; J. B. Broebes, Preuß. Königsschlösser, 1733.

5. Topographische Aufnahmen (Veduten). Die ältesten topographischen Bild-Slg. treten E. 15. Jh., wenig später als die ältesten Stadtporträts auf Tafelbildern, auf (Breidenbach, Reisewerk, 1486; Schedel, Weltchronik 1493, 1494). Auch hier bringt die 2. H. 17. Jh. und die 1. H. 18. Jh. eine Hochblüte: Braun und Hogenberg, Städtebuch, 1572-1618, z. T. nach Zeichnungen von G. Hoefnagel, Orig.-Zeichn. in Wien, Nat.-Bibl.; Matth. Merian d. Ä. 16 Bände Topographien, 1642-88, Orig.-Zeichn. in Berlin, Kupferstichkab.; G. M. Vischer, Nieder- u. Oberösterr., 1672; M. Wening, Bayern, 1721; Sal. Kleiner, Wien 1724-37, Augsburg, 1732, Frankfurt a. M., 1744, Orig.-Zeichn. in Wien, Nat.-Bibl.; F. B. Werner, Schlesien 1752, Orig.-Zeichn. in Breslau, Stadtbibl.

Die barocke Architekturvedute hat mit der A. im engeren Sinn in der Darstellungsweise die Grundtendenz gemein, nicht ein reales Bild des Bauwerks in seiner Umgebung zu geben, sondern eine fiktive Ansicht von einem ideellen Standpunkt, durch die das architektonische Objekt möglichst vollständig und klar zur Anschauung gebracht wird. Zu diesem Zweck wird stets ein hoher Standpunkt gewählt, womit sie ihre enge Verwandtschaft mit der Vogelperspektive bekundet. Objekte, die der Ansicht im Wege stünden, werden auf dem Bilde entfernt oder willkürlich verschoben; vor allem werden zumeist die Straßen viel breiter dargestellt, um einen günstigen Sehwinkel zu erhalten. Die Entwicklung des Architekturbilds von einer gegenständlichen zu einer subjektiv-malerischen Darstellung läßt sich vor allem in der niederländischen Malerei aufzeigen (Hans Jantzen, Das niederländ. Architekturbild, Leipzig 1910). Zu dem Verhältnis zwischen Vedute und dargestelltem Bauwerk vgl. die interessante Gegenüberstellung von Veduten des 18. Jh. mit photographischen Aufnahmen bei Henri Focillon, G. B. Piranesi, 1918, S. 222f., Taf. XIX, XX.

IV. Geschichte

1. Mittelalter. Der älteste erhaltene Bauriß ist der Klosterplan von St. Gallen, wahrscheinlich von Abt Heito von der Reichenau bald nach dem Konzil von Inden (816) als Idealplan eines Benediktinerklosters für Abt Gozbert von St. Gallen angefertigt (hrsg. von Fr. Keller, Bauriß des Klosters St. Gallen vom Jahre 820, Zürich 1844; Josef Hecht, Der roman. Kirchenbau des Bodenseegebiets, Basel 1928). Der Plan ist ein schematisch gezeichneter, maßstäblich aufgetragener Grundriß, bei dem die Mauern mit einfachen Strichen, die Arkaden der Höfe durch Umklappen der Bogen, ähnlich wie auf ägyptischen Plänen, dargestellt sind. Die vereinzelten, typisierend-abbreviierten Darstellungen bestimmter Baulichkeiten in Handschriften oder auf kunstgewerblichen Gegenständen des hohen Mittelalters können nicht als Bauzeichnungen angesprochen werden (z. B. Zeichnung des Mönches Eadwin vom Kloster Canterbury um 1150; Transactions of the Royal Inst. of British Archit. 1887; Ansicht des Kölner Doms im Hillinuskodex und am Heribertschrein; abgeb. bei Fritz Witte, Der goldene Schrein, Köln 1928). Die ältesten erhaltenen gotischen Risse dürften die von Didron publizierten Palimpseste einer Reimser Handschrift mit der orthogonalen Darstellung einer Kathedralfassade sein, die sicher vor 1270, wahrscheinlich ins 2. V. 13. Jh. zu datieren sind (Annales archéol., V, 1846). Zeitlich nahe steht diesen das berühmte Skizzenbuch des Villard de Honnecourt in der Bibl. Nat. in Paris (zum erstenmal hrsg. von M. Lassus und A. Darcel, 1858, Facs.-Ausg. der Bibl. Nat., 1927; Hans R. Hahnloser, Villard de Honnecourt, Wien 1935). Es bringt neben Grundrissen von Cambrai, Meaux und Notre-Dame de Vancelles vor allem Ansichten von Laon (Abb. 1) und Reims. Die Darstellungsweise ist eine Mischung von parallel-perspektivischer und orthogonaler Projektion. (Es ist lehrreich, die Ansicht des Turms von Laon bei Villard mit einer modernen perspektivischen Darstellung bei K. Staatsmann [1] S. 104/05 zu vergleichen.) Im einzelnen zeigen sich schon hier in der Hüttentradition begründete, feststehende Gepflogenheiten: die nach vorne vorspringenden Profile werden seitlich umgelegt (Wasserschlag der Strebepfeiler; vgl. Straßburger Riß A), die Verschneidungen zweier Formen nur angedeutet, nicht ausgezeichnet (erhält sich bis in die Spätgotik), bei Innenansichten werden die Rippen kurz über dem Gewölbefuß abgeschnitten und die Gewölbe nicht dargestellt. Die Darstellungsweise der spätgotischen Pläne ist die der orthogonalen Projektion in Grundriß und Aufriß. Im Grundriß werden zumeist mehrere Schichten oder Stockwerke ineinander gezeichnet (Grundrißentwicklung eines Strebepfeilers). Im Aufriß sind im wesentlichen die folgenden Abweichungen zu beachten: 1. Schrägseiten z. B. eines Oktogons werden zwar in der entsprechenden Verkürzung dargestellt, die an ihnen befindlichen Architekturformen aber, z. B. eines Maßwerkfensters, werden unverkürzt in voller Aufsicht dargestellt, und erscheinen, um sie in dem schmäleren Felde unterbringen zu können, von der vorderen Oktogonseite überdeckt. Ebenso wird das Maßwerk der geneigten Flächen der Helmpyramide unverkürzt dargestellt; bestimmend ist dabei immer die Tendenz, auch verkürzte Formen durch Zirkelschläge konstruieren zu können. Erst E. 15. Jh. wird vereinzelt ein Kreis in Verkürzung dargestellt, aber nicht als Ellipse, sondern linsenförmig mit 2 Zirkelschlägen [z. B. 10, 2. Teil, Taf. XVIII]. 2. Zur Klärung des Fassadengrundrisses werden fallweise, wo dies eben nötig erscheint, schräg von oben gesehene Grundrisse in den orthogonalen Aufriß eingezeichnet. Ein Abschattieren durch Schraffen oder kleine Häkchen, wie bei den Kupferstichinkunabeln, tritt wohl kaum vor der Wende 15./16. Jh. auf. (Entwurf für den Ulmer Münsterturm von Syrlin d. J. (?) ganz durchschattiert in einer kupferstichartigen Federtechnik.) Mitunter finden sich in den Grundrissen komplizierter Gewölbesysteme sog.Steinmetzzeichen eingetragen (Gewölbesystem über der Westempore und Visierung des Vorbaus des Singertors von St. Stephan in Wien, H. Tietze, Inv. Österreich 23, Abb. 2 u. 6; dazu [10, I. Teil, S. 17]). Die bisherige Deutung als Vermerkung der an der Arbeit beteiligten Gesellen (Frz. Rziha, Studien über Steinmetzzeichen, Wien 1883, S. 28; so auch H. Tietze) ist unwahrscheinlich. Nach den neuesten Untersuchungen von H. Deneux an der Kathedrale von Reims (Bull. Mon. 1925, S. 99) dürfte es sich um Vermerke für das richtige Zusammenfügen der Werkstücke (Versatzzeichen) handeln. Dafür spricht auch die Anbringung der Zeichen in den Schnittstellen der Rippen.

In Frankreich scheinen sich nicht viele mittelalterliche Originalrisse erhalten zu haben (Renier Chalon veröffentlichte einen großen Plan für den Turm von Sainte-Waudru; Didron erwähnt Detailpläne für Auxerre, Montpellier und Bourges, Annales Archéol. V, 1846 p. 92; flamboyanter Entwurf für die Fassade der Kathedrale von Clermont-Ferrand, Congrès Archéol. 1895, p. 53; großes flamboyantes Fassadenprojekt für St. Peter zu Löwen im dortigen Städt. Mus.). In Deutschland sind die ältesten gotischen Baupläne die Risse A u. B für die Straßburger Westfassade (Straßburg, Frauenhaus), von denen der ältere Riß A vielleicht vom jüngeren Meister Rudolf, der Riß B wahrscheinlich von Meister Erwin (von Steinbach) aus der Zeit vor dem Brand 1298 stammt.

Wichtigste gotische Risse in Deutschland:

Eßlingen, Frauenkirche, Entwurf zum Turm von Hans Böblinger (München, Bayr. Nat.-Mus., Hans Klaiber, Münch. Jb. f. bild. K. 5, 1910, S. 164); Spitalkirche, Riß von Hans Böblinger d. J. (Wien, Ak. d. bild. K., H. Egger [2 Taf. 6]).

Frankfurt a. M., Entwürfe für den Domturm von Madern Gertener 1415 (Abb. 4), Hans von Ingelheim 1433, Jacob von Ettlingen 1499 (Frankfurt a. M., Hist. Mus., G. Schoenberger, Schriften des Hist. Mus. 3, 1927, S. 152ff.; Carl Horst, Die Architektur d. dt. Renaissance, Berlin o. J., Abb. 19).

Freiburg i. Br., Entwürfe für den Münsterturm (Nürnberg, Germ Nat.-Mus., W. Noack, Oberrhein. K. 2, 1926/27, S. 1ff. u. Taf. 1-3; s. a. Herbert Fritz, Oberrhein. K. 4, 1929/30, S. 9ff.; Wien, Ak. d. bild. K. [2 Taf. 2; 10, II. T. Abb. 177, 178]); Turmriß von 1507 (Berlin, Kk., A. Kempf, Oberrhein. K. 6, 1934, S. 9ff.).

Köln, Entwürfe für die Westfassade und die Türme (Köln, Georg Moller, Bemerkungen über die neuaufgefundenen Originalzeichnungen des Domes zu Köln, Darmstadt 1837; Wien, Ak. d. bild. K. [10, II. T. Abb. 183]).

Konstanz, Turmplan von Hans Böblinger „zuo Konstentz gerissen“ 1435, unbekannt für welchen Bau (Ulm, Stadtbibl.; aus dem gleichen Jahr ornamentale Entwürfe Böblingers, München, Bayr. Nat.-Mus.).

Kuttenberg, Barbarakirche, Grundriß (Wien, Ak. d. bild. K. [10, II. T. Abb. 173]).

Passau, Domchor (Wien, Ak. d. bild. K. [10, II. T. Taf. 18]).

Prag, Dom (Wien, Ak. d. bild. K. [10, II. T. Abb. 172, 174, 175, 176]).

Regensburg, Dom, Entwürfe für die Westfassade (Regensburg, Domschatz; München, Techn. Hochschule, wahrscheinlich von Hans von Baden, H. R. Rosemann, Münch. Jb. f. bild. K. N. F. 1, 1924; K. Zahn, ebd. N. F. 6, 1929; Wien, Ak. d. bild. K. [2 Taf. 3]).

Straßburg, Münster, Entwürfe für die Westfassade und Turm (Straßburg, Frauenhaus, Straßburger Münsterblatt 6, 1912; Karl Stehlin, Bull. de la Soc. des amis de la Cath. de Strasbourg, 2. Sér. Nr. 3, 1935, p. 15 ff•; Otto Kletzl, Meister Erwin von Steinbach ..., Forschungen und Fortschritte 11, 1935, S. 67ff.; Ders., Die Junker von Prag in Straßburg, Schriften des Elsaß-Lothringen-Instituts N. F. 15, Frankfurt a. M. 1936; Bern, Stadtbauamt, Riß von Matthäus von Ensingen, Frdr. Carstanjen, Ulrich von Ensingen, München 1893; Wien, Stadt-Archiv, Ak. d. bild. K. [10, II. T. Taf. 17, Abb. 185 bis 187]; Nürnberg, Germ. Nat.-Mus., Kopie des 17. Jh. eines gotischen Risses der unteren Hälfte der Westfassade).

Ulm, Münster, Westfassade und Turm (Ulm, Stadtbibl., Turmentwurf von Ulrich von Ensingen, Carstanjen a. a. O.; London, Victoria-and-Albert-Mus., Turmentwurf von Matthäus von Ensingen, H. Klaiber, Rep. f. Kw. 32, 471; Zs. f. Gesch. d. Arch., Beiheft 4, 1911); Stuttgart, Slg. vaterländ. Altertümer, Turmentwurf, wahrscheinlich vom jüngeren Syrlin (Inv. Württemberg, Textbd. zum Donaukreis, Taf. 1; H. Klaiber, Rep. f. Kw. 32); Ulm, Neithard-Kapelle, Turmentwurf von Matthäus Böblinger 1494 (Rud. Pfleiderer, Das Ulmer Münsterbuch, Ulm 1907); kleinere Münsterrisse im Ulmer Stadtmus.; Wien, Ak. d. bild. K. [10, II. T. Abb. 184]; Ölberg, Riß von Matthäus Böblinger 1474 (Ulm, Beyer und Pressel, Ulmer Münsterbl. H. 6, 1889).

Wien, Stephansdom und Bauten der Wiener Bauhütte (Wien, Ak. d. bild. K., Abb. 2 u. 3; Städt. Slg.; Brünn, Landesmus. [10], H. Tietze, Inv. Österreich 23, 1931 [2 Taf. 1-4]).

Unbestimmt: Nürnberg, Germ. Nat.-Mus., Turmaufriß, um 1480.

2. Neuzeit. Die Erfindung der Zentralperspektive und die Entwicklung der Geometrie in Italien bringt einerseits eine theoretische Fundierung der projektiven Darstellung, andererseits eine Bereicherung der Darstellungsarten durch zentral- und parallelperspektivische Ansichten. Trotzdem erhält sich aus der gotischen Tradition die Tendenz, im Aufriß selbst durch Abweichungen von der strengen Orthogonalprojektion das Fassadenrelief zum Ausdruck zu bringen (Andeutung des Fassadengrundrisses an der Bodenlinie, Schrägansicht einzelner Bauglieder). Für den nordischen Frühbarock charakteristisch ist eine eigenartige Helldunkelbehandlung, indem die vortretenden Bauglieder (Pilaster, Gesimse, Fensterrahmen) weiß beladen wurden, die Mauer dunkel schraffiert wird und die Fensterlöcher ganz schwarz angelegt werden; Furttenbach, Archit. civilis 1628–41, Archit. recreationis 1640 (Sp. 971, Abb. 4ff.); P. P. Rubens, Palazzi di Genova 1622, tav. 72f.; Hochhaus von Perret, Deutsche Bauzeitung, Berlin Nr. 46, 1901, S. 289; Abb. auch bei Ponten [6]. Es ergibt sich dadurch eine sgrafittoartige Wirkung, die für die flächenhafte Auffassung der Zeit, die das Fassadenrelief gewissermaßen nur in 2 Tonwerten sieht, bezeichnend ist (vgl. auch die gleichzeitigen architektonischen Fassadenmalereien Grau in Grau, z. B. Münchner Residenz ca. 1614). Daneben wird eine sehr zurückhaltende Schattierung in das Aufrißbild eingeführt, bei dem aber die Schlagschatten ohne geschlossene Kontur unbestimmt verlaufen. Eine strenge Schattenkonstruktion unter 45°, die an der Schattenbreite maßstäblich die Ausladung abzulesen gestattet, wie sie noch heute üblich ist, scheint erst in der 1. H. 18. Jh. in Deutschland Verbreitung zu finden und aus Frankreich übernommen zu sein (vgl. Daviler, Cours d’ Archit., 1691; Fr. Blondel, La distribution des maisons de plaisance, 1737; G. Boffrand, Œuvres d’ Archit., 1753), ebenso wie der Grundriß mit Schlagschatten (vgl. Plan des Parks zu Versailles von Le Pautre).

Die perspektivische Darstellung wird im Bauatelier für die Darstellung weitläufiger Anlagen als Vogelperspektive, für Innenräume als Weitwinkelaufnahme mit hohem Horizont verwandt. Das Schaubild mit dem Horizont in der Aughöhe des normalen Betrachters wird im 18. Jh. häufiger verwendet (I. B. Fischer v. Erlach, Fr. Ign. Neumann, dann bei H. Gentz, Fr. Gilly). Die älteste bekannte Vogelperspektive ist der perspektivische Schnitt eines Entwurfs für die Peterskirche in Rom von B. Peruzzi (Florenz, Uff., Heinr. v. Geymüller, Les projets primitifs pour la basilique de St. Pierre de Rome; deutscher u. franz. Text, Wien 1875, Taf. 21). Für die Ausbildung der Vogelperspektive im barocken Sinn sind die Stichwerke von Jacques Androuet Du Cerceau d. Ä. von entscheidender Bedeutung. Von ihm übernimmt Furttenbach diese Darstellungsweise und führt sie in Deutschland ein (Sp. 971, Abb. 4). Du Cerceau entwickelt alle Darstellungstypen vom strengen Grundriß über die kartographische Darstellung (Grundriß mit perspektivischer Darstellung der Einzelobjekte) und die parallelperspektivische Übersicht bis zur einheitlich konstuierten zentralperspektivischen Vogelschau. Dabei bleibt für diese Entwicklungsphase doch bezeichnend, daß der Charakter der Planzeichnung nie aufgegeben wird (das Zeichenblatt wird nicht gefüllt, die Darstellung bleibt ohne Hintergrund; vgl. bei Du Cerceau die Ansichten von Blois oder Gaillon, ebenso bei Prämer, H. Tietze [10, Abb. 6, 21, 23, 36]; noch auf M. Albertis Entw. für eine kurpfälzische Residenz, 1696; K. Lohmeyer [16, I. T., Abb. 9]). Eine zweite Phase, die bereits zu einer bildmäßig geschlossenen, vedutenartigen Darstellung übergeht, kennzeichnet Israel Silvestre (1621-91), der unter dem Einfluß Callots und della Bellas steht. M. Diesel, Joh. Delsenbach, J. B. Broebes, Sal. Kleiner verbreiten diesen Stil in Deutschland.

E. 18. Jh. machen sich in der Architekturperspektive starke Einflüsse der gleichzeitigen Szenographie (Piranesi) geltend, indem die Schaubilder auf monumentale Silhouetten wirkung und Helldunkelkontraste angelegt werden (Fr. Ign. Neumann, Dom von Speier; K. Lohmeyer [16, 2. T., Abb. 142]; Langhans, Das Brandenburger Tor, Aquat. v. D. Berger nach Lütke jun., ca. 1798, mit ruinenartig gruppierten Werkstücken im Vordergrund; Hermann Schmitz, Berliner Baumeister vom Ausgang d. 18. Jh., Berlin 19252, S. 160; Weinbrenner, Entwurf für eine Fürstengruft, ca. 1792, mit Fackelbeleuchtung; Arthur Valdenaire, Friedrich Weinbrenner, Karlsruhe 19262, Abb. 17). Der spätere Klassizismus entwickelt dagegen eine streng sachliche Linienzeichnung ohne Schattierung, die die reine Form zur Anschauung bringt (Schinkel, Slg. archit. Entwürfe, 1820-40), ähnlich wie sie in der gleichzeitigen figuralen Graphik, z. B. bei John Flaxmann oder P. Cornelius, zu finden ist.

Zu den Abbildungen

1. Villard de Honnecourt, Aufriß des einen Westturms der Kathedrale von Laon, um 1240. Paris, Bibl. Nat. ms. fr. 19093. Nach Henri Omont, Album de Villard de Honnecourt, Paris o. J.

2. Wien, Akademie Nr. 17046, Langhausstrebepfeiler von St. Stephan, Federzeichnung aus der Bauhütte, 15. Jh. Nach Inv. Österreich 23 S. 25.

3. Wien, Akademie, Pergamentplan: Rathausturm (Detail), 15. Jh. Nach Jb. d. kunsthistorischen Sammlungen N. F. 4, 1930, Abb. 19.

4. Madern Gertener, Aufriß zum Westturm des Frankfurter Doms (Riß B), 1415. Frankfurt a. M., Histor. Mus. Phot. Mus.

5. Balthasar Neumann, Schnitt durch die Würzburger Hofkapelle, 1732. Phot. Staatl. Kunstbibliothek, Berlin.

6. Anton Glonner, Entwurf für ein Jesuitenkollegium, 1774. Nach Josef Ponten, Architektur, die nicht gebaut wurde, Stuttgart 1925.

7. C. F. Schinkel, Dom zu Goslar, Skizzenbuch E (Inv. Nr. 1 des Schinkel-Mus. Berlin) Bl. 20, 1816. Phot. Schinkel-Mus.

Literatur

I. Allgemein: 1. Karl Staatsmann, Das Aufnehmen von Architekturen, 2. Teil, Gesch. des Aufnehmens von Architekturen, Leipzig 1910. 2. Hermann Egger, Architekt. Handzeichnungen alter Meister, Wien 1910. 3. Dag. Frey, A. der Kupferstich-Slg. der österr. Nat.-Bibl., Wien (1921). 4. Ders., Die A. im Belvedere, Belvedere, Heft 32/33, 1925, S. 77. 5. A., ausgewählt von H. Th. Bossert, Jubiläumsschrift des Verlags E. Wasmuth, Berlin 1922. 6. Jos. Ponten, Architektur, die nicht gebaut wurde, I u. II, Stuttgart 1925. 7. Martin S. Briggs, The Architect in history, 1927. 8. Carl Linfert, Die Grundlagen der A., Kunstwiss. Forschungen I, Berlin 1931, S. 133ff.

II. Mittelalter: 9. Max Hasak, Der Kirchenbau, Hdb. d. Architektur, 2. Teil, Bd. IV, H. 3, Stuttgart 1902, 6. Kap. 10. Hans Tietze, Aus der Bauhütte von St. Stephan, Jb. d. kunsthist. Slg. in Wien, N. F. IV, 1930; V, 1931. 11. Walter Überwasser, Von Maß und Macht der alten K., Straßburg 1933 (Wien, St. Stephan; Lettner im Frankfurter Dom). 12. Walter Thomae, Das Proportionenwesen i. d. Gesch. d. got. Baukunst und die Frage der Triangulation, Heidelberg 1933. 13. Helen Rosenau, Design and medieval Architecture, London 1934. – Publikationen einzelner mittelalterl. Baurisse s. oben.

III. Neuzeit: 14. A. Horn, Hans Wagner und sein Königsberger Musterbuch, Prussia Bd. 31, 1935. 15. Adolf Feulner, Hans Krumpers Nachlaß, Münch. Jb. 12, 1921/22, S. 61ff. 16. Karl Lohmeyer, Die Baumeister des rheinisch-fränkischen Barock, Wiener Jb. f. Kg. 5, 1928, S. 161ff.; 6, 1929, S. 107ff.; auch als Sonderdruck Augsburg 1931 (bringt ausschließlich Zeichnungen und Stiche). 17. Salomon Kleiner, Schönbornschlösser, Die Stichwerke Salomon Kleiners, hrsg. von Karl Lohmeyer, Heidelberg 1927. 18. Neuerworbene Baumeister- und Handwerkerzeichnungen (Bamberger Barock 2. H. 18. Jh.), Die Weltkunst 9, 1935, Nr. 49 S. 4. 19. Helmuth Th. Bossert, Phantastische A. und Piranesi, Wasmuths Monatsh. f. Bau-K. 5, 1920, S. 28ff.

Andreas Schlüter und de Bodt: 20. Heinz Ladendorf, Andreas Schlüter, Berlin 1935. – Joh. Bernh. Fischer von Erlach: 21. Julius Leisching, Handzeichn. d. älteren Fischer von Erlach, Jb. f. Kw. 1, 1923, S. 263ff. 22. Hans Sedlmayr, Zum Oeuvre J. B. Fischers von Erlach, Belvedere 11, 1932, S. 89ff. u. 135ff.; ders., Entwürfe Fischers von Erlach für ein Lustschloß Friedrichs I. von Preußen, Jb. d. pr. K.slg. 53, 1932, S. 57 ff. 23. Justus Schmidt, Die Architekturbücher der beiden Fischer von Erlach, Wiener Jb. f. Kg. 9, 1934, S. 147ff. (Vorzeichn. zum „Entwurf einer histor. Architektur“). – Ferner unveröffentlichte Zeichn. in Agram. 24. Moritz Dreger, Zeichn. des älteren Fischer von Erlach, Jb. Z. K. 2, 1908, S. 139ff. – Joh. Lucas von Hildebrandt: 25. Moritz Dreger, Baugesch. der k.k. Hofburg in Wien bis zum 19. Jh., Inv. Österreich 14, Abb. 182, 207–12. 26. Rich. Sedlmaier und Rud. Pfister, Die Fürstbischöfl. Residenz zu Würzburg, München 1923. 27. Dag. Frey, Das Schwarzenberg-Palais in Wien, Wiener Jb. f. Kg. 4, 1926, S. 133ff. 28. Bruno Grimschitz, Zwei Entwürfe von J. L. v. Hildebrandt für das Wiener Belvedere, Belvedere H. 35, 1925, S. 133ff. 29. Ders., J. L. v. Hildebrandts Kirchenbauten, Wiener Jb. f. Kg. 6, 1929, S. 205ff. 30. Helene Voelcker, Das Törringpalais in München, Wiener Jb. f. Kg. 6, 1929, S. 85ff. – Daniel Pöppelmann: 31. Jean Louis Sponsel, Der Zwinger ... und die Schloßbaupläne zu Dresden, Dresden 1924. 32. Bruno Alfred Döring, M. D. Pöppelmann, Dresden 1930. – Balthasar Neumann: 33. Verzeichnis der Bücher, Kupferstiche u. Handzeichnungen aus der Verlassenschaft des Fr. M. Jg. v. Neumann, welche zu Würzburg ... 1804 ... versteigert wurden. 34. Georg Eckert, B. Neumann und die Würzburger Residenzpläne, Studien z. dt. Kg. 203, Straßburg 1917. 35. Fritz Hirsch, Das sog. Skizzenbuch B. Neumanns, Zs. f. Gesch. d. Arch., Beiheft 8, 1912. Sedlmaier u. Pfister [26]. 36. Wolfg. Herrmann, B. Neumanns Umbauprojekte für die Wiener Hofburg, Zs. f. Denkmalpflege 2, 1927/28, S. 1ff. 37. Ders., Neue Entwürfe zur Würzburger Residenz, Jb. d. preuß. K.slg. 49, 1928, S. 111ff. 38. Karl Lohmeyer, Der verloren geglaubte Plan Balthasar Neumanns zur Schwetzinger Residenz, Zs. f. d. Gesch. d. Oberrheins N. F. 47, 1934, S. 128ff. – G. A. Gumpp: 39. Heinr. Hammer, Der Fassadenentwurf Georg Anton Gumpps für die St. Johanniskirche in Innsbruck, Festschrift für Hermann Egger, Graz 1933, S. 79ff. – Fr. W. v. Erdmannsdorff: 40. Wilh. v. Kempen, Handzeichnungen und Entwürfe Erdmannsdorffs in anhaltischem Staatsbesitz, Die Denkmalpflege 35, 1933, S. 229f.

Verweise