Evangelistensymbole
englisch: Evangelist(ic) symbols, symbols of the Evangelists; französisch: Symboles des Évangelistes; italienisch: Simboli degli Evangelisti.
Ursula Nilgen (1970)
RDK VI, 517–572
I. Definition und Schriftquellen
Als E. bezeichnet man vier geflügelte Wesen – Mensch, Löwe, Stier, Adler –, die Attribute der vier Evangelisten sind oder diese symbolisieren. Die Benennung ist insofern zu eng, als die Wesen von Anfang an vor allem Symbole der vier kanonischen Evangelien sind; vielfach wurden sie auch als Bilder Christi in den Hauptstadien seines in den Evangelien geschilderten Lebens und damit als die Symbole des Heilsplanes verstanden. Aus dieser erweiterten Bedeutung erklärt sich das häufige Vorkommen der E. in Bilddarstellungen, die thematisch keine unmittelbare Verbindung mit den vier Evangelisten haben.
Die Vorstellung von der Gestalt der vier E. ist durch die Schilderung der vier lebenden Wesen in den Gottesvisionen des Ezechiel (1, 1–28) und des Johannes (Apok.4, 1–11) angeregt und wurde mit gewissen Abänderungen von dort übernommen. Grundlage dieser Übernahme war eine erstmals von Irenaeus (Contra haereses III, 11, 8: Migne, P. G. 7, Sp. 885–90) und Hippolytus (Fragment zu Ezechiel I, 5–10: Hans Achelis in: Griech. chr. Schriftst. Bd. 1, 2, Lpz. 1897, S. 183) durchgeführte Interpretation der Gottesvisionen, welche die in vierfacher Form erscheinenden Lebewesen christologisch als Gleichnis der vier Wesenseigenschaften des einen Logos und zugleich als Bilder des viergestaltig überlieferten einen Evangeliums deutete. Besonders wichtig für die Verbreitung dieser Gedankengänge war Hieronymus, der unter anderem im 2. Teil seines Matthäus-Kommentars „Plures fuisse“ (Migne, P.L. 26, Sp. 15–22) die Vierzahl und Einheit der Evangelien aus den vier Lebewesen der biblischen Visionen ableitete. Dieser Text wurde als Vorrede zum Evangelium in Vulgata-Hss. aufgenommen und damit im gesamten lateinischen Sprachgebiet bekannt [2, S. 329–31].
Die Zuweisung der vier Wesen an die einzelnen Evangelisten und ihre Texte wurde meist mit Inhalt und Charakter der Evangelien-Anfänge begründet und war in der Frühzeit noch keineswegs festgelegt. Irenaeus (s. oben) gab dem Johannes den Löwen, dem Lukas den Stier, dem Matthäus den Menschen, dem Markus den Adler. Hippolytus (s. oben), Augustinus (De consensu Evangelistarum I, 6, 9: Corp. Script. Eccl. Lat. 43, S. 9f.) und Beda (Explanatio Apocalypsis I, 4: Migne, P. L. 93, Sp. 144) teilten den Löwen dem Matthäus, den Menschen dem Markus, den Stier dem Lukas, den Adler dem Johannes zu. Victorinus von Pettau (Scholia in Apoc. 4, 7–10: ebd. Bd. 5, Sp. 324f.), Epiphanius von Konstantia (De mensuris 35: [5] S. 46f.), Hieronymus und Gregor I. (Hom. in Ezech. lib. I Horn. 4: Migne, P. L. 76, Sp. 815) führten die Verteilung Mensch – Matthäus, Löwe – Markus, Stier – Lukas, Adler – Johannes ein, die dank der Verbreitung der Vulgata im Westen verbindlich wurde. Sedulius (Carmen paschale 1, 355–60: Corp.Script.Eccl.Lat. 10, S. 41f.) schuf die knappe dichterische Form für diesen Inhalt; seine Verse sind häufig auf früh-ma. Darstellungen der Evangelisten und E. zitiert. Für eine allgemeine Kenntnis dieser Gedankengänge in der Frühzeit sorgte die Taufliturgie. Nach dem Sacramentarium Gelasianum wurde bei der Übergabe des Evangeliums an die Katechumenen während der Taufvorbereitung der Sinnbezug zwischen den Texten und den vier symbolischen Wesen erklärt (Henry Austin Wilson, The Gelasian Sacramentary, Oxford 1894, S. 50–52 Nr. 34; Bernard Teyssèdre, Le Sacramentaire de Gellone et la figure humaine dans les mss. francs du VIIIe s., Mém. de la Soc. arch. du Midi de la France 26, 1959, 100).
Die ursprüngliche christologische Deutung der vier Wesen wurde in veränderter Form weitergeführt durch Gregor I., Alkuin (Comm. in Apoc. III, 4, 7: Migne, P. L. 100, Sp. 1118), Rupert von Deutz (De Trinitate, In Ezech. I, 3–7: Migne, P. L. 167, Sp. 1422–28) und andere ([5] S. 93, 108f., 118, 201; [4] S. 103–06): sie ordneten die vier E. den vier Hauptereignissen des Lebens Jesu zu und deuteten Mensch, Stier, Löwe und Adler als Bilder der Inkarnation, des Opfertodes, der Auferstehung und der Himmelfahrt Christi. Die Theologen des Ostens lehnten die Deutung der vier Wesen der biblischen Visionen als E. im allgemeinen ab [5, S. 46, 82–85]. Daher kommen diese in der byzantinischen K. nur selten, vermutlich meist in westlich beeinflußten Werken vor.
II. – IV. Darstellungen
II. Themenkreise und Kompositionstypen
Die E. sind seit etwa 400 in der bildenden Kunst faßbar. Ihrer Herkunft aus den Visionen des Ezechiel und der Apokalypse und ihrer ursprünglichen christologischen Bedeutung entsprechend, erscheinen sie primär in den visionäreschatologischen Themenkreisen himmlischer Huldigungsbilder im weitesten Sinne sowie in theologisch-spekulativen Darstellungen. Daneben treten sie schon seit dem 5. Jh. in bildlicher Zuordnung zu den vier Evangelisten auf (s. Sp. 524f.). Auf Grund ihrer Verbindung mit den Evangelisten dringen die E. in den repräsentativen Bildschmuck von Evangelien-Hss. und gelegentlich auch in historische N.T.-Zyklen oder -Szenen ein. In manchen Fällen verdrängen sie sogar die Evangelisten aus dem Autorenbild und treten an deren Stelle.
Die große Zeit der E.-Darstellungen ist das frühe und hohe MA, doch hat auch die Kunst der Gotik, der Renss. und des Barock noch bedeutende Werke dieses Themas geschaffen.
A. Frühchristliche Kunst
1. E. als Begleiter Christi
E. als Begleiter Christi oder eines Christus-Symbols.
a) Westlicher Typus. Ihre früheste Verbildlichung dürften die E. im Zusammenhang endzeitlicher Herrlichkeits- und Huldigungsbilder gefunden haben, wie sie in der Mosaikkunst und Monumentalmalerei seit A. 5. Jh. nachweisbar sind und möglicherweise schon im 4. Jh. vorhanden waren. – Eine der ältesten erhaltenen Darstellungen findet sich in den Gewölbemosaiken des Baptisteriums von Neapel, um 400 (?; Wilpert, Mos. und Mal., Bd. 3 Taf. 36 und 38f.); dort umgeben die frontalen, mit je sechs ausgebreiteten Flügeln die Pendentifs füllenden E.-Büsten das Christussymbol im Gewölbescheitel.
Der zunächst vor allem in Rom verbreitete Darstellungstypus basiert auf der apokalyptischen Vision; in ihm erscheinen die E. in einer himmlischen Zone, meist in halber Figur aus Wolken auftauchend, nebeneinander aufgereiht und verehrend dem im himmlischen Jerusalem thronenden Christus oder einem triumphalen Christus-Symbol zugewandt. Die frühesten bekannten Beispiele sind das Apsismosaik von S. Pudenziana, A. 5. Jh. (Wilpert, Mos. und Mal., Bd. 3 Taf. 42ff.), das nur in Ciampinis Nachzchg. vollständig überlieferte Westwandmosaik von S. Sabina, um 430, wo über der Fensterzone und den Gestalten von Petrus und Paulus, Ecclesia ex circumcisione und Ecclesia ex gentibus die vier E. bei der Hand Gottes erscheinen (Berchem-Clouzot Abb. 92), und das ursprüngliche Apsisbogenmosaik von S.M. Maggiore, 2. Dr. 5. Jh., wo die E. der von Petrus und Paulus flankierten Etimasie Kränze darbringen (Wilpert, Mos. und Mal, Bd. 3 Taf. 70ff.).
In den Gewölbemosaiken des sog. Mausoleums der Galla Placidia, 2. V. 5. Jh. (Deichmann, Ravenna, Taf. 19, 22–25; Gius. Bovini, Il cosidetto Mausoleo di Galla Placidia in Ravenna, Vat. 1950, Abb. 49 bis 53), wird der römische Typus der räumlichen Situation entsprechend variiert und auf ein Zentralgewölbe mit Himmelsbild-Assoziation übertragen: das Christus-Symbol in der Gewölbemitte ist von den im Profil dargestellten E. in den Kuppelzwickeln umgeben (Karl Lehmann, The Dome of Heaven, Art Bull. 27, 1945, 1–27, bes. S. 14; vgl. dort auch zur Deutung der E. unter der Kuppel als Träger des Himmelsgewölbes).
Auf einem Elfenbeinrelief aus der Slg. Trivulzio in Mailand, Castello Sforzesco, frühes 5. Jh., erscheinen Mensch und Stier, beide mit sechs Flügeln, über der Szene der Frauen am Grabe; wahrscheinlich ist ein Gegenstück mit Löwe und Adler sowie einer weiteren österlichen Szene zu ergänzen (Volbach-Hirmer Taf. 92).
Zwar sind in diesen Beispielen des 5. Jh. die vier Wesen noch nicht eindeutig durch Buch oder Rotulus als E. gekennzeichnet. Daß sie trotzdem in diesem Sinne interpretiert werden müssen, ergibt sich aber aus den zeitgenössischen Quellen (z. B. Victorinus von Pettau a.a.O. [Sp. 518]: quatuor animalia quatuor sunt evangelia) sowie aus den ganz entsprechenden, gleichzeitigen und späteren Darstellungen in römischen Monumentalkompositionen, wo die E. Bücher darbringen.
So finden sie sich z. B. auf dem in einer Zchg. des 11. Jh. überlieferten Fassadenmosaik von Alt-St. Peter, 2. V. 5. Jh., zu seiten des von den 24 Ältesten verehrten Gotteslammes (Abb. 1; Waetzoldt, Kopien, S. 68 Nr. 884), sowie auf den bis ins hohe MA einem einheitlichen Typus folgenden römischen Triumph- und Apsisbogenkompositionen von S. Paolo fuori le mura, M. 5. Jh. (ebd. Abb. 453 = Zustand des 17. Jh.), SS. Cosma e Damiano, 526–30, S. Prassede, 817–24, S. Marco, 827–43 (Berchem-Clouzot Abb. 139, 293f., 316), S. Croce, um 1145, S. Giovanni a Porta Latina, Ende 12. Jh. (Wilpert, Mos. und Mal., Bd. 4 Taf. 251, 257), und auch auf dem Apsisbogenmosaik von S. Apollinare in Classe, Ravenna, 7. Jh. (Deichmann, Ravenna, Taf. 383, 410f.); diese Darstellungen zeigen alle über der Bogenöffnung im Clipeus das Brustbild Christi oder den apokalyptischen Thron und zu beiden Seiten die huldigend der Mitte zugewandten E. mit Buch. Auch die vier E. auf den beiden Pilasterkapitellen des Bisch. Petrus II. (494–519) aus der Kath. von Ravenna (Mus. arcivescovile) werden ursprünglich auf ein Christusbild oder -symbol ausgerichtet gewesen sein (ders., Ravenna [Textbd.], Abb. 40–43). Die Verteilung der E. in diesen horizontal gereihten Kompositionen wechselt, aber von S. Pudenziana abgesehen erscheint der Mensch immer zur Rechten Christi; vom 9. Jh. an entspricht ihm zur Linken Christi regelmäßig der Adler. In der erzbischöflichen Kapelle zu Ravenna, A. 6. Jh., sind die im Halbprofil zu einer Seite hingewandten E. dieses „römischen“ Typus auf die Kappen eines vierteiligen Gewölbemosaiks mit Himmelsbild-Bedeutung übertragen und dem Christusmonogramm im Gewölbescheitel zugeordnet (ders., Ravenna, Taf. 220–25; Lehmann a.a.O. S. 14).
Der ursprüngliche Bildtypus mit horizontal aufgereihten E. wurde in die karolingische Buchmalerei übernommen.
So begegnet er wieder im Antwerpener Sedulius (Mus. Plantin-Moretus, ms. 176, fol. 13: Münchner Jb. III. F. 15, 1964, 48 Abb. 11) sowie in der Hofschule Karls des Gr. in den Kanontafeln des Evangeliars London, Brit. Mus., Ms. Harley 2788, fol. 6v–9 (Abb. 8), und in einer vereinzelten Darstellung der apokalyptischen Anbetung des Lammes im Evangeliar von Soissons (Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 8850, fol. 1v: [14] Bd. 2 Taf. 42–47, 67; Alb. Boeckler, Formgesch. Stud. zur Adagruppe [= Bayer. Akad. der Wiss., philos.-hist. Kl., Abhn., N.F. H. 42], Mchn. 1956, S. 13ff.; [28] S. 10 Anm. 4, mit Deutung als Dedikationsbild; dort und bei [5], S. 165f. Listen der frühchr. Beispiele).
b) Östlicher Typus. Neben den westlichen Apokalypsen-Typus mit horizontal gereihten E. trat schon im 5. Jh. eine zweite, stärker vom Osten geprägte und primär aus der Ezechiel-Vision gespeiste Variante des endzeitlichen Herrlichkeitsbildes, die Majestas Domini mit diagonal um den Clipeus oder die Mandorla Christi oder eines Christus-Symbols angeordneten E. [15, S. 255–81]. Dabei findet die Funktion der vier Lebewesen bei Ezechiel als Träger der Herrlichkeit Gottes, die dort geschilderte Bewegung der Wesen und das Wagenmotiv gelegentlich sinnfälligen Ausdruck in der zentrifugal unter der Glorie nach außen strebenden oder frontalen Bewegungsrichtung der vier E. oder in ihrer Anordnung in möglicherweise Rad-Assoziationen enthaltenden Clipeen. Während die vier Wesen östlicher Majestas-Darstellungen im allgemeinen nicht als E. gemeint waren, wurden sie bei der Übernahme des Bildtypus in den Westen bald als solche interpretiert, wie das vermutlich unter westlichem Rück-Einfluß im 5. Jh. entstandene Mosaik von Hosios David in Saloniki zeigt (Abb. 2; [15] S. 260–64).
Das früheste bekannte Beispiel des östlichen Typus ist im Westen erhalten: das Relief der Wiederkunft Christi auf der Holztür von S. Sabina, um 430 (Johs. Wiegand, Das altchr. Hauptportal an der Kirche der hl. Sabina zu Rom, Trier 1900, Taf. 18); dort umschließen die vier Wesen mit ausgebreiteten Flügeln, die Köpfe zu Christus wendend, den Clipeus; Bücher-Attribute fehlen noch, die Deutung der Wesen als E. ist daher nicht gesichert. Im Apsismosaik von Hosios David in Saloniki dagegen halten die vier mächtigen, diagonal unter dem Clipeus hervorstrebenden E. große edelsteingeschmückte Bücher (Abb. 2). Auf dem fränkischen Radegundis-Lesepult des 6. Jh. in Poitiers umgeben die in Clipeen eingeschlossenen vier E. – ohne Bücher – das Gotteslamm in der Mitte (Rich. Hamann-McLean, Frühe K. im westfränk. Reich, Lpz. 1939, Nr. 28). Die Abfolge der E. in Saloniki: links oben Mensch, links unten Löwe, rechts unten Stier, rechts oben Adler, entspricht in etwa der bei Ezechiel beschriebenen Anordnung der vier Köpfe der Tetramorphe und wurde im MA fast kanonisch ([15] S. 316; [10] S. 227f. Anm. 3).
2. E. mit Evangelisten als Begleiter Christi
E. mit Evangelisten als Begleiter Christi oder eines Christus-Symbols.
Die bildliche Zuordnung von E. und Evangelisten scheint erst in der 2. H. 5. Jh. im Westen einzusetzen. Damit beginnt eine Entwicklung, die die E. mehr und mehr zu Attributen ihrer Evangelisten macht.
So zeigt ein Bucheinband im Mailänder Domschatz, ein fünfteiliges Elfenbeindiptychon der 2. H. 5. Jh., in den Ecken beider Tafeln in Kranzclipeen oben die E. mit Büchern (Abb. 3 a und c), unten die Büsten der Evangelisten (Abb. 3 b und d); sie sind dem Gotteslamm bzw. Kreuz in der Mitte der Tafeln zugeordnet, beziehen sich aber wohl primär auf den (auch durch die ntl. Szenen angedeuteten) ursprünglichen Inhalt des Buches, die vier Evangelien. Die nur in Ciampinis Nachstich überlieferten Lunettenmosaiken der Kapelle des hl. Johannes Baptist am Lateran-Baptisterium, 461–68, stellten die stehenden Evangelisten zusammen mit den über ihnen in Wolken erscheinenden E. dar; die E. entsprachen dem römischen Typus und trugen noch keine Bücher (Wilpert, Mos. und Mal., Bd. 2 Abb. 307). Auf den Mosaiken der Chorquadratwände von S. Vitale in Ravenna, vor 547, sitzen die Evangelisten als Verfasser ihrer Texte in felsiger Landschaft, begleitet von ihren E. ohne Bücher (s. Evangelisten, Abb. 3; Deichmann, Ravenna, Taf. 311ff., 332–35). In den angeführten Mosaiken sind die E. und Evangelisten jeweils auf das Lamm Gottes im Gewölbescheitel bezogen. Auf der „Sedia di S. Marco“ in Venedig, Ägypten (?), um 600, stehen die vier Evangelisten als Kreuzeswächter an der Rücklehnenbekrönung, während die E. mit Büchern an Rück- und Seitenlehnen erscheinen und die innere Rücklehne vom Lebensbaum und den vier Paradiesesströmen eingenommen wird (André Grabar, La „Sedia di S. Marco“ à Venise, Cah. arch. 7, 1954, 19–34, Taf. 6–8); das Kathedra-Reliquiar, in dem ein, wie man glaubte, eigenhändig vom hl. Markus geschriebenes Evangelium verwahrt wurde, assoziiert damit den von vier Wesen getragenen Thron Gottes und zugleich die von den Evangelisten verkündete Lehre der vier Evangelien. Im Cod. Amiatinus 1 der Bibl. Laurenziana, Florenz, der zwar erst um 700 entstand, aber wahrscheinlich eine Kopie des Codex grandior des Cassiodor, einer südital. Hs. der M. 6. Jh., ist, wird fol. 796v erstmals die Majestas Domini mit E. und Evangelisten verbunden: die diagonal um die Glorie angeordneten E. streben der Mitte zu; bei ihnen stehen die Evangelisten (Abb. 4).
B. Mittelalter
1. E. im Autorenbild
Das Autorenbild ist während des ganzen MA der häufigste Anlaß zu Wiedergaben von E. Zumeist tritt das E. im Autorenbild einer Evangelien-Hs. als Begleiter des Evangelisten auf (wie zuerst im Evangeliar des hl. Augustinus in Cambridge, Corpus Christi College, Ms. 286, fol. 129v, Italien, 6. Jh.: s. Evangelisten, Abb. 5 und Francis Wormald, The Miniatures of the Gospels of St. Augustine, Cambridge 1954, S. 7ff.); die Häufigkeit solcher Darstellungen der E. als Attribute der Evangelisten, die wesentlich dazu beigetragen hat, die vier Wesen E. zu nennen, veranlaßt dazu, im Art. Evangelisten eine Übersicht über solche Bilder zu geben (s. Sp. 468ff.).
a) Hier werden nur diejenigen Beispiele behandelt, in denen das E. als Vertreter des Evangelisten im Autorenbild für sich allein auf ganzseitigen Einzelbildern, Zierseiten und Kanontafeln sowie in Verbindung mit der Initiale am Anfang des Evangeliumstextes auftritt.
Besonders eindrucksvolle Beispiele ganzfiguriger Einzelbilder bieten das irische, um 680 entstandene Book of Durrow (Dublin, Trinity College, Ms. 57, fol. 76v, 116v, 173v, 245v: [8] Taf. 161f.) und das Echternacher Willibrord-Evangeliar, Ende 7. Jh. in Northumbrien geschaffen (Paris, Bibl.Nat., ms. lat. 9389, fol. 18v, 75v, 115v, 176v: [8] Taf. 255f. und Abb. 5); in einem spätkarolingischen Evangeliar in Cambrai, Bibl. munic., ms. 327, sind die E. z. T. wie Evangelisten unter Arkade oder Giebelädikula dargestellt (fol. 17, 99v, 156v; [6] Taf. 109b–d; fol. 67: Geneviève Louise Micheli, L’enluminure du haut moyen-âge et les influences irlandaises, Brüssel 1939, Abb. 188; für Beispiele, die auf zwei gegenüberliegenden Bildseiten Evangelist und E. zeigen, s. Sp. 473). Zu diesem möglicherweise ursprünglich insularen Ausstattungsschema und zur Deutung der „imago hominis“ im Willibrord-Evangeliar vgl. [42], S. 5–47 und 79–97.
Auf Initial-Zierseiten, und bisweilen mit den Initialen verbunden, erscheinen E. z. B. im Cutbercht-Evangeliar, Salzburg, um 790 (Wien, Österr. Nat.Bibl., cod. 1224, fol. 166: [8] Taf. 312), verschiedentlich in der Hofschule Karls d. Gr. und in den karolingischen Skriptorien von Metz und Tours (Beispiele bei [14], Bd. 2 Taf. 61, 88; Bd. 3 Taf. 70 a, 72 a, 73 a, 75 a; Bd. 1 Taf. 41, 88f., 96 b), später in ottonischen und romanischen Hss. besonders der süddeutschen Schulen (z. B. Erlangen, Univ.Bibl., ms. 1 [121], Gumpertsbibel, fol. 343, 355v, Ende 12. Jh.: Swarzenski, Salzburg, Abb. 147f. und RDK II 488, Abb. 5; vgl. auch Ernst Friedr. Bange, Eine bayer. Malerschule des 11. und 12. Jh., Mchn. 1923, passim).
Auch in einem byzantinischen Evangeliar in Athen (Nat.Bibl., cod. 57, Ende 11. Jh.) steht auf den Zierseiten mit dem Anfang der Evangelien jeweils das zugehörige E. im Clipeus (fol. 16, 108, 168, 264: Paul Buberl, Die Min.-Hss. der Nat.Bibl. in Athen [= Kaiserl. Akad. der Wiss. in Wien, phil.-hist. Kl., Denkschr. 60, 2], Wien 1917, S. 9–12, Abb. 22, 27f.), nachdem schon in dem Prunkevangeliar in Stauronikita, Athos, ms. 43, M. bis 3. V. 10. Jh., auf den Rändern der Evangelientexte mehrfach (fol. 33v, 111v, 187v, 276v) kleine Medaillons mit E. aufgetaucht waren, die ältesten bekannten Beispiele von E. in der byzantinischen Buchmalerei (Kurt Weitzmann, Die byz. Buchmal. des 9. und 10. Jh., Bln. 1935, S. 24; [43] S. 132f., Abb. 16 a–d).
Auf Kanontafeln erscheinen E. meist zu mehreren vereint, wie es dem Thema der Evangelien-Konkordanz entspricht (s. Sp. 532; Abb. 8), doch treten auf den letzten Tafeln solcher Reihen, wo die jeweils nur in einem Evangelium verzeichneten Stellen angeführt sind, häufig einzelne E. auf, so z. B. in der Hofschule Karls d. Gr. [14, Bd. 2 Taf. 51f., 80], in dem von einem Werk dieser Schule abhängigen, in Fulda in der 2. H. 10. Jh. entstandenen Codex Wittekindeus (Berlin, Dt. Staatsbibl., cod. theol. lat. fol. 1, fol. 13v, 14: Albert Boeckler, Der Cod. Wittekind., Lpz. 1938, Taf. 16f.) und im Codex Aureus von St. Emmeram aus der Hofschule Karls des Kahlen (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 14 000, fol. 12v: Gg. Leidinger, Der Cod. Aureus der Bayer. Staatsbibl. in München, Mchn. 1921–25, Taf. 24).
b) Das E. im Autorenbild ist mehrfach, gewöhnlich zusammen mit seinem Evangelisten, in Verbindung mit Darstellungen der vier Lebensstadien Christi wiedergegeben. Die christologische Interpretation der vier Wesen als Bilder Christi in den vier Hauptstadien seines Lebens – Mensch in der Menschwerdung, Stier im Opfertod, Löwe in der Auferstehung, Adler in der Himmelfahrt –, schon bei Gregor I. und Alkuin faßbar und später vor allem von Rupert von Deutz vertreten (s. Sp. 518), begegnet seit der Jahrtausendwende auch in der bildenden Kunst.
In den Evangelistenbildern des Bernward-Evangeliars im Hildesheimer Domschatz, Nr. 18, erscheinen die E. in Clipeen oberhalb der thronenden Evangelisten; dabei dient das Medaillon des Stieres als Sockel für den Kruzifixus einer Kreuzigungsgruppe (fol. 118v; RDK V 1035/36, Abb. 15) und über dem Adler-Clipeus steigt Christus in die Himmelswolken empor (fol. 175v: Tschan Bd. 3 Abb. 71, 76). Dem Matthäus- und Markus-Bild sind die Anbetung der Magier bzw. das Noli me tangere (neben anderen Evangelienszenen) vorangestellt (s. Evangelisten, Abb. 19); die Architekturen, welche die Symbole der beiden Evangelisten umgeben, mögen als Anspielungen auf die Geburtskirche in Bethlehem bzw. die Grabeskirche in Jerusalem gemeint sein (fol. 18, 19, 75v, 76: ebd. Abb. 59, 61, 65f.). – Das A. 11. Jh. entstandene Evangeliar der Reichenauer Schule aus dem Bamberger Domschatz (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 4454) zeigt fol. 25v, 86v, 127v und 194v in den Arkadenlunetten der Evangelistenbilder jeweils das E. neben einer zeichenhaft abgekürzten Darstellung des zugehörigen Heilsereignisses (Leidinger, Heft 6, Taf. 14, 16, 18, 20; RDK I 1233/34, Abb. 2). – Auf dem goldenen Buchdeckel des karolingischen Evangeliars im Aachener Domschatz, der um 1020 (?) in Fulda (?) gefertigt wurde, sind die vier E. mit Geburt, Kreuzigung, Frauen am Grab und Himmelfahrt um ein Marienbild vereint und den vier Evangelisten des ehem. Rückdeckels gegenübergestellt (Abb. 13 und Evangelisten, Abb. 20). In der Bibel von Floreffe und im Evangeliar von Averbode erscheinen die vier charakteristischen Szenen in ein kompliziertes theologisches Bezugssystem unmittelbar bei den Evangelisten und ihren Symbolen eingebettet (London, Brit. Mus., Add. Ms. 17737/38; Lüttich, Univ.Bibl., ms. lat. 363: Suzanne Gevaert, Rev. belge 5, 1935, 17–24 und 213–19 m. Abb.; Peter Bloch, Kölner Dombl. 16/17, 1959, 12f. Anm. 9ff. und S. 16ff. sowie RDK II 489/90, Abb. 6); dabei sind einige der christologischen Szenen und der E. zu typologisch verstandenen Tierdarstellungen in Parallele gesetzt: hierzu und zu den auf Markuslöwe – Auferstehung sowie Johannesadler – Himmelfahrt angewandten Geschichten des Physiologus und der Bestiarien (der Löwe erweckt seine Jungen durch Anhauchen oder Gebrüll zum Leben; der Adler fliegt zur Sonne, um sich zu verjüngen, er läßt seine Jungen zur Probe in die Sonne sehen) vgl. RDK I 173–76.
Auch im Spät-MA wurde diese Kombination gelegentlich aufgegriffen. In einer oberdeutschen Hs. vom A. 15. Jh. ziehen je ein E. und ein atl. Prophet vierrädrige Wagen, auf denen – wie lebende Bilder – Begebenheiten aus dem Leben Jesu vorgestellt sind: Maria hält das Kind auf dem Arm (statt der Geburt Christi), dazu E. des Matthäus und Jesaja; Geißelung Christi (statt Kreuzigung Christi), dazu E. des Lukas und Jeremia; Auferstehung Christi, dazu E. des Markus und Daniel; Himmelfahrt Christi, dazu E. des Johannes und Hesekiel (Abb. 26).
2. Die vier E. im Harmoniebild
Die Einheit der vier Evangelien in Christus, die Evangelienharmonie, erscheint besonders in den Bildern betont, auf denen die vier E., allein oder mit ihren Evangelisten, meist aber mit Christus oder einem Christussymbol vereint sind. Derartige „Harmoniebilder“ stehen gewöhnlich am Anfang von Evangelien-Hss. und in unmittelbarer Nähe der Kanontafeln [23, S. 118f., 126–31]. Der Gedanke der Evangelienharmonie ist aber auch in den vielerlei Darstellungen enthalten, die aus diesem Zusammenhang mit dem Text herausgelöst sind wie etwa die Majestas Domini oder das mit den vier E. verbundene Kreuz oder beliebige andere Bildtypen, in denen die E. zusammen auftreten (z. B. in den Sp. 536f. genannten Werken).
a) Die vier E. allein. Fraglich bleibt, ob schon das Diatessaron des Tatian, 2. H. 2. Jh., ein dem Inhalt des Textes entsprechendes „Harmoniebild“ mit den vier um ein Buch angeordneten E. besaß ([43]; eine späte Spiegelung dieser Komposition ebd. Abb. 14). Sinnfälligen Ausdruck findet die Einheit der vier Evangelien dann in einer Darstellung eines Echternacher Evangeliars, um 730, wo fol. 5v aus den vier E. ein Mischwesen zusammengesetzt ist (Trier, Domschatz, ms. 61: [8] Taf. 274). Das irische Evangeliar von Kells zeigt fol. 1, 27v, 129v und 290v – vor Kanontafeln und Evangelientexten – jeweils eine rechteckig gerahmte, kreuz- oder x-förmig aufgeteilte Zierseite mit den vier E. (Dublin, Trinity College, Ms. 58 [A. 1.6], um 800: Abb. 6; [18] Taf. 1; [8] Taf. 174ff.; zur Deutung insularer Zierseiten vgl. [42], S. 151f.). Auf einer Miniatur des spätromanischen Evangeliars von Hohenwart sind die vier E. mit den Personifikationen der vier Paradiesesflüsse vereint (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 7384, fol. 6v: Swarzenski, Hss. 13. Jh., Abb. 336).
Bisweilen treten die vier E. auch auf Initial- und Incipit-Seiten der Evangelien oder in den Rahmenecken einzelner Evangelistenbilder auf, so bei dem Markus-Bild eines irischen Evangeliars der Zeit um 750–60 in St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 51, S. 78 [8, Taf. 190 a], und in der karolingischen Schule von Tours [14, Bd. 1 Taf. 108 b,d], in den Rahmen der Evangelistenbilder des Codex Wittekindeus, fol. 14v, 45v, 67v, 102v(Abb. 10 und A. Boeckler a.a.O. [Sp. 527], Taf. 18, 20, 22, 24), auf der „Liber“-Zierseite des ottonischen Evangeliars der Ste-Chapelle (Paris, Bibl.Nat., ms. lat. 8851: Elbern, 1. Jt., Taf. 326) und bei den Evangelistenbildern des Regensburger Heinrichs-Evangeliars, wo in den Eckmedaillons das zum jeweiligen Evangelistenbild gehörende Symbol reihum mit den drei anderen E. verbunden ist (Rom, Bibl. Vat., cod. Ottob. lat. 74, fol. 15v, 83v, 126v, 193v; Swarzenski, Regensburg, Abb. 48, 50, 52).
Besonders häufig kommen mehrere oder alle vier E. auf Kanontafeln vor, soweit bekannt erstmals in den dem Evangeliar von Maaseik beigebundenen Kanontafeln des späten 7. Jh. (?), dann in südengl. Hss. des späteren 8. Jh. und im Evangeliar von Kells ([8] Taf. 166f., 317 a, 318 b, 319 b, 320 a–c; [18]), außerdem in den Evangeliaren London, Brit. Mus., Ms. Harley 2788, fol. 6v–10v und Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 8850, fol. 7–10, 11–12, beide aus der Hofschule Karls d. Gr., deren Kanon-E. möglicherweise auf eine römische Vorlage des 6. Jh. zurückgehen (Abb. 8; [14] Bd.2 Taf.42–50, 69–75, 77ff.; [29]; RDK IV 567/68, Abb. 1), und in den spätkarolingischen und ottonischen Nachfolge-Hss. dieser Gruppe wie z. B. dem Codex Wittekindeus (fol. fol. 7–10, 11–12 (Gg. Leidinger a.a.O. [Sp. 527], Taf. 2–12, 14; [29] Taf. 2–5), einem Evangeliar in Erlangen (Univ. Bibl., ms. 141, fol. 7v: [6] Taf. 24 a) und dem Codex Aureus von St. Emmeram (Sp. 527), fol. 7–10, 11–12 (Gg. Leidinger a.a.O. [Sp. 527], Taf. 13–19, 21ff.). A. Boeckler [28] unterscheidet bei den frühen Beispielen einen „Titelbild-Typus“, einen „Dedikationsbild-Typus“ und einen „Autorenbild-Typus“; letzterer, bei dem die E. aktionslos oder im Dialog dargestellt sind, findet sich vor allem in den vorkarolingischen Hss. Die beiden anderen Typen erkennt Boeckler besonders im Ms. Harley 2788 des Brit. Mus. London: auf den Tafeln des Titelbild-Typus fol. 9v–10v sind die E. damit beschäftigt, eine „tabula ansata“ mit dem Kanon-Titel zu tragen; bei dem Dedikationsbild-Typus fol. 6v–9 erscheinen die E. ähnlich wie in den frühen römischen Triumphbogenkompositionen nebeneinander aufgereiht und jeweils einem Kreuz in der Mitte zugewandt, dem sie ihre Bücher darbringen (Abb. 8). Die Herleitung des zuletztgenannten Typus aus verlorenen östlichen Quellen überzeugt nicht. – Im 11. und 12. Jh. nehmen vor allem Fulda und die bayerischen Schulen die Bildidee der Kanontafeln mit E. auf (Fulda, L.Bibl., ms. Aa 44: Elbern, 1. Jt., Taf. 443; für die bayer. Beispiele vgl. E. F. Bange a.a.O. [Sp. 526], passim). – Im byzantinischen Bereich zeigt ein vereinzeltes, vermutlich vom Westen beeinflußtes Beispiel E. in den Kanontafeln (Evangeliar im Athoskloster Watopädi, ms. 247, 14.–15. Jh.: [18] S. 619 Anm. 19).
b) Die vier E. als Begleiter der vier Evangelisten. Diese Darstellungen finden sich vor allem in und, als Deckel, auf Evangelien-Hss., wobei Evangelist und E. meist im Typus des Autorenbildes einander zugeordnet sind (s. Evangelisten, Sp. 468).
Einige früh-ma. Elfenbeine dieses Themas stammen vermutlich von Bucheinbänden ([7] Bd. 1 Nr. 19, Bd. 2 Nr. 36). Ein frühes Beispiel der Malerei ist fol. 14v im karolingischen Evangeliar des Aachener Domschatzes [14, Bd. 3 Taf. 35], ein spätromanisches im Mainzer Evangeliar in der Aschaffenburger Hofbibl. (ms. 13, fol. 17, mit Paradiesesflüssen: Abb. 21). – Auf Initial-Zierseiten begegnen die vier Evangelisten mit ihren Symbolen z. B. im zwischen 1002 und 1025 in Regensburg entstandenen Uta-Codex (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 13 601, fol. 6, 42, 60, 90: Swarzenski, Regensburg, Abb. 35–38) und in romanischen Hss. wie Stuttgart, L.Bibl., cod. hist. fol. 415, fol. 115 (Löffler, Schwäb. Buchmal., Taf. 34). – Gelegentlich treten auch auf Kanontafeln neben den E. einzelne Evangelisten auf, so z. B. in der spätkarolingischen Bibel von S. Paolo f. l. m., fol. 254 [6, Taf. 126 a], und in der spätottonischen Fuldaer Hs. Aa 44 der Fuldaer L.Bibl., fol. 6v(Herm. Schnitzler, Wallr.-Rich.-Jb. 19, 1957, 53 Abb. 23).
c) Die vier E. als Begleiter Christi. Sehr zahlreich sind die „Harmoniebilder“, wo die E., allein oder mit ihren Evangelisten, um Christus oder ein Christussymbol gruppiert sind, so besonders die Majestas Domini. Der Sinn dieses zentralen Bildthemas der hochma. Kunst bezüglich der vier Wesen ist mehrfach in Tituli bezeugt, die von den aus einem Quell strömenden vier Evangelien oder, im Anschluß an Gregor I. (s. Sp. 518), von den vier E. als Bildern Christi und seiner Heilstaten sprechen [15, S. 347–51]. Er ist auch in den aus dem lokalen Zusammenhang des Evangelienharmoniebildes herausgelösten und verselbständigten Majestas-Darstellungen enthalten, wo er sich mit dem ursprünglichen Gehalt des endzeitlichen Herrlichkeitsbildes verbindet.
Die Majestas Domini kommt am häufigsten mit diagonal angeordneten E. vor (frühchristliche Beispiele s. Sp. 522f.; ein frühma. Beispiel: Autun, Bibl. munic., ms. 3 Der Name des Attributs „[Sache“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.], fol. 12v, Burgund, 754: [8] Taf. 80). Oft treten – als sekundäre Eindringlinge – die Evangelisten in diesem Bildtypus mit auf (wie schon im Codex Amiatinus 1 in Florenz: Abb. 4; vgl. auch Evangelisten, Abb. 16). Beispiele dieser Art, mit und ohne Evangelisten, waren im ganzen hohen MA allgemein verbreitet und begegnen in Buchmalerei und Schatzkunst (Abb. 12) ebenso wie in Monumentalmalerei und -skulptur (s. etwa Evangelisten, Abb. 31). – Bisweilen werden vier E. kreuzförmig um die Glorie der Majestas Domini angeordnet (z. B. RDK V 369/70, Abb. 24). – Seltener ist die offenbar mit der weströmischen Tradition der Triumphbogenkompositionen zusammenhängende Majestas-Variante mit nebeneinander aufgereihten E. und Evangelisten, wie im karolingischen Evangeliar aus Xanten in Brüssel, Bibl. Roy., ms. 18 723, dessen Majestas-Miniatur (fol. 16v; s. Evangelisten, Abb. 15) möglicherweise das Titelblatt der ersten Vulgata-Ausgabe des Hieronymus widerspiegelt (Albert Mathias Friend Jr., American Journ. of Arch. 30, 1926, 88f.). Auf der ersten Kanontafel (fol. 8) des Evangeliars Autun, Bibl. munic., ms. 4, Flavigny, um 780, erscheint oben in Kapitellhöhe der Kanon-Arkaden der stehende Christus zwischen den E., während unten an den Basen die Evangelisten rechts und links von Johannes d. T. (?) aufgereiht sitzen [8, Taf. 330].
Der Majestas Domini nahe verwandt sind „Harmoniebilder“ mit stehendem Christus oder einer Christusbüste und lose zugeordneten E.
Vgl. z. B. den Holzschrein des hl. Cuthbert, 698, in Durham (Ernst Kitzinger [30 a], Taf. 5 und 7), das karolingische Evangeliar aus St. Maria ad Martyres in Trier, Stadtbibl., ms. 23, und fol. 46v im Codex Aureus von St. Emmeram, s. oben (Elbern, 1. Jt., Taf. 238; Gg. Leidinger a.a.O. [Sp. 527], Taf. 92). Eine ganz ungewöhnliche Darstellung des im Lebensbaum stehenden Christus, der von E. und als Sirenen personifizierten Paradiesesflüssen umgeben ist, findet sich in dem Ottonischen Reichenauer Evangeliar in München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 4454, auf fol. 20v (RDK V 1037/38, Abb. 16; [23] S. 125 und 127). Das Tympanonrelief des Paradiesportals am Dom zu Soest, um 1166, zeigt Christus in Halbfigur mit den vier Wesen (RDK I 753/54, Abb. 1). Das Mosaik der Ostkuppel in S. Marco, Venedig, Ende 12. Jh. und 13. Jh., nimmt den frühchristlichen Himmelsbildtypus mit den vier E. in den Pendentifs auf (s. Sp. 520) und verbindet ihn mit dem zentralen Christus-Clipeus (Demus, Mos. S. Marco, Abb. 9; Lehmann a.a.O. [Sp. 520], S. 1f. und 14, Abb. 1).
Häufig nimmt, der Tradition frühchristlicher Gewölbemosaiken und Skulpturen entsprechend, ein Christus-Symbol wie Lamm oder Löwe oder der Christus vertretende Stein eines Tragaltars die Stelle der Christusfigur ein.
Ähnlich wie die Majestas Domini wird so das Lamm manchmal kreuzförmig von den vier E. umgeben, z. B. in der karolingischen Buchmalerei von Tours und auf einigen romanischen Elfenbeinen ([14] Bd. 1 Taf. 35 c, 56 b; [7] Bd. 2 Nr. 164 b, Bd. 4 Nr. 1 b; RDK III 724, Abb. 3; vgl. dazu Hrabanus Maurus, s. unten Sp. 542). In den romanischen Gewölbemalereien von Pürgg ist damit die Idee des diagonalen Himmelskreuzes verbunden (Lehmann a.a.O. [Sp. 520], S. 18, Abb. 52; [42] S. 14 und 150f.). Meist stehen die E. jedoch in den Bildecken, so auf dem Elfenbeindeckel des Dagulf-Psalters, um 783–95, im Louvre [7, Bd. 1 Nr. 3], im Codex Aureus von St. Emmeram (Leidinger a.a.O. [Sp. 527], Taf. 32, 130) und in von ihm und verwandten Werken abhängigen ottonischen Hss., aber auch in der Schatzkunst und Skulptur wie z. B. auf dem Grabstein des Bischofs Udo von Hildesheim († 1114) in der Laurentiuskapelle des dortigen Domkreuzgangs (Abb. 17; Franz Rademacher. Der thronende Christus der Chorschranken aus Gustorf [= Beihefte der Bonner Jbb., Bd. 12], Köln und Graz 1964, Abb. 24–26, 28, 34, 37f., 40) sowie in der Textilkunst (z. B. RDK I 614, Abb. 2).
Auf den Deckplatten romanischer Tragaltärchen ersetzt jeweils der von den E. umgebene Altarstein (bzw. die Eucharistie selbst) das Bild Christi, während auf der Unterseite z. T. das Lamm zwischen den vier Wesen erscheint (F. Rademacher a.a.O. Abb. 37–39; Gg. Swarzenski, Städel-Jb. 7/8, 1932, Abb. 226, 256). – In dem karolingischen Evangeliar aus Fleury in Bern, Burgerbibl., ms. 348, stehen auf fol. 8v die vier E. unter Arkaden in Beziehung zu der Hand Gottes in der übergreifenden Lunette (Otto Homburger, Die ill. Hss. der Burgerbibl. Bern. Die vorkarolingischen und karolingischen Hss., Bern 1962, Taf. 4; s. auch Evangelisten, Abb. 22). – Noch die spätma. Graphik bringt Blätter mit dem von den vier E. umgebenen Christus-Monogramm hervor (RDK III 715, Abb. 5; Timmers Abb. 27f.).
Der Majestas Domini und ihren Varianten thematisch und formal verwandt sind einige Darstellungen der Dreifaltigkeit und des Gnadenstuhls mit diagonal angeordneten E.
Ein frühes symbolisches Beispiel des 11. Jh. findet sich auf dem Buchdeckel des Cod. lat. 22 021 der Bayer. Staatsbibl. in München [38, Abb. 102]. Im Landgrafenpsalter der L.Bibl. Stuttgart, H.B. II Bibl. 24, 1211–13, ist auf fol. 171v der Gnadenstuhl (Karl Löffler, Der Landgrafenpsalter, Lpz. 1925, Taf. 19), auf dem Töpferaltar in Baden bei Wien, um 1515, die nebeneinander thronende Trinität von den vier E. begleitet (Abb. 33). Auf einem Triptychon des frühen weichen Stiles aus Lüttich (?) in Berlin kommen die Evangelisten hinzu (Panofsky, Netherl. Painting, Bd. 2 Abb. 153). Ähnliches findet sich in Frankreich und Spanien (Wolfg. Braunfels, Die hl. Dreifaltigkeit, Ddf. 1954, Abb. III, 21, 33, 38; Porter Taf. 796).
In enger thematischer und formaler Beziehung zur Majestas Domini stehen Illustrationen der Gottesvisionen nach Ezechiel und nach der Apokalypse. Den theologischen Auslegungen dieser Texte entsprechend (s. Sp. 517f.) sind die vier Wesen in solchen Darstellungen meist durch Buch oder Rolle als E. gekennzeichnet.
Auf dem Titelblatt zu Jesaja in der Bibel von S. Paolo f. l. m. (Abb. 9), das Motive aller biblischen Gottesvisionen enthält, und in der Bibel aus S. M. de Ripoll (Rom, Bibl.Vat., cod. lat. 5729, fol. 208v, 1. H. 11. Jh.) sind die Wesen zwar gemäß dem Ezechiel-Text jeweils als vierköpfiger Tetramorph wiedergegeben, tragen aber Bücher ([15] Abb. 78; Neuß, Katalan. Bibelill., Abb. 94). Auf dem Titelblatt des Sponheimer Evangeliars von 1129 in St. Paul im Lavanttal (ms. XXIX/2,5) ist die von Heiligen und Stiftern umgebene Majestas Domini nur durch den im Schlaf liegenden, vom Engel angerufenen Ezechiel als Visionsbild ausgewiesen (Beschr.Verz. Österr. 3, Abb. 76). – Der apokalyptische Visionsbericht steht schon hinter den frühchristlichen Apsis- und Triumphbogenkompositionen und ihren ma. Nachfolgewerken (s. Sp. 520ff.). Regelrechte Illustrationen zur Apokalypse, in denen die vier Wesen als E. dargestellt sind, begegnen in der karolingischen Buchmalerei von Tours ([14] Bd. 1 Taf. 53, 75; zur Deutung vgl. [16], S. 133–37 und [39], S. 45f.), in der karolingischen Trierer und Ottonischen Bamberger Apokalypse, auch in der Apokalypse von St-Sever und in spanischen Apokalypse-Kommentaren ([15] Abb. 9, 10, 23f., 33, 35, 65, 69, 86, 92; Alois Fauser, Die Bamberger Apok., Wiesbaden 1958, Taf. 8, 44; Neuß, Katalan. Bibelill., Abb. 35, 37, 58, 174). Die apokalyptische Gottesvision mit E. ist auch Thema franz. romanischer Portaltympana und -archivolten, so z. B. in Moissac, auch in Chartres-West [15, Abb. 87f.].
Aus den endzeitlichen Visionsbildern dringen die vier E. bisweilen in Majestas-ähnliche Darstellungen des Weltgerichts ein.
Als Beispiele seien genannt: der Taufstein in Freckenhorst i. W., um 1129 (Abb. 18); das Westportal von St-Trophime in Arles und der Portico de la Gloria in Santiago de Compostela (Porter Taf. 1372, 822); romanische Hss. wie das im späten 12. Jh. in Helmarshausen entstandene Evangeliar ms. 142 der Trierer Dombibl. (mit Paradiesesflüssen; Swarzenski a.a.O. [Sp. 536], Abb. 221). Am Gerichtspfeiler des Straßburger Münsters erscheinen die E. in der untersten Zone zu Füßen ihrer Evangelisten, die hier als Bezeuger des kommenden Weltgerichts auftreten (Lucien Hell, Der Engelspfeiler im Straßburger Münster, Freiburg 1926, Taf. 12f.). Auch im Projekt des Straßburger Zwischenturmgeschosses vom Ende des 14. Jh. kommen die (anthropomorph gebildeten) E. thematisch im Zusammenhang mit dem Weltgericht vor (Abb. 24 a und b; Victor Beyer, La sculpture Strasbourgeoise au XIVe s., Straßburg und Paris 1955, S. 49–53 und 73).
Den endzeitlichen Gerichts- und Visionsbildern sind Darstellungen der Himmelsstadt oder der Gemeinschaft der Heiligen an die Seite zu stellen; auch in ihnen begegnen die vier E.
Schon das Doppelblatt im spätkarolingischen Metzer Sakramentarfragment, Paris, Bibl.Nat., ms. lat. 1141, stellt fol. 5 eine mit der Majestas Domini kombinierte Gemeinschaft der Heiligen dar [6, Taf. 132 a]. Im Hortus deliciarum, 3. Dr. 12. Jh., und in den spätromanischen Gewölbefresken der W-Empore des Gurker Domes erscheinen die vier E. an den Ecken und Türmen der Himmelsstadt (Straub-Keller Taf. 59; Walter Frodl, Romanische Wandmalerei in Kärnten, Klagenfurt 1942, Abb. S. 59). Das Hauptbild des byzantinischen „Sakkos“ im Schatz von St. Peter, Rom, M. 14. Jh., vermischt Elemente der Majestas Domini (vier E.!) und der Gemeinschaft der Heiligen mit solchen byzantinischer Weltgerichtsdarstellungen (Pauline Johnstone, The Byz. Tradition in Church Embroidery, London 1967, Abb. 4). Noch Jean Fouquet verbildlicht im Stundenbuch des Étienne Chevalier, um 1450, die Trinität mit den vier E. inmitten von Engel- und Heiligenchören (Braunfels a.a.O. [Sp. 537], Abb. 21, vgl. auch Abb. 28).
Der Thematik derartiger Himmelsbilder verwandt ist die Marienkrönung. Sie wird z. B. im spätromanischen Missale des Hainricus sacrista aus Weingarten in New York, Morgan Libr., Ms. 711, wie eine Majestas-Darstellung mit den vier E. sowie den Personifikationen der vier Paradiesesflüsse verbunden (Hanns Swarzenski, The Berthold Missal, New York 1943, Abb. 147). Auch Hans Schäuffelein fügt auf seinem Auhausener Altar von 1513 der Krönungsgruppe die vier E. bei (RDK V 573/74, Abb. 8; vgl. auch [41], Abb. 6–9).
Nur selten kommen die vier E. als Begleiter der Muttergottes mit dem Christkind vor.
Auf der ottonischen Elfenbeinsitula im Mailänder Domschatz und auf dem Deckel des vor 1215 für Weingarten geschaffenen Berthold-Missale in New York, Morgan Libr., Ms. 710, sind die E. nur attributhaft den die Madonna umgebenden Evangelisten beigegeben ([7] Bd. 2 Nr. 1 a–e; [38] Abb. 158). Der ottonische goldene Buchdeckel des Aachener Domschatzes (Abb. 13), ein spätromanischer aus Höxter im Diöz.Mus. Paderborn und ein in Bamberg A. 13. Jh. entstandener Einbandschmuck aus Hornmasse in Pommersfelden, Schönbornsche Bibl., Hs. 340 (2821), aber zeigen Maria mit dem Kind wie eine Majestas Domini inmitten der vier E. ([38] Abb. 72; [41] Abb. 2; [7] Bd. 3 Nr. 120). Auf dem Apsisfresko des Domes von Aquileia, um 1031, erscheint die thronende Muttergottes in einer Mandorla, hinter der die vier E. hervorkommen (Otto Demus und Max Hirmer, Roman. Wandmal., Mchn. 1968, Taf. 8; weitere Beispiele ebd. S. 14). Der merkwürdigen Darstellung der Gottesmutter zwischen den E. am Siegburger Abtstuhl, M. 12. Jh., in Köln, Schnütgenmus., liegt der Hohelied-Kommentar des Rupert von Deutz zugrunde (Beenken Nr. 87f.).
Elemente der „Majestas Mariä“ und der Himmelsstadt verbinden sich im Bilde der thronenden, von den vier E. umgebenen Kirche im Vierungsgewölbe der Klosterkirche von Prüfening, um 1130–60 (RDK II 1113/14, Abb. 2).
Ganz selten erscheinen die vier E. als Begleiter eines Herrschers oder Stifters, der damit als Christus-ähnlich charakterisiert ist.
Auf dem Herrscherbild des Aachener Ottonen-Evangeliars breiten die E. gemeinsam den Evangelien-Rotulus vor der Brust des erhöht und wie eine Majestas Domini in der Mandorla thronenden Ottos III. aus, sind allerdings zugleich auf die krönende Hand Gottes im Clipeus zuoberst bezogen (RDK II 1446, Abb. 15). Im Codex Aureus von St. Emmeram ist auf einem Vorsatzblatt der Erneuerer des Codex, Abt Ramwold (975–1000), frontal in einer rautenförmigen Rahmenform stehend mit den E. in den Bildecken dargestellt (Swarzenski, Regensburg, Abb. 1). – Vgl. auch zwei antike, nachträglich mit den vier E. verbundene Kaiserbilder: die von den E. umgebene Münze Justinians II. am ottonischen Andreas-Tragaltar im Trierer Domschatz und den wahrscheinlich ein karolingisches Urbild wiederholenden Deckel des Trierer Ada-Codex, wo die anthropomorphen E. kreuzförmig den Konstantin-Cameo umstehen (Schnitzler, Schatzkammer, Bd. 1 Taf. 18; Konrad Hoffmann, Taufsymbolik im ma. Herrscherbild, Ddf. 1968, S. 42–45, Abb. 24).
Sehr häufig begegnen die vier E. (bisweilen mit Evangelisten) in enger Verbindung mit dem Kreuz. Diese Bildidee veranschaulicht den Gedanken des vierfach wie die Paradiesesströme vom Kreuz, dem wahren Baum des Lebens, bzw. von der lebenspendenden Seitenwunde Christi, ausgehenden Lebensquells der Evangelien (s. Sp. 546; [15] S. 69; [23] S. 105f.). Sie ist im Grunde eine Variante der Majestas Domini, in der das verherrlichte Kreuz oder der Gekreuzigte an die Stelle des thronenden Christus tritt, und kann gleichfalls als „Harmoniebild“ interpretiert werden.
Der Bildtypus findet sich bereits in der frühchristlichen Kunst (Apsismosaik von S. Pudenziana in Rom, Gewölbemosaik des sog. Mausoleums der Galla Placidia, Mailänder fünfteiliges Diptychon: Sp. 520, 524). Im MA kommt er vor allem auf Evangelien-Zierseiten und Buchdeckeln und im weiteren Bereich der Schatzkunst vor. Die E. (und Evangelisten) stehen entweder in den Winkeln zwischen den Kreuzbalken oder an den Kreuzenden, während in der Kreuzvierung manchmal eine Christus-Büste oder das Gotteslamm oder ähnliches erscheint, wenn nicht der Crucifixus selbst dargestellt ist.
Das Kreuz mit den vier E. in den Kreuzwinkeln ist schon in der vorkarolingischen Buchmalerei anzutreffen, so um 680 im Book of Durrow (s. oben), fol. II, auf fol. 1v des Echternacher Evangeliars im Trierer Domschatz, ms. 61, um 730, und in einem Evangeliar vom Ende 8. Jh., Essen, Münsterschatz, fol. 29v ([44]; [8] Taf. 165 b, 267; Schnitzler, Schatzkammer, Bd. 1 Taf. 157). Ein frühes Beispiel der Monumentalskulptur ist die Sigvaltplatte im Baptisterium von Cividale, 762–87 (Abb. 7; Erika Doberer, Zur Herkunft der Sigvaltplatte, Österr. Zs. für K. und Dpfl. 17, 1963, 168–74). Seit dem 10. Jh. ist der Kompositionstyp häufiger auf Buchdeckeln zu finden; der Deckel des Evangeliars von Helmarshausen, um 1100, im Trierer Domschatz, ms. 139 (Nr. 68), repräsentiert diese Denkmälergruppe besonders eindrucksvoll (Abb. 16, ferner [38], Abb. 34,41, 44–46, 81, 118f.). Ähnliche Kreuzkompositionen kommen gelegentlich auch auf Reliquiaren wie dem Heinrich-Portatile in der Schatzkammer der Münchner Residenz und der Willibrord-Arche in der Münsterkirche zu Emmerich vor (Elbern, 1. Jt., Taf. 307, 346f.). Aus der späteren Buchmalerei ist z. B. fol. 10 des Zwiefaltener Kollektars in der L.Bibl. in Stuttgart, Brev. 128, 1. H. 12. Jh., zu nennen (Löffler, Schwäbische Buchmalerei, Taf. 20). – Selbst die byzantinische Buchmalerei weist in einer Hs. des 13. Jh. eine Kreuzzierseite mit E. in den Kreuzwinkeln auf (Paris, Bibl.Nat., ms. suppl. gr. 1335, fol. 7: Harold R. Willoughby, Art Bull. 15, 1933, 64, Abb. 13).
Der Kompositionstyp mit vier E. an den Kreuzenden tritt ebenfalls schon in der vorkarolingischen Buchmalerei auf, so im Orosius-Codex in Laon, Bibl. munic., ms. 137, fol. 1v, um 760 [8, Taf. 144 a]. Hrabanus Maurus nimmt ihn in sein Figurengedicht „De laudibus s. crucis“ als fig. 15 des ersten Buches auf (Migne, P. L. 107, Sp. 207–10; s. Sp. 536 und für weitere Quellen [10], S. 65 Anm. 2). Seit ottonischer Zeit erscheinen die vier E. oft an den Balkenenden von Vortragekreuzen, auf der Rück- oder Vorderseite, so z. B. auf den Kreuzen im Essener Münsterschatz, dem Reichskreuz in der weltlichen Schatzkammer zu Wien, den Reliquienkreuzen in Hildesheim, St. Magdalena, in Engelberg (s.Evangelisten, Abb. 30) und Aachen-Burtscheid, St. Johann Baptist, um 1230–40, dem Hesselbacher Kreuz vom A. 12. Jh. im Hess. L.Mus. Darmstadt und dem Elfenbeinkreuz von Bury St. Edmunds im Metrop. Mus. New York, um 1181–90, und öfter (Schnitzler, Schatzkammer, Bd. 1 Taf. 142, 147, 154; Bd. 2 Taf. 49; Swarzenski, Roman. Art, Abb. 76, 78, 81; RDK III 721/22, Abb. 1; Thomas P. F. Having, The Bury St. Edmunds Cross, The Metrop. Mus. Bull., N. Ser. 22, 1963/64, 317–40, Abb. 8). Gotische Kreuze zeigen häufig die E. bei ihren Evangelisten oder E. und Evangelisten auf Vorder- und Rückseite, manchmal aber auch die vier E. allein, wie auf dem Melker Kreuz (Abb. 23) und am Kreuzigungsaltar aus Rimini im Liebieghaus in Frankfurt, um 1425 (RDK I 299/300, Abb. 8; vgl. ferner Ingeborg Schroth, Ma. Goldschmiedek. am Oberrhein, Freiburg 1948, Nr. 43, 55, 79; dies., Die Schatzkammer des Reichenauer Münsters, Konstanz 1962, Nr. 16, Abb. 38f.). Auf der Rückseite eines aus verschiedenen spätgotischen Perioden stammenden Scheibenkreuzes im Freiburger Münsterschatz sind die vier E. zweimal dargestellt, an den Kreuzenden und in den Kreuzwinkeln (Herm. Gombert, Der Freiburger Münsterschatz, Freiburg 1965, Nr. 3, Abb. 20; über E. an den Kreuzenden: Braun, Altargerät, S. 489f.).
Gelegentlich treten die vier E. und ihre Evangelisten auch an Kreuzfüßen auf (z. B. St-Omer, Mus., um 1180: Swarzenski, Roman. Art, Abb. 396–99; RDK V 21/22, Abb. 13). Am nicht erhaltenen Kreuzfuß von St-Denis war damit vielleicht ein großes Programm mit den vier Hauptereignissen des Lebens Jesu verbunden (Rosalie B. Green, Ex ungue leonem, in: „De artibus opuscula XL. Essays in honor of Erwin Panofsky“, New York 1961, 157–69).
Der Sinngehalt der vierfach vom Kreuz ausgehenden Evangelien, möglicherweise erweitert durch die Idee des Zeugnisses, steht auch hinter szenischen Darstellungen der Kreuzigung mit beigefügten E.; solche finden sich besonders auf Buchdeckeln, aber auch in der Buchmalerei und in der übrigen Schatzkunst.
Zu den frühesten Beispielen gehören der Deckel des Echternacher Codex Aureus im Germ. Nat.Mus., 983–91, wo der Bildsinn durch die beigefügten Paradiesesflüsse verdeutlicht ist, und das Adalbero-Elfenbein im Städt. Mus. Metz, um 1000 ([38] Abb. 60, auch Abb. 78, 103, 126, 134, 138, 141, 153; Abb. 11; ferner [7], Bd. 1 Nr. 56, Bd. 2 Nr. 59f.; s. auch Swarzenski, Roman. Art, Abb. 423, 425, 437). In der Buchmalerei findet sich der Typus z. B. im Regensburger Sakramentar Heinrichs II. (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 4456, fol. 15: Goldschmidt, Buchmalerei, Bd. 2 Taf. 75), im Psalter von St-Germain-des-Prés (Paris, Bibl.Nat., ms. lat. 11 550, fol. 6, M. 11. Jh.: Jean Porcher, L’enluminure française, Paris 1959, Taf. 3) und im Berthold-Missale des frühen 13. Jh., fol. 10v(Swarzenski a.a.O. [Sp. 538f.], Taf. 3), aber auch noch auf gotischen Miniaturen wie z. B. im Kölner Missale der M. 14. Jh. in Brüssel, Bibl. Roy., ms. 212, fol. 195v(Gaspar-Lyna Taf. 67, s. auch Taf. 74). – Gelegentlich sind der Kreuzigung weitere Passions- und Osterszenen zugefügt, wie auf dem Deckel des Penkopenbuches Heinrichs II. (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 4452: [38] Abb. 71, s. auch Abb. 80, 139). Wenn zu den E. noch die Evangelisten hinzukommen, wird das Motiv der Zeugenschaft stärker betont, so etwa auf dem spätkarolingischen Metzer Elfenbein der Pariser Bibl.Nat., ms. lat. 9383, und den ottonischen „kleinfigurigen“ Elfenbeintafeln in Brüssel und Essen (mit Kreuzigung, Geburt und Himmelfahrt), wo über der Kreuzigung bzw. in den vier Ecken der Tafeln die vier schreibenden Evangelisten mit ihren E. sitzen ([7] Bd. 1 Nr. 83, Bd. 2 Nr. 55, 58; RDK II 1371, Abb. 8).– Vereinzelt umgeben die E. auch Darstellungen des *Lebenden Kreuzes (Rob. L. Füglister, Das Lebende Kreuz, Einsiedeln, Zürich und Köln 1964, Abb. VII f.).
3. Die vier E. und andere Vierergruppen
Es entspricht dem ma. Denken in Ordnungsschemata mit gleichgroßen Zahlengruppen, das sich in zahlreichen arithmologischen Traktaten äußerte (vgl. Isidor von Sevilla [?], Liber numerorum 5: Migne, P. L. 83, Sp. 183f.; ferner [10], S. 61–66 und 388), wenn die vier E. – zum Teil zusammen mit ihren Evangelisten – mit anderen Vierergruppen des A.T. oder der Kosmologie und Enzyklopädie in Beziehung gesetzt wurden.
Typologischen Charakter hat die Gegenüberstellung der vier Evangelisten oder der E. mit den vier großen Propheten (vgl. z. B. Guillelmus Durandus, Rationale divinorum officiorum VII, 44, 3: Ausg. Lugdunum 1568, Bl. 460v).
Sie begegnet schon in Majestas-Bildern der karolingischen Buchmalerei von Tours und der Hofschule Karls des Kahlen ([14] Bd. 1 Taf. 35 c, 52, 56 b, 73; vergl. auch Evangelisten, Abb. 16), dann in der ottonischen Kölner Schule (Köln, Priesterseminar, ms. 1 a, Evangeliar aus St. Maria ad Gradus in Köln, fol. 1v: Bloch-Schnitzler Taf. 262, auch Taf. 10, 221, 310). – Später wurde sie gelegentlich mit der Vorstellung von den vier Lebensstadien Christi verknüpft (Abb. 26).
Häufig wurden die vier E. mit den vier Paradiesesflüssen in Parallele gesetzt, wie schon auf der „Sedia di S. Marco“ (s. oben). Die Zuordnung findet sich vor allem in Evangelienbüchern im Sinne einer Gleichsetzung von „fons vitae“ und „liber vitae“ (worauf vielfach in den Tituli hingewiesen wird).
Beispiele hierfür sind Darstellungen auf dem Deckel des Echternacher Codex Aureus (s. oben) und im Reichenauer Evangeliar cod. lat. 4454 der Bayer. Staatsbibl. München (s. oben; RDK V 1037/38, Abb. 16); im Regensburger Uta-Codex (ebendort, cod. lat. 13 601: Abb. 14) und im Evangeliar Heinrichs IV. in der Krakauer Dombibl., cod. 208, tritt auf jedem Evangelistenbild ein personifizierter Paradiesesfluß zum E. und Evangelisten in Beziehung (Swarzenski, Regensburg, Abb. 32ff., 36, 93, 98, 100f.). Auf den Initialseiten der Gumpertsbibel in Erlangen (s. oben; RDK II 488, Abb. 5) tränkt jeweils ein Paradiesesfluß das E. mit dem Wasserschwall aus seiner Urne (Swarzenski, Salzburg, Abb. 147f.; weitere Beispiele sind an anderer Stelle genannt). Als Belege aus der romanischen Schatzkunst seien erwähnt: Speyer, Dom, Weihwassereimer, 1116–19 (Swarzenski, Roman. Art, Abb. 236); Hildesheim, Domschatz, Oswald-Reliquiar, um 1170 (Swarzenski a.a.O. [Sp. 536], Abb. 320, 323f.; weitere Beispiele Abb. 19 und 21 und, mit Quellen, bei Ernst Schlee, Die Ikonographie der Paradiesesflüsse [= Stud. über chr. Dkm., N.F. 24], Lpz. 1937, S. 30–33, 48f., 157–69, ferner [15], S. 64f., 226, 348, und [23], S. 73 und 125).
Bisweilen sind an diese Vierergruppen weitere angeschlossen, so die Kardinaltugenden.
Vgl. z. B. das Sp. 542 genannte Zwiefaltener Kollektar, das Salzburger Missale in der Stuttgarter L.-Bibl., M. 12. Jh. (Bibl. fol. 20, fol. 80v: RDK V 1055, Abb. 26), die Bernward-Patene aus dem Welfenschatz in Cleveland, Ohio, 3. V. 12. Jh., und den Kelch von Tremessen, um 1170 (Swarzenski, Roman. Art, Abb. 434, 482); am Hildesheimer Taufbecken treten Kardinaltugenden, Propheten und Paradiesesflüsse zusammen mit den E. auf (Panofsky, Dt. Plastik, Taf. 47). Vgl. dazu als Quellen Ambrosius, De virginitate, cap. 18 (Migne, P. L. 16, Sp. 294–97) und Hrabanus Maurus, Commentaria in Ezechielem I (ebd. Bd. 110, Sp. 515f.).
Vereinzelt sind den E. die vier paradiesischen Nahrungsstoffe – Milch, Honig, Öl und Wein – zugeordnet (so in dem vielleicht in St-Amand entstandenen frühkarolingischen cod. 124 der Stiftsbibl. St. Gallen: [43] S. 131, 134f., Abb. 14, 25–28).
Auf anderen Denkmälern sind, dem Ezechiel-Kommentar des Hieronymus entsprechend (I, 7: Migne, P. L. 25, Sp. 21–24; [5] S. 66f.), die E. mit den vier Elementen zusammengestellt.
Auf dem Engelberger Kreuz, A. 13. Jh., sind an der Vorderseite die Evangelisten mit den ihnen völlig untergeordneten E. (vgl. Evangelisten, Abb. 30), auf der Rückseite an entsprechender Stelle die personifizierten Elemente dargestellt (Ernst Günther Grimme, Aachener K.bll. 35, 1968, 21–105 m. Abb.; [24] S. 274–77). In den Gewölbemalereien von Windisch-Matrei, M. 13. Jh., entsprechen die Elemente in den Pendentifs den über ihnen aus den Ecktürmen der Himmelsstadt ragenden, den Christus-Clipeus tragenden E. (Jos. Garber, Die roman. Wandgem. Tirols, Wien 1928, Taf. 76f.).
Die seit dem 15. Jh. mehrfach anzutreffende Zusammenstellung der Evangelisten mit ihren Symbolen und den Kirchenvätern ist im frühen und hohen MA anscheinend unbekannt; wohl aber findet man im Hoch-MA gelegentlich nur die E. und die vier Kirchenväter gemeinsam dargestellt.
In Ill. zum „Speculum Virginum“ (Abb. 19) und in einer Regensburger Hs. München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 14 159 (fol. 5v), wurden Kirchenväter mit E. sowie Paradiesesflüssen und Kardinaltugenden zu einer symbolischen Darstellung des mystischen Paradieses verbunden (Eleanor Simmons Greenhill, Die geistigen Voraussetzungen der Bilderreihe des Sp. V. [= Beitr. zur Gesch. der Philosophie und der Theologie des MA, 39, 2], Münster i. W. 1962, S. 54–57 Anm. 12, S. 59–70; Schlee a.a.O. [Sp. 546], Abb. 24; Boeckler, Regensburg, Abb. 39). In den Gewölbekappen des Presbyteriums von St. Johann, Taufers, 1. V. 13. Jh., sitzen die vier lateinischen und die vier griechischen Kirchenväter je zwei und zwei einander gegenüber, über dem zwischen ihnen stehenden Buchpult erscheint jeweils ein E. (Demus und Hirmer a.a.O. [Sp. 539], S. 132 Taf. 70).
Evangelisten mit ihren E. und Kirchenväter kommen seit dem Spät-MA häufiger vor (z. B. auf Lorenzo Ghibertis erster Bronzetür am Baptisterium in Florenz: Rich. Krautheimer, L.G., Princeton, N.J. 1956, Taf. 18–22; s. Evangelisten, Sp. 507f.). Nur gelegentlich finden sich noch Kirchenväter und E. ohne Evangelisten; z. B. auf einem mehrfach kopierten Stich des Meisters ES (Abb. 30; Kopienverzeichnis bei Lehrs, Bd. 2 S. 214ff.) und an einer Kanzel in der Pfarrkirche zu Karlstadt, 1523 (Jos. Steinmüller, Die Kanzeln im Bistum Würzburg, Würzburg 1940, Abb. 3; weitere Beispiele bei Braun, Altar, Bd. 2 S. 494 und Réau III, 1, S. 389). Quellen und Beispiele zu den verschiedenen Vierergruppen finden sich bei [10], S. 62–66, 299 Anm. 2, und bei [11], Nr. 982f., 1108, 1146, 1151.
4. E. in theologischen Allegorien
Seit dem 12. Jh. sind E. auch in anderen theologisch-allegorischen Bildschöpfungen nachweisbar.
Auf Darstellungen des Aminadab-Wagens (RDK I 638–41, Abb. 1 und 2) entsprechen die E. den Rädern des Fahrzeugs der Sulamith-Ekklesia (bzw. der Gottheit; Abb. 20; Quellen und Beispiele bei [10], S. 62f. Anm. 3 und Laborde, Bible moralisée, Bd. 1 Taf. 132, 150). – Die unter dem Kreuz triumphierende Kirche reitet bisweilen auf dem Tetramorph (wie z. B. im Hortus deliciarum: RDK IV 1195/96, Abb. 4) oder sitzt auf einem aus den vier E. gebildeten Thron oder zwischen den Evangelisten und ihren Symbolen (diese Varianten begegnen mehrfach im Bildtypus des Lebenden Kreuzes: Füglister a.a.O. [Sp. 545], Abb. III, IVB, VI, IX–XII, XIV–XX, XXIV, XXVI; [10] S. 250f.). – Eine höchst merkwürdige und vereinzelte Schöpfung ma. allegorisierender Kosmologie sind die Ordnungsschemata und Weltkarten des Opicinus de Canistris, um 1336, in denen die vier E. wiederholt als rahmende Figuren auftreten (Rich. Salomon, O.d.C. [= Stud. of the Warburg Inst., 1], London 1936, passim). – In der „Canzone delle virtù e delle scienze“ des Bartolomeo di Bartoli kommen die E. in einer didaktischen Darstellung der Theologie vor (Abb. 25).
Spät-MA und Renss. brachten einige neue allegorische Bildthemen hervor, in denen die vier E. eine Rolle spielen. Auf Darstellungen der Hostienmühle erscheinen sie meist in anthropomorpher Form (s. Sp. 564ff.) und werfen ihre Schriftbänder an Stelle des Korns in den Mühlentrichter (Abb. 27; weitere Beispiele bei [11], Nr. 1045; RDK I 825/26, Abb. 12; vgl. ferner Heinr. Schulz, Die ma. Sakramentsmühle, Zs. für bild. K. 63, 1929/30, 207–16, und Hans Rob. Hahnloser in: „Scritti di storia dell’arte in onore di Mario Salmi“, Bd. 2, Rom 1962, S. 377–93, bes. S. 382–91). – Darstellungen von Christus in der Kelter zeigen die vier E., die den Karren mit dem Weinfaß ziehen (Mâle III2, S. 119–22, Abb. 64f.).
C. Nachmittelalterliche Kunst
Das Bildthema der E. verliert seit dem Ende des MA an Bedeutung. Wesentliche Neuerfindungen sind selten, und auch von den in frühchristlicher und ma. Zeit ausgebildeten Typen kommt später nur noch ein Teil vor. Die E. wurden mehr und mehr in die untergeordnete Rolle von Evangelisten-Attributen abgedrängt.
1. E. im Autoren- und Harmoniebild
Mehrfach stellen Renss. und Barock die E. im Autorenbild als Begleiter ihrer Evangelisten dar.
Donatellos Stucktondi der Alten Sakristei an S. Lorenzo, Florenz, zeigen die E. denkmalhaft auf altarähnlichen Pulten vor ihren Evangelisten sitzend (s. Evangelisten, Abb. 35 und Horst Woldemar Janson, The Sculpture of Donatello, Princeton 1957, Taf. 193–96, 198–203). Auf dem 1511 entstandenen Titelblatt zu der Buchausgabe von Dürers Apokalypse ist der Adler dem Apokalyptiker Johannes beigefügt (Willi Kurth, The Complete Woodcuts of A. Dürer, New York 1946, Taf. 213). Caravaggio, Rubens und Rembrandt betonen in ihren Bildern einzelner Evangelisten mit ihren Symbolen besonders das Motiv der Inspiration (Walter Friedländer, Caravaggio-Studies, Princeton 1955, Taf. 28, 31; Oldenbourg Taf. 161; Knipping Bd. 2 Abb. 137). Rubens vereint auf einer ursprünglich für den Zyklus der Kölner Domteppiche geplanten Komposition alle vier Evangelisten und ihre Symbole (Abb. 35; Victor H. Elbern, Die Rubensteppiche des Kölner Domes, Kölner Domblatt 10, 1955, 43–88, Abb. 39; vgl. auch Knipping Bd. 2 Abb. 135f.). – Häufiger treten die vier E. als Begleiter ihrer Evangelisten an nachma. Kanzeln auf, so z. B. an der Kanzel der Aschaffenburger Stiftskirche, 1602, und an derjenigen in der Dresdner Propsteikirche (RDK V 467/68, Abb. 82); die E. allein finden sich auf einem sehr späten Beispiel in Lohr am Main, 1804 (Jos. Steinmüller a.a.O. [Sp. 548], Abb. 5, 38, auch Abb. 7f., 10f., 15, 19, 21f.; Knipping Bd. 2 Abb. 140; s. a. Abb. 38). – Auch die Kunst der Reformation nimmt die E. als Autoren in Anspruch: auf dem Croy-Teppich von 1554 in Greifswald, Universität, erscheinen sie in großen Tondi an der betont in der Mitte dargestellten Prediger-Kanzel (RDK II 725f., Abb. 9).
2. E. in Majestas-Darstellungen
Das Bildthema der Majestas Domini verschwindet in nachma. Zeit fast völlig. Eine Ausnahme sind die Deckenmosaiken der Helena-Kapelle in S. Croce in Gerusalemme, Rom, die um 1507/08 nach Kartons von B. Peruzzi ausgeführt wurden und wahrscheinlich auf eine frühchr. Komposition zurückgehen (Wilpert, Mos. und Mal., Bd. 1 S. 340f., Abb. 111; Christoph Luitpold Frommel, B. Peruzzi als Maler und Zeichner [= Beih. zum Röm. Jb. f. Kg. 11, 1967/68], Wien und Mchn. 1967/68, S. 56ff. Nr. 13, Abb. VIII; weitere Beispiele vgl. bei Knipping Bd. 2 S. 99 und 283f.). Ganz in der Tradition des ma. „Harmoniebildes“ steht noch Holbeins d. J. Titelblatt zu Luthers Bibelübersetzung in der Basler Ausgabe von 1523 (RGG I3 Taf. 6 Abb. 2). – Die plastische Gruppe der vier um den Erdball versammelten E. in der Kathedrale zu Antwerpen, Quellinus-Schule, ist der Madonna darüber zugeordnet (Abb. 36; vgl. auch Abb. 37). Auf einer von J. Gg. Herkommer geschaffenen Prunkampel für St. Mang in Füssen, 1730, tragen die vier E. die Marienkrönungs-Gruppe (RDK I 656, Abb. 5).
3. E. in Triumphdarstellungen
In der Tradition der hochma. Themen des Aminadab-Wagens und der triumphierenden Kirche steht ein in der italienischen Frührenss. aufgekommener Triumphbild-Typus mit E., dem eine breite Nachfolge bis ins 18. Jh. hinein auch in den nördlichen Ländern beschieden war: der auf Dante, Divina Commedia, Purgatorio 29, 91–114 und den „Trionfi“ Petrarcas beruhende und zugleich von der Vorstellung des Cherub-Wagens der Ezechielvision beeinflußte Typus des Triumphzuges der Kirche (bzw. der Beatrice) oder der göttlichen Majestät, deren Wagen von den vier E. gezogen oder begleitet wird. Illustrationen zu diesem Dantetext finden sich bereits im 14. Jh. (vgl. z. B. Altona, Christianeum, sog. Cod. Altonensis: Faks.-Ed. Bln. 1965, fol. 90v); für Botticellis Zeichnungen s. Paul Schubring, Ill. zu Dantes Göttlicher Komödie, Zürich, Lpz. und Wien 1931, Abb. 282f. und 291. Petrarcas „Trionfo della Divinità“, in dem die E. ebenfalls vorkommen, wurde häufiger dargestellt, so um 1460–70 von Florentiner Kupferstechern (Hind, Ital. Engr., Bd. 2 Taf. 23f.) und auf Tafelbildern von Jacopo del Sellaio und Niccolo da Verona (?;Giov. Carandente, I Trionfi nel Primo Rinascimento, o. O. u. J. [1963], Abb. 66 und 89; s. *Trionfi). Auf einem Holzschnitt von Tizian, einem Stich des Maarten van Heemskerck und oft in der Kunst der Gegenreformation und des Barock wird das Thema zu einem Triumph Christi oder des Glaubens u. ä. abgewandelt (Weisbach, Trionfi, S. 93ff., Abb. 41; Hub. Schrade, Die Auferstehung Christi, Bln. und Lpz. 1932, Abb. 155; van Marle, Iconographie, Bd. 2 Abb. 144, 164, 171; Knipping Bd. 1 S. 70ff., Abb. 46). Das Fresko Joh. Mich. Rottmayrs in der Breslauer Jesuitenkirche, 1704–06, stellt den Triumphzug des Namens Jesu auf einem von den vier Wesen gezogenen Wagen dar (RDK III 717/18, Abb. 7). – Schließlich finden sich die vier E. in der religiösen Allegorie (z. B. der des „geistlichen Weinbergs“: Abb. 34), auch – zusammen mit den Evangelisten – in gegenreformatorisch-polemischer wie z. B. dem Tafelbild des Schiffes der Kirche im Bischöfl. Mus. Haarlem (Knipping Bd. 2 Abb. 107) oder auf einem Glasgemälde des Hans Heinr. Bridler, 1615 (Paul Boesch, Eine konfessionell-allegorische Scheibe aus der Zeit der Gegenreformation, Heimatkdl. Mitt. des Bodenseegesch.ver. 18, 1953, 12–18).
III. Orte der E.-Darstellung
E. können, mit oder ohne Evangelisten, seit frühchristlicher Zeit an nahezu allen geschmückten Stellen des Kirchengebäudes (1) und seiner Ausstattung (2) dargestellt werden; dies geht aus den aufgeführten Beispielen schon zum Teil hervor.
1. So kommen die E. vor in Kirchen, Kapellen und Baptisterien, auch in Sakristeien und in Familien-Grabkapellen, wie z. B. in der ursprünglichen Ausstattung der Savelli-Kapelle im s. Qsch. von S. M. d’Aracoeli, Rom, um 1285 (Pico Cellini, Boll. d’Arte 40, 1955, 224–26, Abb. 16, 19ff.), in Pintoricchios Ausmalung der Capp. Bufalini ebendort (Enzo Carli, Il P., Mailand 1960, Taf. 23) und in der Alten Sakristei an San Lorenzo, Florenz. – E. finden sich im einzelnen an Chor-, Eingangs- und Kapellenwänden, an Langhausdecken wie der von St. Michael, Hildesheim (Johs. Sommer, Das Deckenbild der Michaeliskirche zu Hildesheim, Hildesheim 1966, Taf. B 1–3), auf Fußböden [10, S. 299 Anm. 2], in Gewölbekappen und -zwickein (Abb. 29); an Vierungspfeilern wie im Dom zu Münster (RDK V 317/18, Abb. 36), Triumph- und Apsisbögen und in Apsiden (vgl. auch [15], Abb. 82–84); an Fassaden, an Portalen wie der Basler Galluspforte (Panofsky, Dt. Plastik, Taf. 65f.; vgl. auch Evangelisten, Abb. 31), auf Türen, auch an russischen Ikonostasis-Türen des 16. Jh. (Valentina Ivanovna Antonova, Drevnerusskoe iskusstvo v sobranij Pavla Korina, Moskau 1966, Taf. 74, 76); in Fenstern; an Stützen wie dem Straßburger Engelspfeiler und an Kapitellen (vgl. auch Joan Evans, Cluniac Art in the Romanesque Period, Cambridge 1950, Abb. 109–11), Konsolen und Schlußsteinen.
2. In der Ausstattung kommen E. vor an Taufbecken (Abb. 18; s. a. [10], S. 139 Anm. 1), Schranken, Ambonen (Abb. 7; [10] S. 130 Anm. 4), Kanzeln (Abb. 38) und Pulten (s. Evangelisten, Abb. 26; RDK I 187–95, Abb. 1, 3), an Chorgestühlen (Walter Loose, Die Chorgestühle des MA, Hdbg. 1931, Abb. 48, 69, 93, 127), Cathedrae (vgl. auch die als Skulpturen am Throne Gottes dargestellten E. auf dem Lebensbrunnen aus der Eyck-Nachfolge in Madrid, Prado: RDK III 95/96, Abb. 3), Altären (vgl. z. B. die als Eckstützen dienenden vier E. am Taufbecken-Altar in der Schloßkirche zu Schmalkalden, 1585–86: RDK I 437, Abb. 12), Tragaltären wie dem ottonischen Andreas-Portatile im Trierer Domschatz (Schnitzler, Schatzkammer, Bd. 1 Taf. 14, 16f., 20f.; RDK V 1/2, Abb. 1), Altarbekleidungen wie den Goldverkleidungen in Mailand und Aachen (Schnitzler, Schatzkammer, Bd. 1 Taf. 71, 74f.), Altarretabeln wie in Breisach (Clemens Sommer, Zs. d. Dt. Ver. f. Kw. 3, 1936, 245–74, Abb. 10; Abb. 33; s. a. Evangelisten, Abb. 38), Altarbildern (vgl. Braun, Altar, Bd. 1 S. 352, 503, 511; Bd. 2 S. 128, 488 m. Abb.); an Altarkreuzen und Kreuzfüßen (Abb. 23, s. a. Evangelisten, Abb. 30; vgl. sonst Braun, Altargerät, S. 489f.), an Leuchtern wie denen von Gloucester und Lund (Swarzenski, Roman. Art, Abb. 206; RDK I 1094, Abb. 5), an Ampeln, Kelchen wie z. B. dem Tassilo-Kelch (P. Willibrord Neumüller O.S.B. und Kurt Holter, Cod. Millenarius, Linz, Graz und Köln 1959, Abb. 13; vgl. auch Braun, Altargerät, S. 180 mit Abb.; Swarzenski, Roman. Art, Abb. 434), auf Patenen wie der Bernward-Patene in Cleveland/Ohio (ebd. Abb. 482, auch Abb. 437; vgl. auch RDK V 369/70, Abb. 24 und Braun, Altargerät, S. 241 mit Abb.), an Ciborien, Rauchfässern (ebd. S. 340, 630), Weihwassereimern, Reliquiaren und Reliquienschreinen (Swarzenski, Roman. Art, Abb. 423, 425; Elbern, 1. Jt., Taf. 290, 334f.; Schnitzler, Schatzkammer, Bd. 2 Taf. 10, 19, 143f., 150f., 162), auf Taufschalen (z. B. Stockholm, Jakobskirche, um 1660: RDK V 509/10, Abb. 104) und auf Paramenten wie z. B. dem „Sakkos“ in St. Peter, Rom, und byzantinischen Epitaphioi (P. Johnstone a.a.O. [Sp. 538], Abb. 4, 93ff.); ferner an Grabsteinen wie denen der Bischöfe Bernward und Udo in Hildesheim, † 1022 bzw. 1114 (Rudolf Wesenberg, Bernwardinische Plastik, Bln. 1955, Abb. 319; Abb. 17), Epitaphien (R. Füglister a.a.O. [Sp. 545], Abb. XVIII) und an astronomischen Uhren wie der im Dom zu Münster (Werner Hager, Münster i. W., Mchn. und Bln. 1961, Abb. 18).
Besonders häufig sind Darstellungen der E. in der Buchmalerei und auf Buchdeckeln und -kästen, vor allem in Evangeliaren und Evangelistaren, aber auch in Bibeln, Psaltern, Apokalypse-Texten und -Kommentaren, Sakramentaren und Missalen, Exsultetrollen (Avery, passim), Stundenbüchern und anderen theologischen Schriften, schließlich in der Graphik (besonders auf Titelseiten, vgl. etwa Abb. 31f.).
Mit dieser Übersicht ist das Vorkommen von E. (mit und ohne Evangelisten) keineswegs erschöpft: es gibt Beispiele, die sich jeder Verallgemeinerung entziehen (vgl. etwa die Beschläge der sog. „sacra cintola“ im Mus. naz. di S. Matteo in Pisa, Abb. 22).
IV. Gestaltikonographie
A. Gestalt
Die Gestalt der E. ist allgemein von den biblischen Visionsberichten geprägt (s. Sp. 517), besonders von Apok. 4, 1–11, folgt ihnen aber fast nie wörtlich. Ezechiel spricht von vier menschenähnlichen Wesen mit je vier verschiedenen Köpfen und vier Flügeln, die Apokalypse von vier verschiedenen „ammalia“ mit je sechs Flügeln; beide Quellen bezeichnen die vier Wesen als völlig mit Augen bedeckt. – Eine Sonderform bilden die sog. anthropomorphen E. (s. unten D).
In den Bilddarstellungen der E. ist die Version des Ezechiel nur ausnahmsweise annähernd wiedergegeben.
Sie findet sich auf fol. 90 des Evangeliars aus Armagh in Dublin, Trinity College Libr., Ms. 52, irisch, 807, wo auf dem Leib und den vier Flügeln des Adlers die Köpfe der drei anderen E. erscheinen [8, Taf. 207], auf fol. 5v des Echternacher Evangeliars in Trier (s. Sp. 531) und im Visionsbild der Bibel von S. Paolo f. l. m. (Abb. 9) sowie in der Bibel der Kathedrale von León vom Jahre 920 (Walter William Spencer Cook, The Earliest Painted Panels of Catalonia, IV, Art Bull. 8, 1925, 195–234, Abb. 13).
Im allgemeinen sind die E., der Apokalypse entsprechend, als Mensch, Löwe, Stier und Adler dargestellt.
Die Zahl der Flügel schwankt: vier Flügel nach Ezechiel sind selten, vgl. z. B. das Evangeliar von Armagh (s. oben und [8], Taf. 206f.). Gelegentlich kommen die sechs Flügel der Apokalypse vor, so besonders in der frühchr. K., wo sie oft zum halbfigurigen „römischen Typus“ mit hoch aufgerichteter Flügelhaltung gehören (s. Sp. 520f.), und in davon abhängigen ma. Werken, wie auf dem Trivulzio-Elfenbein, dem Mailänder fünfteiligen Diptychon (Abb. 3 a und c), der Sedia di S. Marco, den Mosaiken von S. Pudenziana, des Baptisteriums von Neapel, von S. Prassede, S. Croce in Gerusalemme und dem Fresko in S. Giovanni a Porta Latina, auch auf der Kreuz-Zierseite des karolingischen Evangeliars im Essener Münsterschatz und auf dem Deckel des Evangeliars von Helmarshausen, sowie in Apokalypse-Illustrationen (s. Abb. 25 und Sp. 520f., 524f., 541f.; [15] Abb. 69, 86). Am häufigsten erscheinen die E. mit zwei Flügeln, so z. B. schon auf der Tür von S. Sabina, auf den Mosaiken von S. M. Maggiore, S. Paolo f. l. m., des sog. Mausoleums der Galla Placidia, von Hosios David (Abb. 2) und öfters in frühchr. Mosaiken, sowie vor allem in der ganzen ma. Kunst.
Bisweilen begegnen auch E. ohne Flügel (Adler ausgenommen; z. B. Abb. 14 und 37). Die ganzfigurigen flügellosen ammalia, z. B. Löwe und Stier in S. Vitale, Ravenna, die E. im nordostitalienischen Valerianus-Evangeliar, um 675 (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 6224, fol. 12, 82v), in insularen Hss. wie dem Book of Durrow (fol. 76v, 116v, 173v, 245v) und im Godescalc-Evangelistar der Hofschule Karls des Gr. (s. Sp. 524; [8] Taf. 5, 7, 161f., auch Taf. 215, 246 a, 255f., 266f.; [14] Bd 2 Taf. 2) gehen möglicherweise auf einen vorkonstantinischen Prototyp zurück (ob auf das Diatessaron des Tatian aus der 2. H. 2. Jh.?; vgl. [43], S. 132–37). Daneben gibt es auch halbfigurige E. ohne Flügel (Abb. 19), z. B. in den Evangeliaren von Durrow und Maaseik (s. Sp. 526 und 532; [8] Taf. 318–20). Die Flügellosigkeit des Matthäus-Symbols, des Menschen, kann zur völligen Angleichung an den Evangelisten führen, z. B. im Echternacher Willibrord-Evangeliar (s. Sp. 526, fol. 18v: [8] Taf. 255 a).
Vereinzelt trägt der Mensch einen Bart wie im Gundohinus-Evangeliar und im Evangeliar von Maaseik, im ottonischen Bernward-Evangeliar, fol. 15 (s. Sp. 528; Tschan Bd. 3 Taf. 55), sowie in dem englischen Evangeliar vom A. 12. Jh. in New York, Morgan Libr., Ms. 777, fol. 3v [24, S. 271, Abb. 25].
Nur selten werden die E. als ganz mit Augen bedeckt wiedergegeben, wie auf dem Apsismosaik von Hosios David (Abb. 2) und in der Apokalypse von St-Sever (s. Sp. 537; [15] Abb. 86).
Halbfigurige E. Auf den frühesten erhaltenen Darstellungen, die zumeist in den visionär-eschatologischen Bereich gehören, sind die E. halbfigurig wiedergegeben. Im „römischen Typus“ erscheinen sie im Profil, Halbprofil oder auch frontal aus Wolken auftauchend, oft mit aufgerichteten oder gespreizten Flügeln, wie auf dem Trivulzio-Elfenbein und den meisten frühen westlichen Mosaiken sowie bei den in ihrer Nachfolge stehenden Werken der ma. Monumental- und Buchmalerei (s. Sp. 520f., 522 und ff.). – Im „östlichen“ Typus der Majestas Domini umgeben die E. in diagonaler, seltener auch kreuzförmiger Anordnung den Clipeus bzw. die Mandorla oder ragen halbverdeckt unter dieser hervor, so etwa auf der Tür von S. Sabina, Rom, dem Apsismosaik von Hosios David in Saloniki (Abb. 2) und oft in der westlichen Kunst, aber gelegentlich auch in Byzanz (s. Sp. 523, 535; zur Deutung dieses Typus vgl. Ursula Nilgen, Der Cod. Douce 292 der Bodleian Libr. Oxford, ein ottonisches Evangeliar, Diss. Bonn 1967, S. 101–15). Häufig sind halbfigurige E. in Medaillons eingeschlossen, wobei Halbprofil, Profil und Frontalansicht vorkommen, so etwa auf dem Mailänder fünfteiligen Diptychon (Abb. 3 a und c), dem Radegundis-Pult, im Majestas-Bild des Gundohinus-Evangeliars, auf dem Triumphbogen von S. Marco in Rom und oft in der ma. Kunst, wie z. B. auf einem in der Nachfolge des Roger von Helmarshausen stehenden Tragaltar des 2. V. 12. Jh. in Fritzlar, St. Peter (s. Sp. 523, 534f., 521; F. Rademacher a.a.O. [Sp. 536], Abb. 39, auch Abb. 18f., 21, 28–31, 37f.; s. auch Abb. 7 und 21). In E.-Darstellungen des „römischen Typus“ bzw. in Medaillons erscheint der Adler manchmal als einziger in ganzer Figur, so z. B. in den Mosaiken der erzbischöflichen Kapelle, Ravenna, und in S. Apollinare in Classe sowie im Gundohinus-Evangeliar (s. Sp. 521f., 534f.). In ma. Majestas-Bildern wird der Mensch oft auch dann noch in Halbfigur wiedergegeben, wenn die drei anderen animalia ganzfigurig dargestellt sind, vgl. z. B. Abb. 8 sowie das Notker-Elfenbein vom Ende des 10. Jh. (Lüttich, Mus. Curtius: [7] Bd. 2 Nr. 46; vgl. Rademacher a.a.O., Abb. 24ff., 32, 34, 40, 43), aber auch schon S. Vitale, Ravenna.
Ganzfigurige E. gehören primär dem Bereich des Autorenbildes an und haben möglicherweise schon vorkonstantinische Ahnen [43, S. 132–37]; faßbar sind sie erstmals in S. Vitale in Ravenna (Mensch ausgenommen) und im Valerianus-Evangeliar, mit Flügeln dann auf der Sedia di San Marco und im Cod. Amiatinus 1 (Abb. 4), auf dem Holzschrein des hl. Cuthbert (s. Sp. 535), in den Autorenbildern des Gundohinus-Evangeliars (s. Sp. 534f.; Stier – s. Evangelisten, Abb. 10 – und Adler, vgl. [8], Taf. 84) und, mit oder ohne Flügel, oft in der insularen und karolingischen Buchmalerei (vgl. z. B. Sp. 556f.). Meist erscheinen sie im Profil, gelegentlich auch frontal wie z. B. im Book of Cerne aus dem frühen 9. Jh., Cambridge, Univ.Libr., Ms. L. 1 I 10 (fol. 2v, 12v, 21v, 31v: [8] Taf. 295f.; vgl. auch Taf. 161 a, 162 b, 255 a). In den Hofschulen Karls des Großen und Karls des Kahlen stehen sie über den Kanontafeln (s. Sp. 532; RDK IV 567/68, Abb. 1). Vom hohen MA an werden sie die Regel und dringen selbst in die römischen Triumphbogenkompositionen ein wie in S. Giovanni a Porta Latina (s. Sp. 521).
B. Attribute
Die frühesten Darstellungen der E. haben noch keine Attribute. Um die M. 5. Jh. sind die E. erstmals durch Nimben ausgezeichnet (vgl. z. B. die Mosaiken von S. Paolo f. l. m., in der Kapelle Johannes d. T. am Lateran-Baptisterium, in der erzbischöflichen Kapelle zu Ravenna und das Mailänder fünfteilige Diptychon: s. Abb. 3 a und c, Sp. 521, 524). – Seit der 1. H. 5. Jh. wird das geschlossene Buch als Attribut der E. allgemein gebräuchlich; nur die ganzfigurigen E. vor- und frühkarolingischer Zeit, besonders die ohne Flügel, tragen in der Regel noch kein Attribut; mit dem Cuthbert-Schrein, dem Evangeliar von Kells (s. Sp. 531) und dem Lindisfarne-Evangeliar (London, Brit.Mus., Ms. Cotton Nero D. IV, Northumbrien, zw. 687 und 698) setzt jedoch auch die Darstellung ganzfiguriger geflügelter E. mit geschlossenem Buch ein (s. Evangelisten, Abb. 7; [8] Taf. 174, 224–26). Das geöffnete Buch findet sich seit dem 8. Jh., z. B. auf den Pilasterkapitellen aus der Kath. von Ravenna, im Echternacher Willibrord-Evangeliar beim Menschen und dann besonders in der karolingischen Schule von Tours (s. Sp. 521, 526; [8] Taf. 255 a; [14] Bd. 1 passim; vgl. auch Abb. 8). Die geschlossene Rolle kommt erstmals beim Matthäus-Symbol des Cod. Amiatinus 1 (Abb. 4), die offen ausgebreitete Rolle bei dem des Matthäusbildes im Gundohinus-Evangeliar und in der Hofschule Karls des Großen sowie oft im hohen MA vor (s. etwa Abb. 10, 15, [8] Taf. 81; [14] Bd. 2 passim, Bd. 3 Taf. 35; RDK II 1441, Abb. 12). – In vor- und frühkarolingischen Hss. trägt das Matthäus-Symbol gelegentlich ein Flabellum oder Kreuzzepter, z. B. im Evangeliar von Kells (Abb. 6) und im Godescalc-Evangelistar ([14] Bd. 2 Taf. 1 b; vgl. auch: Wilh. Köhler in: Paul Clemen [Hrsg.], Belgische Kdm., Bd. 1, Mchn. 1923, Taf. 2; [8] Taf. 167). – Eine zuerst im Lindisfarne-Evangeliar, aber auch später vor allem in engl. Hss. begegnende Bildtradition läßt einzelne E. in ein Horn blasen und betont so die die Welt durchdringende Kraft des Evangeliums (RDK II 1435, Abb. 8; [8] Taf. 223f.; vgl. auch Swarzenski, Roman. Art, Abb. 129; O. Elfrida Saunders, Engl. Buchmal., Florenz und Mchn. 1928, Bd. 1 Taf. 18; zu den E. als „quattuor tubae“ bzw. Erzeugern des „dulce melos“ vgl. [16], S. 133–37 und [23], S. 122–25). – Vereinzelt hält der Adler einen Fisch in den Fängen (so im Evangeliar von Armagh: [8] Taf. 206f.). – Bisweilen erscheint der Adler vor einer Sonnen-Gloriole, so im Evangeliar London, Brit. Mus., Ms. Harley 2788 und im Lorscher Codex Aureus der Hofschule Karls des Großen sowie in ihrer Nachfolge ([14] Bd. 2 Taf. 60, 110; Heinr. Volbert Sauerland und Arthur Haseloff, Der Psalter Erzbischof Egberts von Trier, Trier 1901, Taf. 61; Quellen hierzu s. Sp. 528). – Mehrfach ist besonders in der karolingischen Schule von Tours und von ihr abhängigen Werken der Adler durch eine Rolle oder ein offenes Buch ausgezeichnet, während die anderen E. geschlossene Bücher tragen (Beispiele und Deutung bei [27], S. 331–41).
C. Haltung und Bewegung
Die körperliche Haltung der E. ist anfangs einfach. Im halbfigurigen „römischen“ Typus wenden sich die vier Wesen verehrend oder ihr Buch darbringend der Mitte zu. In den frühen Beispielen der Majestas Domini nach dem „östlichen“ Typus umschließen sie mit ausgebreiteten Flügeln die Mandorla oder streben zentrifugal unter dieser hervor (s. Abb. 2). Die frühen ganzfigurigen E. stehen meist unbewegt da, die drei Tiere im reinen Profil, Mensch und Adler öfters frontal, der Mensch auch im Halbprofil (Beispiele s. Sp. 558f., 559f.; vgl. auch [8], Taf. 190 a, 195 d).
Im Laufe des frühen MA bilden sich verschiedene Bewegungsvarianten heraus:
So werden die ganzfigurigen Wesen bisweilen fliegend wiedergegeben, wie z. B. im Cod. Amiatinus 1 (Abb. 4), im Evangeliar von Kells und im Lindisfarne-Evangeliar (s. Sp. 525, 531, 561; [8] Taf. 176, 222*, 224–26, auch Taf. 189b, 199, 201 a, 202 a, 245 a; [42] S. 151 Anm. 677); oder Löwe und Stier sind im Sprung oder sich auf den Hinterfüßen aufrichtend dargestellt wie z. B. auf Abb. 6, im Echternacher Willibrord-Evangeliar und im Book of Cerne (s. Sp. 526, 560; [8] Taf. 256 a, 295f., auch Taf. 174). Das Matthäus-Symbol wird manchmal auf einem Thron sitzend wiedergegeben (z. B. Evangeliar in Autun, Bibl. munic., ms. 4, s. Sp. 535; vgl. auch [7], Bd. 1 Nr. 7).
Daneben finden sich seit dem frühen MA auch die aus dem frühchristlichen „römischen“ Typus herzuleitenden halbfigurigen E., meist aus Wolken auftauchende Wesen in Halbprofil oder Profil wie schon im Evangeliar des hl. Augustin (s. Evangelisten, Abb. 5; vgl. auch [8], Taf. 289), oft auch frontal, Buch oder Rolle vorweisend, wie z. B. die E. des Matthäus- und Markus-Bildes im Gundohinus-Evangeliar (s. Sp. 534f.; [8] Taf. 81f.) und der Mensch im Stockholmer Codex Aureus (Kgl.Bibl., cod. A 135, fol. 9v, Canterbury, nach 750: [8] Taf. 282).
Auf den Kanontafeln im Evangeliar von Kells und besonders auf denen der Evangeliare in London (Brit. Mus., Ms. Harley 2788: Abb. 8) und aus Soissons (Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 8850: RDK IV 567/68, Abb. 1), Hofschule Karls des Großen, sowie ihrer Nachfolge treten die E. erstmals in verschiedenen komplizierten Bewegungen und Aktionen auf. Sie sind auf vielfältige Weise gemeinsam oder einzeln mit Buch oder Rolle beschäftigt, sie halten das Buch gelegentlich zwischen den Flügeln, sie tragen die Überschrifttafeln der Canones oder sie ziehen die Vorhänge vom Lebensbrunnen zurück; Löwe und Stier sind häufig gelagert. – Von hier dringen die komplizierter bewegten Varianten der E. auch in die Autorenbilder vor, wo sie sich, ähnlich wie auf den karolingischen Kanontafeln, auf alle erdenkliche Weise mit ihren Attributen befassen. Dabei kann das Symbol des Matthäus gelegentlich diesem durch das Schreibmotiv angeglichen werden, z. B. im Lorscher Codex Aureus (s. Sp. 562; [14] Bd. 2 Taf. 104; ferner [24], Abb. 25). Zur aktiven, inspirierenden oder helfenden Beziehung des E. zum Evangelisten s. Sp. 474f. und 477.
Manchmal wird eine Initiale aus dem Leib eines E. gebildet, so im Sakramentar von Gellone, um 780 (Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 12 048), im Metzer karolingischen Evangeliar (ebendort, ms. lat. 9388), in einem in Capua unter südital. Einfluß entstandenen byzantinischen Evangeliar vom Jahre 991 in Rom, Bibl.Vat., cod. gr. 2138 und im Perikopenbuch von St. Erentrud, M. 12. Jh. (München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 15 903; [8] Taf. 154f.; [14] Bd. 3 Taf. 70, 72f., 75; Weitzmann, a.a.O. [Sp. 527], S. 85f., Abb. 581–83; Swarzenski, Salzburg, Abb. 153; vgl. ferner Jürgen Gutbrod, Die Initiale in Hss. des 8.–13. Jh., Stg. 1965, Abb. 43, 46f., 60, 62). – Auch die E. der Majestas Domini werden durch neue Bewegungsmotive bereichert. Neben den aus östlichen Quellen stammenden, auf Ezechiel beruhenden Typus mit nach außen strebenden oder frontalen E. tritt eine westliche Variante, die eher dem Text der Apokalypse entspricht und die nach innen gewandten Wesen der römischen Tradition um die Majestas Domini gruppiert, wie z. B. schon im Codex Amiatinus 1 (Abb. 4; [15] S. 315–23, Abb. 65, 72f., 82). Dazu kommen Mischtypen mit teils nach außen, teils nach innen gewandten, teils frontalen E. oder mit zentrifugalen, aber den Kopf zur Mitte zurückwendenden Wesen, so z. B. in der karolingischen Schule von Tours ([14] Bd. 1 passim; [15] S. 329–32, Abb. 69, 75f., 79f., 83). Das Motiv des Fliegens wird gelegentlich zum Kniemotiv umgedeutet ([8] Taf. 175; Rademacher a.a.O. [Sp. 536], Abb. 22, 62). In spanischen Varianten der Majestas Domini werden die drei Tiersymbole von Engeln in Velen oder Clipeen getragen, während der Mensch ganzfigurig und ohne Träger erscheint, oder Engel halten Löwe und Stier an Beinen und Schwanz (Porter Taf. 796; Walter William Spencer Cook und José Gudiol Ricart, Pintura e imaginería romanicas [= Ars Hispaniae, 6], Madrid 1950, Abb. 11, 48; [37] S. 9, 17f.).
D. Anthropomorphe E.
Ezechiel 1, 5.8 beschreibt die vier Wesen seiner Vision als menschenähnlich (similitudo hominis in eis) und mit menschlichen Händen begabt. Dies dürfte, abgesehen von schwer beweisbaren formalen Entlehnungen aus der ägyptischen Kunst (L. B. Ellis, The Animal Symbols of the Evangelists, Ancient Egypt 1930, 109–18), die Quelle für die Bildungen der vier Wesen mit menschlichem Leib und Löwen-, Stier- und Adlerkopf sein. Diese Bibelstellen sowie das Vorkommen der Mischtypen vor allem in für E. typischen Zusammenhängen sprechen dafür, daß die anthropomorphen Wesen – entgegen dem Sprachgebrauch der neueren Literatur (z. B.: [22] S. 34; [26] S. 55; [32] S. 182) – primär als Bilder der E., nicht der Evangelisten, angesehen wurden, auch wenn sie sekundär bei typischen Aufgaben der Evangelisten wie dem Niederschreiben der Texte dargestellt werden konnten, was aber auch für völlig unanzweifelbare E. nachzuweisen ist wie etwa für das Matthäus-Symbol im Lorscher Codex Aureus (s. Sp. 562).
Die These von der Herkunft der antropomorphen E. aus der koptischen Kunst ist bisher nicht überzeugend bewiesen ([22] S. 39; [44]). Die frühesten Beispiele solcher Mischtypen, meist mit Büchern in den Händen, finden sich in der iberischen, insularen und fränkischen Kunst, so auf einem Kapitell der 2. H. 7. Jh. im Mus. arqueológico zu Córdoba (Helmut Schlunk, Archiv. esp. 18, 1945, 247-50, 259-63, Abb. 9–12), dann in einigen südenglischen Hss., im Orosius-Codex in Laon und im Sakramentar von Gellone (ungeflügelt), alle 2. H. 8. Jh., sowie im Evangeliar von Kells (s. Sp. 542 und 564; [8] Taf. 173, 317 a, 320 e, 144 a, 154f.; Teyssèdre a.a.O. [Sp. 518], S. 100–07; [18] Taf. 1). In einem Evangeliar um 800 in Poitiers, Bibl. munic., ms. 17, umgeben die anthropomorphen E. als Büsten in Medaillons die Majestas Domini (Cook a.a.O. [Sp. 556], Abb. 11). In einigen insular beeinflußten bretonischen Hss. der 2. H. 9. Jh. tragen sie Priesterkleidung mit Stola und erscheinen z. T. ungeflügelt und in einer 8förmig eingezogenen, Mandorla-ähnlichen Umschließung (Charles Rufus Morey [u. a.], The Gospel-Book of Landevennec (the Harkness Gospels) in the New York Public Libr., Art Studies 8, 2, 1931, 223–86, Taf. 1, 2, 4; Homburger a.a.O. [Sp. 536], S. 132–34, Abb. 96). In Spanien sind anthropomorphe E. besonders in Beatus-Apokalypsekommentaren und in Bibeln verbreitet (Cook a.a.O. [Sp. 556], S. 208–15 mit Abb.), finden sich aber auch in der Skulptur, wie z. B. auf dem Sarkophagdeckel des 11. Jh. aus Dume in Braga, Mus. (Helmut Schlunk, Madrider Mitt. 9, 1968, 424–58, Taf. 161–67; ebd. S. 452f. weitere Beispiele). In dem Echternacher Evangeliar Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 10 438, M. 11. Jh., erscheinen die Büsten der anthropomorphen Wesen in den Giebelfeldern über ihren Evangelisten, was beweist, daß sie als E. gemeint sind (Albert Boeckler, Das goldene Evangelienbuch Heinrichs III., Bln. 1933, Abb. 210). – Seit ottonischer Zeit wurden anthropomorphe E. gelegentlich wie Evangelisten sitzend und schreibend oder über ihre Texte meditierend dargestellt, so z. B. auf dem Metzer Adalbero-Elfenbein (Abb. 11; ferner: Cook a.a.O. [Sp. 556], Abb. 16, 19 sowie Abb. 23). – Im späten MA treten anthropomorphe E. fast regelmäßig in den Darstellungen der Hostienmühle auf (Abb. 27 sowie RDK I 825/26, Abb. 12).
Weitere Beispiele aus der gesamten westlichen Kunst des MA vgl. bei [22; 26; 32; 36; 37]; vgl. auch Inv. Schweiz 20, Abb. 162; Inv. Dänemark XX, S. 142ff., Abb. 67f.
Zu den Abbildungen
1. Eton, College Libr., cod. 124 (Johannes Diaconus von Rom, Vita Gregorii Magni), fol. 122, Obsequien Gregors d. Gr. Farfa, 11. Jh. Fot. Bibl. Hertziana, Rom.
2. Saloniki, Hosios David, thronender Christus, umgeben von E. Mosaik in der Apsiskalotte. M. 5. Jh. (?). Fot. Max Hirmer, Mchn., FK 133.
3 a–d. Mailand, Domschatz, vier Reliefplatten von einem Diptychon (Gesamtabb.: Steenbock Abb. 6f.). Elfenbein, je 28,1 cm br. Oberitalien, 2. H. 5. Jh. Nach ebd.
4. Florenz, Bibl. Laurenziana, cod. Amiatinus 1 (Bibel), fol. 796v, Majestas Domini, Wearmouth-Yarrow, zw. 690 und 716. Nach Boeckler, Abendl. Min., Taf. 12.
5. Paris, Bibl.Nat., ms. lat. 9389 (Echternacher Evangeliar), fol. 176v, Symbol des Evangelisten Johannes. Northumbrien, Ende 7. Jh. Fot. V. von Kalckstein und H. Müller, Bln.
6. Dublin, Trinity College Libr., Ms. A. 1. 6 („Book of Kells“), fol. 27v, E. Irland, um 800. Nach Edw. Sullivan, The Book of Kells, London und New York 1952, Taf. 4.
7. Cividale, Stiftskirche Mariä Himmelfahrt, Mus.
cristiano, Reliefplatte des Sigvalt (762–87). Fot. Muner, Cividale.
8. London, Brit. Mus., Ms. Harley 2788 (Evangeliar), fol.7, Detail einer Kanontafel (Gesamtabb.: [14] Bd. 2 Taf. 43). Hofschule Karls d. Gr., wohl vor 816. Nach ebd.
9. Rom, S. Paolo f.l.m., Bibel aus S. Callisto, fol. 115v, Titelbild zu Jesaja. Reims oder St-Denis, um 870. Fot. unbekannter Herkunft.
10. Berlin (Ost), Dt. Staatsbibl., cod. theol. lat. fol. 1 (Codex Wittekindeus), fol. 14v, Evangelist Matthäus. Fulda, gegen 975. Fot. Bibl.
11. Metz, Städt. Mus., Ausschnitt aus einem Buchdeckel mit einer Kreuzigung (Gesamtabb.: Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen Bd. 1, Taf. 32 Nr. 78). Elfenbein, 15,2 × 9,2 (Gesamtmaße). Metz oder Belgien, um 1000. Nach ebd.
12. Berlin, Stiftung Preuß. Kulturbesitz, Staatl. Mus., Skulpturenabtlg., Inv.Nr. 2423 II, Majestas Domini. Elfenbeinrelief auf einem Buchdeckel, 21 × 12,4 cm. Echternach, Ende 10. Jh. Fot. Gustav Schwarz, Bln.
13. Aachen, Münster, Schatzkammer, Muttergottes mit Kind, Szenen aus dem Leben Jesu, E. (Symbole des Matthäus und des Markus vertauscht). Deckel eines Evangeliars, Elfenbein, Goldtreibarbeit, Rahmen Edelsteine und Zellenschmelz, 30,8 × 23,7 cm. Byzanz, um 1000 (Muttergottes) und Fulda (?), um 1020 (?). Fot. Marburg, Nr. 64612.
14. München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 13 601 (Uta-Evangeliar), fol. 41v, Evangelist Markus. Regensburg, vor 1025. Fot. Marburg, Nr. 101 580.
15. München, Bayer. Staatsbibl., cod. lat. 18005 (Evangeliar), fol. 22v, Evangelist Matthäus. Tegernsee, zw. 1017 und 1056 (?). Fot. Max Hirmer, Mchn., Nr. 5 716 941.
16. Roger von Helmarshausen, E. Silberblech und Kupfertreibarbeit, vergoldet, Filigran, Steine und Email, 37 × 25 cm. Deckel eines Evangeliars aus Helmarshausen, um 1100. Trier, Domschatz, ms. 139. Fot. Bredol-Lepper, Aachen.
17. Hildesheim, Dom, Laurentiuskap., Grabplatte des Bisch. Udo († 1114). Sandstein, 2,39 × 0,9 m. Nach F. Rademacher a.a.O. [Sp. 536], Abb. 43.
18. Freckenhorst i. W., Stiftskirche, Weltgericht. Detail eines Taufsteins. Sandstein, Gesamthöhe 1,25 m. Um 1129. Fot. L.Dkm.Amt Westfalen-Lippe, Münster i. W.
19. London, Brit. Mus., Ms. Arundel 44 (Speculum Virginum), fol. 13, Darstellung des mystischen Paradieses. Freising, um 1140–50. Nach E. S. Greenhill a.a.O. [Sp. 548], Abb. 3.
20. Toledo, Archiv der Kath., sog. Biblia de San Luis (Bible moralisée), Bd. 1 fol. 102 (Ausschnitt). Paris, 2. V. 13. Jh. Fot. Mas, Barcelona, Nr. C 79 179.
21. Aschaffenburg, Hofbibl., ms. 13 (Evangeliar aus Mainz), fol. 17, Räder der Ezechielvision, Paradiesesflüsse, Evangelisten und E. Mittelrhein, um 1260. Fot. Rhein. Bildarchiv, Köln, Nr. 13 598.
22. Pisa, Mus. naz. di S. Matteo, Gürtelbeschlag. Silber, vergoldet und emailliert, 7,5 × 11 cm. Pisa, A. 14. Jh. Fot. M. und G. Tognoli, Livorno.
23. Melk, N.Ö., Benediktinerstift, Symbol des Evangelisten Johannes, Detail vom sog. Melker Kreuz (Gesamtabb.: Inv. Österr. 3, Taf. 21). Österreich (Wien?), um 1360. Fot. Oscar Poss, Regensburg, Nr. K 1 680 A.
24 a und b. Straßburg, Frauenhaus-Mus., Symbole der Evangelisten Matthäus und Lukas. Riß der Straßburger Münsterfassade, Ausschnitt (Gesamtabb.: V. Beyer a.a.O. [Sp. 538], Taf. 22). Kolor. Federzchg. a. Perg., die Figuren ca. 15 cm h. Straßburg, um 1385. Nach Otto Schmitt, Got. Skulpturen des Straßburger Münsters, Ffm. 1924, Taf. 212.
25. Chantilly, Mus. Condé, ms. 1426 (Bartolomeo di Bartoli, La canzone delle virtù e delle scienze), fol. 2, allegorische Darstellung. Bologna, 1355. Fot. Giraudon, Nr. 34 387 LA.
26. Rom, Bibl. Casanatense, ms. 1404 (Virtutum et vitiorum omnium delmeatio), fol. 29v, Propheten und E. ziehen Wagen mit Szenen aus dem Leben Jesu. Oberdt., A. 15. Jh. Fot. M. Vivarelli und V. Gulla, Rom.
27. Tribsees, Pommern, Evangel. Kirche, Hostienmühle mit E. und Kirchenvätern, Detail eines Altars (Gesamtabb.: Braun, Altar, Taf. 336). Eichenholz, gefaßt, 2,12 × 5,50 m (Gesamtmaße). Mecklenburg, um 1440. Nach Zs. für bild.K. 63, 1929/30, Abb. S. 211.
28. Brüssel, Bibl. roy., ms. IV. 111 (Heinr. Suso, L’horloge de sapience, u. a.), fol. 62, cour céleste (Ausschnitt). Frankreich, um 1460. Fot. Bibl.
29. Dorfkemmathen Krs. Dinkelsbühl, Pfarrkirche, die vier E. Gewölbemal. im Chor. Um 1452. Fot. Dr. Ant. Eckhardt, Mchn.
30. Meister E. S., Johannes d. T. in der Wüste, umgeben von E. und Kirchenvätern (L. 149, 1. Zustand). Kupferstich, Dm. 18,2 cm. Dat. 1466. Nach Max Geisberg, Die Anfänge des dt. Kupferstichs und der Meister E. S. (= Meister der Graphik, Bd. 2), Lpz. (1910), Taf. 50.
31. Wolf Traut, Titelholzschnitt (Maße unbekannt) zu „Cura pastoralis“, Nürnberg (Joh. Weyssenberger) 1513. Dat. 1509. Nach Rev. reformée 10, 1959, Taf. vor S. 13.
32. Urs Graf, Titelholzschnitt (12 × 9,2 cm) zu Guillermus Parisiensis, Postilla super epistolas et evangelia, Basel (Adam Petri von Langendorff) 1515. Nach Aukt.Kat. Gerda Bassenge, Bln., 6.–10. 5. 1969, Abb. S. 7.
33. Baden bei Wien, Pfarrkirche St. Helena, Altarretabel aus dem Stephansdom in Wien, Sandstein, 1,63 × 1,11 m. Wien (?), um 1515. Fot. Bundesdenkmalamt, Wien.
34. Hans Jakob Nüscheler I (zugeschr.), der geistliche Weinberg, Ausschnitt (Gesamtabb.: Jenny Schnei-
der, Kabinettscheiben des 16. und 17. Jh. [– Aus dem Schweizer. L.Mus., 6], Bern 1956, Taf. 14). Glasgem., 63,6 × 42,3 cm (Gesamtmaße), Zunftscheibe der Zürcher Zimmerleute. Zürich, Schweizer. L.Mus. Um 1632. Fot. Mus.
35. Peter Paul Rubens (Werkstatt), die vier Evangelisten. Gem. a. Lwd., 4,27 × 4,42 m. Aus dem Bilderzyklus „Triumph der Eucharistie“. Sarasota, Florida, John and Mabel Ringling Mus. of Art. Nach 1625. Fot. Rijksbureau voor Khist. Dokumentatie, Den Haag, Nr. 30 100.
36. Pieter Verbruggen d. J. und Artus Quellinus d. J., Weltkugel mit E., Detail eines Marienaltars. Marmor, Maße unbekannt. Antwerpen, Kath., Marienkap. 1678. Fot. A.C.L., Brüssel, Nr. 15 881 B.
37. Joh. Paul Egell, die vier Evangelistensymbole verehren die Gottesmutter. Radierung, mit Pinsel laviert, 12,2 × 8,8 cm. München, Staatl. Graph. Slg., Inv.Nr. 20 390. Dat. 1741. Fot. Slg.
38. Ignaz Günther, Kanzel der (alten) Pfarrkirche St. Joseph in Starnberg, Obb. Holz, gefaßt. Um 1766ff. (?). Fot. Max Hirmer, Mchn., I. G. Nr. 417/13.
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