Altarpult (B. In der protestantischen Kirche)

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englisch: Lectern (Protestant), missal-stand (Protestant); französisch: Pupitre d'autel (protestant); italienisch: Leggio (da altare) (protestante).


Karl Möller † 11. 11. 1934 und Hans Wentzel (1934)

RDK I, 528–529


RDK I, 527, Abb. 1. Stockholm, Altarkissen, M. 17. Jh.
RDK I, 527, Abb. 2. Schönwerder, um 1600.

Auch auf protestantischen Altären findet man häufig Buchpulte. Sie dienen der in lutherischen Kirchen fast nie fehlenden Altarbibel als Unterlage. Die nordischen Länder verwenden daneben, mindestens seit dem 17. Jh., mit Vorliebe Altarkissen (Abb. 1). (Wahrscheinlich sind auch die von der Literatur als mittelalterlich erwähnten Altarkissen in Schweden, z. B. in den Domen zu Visby und Uppsala, erst in nachreformatorischer Zeit aus älteren Stoffen angefertigt.) Ob die in deutschen Inventaren gelegentlich erwähnten Altarkissen (s. Sp. 471) dem gleichen Zweck dienten oder nur als Kniekissen bei Abendmahl und Trauung verwendet wurden, ist ungewiß.

Auf bildlichen Darstellungen lassen sich Bibelpulte schon im 16. Jh. nachweisen (vgl. Mühlberg 1569, Sp. 43/44, Ab. 16). Teilweise werden die aus dem Mittelalter überkommenen A. als Bibelpulte weiter benutzt worden sein. Die erhaltenen Denkmäler reichen nicht über das 17. Jh. zurück. Sie bestehen in der Regel aus Holz (Schönwerder, Kreis Prenzlau, um 1600, Abb. 2; Braunschweig, Brüdernkirche, Hochaltar 1698; ebendort, Kreuzaltar 1701; Braunschweig, St. Magni 1738, und sehr viele andere), seltener aus Metall, meist Messing (Mölln 1624, Nusse 1647, Basthorst 1651, Berkenthin 1670, sämtlich in der Lübecker Gegend, und von 1727 in St. Martini zu Braunschweig); ein A. aus Schmiedeeisen von 1738 in Groß-Lichtenau (Inv. Westpreußen IV, S. 138). – Von den gleichzeitigen katholischen A. unterscheiden sie sich allenfalls in der Dekoration. Das Messing-A. von 1727 in St. Martini zu Braunschweig zeigt auf der Rückseite die Ansicht der Kirche und zweier Geistlicher, vorn eine Illustration in Ritzzeichnung zu Ephes. 5, 14: Christus mit Strahlenhaupt und Laterne schreitet bei Nacht (Sternhimmel) über die Erde, aus der sich eine von Christus entzündete Kerze erhebt, oben die Taube, darunter flatternde Nachtgeister in Form kleiner Fabeltiere. Auf dem A. von 1738 in St. Magni zu Braunschweig in Einlegearbeit der Gekreuzigte, die Evangelisten, Lamm Gottes und Jakobsleiter. Ein A. des frühen 18. Jh. in St. Michael zu Hildesheim hat seitlich 2 kleine Postamente mit den Statuetten von Maria und Johannes.

Vielfach ist das A. mit einem Deckchen geschmückt (vgl. Sp. 471). Zwei reichgestickte seidene Pultdecken von ca. 1600 haben sich in der Neupfarrkirche zu Regensburg erhalten (Inv. Bayern II, 22, 2, S. 206-208).

In manchen protestantischen Kirchen liegt die Bibel nicht auf dem Altar, sondern auf einem frei vor ihm aufgestellten oder mit den Altar-bzw. Chorschranken verbundenen großen Stehpult. Vgl. darüber Altarschranken, Chorschranken und Pult.

Zu den Abbildungen

1. Stockholm, Nat.-Mus., Altarkissen (Buchkissen) aus der Kungsholms Kyrka; grüner Seidenatlas; die Kartusche mit der Darstellung der Klugheit in Gold- und Silberstickerei, M. 17. Jh. Phot. K. Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien, Stockholm.

2. Schönwerder (Brandenburg, Kr. Prenzlau), evangelische Kirche, A. um 1600. Phot. Provinzialkonservator (Staatl. Bildstelle, Berlin).

Verweise