Amazonen

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englisch: Amazons; französisch: Amazones; italienisch: Amazzoni.


Otto Schmitt (1934)

RDK I, 624–626


RDK I, 625, Abb. 1. Paris, Louvre.
RDK I, 625, Abb. 2. Holzschnitt, Augsburg 1474.
RDK I, 627, Abb. 3. Peter Schoubroeck, Die Amazonenschlacht, 1603. Dresden.

Von den im klassischen Altertum zahlreichen und mannigfaltigen Darstellungen des kriegerischen Frauenvolkes (Kampf des Herakles gegen die A., Raub der A.-Königin Antiope bzw. Hypolita durch Theseus, Kampf der A. gegen Theseus und die Hellenen, Achill tötet die A.-Königin Penthesilea; verwundete, sterbende, tote A.) hat die nachantike Kunst in erster Linie das Motiv des A.-Kampfes übernommen, das namentlich im Barock zeitweise eine bedeutende Rolle spielt. Auch das Mittelalter, in dem A.-Darstellungen sehr selten sind, kennt fast nur die Kampfszene; ein italienischer Sattelbogen des 13. Jh. im Louvre ist mit einem Elfenbeinrelief der A.-Schlacht geschmückt, das auf eine antike Vorlage zurückzugehen scheint (Abb. 1). Häufiger, aber ganz in Stil und Kostüm der Entstehungszeit übersetzt, findet sich das Motiv in der Handschriften- und Buchillustration des ausgehenden Mittelalters, auch des Nordens: Historienbibel mit eingestreuten „Incidentia“ aus der antiken Sage und Geschichte im Kapuzinerkonvent zu Klagenfurt (um 1450), Meisterlinchroniken von 1456 in Augsburg (Stadtbibl., 4° Cod. Aug. Ia) und von 1457 in Stuttgart (H.B.V. 52; vgl. E. W. Bredt, St. z. dt. Kg. 25, 1900, Taf. 4), Trojanischer Krieg in München (Staatsbibl. Clm. 61, Abb. bei Bredt, a. a. O., Taf. 7), französische Übersetzung der Theseis von Boccaccio in Wien (Jb. Kaiserh. 14, 1893, Taf. 27); Holzschnitte in Boccaccio, De praeclaris mulieribus (Ulm 1473, Augsburg 1479, Straßburg 1488), Guido de Columna, Historia Troiana (Augsburg 1474, Abb. 2, und 1479), Schedelsche Weltchronik (Nürnberg 1493) usf. Mit Vorliebe wird in der Holzschnittillustration Kampf und Tod der Penthesilea dargestellt (Abb. 2).

Einen grundsätzlichen Wandel in der Darstellung der A.-Schlacht bringt die italienische Renaissance, vor allem durch stärkere Anlehnung an die Antike in Kostüm und Bewaffnung, aber auch im gesamten künstlerischen Aufbau. Wichtige Quellen und Vermittler sind dabei die zahlreichen spätrömischen Sarkophage (Carl Robert, Die antiken Sarkophagreliefs, II, 1890, Taf. 27 bis 49), die vereinzelt schon im 15. Jh. (Cod. Escurial. ed. H. Egger, 1905), häufiger im 16. Jh. (Giulio Romano u. a.) abgezeichnet wurden. In dieser Neugestaltung findet das Motiv seit dem späten 16. Jh. erneut Eingang in die Kunst des Nordens. Auch für das berühmte Gemälde des Rubens in München (um 1615) ist ein antiker Sarkophag als Ausgangspunkt nachgewiesen [6]. Vor und neben ihm haben die Niederländer Otto van Veen (Dijon, Mus.), Pieter Schoubroeck (1603; Abb. 3), Jakob Jordaens, die Deutschen Johann Rottenhammer (verschollen), Rud. Theod. Meyer (Zeichnung von 1630 im Berliner Kk.) und andere das gleiche Thema dargestellt, bald in figurenreichen Landschaftsbildern (Abb. 3), bald in der Beschränkung auf die eigentlichen Kämpfergruppen (Rubens). Auf Jordaens geht ein aus 15 Stücken bestehender Gobelin zurück, der 1679 in Brüssel für den Grafen Ferd. Bonav. v. Harrach erworben wurde und sich früher im Gräflich Harrachschen Schloß in Prugg befand (Jb. Kaiserh. 30, 1911/12, S. XXXVff.); eine Antwerpener Folge von 6 Behängen mit der Geschichte der A. wird 1643 erwähnt (Göbel, Wandteppiche I, 1, S. 452). Auch die Plastik, besonders die Kleinplastik, und das Kunstgewerbe der Barockzeit bringen gelegentlich A.-Darstellungen. Wir nennen ein Zedernholzrelief von Ignaz Elhafen im Kunsthistorischen Museum Wien nach einer Radierung von A. Tempesta (Jb. d. kunsthist. Slgen. Wien 35, 1920/21, S. 169), einen Deckelhumpen mit Elfenbeinrelief im Deutschen Museum Berlin (Kat. Volbach S. 84), beide mit dem A.-Kampf, ferner eine Pulverflasche aus Elfenbein im Bayrischen National-Museum München (Kat. Halm-Berliner Nr. 492) mit 9 gefallenen A. – Nur ausnahmsweise kommen Einzeldarstellungen von A. vor: Kupferstich von August Dahlstein (Dahlsteen) aus Kassel (18. Jh., Berliner Kk.) und Elfenbeinstatuette des späten 18. Jh. in München (Kat. Halm-Berliner Nr. 652). – Im 19. Jh. haben dann Feuerbach, Stuck, Tuaillon, Fritz Behn und andere das A.-Thema wieder aufgegriffen, meist in der Form des A.-Kampfes.

Zu den Abbildungen

1. Paris, Louvre, Sattelbogen aus Elfenbein mit A.-Kampf, italienisch, 13. Jh. Phot. A. Giraudon, Paris.

2. Holzschnitt mit A.-Kampf aus der deutschen Übersetzung von Guido de Columna: „Historia Troiana“, Augsburg 1474. Nach Schramm, Frühdrucke, Bd. 3, Taf. 19.

3. Peter Schoubroeck, Die Amazonenschlacht, 1603, Dresden, Staatl. Gemäldegalerie. Phot. Museum.

Literatur

1. Pauly-Wissowa I, 2, S. 1754ff. 2. Roscher I, S. 267ff. 3. Sal. Reinach, Les Amazones dans l’art, Revue arch., 4. Sér., Bd. 21, 1913, S. 417/18. 4. Carl Meyer, Der griech. Mythus in den Kunstwerken des Mittelalters, Rep. f. Kw. 12, 1889, S. 159ff. u. 235ff. 5. Ders., Der griech. Mythus in den Kunstwerken des 15. Jh., Rep. f. Kw. 15, 1892, S. 75ff. u. 16, 1893, S. 261ff. 6. Wilhelm Pinder, Antike Kampfmotive in neuerer Kunst, Münchner Jb. d. bild. K., N.F. 5, 1928, S. 353ff.

Verweise