Dreikopfgottheit (und Dreigesicht)
englisch: Three-headed deity; französisch: Divinité tricéphale; italienisch: Divinità a tre teste.
Georg Troescher (1955)
RDK IV, 501–512
I. Begriff
Unter D. (caput triciput, vultus trifrons, triceps Beelzebub) ist in der bildenden Kunst die Wiedergabe eines numinosen Wesens mit vorwiegend menschlichem Körper und drei ineinander übergehenden oder isolierten Köpfen (bzw. Darstellung dieser Köpfe allein) zu verstehen; D. lassen sich von vorarischer Zeit an über die ma. Kunst bis zum 19. Jh. mit sich wandelnder Bedeutung nachweisen.
II. Herkunft und vorchristliche Verbreitung der D.
Aus kunstgeschichtlichen, religionsgeschichtlichen und volkskundlichen Arbeiten der letzten Jahrzehnte ergab sich, daß „der Schöpfer und Träger jener dreiköpfigen Götterbilder ein vorindogermanischer Kulturkreis gewesen sein muß, der in der Hauptsache den Mittelmeerraum einschließlich Galliens ganz oder doch größtenteils umfaßte“ (Kirfel [1] S. 186). Dabei kann eine Mehrheit von Gesichtern nach John Marshall, dem Ausgräber von Mohenjo-daro, als symbolischer Ausdruck einer alles überschauenden Gottheit betrachtet werden, die in künstlerischer Ausprägung im südlichen Asien am frühesten faßbar ist. Als bedeutendste Götterkomposition des Hinduismus gilt Shiva, „weil sich in ihr Vorstellungen aus vorarischer Zeit, und zwar anscheinend solche aus verschiedenen Kulturkreisen mit verhältnismäßig jungen Spekulationen gemischt haben“ [1, S. 13f.]; er konnte dreiköpfig dargestellt werden, um seine dreifache Wirksamkeit als Schöpfer, Erhalter und Zerstörer zum Ausdruck zu bringen. Auch die erhaltene literarische Überlieferung beweist, daß das Symbol der als dreiköpfig gedachten Gottheit ausschließlicher Besitz der Vorarier bzw. einer ihrer Gruppen oder Schichten war. Als dreigesichtig mit zwei Augen und drei Nasen (das mittlere Gesicht in Vorder-, die beiden anderen rechtwinklig dazu in Seitenansicht) ist „Shiva oder wie er damals auch immer genannt worden sein mag“ wiedergegeben auf einer kleinen Tontafel aus der um 3250–2750 v. Chr. blühenden Stadtanlage von Mohenjo-daro [1, Abb. 17]. Das Motiv hat dann in Indien bei sehr verschiedenartigen Vorstellungen eine weite Verbreitung gefunden (Walther Wüst, Das Dreigesicht, ein Zeugnis arischen Sonnenglaubens, in: J. v. Plaßmann, Kleine Kostbarkeiten aus Kunst u. Geschichte, Berlin-Dahlem 1941); dagegen legen nur noch geringe Spuren von der vorübergehenden, sehr frühen Verehrung eines dreiköpfigen Göttersymbols im Iran Zeugnis ab. Als letzte Reste fremder Einwirkung dürfen wir wohl wenige Beispiele von Dreiköpfigkeit unter den vielen Darstellungen des dahinstürmenden Heros bei dem Reitervolk der Thraker erkennen. Während sich in Ägypten bei mischgestalteten Wesen der Spätzeit Dreiköpfigkeit belegen läßt, würde man in Vorderasien vergeblich nach Spiegelungen einer einstmals vorhandenen D. suchen, wenn nicht im alten Babylon manchen Göttergestalten tierische oder pflanzliche Gebilde wie Schlangen, Maiskolben oder Ährenbündel aus beiden Schultern herauswüchsen (Bruno Meißner, Babylon und Assyrien II, 42f.). In Kleinasien sind aus dem Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. Marmoridole aus dem Alten Reich der Hethiter (Kültepe) als bisher früheste Belege der D. mit drei isolierten Köpfen bekannt (H. Th. Bossert, Altanatolien, Berlin 1942, Abb. 342 bis 347).
Über die Bedeutung der Dreiheit in den hl. Bräuchen des Götterdienstes im klassischen Altertum hat bereits Hermann Usener [4] die wegbahnende Vorarbeit geleistet: in der griechischen Theogonie können nicht weniger als fünfzehn Götterdreiheiten festgestellt werden, und in der Dreizahl wurden die Gottheiten des Pantheons angerufen, um ein drohendes Unheil abzuwehren oder einer Aussage durch die Schwurformel ein besonderes Gewicht zu geben. Im griechischen Mythus erscheinen Hekate, die leichenvertilgende Göttin der Geister und Gespenster, und der räuberische Riese Geryones mit drei Köpfen (Gruppe aus Ostia im Museo Pio Clementino, Vatikan; [1] Abb. 100). Auch hohe Gottheiten konnten dreiköpfig auftreten, wie der in der Zeit der Peisistratiden an Kreuzwegen wahrscheinlich als Apotropaion aufgestellte Hermes trikephalos, dem wiederum eine ältere Vorstellung zugrunde liegen dürfte, da in der um 370 aufgegebenen Stadt Nonakris in Arkadien Hermes als D. verehrt worden war. In Italien haben sich letzte Reste der Verehrung von Lokalgottheiten unbekannten Namens gefunden, die man als D. ansah. Sicher ist der Hekatekult auf die Apenninhalbinsel übertragen worden, und in Sardinien haben sich äußerst rustikale Bronzen von D. angefunden (Museum zu Cagliari, [1] Abb. 112f.), die dem 7. Jh. v. Chr. zugeschrieben werden. Nach Usener war in Rom bei der gens Lucretia, welche bis in das 4. Jh. den Beinamen Tricipitinus führte, in alter Zeit der Geschlechtskult einer D. vorhanden.
Auffallend erscheint das häufige Auftreten der D. auf Steindenkmalen, Bronzefiguren und Gefäßen (Wochengöttervasen) des gallo-römischen Bereichs, die bei weitem vorwiegend als männliche Gestalten zu erkennen sind [18]. Nach Pierre Lambrechts [14] würde sich in Gallien bei den verschiedenen Stämmen der Kelten das höchste Wesen (Esus-Teutates?) in dreierlei, jeweils andersartiger Gestalt und zugleich mit unklaren und fließenden Umrissen verkörpert zeigen; alle drei Gestalten, von denen eine die D. war, wurden von der Bevölkerung mit dem römischen Merkur (dem griechischen Hermes) identifiziert. Innerhalb dieser umfänglichen Denkmälergruppe, die in ihrem Ursprung (nach Adolf Mahr und Even Mac Neill) möglicherweise einem vorkeltischen Volk in der megalithischen Vergangenheit angehören könnte, lassen sich mehrere, hier bereits beobachtete Möglichkeiten der Anordnung aufzeigen. Die D. kann als Freifigur erscheinen (Büste aus Condat: Em. Espérandieu, Recueil gén. des bas-reliefs de la Gaule rom., 1316), allein in ganzer Figur als Altarrelief auftreten (Paris, Saint-Pierre-aux-boeufs, Espérandieu 3137) oder aber zusammen mit anderen Gottheiten eine keltische Trias bilden (Stele in Beaune, Espérandieu 2083; [18] Abb. 10). Daneben wird im keltischen Bereich vielfach auf die Wiedergabe des Körpers verzichtet und nur der Kopf dargestellt. Wie in Mohenjo-daro gehören hierbei Teile des mittleren Gesichts auch den seitlichen in radialer Anordnung an (Altar aus Reims, Espérandieu 3652 [Abb. 1], weiterhin 1055, 3651, 3654, 3656–59, 7700). Neben diesem Typus mit zwei Augen gibt es auch eine zweite Gruppe mit vier Augen (Espérandieu 2131, 2668), die auch auf den Wochengöttervasen erscheint [1, Abb. 144f.].
Im germanischen Pantheon ist bisher nicht die geringste Spur von einer D. bekannt geworden, denn die der 1. H. 5. Jh. n. Chr. zugewiesenen, 1802 vernichteten Goldhörner aus Galehus [1, S. 143f.] sind sehr wahrscheinlich auch keltischen Ursprungs; dagegen sind die literarischen Quellenbelege für die einstige Verehrung der D. bei den Slawen nach den Darlegungen von Pettazzoni [17] ernster zu nehmen, als dies bisher geschah.
III. Die D. als Darstellung der Dreifaltigkeit
Nachdem das 2. allgemeine Konzil zu Konstantinopel 381 das Mysterium der Wesensgleichheit von Gottvater, Sohn und Hl. Geist zum Dogma erhoben hatte, besitzen wir die ersten Darstellungen der Dreifaltigkeit in Gestalt eines dreiköpfigen Mannes auf oberägyptischem Boden in den Wandmalereien einer kleinen Kirche des 8.–9. Jh. zu Abd el Gadir bei Wadi Halfa, am Rande des seit M. 6. Jh. christianisierten Nubien (Fr. W. von Bissing in: Mitt. d. Dt. Inst. f. Ägypt. Altertumskde. in Kairo 7, 1937, 128), in zwei leider stark beschädigten Beispielen: eine erste Fassung mit einem sitzenden Körper und drei einzelnen Nimben um die drei Köpfe und eine zweite mit einem stehenden Körper und einem gemeinsamen ovalen Heiligenschein um die drei Köpfe. Offenbar liegt hier keine Erfindung des künstlerisch schwachen, aus ägyptischer Schulung hervorgegangenen Malers, sondern ein Anschluß an verlorene ältere, vielleicht alexandrinische Vorlagen vor. Das älteste bisher bekannt gewordene Beispiel dieser Dreifaltigkeitsdarstellung im Abendland findet sich in einer spanischen Hs. der Etymologie des Isidor von Sevilla aus dem 13. Jh. (Paris, B.N. ms. lat. 7135; [1] Abb. 151), die wahrscheinlich nach einer älteren Vorlage kopiert ist. Entsprechende deutsche Darstellungen erscheinen erst im 14. Jh.: Fresko in der Pfarrkirche in Wormditt, Ostpreußen (Jos. Kolberg in: Zs. f. christl. Kunst 14, 1901, 337–48), und im frühen 15. Jh.: Missale aus St. Emmeram in Regensburg, 1406, mit der Dreifaltigkeit als Dreigesicht (München, Clm. 14045; Abb. 2); als Dreikopf findet es sich im Schwabenspiegel aus Wiener-Neustadt, 1423 (Wien, N.B. cod. 2780; [1] Abb. 155). Die D. als Bild der Trinität begegnet weiterhin in der Graphik, z. B. im Heilsspiegel des Günther Zainer, Augsburg 1473; im Spiegel menschlicher Behaltnis des Anton Sorg, Augsburg 1476 (Schramm, Frühdrucke 2, Abb. 512; ebd. 4, Abb. 164); ferner auf Glasfenstern (Berlin, Kunstgew. Mus., aus der Landauerkapelle in Nürnberg, nach Entwurf Dürers), auf Bronzeplaketten und Platten (Wiesbaden, Hess. Landesmuseum), in der Wandmalerei (1955 aufgedecktes Gewölbefresko der Majestas Domini als D. in Lavin, Graubünden, um 1500 [Mitt. Dr. Erwin Poeschel]), in späterer Zeit auch auf Glocken (Laibach, Bergner Abb. 456; Gudersleben, Inv. Prov. Sachsen 12, Abb. 25) und Kanzeln (Plau um 1700, Inv. Mecklenburg-Schwerin 4, S. 592). In nach-ma. Zeit drang das Motiv auch in die Volkskunst ein (Abb. 3 und 4; s. a. die Reliefbüste Sp. 418, Abb. 3) und verbreitete sich dort, z. T. in einem neuen Typ: die drei Gesichter erscheinen plan nebeneinander (Bogenschlußstein eines Hoftores in Lambsheim Krs. Frankenthal, 1741? (Abb. 5). Aber schon vorher war die Kirche gegen diese Darstellungsform eingeschritten. In Wiederaufnahme der Ansicht des Erzbischofs Sant’Antonino von Florenz von 1445 und der entsprechenden Stellungnahmen späterer Theologen hatte Papst Urban VIII. durch Konstitution v. 11. 8. 1628 die Wiedergabe als unwürdig verboten; Benedikt XIV. mißbilligte sie ebenfalls (Breve für das Bistum Augsburg 1745).
IV. Die D. als Symbol weltlicher Vorstellungen
Ohne klare Bezugnahme auf die christliche Heilslehre, aber doch an bevorzugter Stelle, erscheint die D. als Dreigesicht auf dem umlaufenden Rahmen des ehemaligen, heute beseitigten Stuckfußbodens in der Ostapsis des Hildesheimer Doms [1, Abb. 191]; vielleicht ist sie hier als Symbol der Zeit zu deuten, wofür es auch Parallelen in der späteren dt. und franz. Buchmalerei gibt [1, Abb. 190]. im Hortus deliciarum trägt die Philosophie eine Krone, deren Zacken drei Köpfe – durch Inschriften als Ethik, Logik und Physik ausgewiesen – bilden [16, Abb. 139]. Seit der Renaissance wird in Italien die D. u. a. auch als Sinnbild der Prudentia verwendet [8].
Aus Gedankengängen der Humanisten des 16. Jh. entwickelten sich noch weitere profane Allegorien unter Benutzung des Trikephalos. So wurde 1573 auf der Cebestafel in Amsterdam im Hintergrund die Verkörperung der Dispectus-Suspitio-Respectus als sitzende dreiköpfige Gestalt wiedergegeben (RDK III 389/90, Abb. 2). Ebenso geht auf humanistische Vorstellungen die dreiköpfige Darstellung eines Arztes mit Menschen-, Christus- und Satanskopf auf einem Altdorfer Stammbuchblatt von 1638 zurück (sog. Asklepios trifrons; RDK III 643).
Auch in der Emblematik findet die dreiköpfige Gestalt mancherlei Verwendung, z. B. als Verkörperung der Trias Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft (s. Achille Bocchi, Symbolarum etc. libri V, Bologna 1555, Nr. 144).
V. Die D. als Verkörperung des Teufels
Früher als die Übernahme der D. als Symbol der Dreifaltigkeit läßt sich ihre Verwendung als Sinnbild des Gegenpols, des Teufels, belegen, Avas angesichts der Verbreitung der D. seit den Urzeiten und des religionsgeschichtlichen Erfahrungssatzes vom Bedeutungswandel der Gottheiten durchaus erklärlich ist. Der gleiche Vorgang einer solchen Doppelrolle findet sich auch bei anderen Symbolen, z. B. beim Löwen. Die Vorstellung von einer Dreifaltigkeit des Teufels begegnet zuerst bei Origenes († 254) in dessen Comm. in Epist. ad Romanos V, 562; in dem um 400 entstandenen apokryphen Evangeliar des Nikodemus wird der Teufel als „triceps Beelzebub“ bezeichnet, und in einer Karfreitagspredigt des Eusebius von Alexandrien (6. Jh.) ist ebenfalls die Rede von dem dreiköpfigen Beelzebub. Im MA erzählt dann ein Fortsetzer der Chronik des Sigebert von Gembloux († 1112), Robertus abbas in Monte S. Michaelis, 1221 die Geschichte eines Mönches, dem der Teufel, um als Dreifaltigkeit zu wirken, mit drei Köpfen erschienen sei [15, S. 215]. Diese Vorstellung dürfte schon im 12. Jh. verbreitet gewesen sein, denn am inneren Bogen des Westportals von Saint-Basile in Etampes verschlingt ein dreiköpfiges Ungeheuer, assistiert von zwei Schlangen, mit jedem Maul einen Verdammten (Bull. monum. 68, 1904, Taf. geg. S. 334). Auf dem schwedischen Bildteppich von Skog führt den Angriff der durch Löwen (1. Petr. 5,8) dargestellten höllischen Dämonen gegen die christliche Kirche eine auf dem vordersten Untier sitzende D. [18, Abb. 14]. In Italien wird das an der Fassade von S. Pietro in Toscanella, in den Bogenzwickeln der Kreuzgänge von S.Paolo f. l. m. (um 1210–20) und S. Giovanni in Laterano (um 1230) erscheinende Dreigesicht ohne Körper in der von den gallo-römischen Altären bekannten Form als Teufel gedeutet [15, Abb. 1–5]. Entsprechende französische Darstellungen sind gleichfalls vorhanden [12]. Unter den deutschen Belegen gehört in diesen Zusammenhang die Zeichnung Grünewalds mit den drei Köpfen im Berliner Kk. (Abb. 6), die von Münzel [6] unter Anlehnung an 1. Joh. 2, 16 als „höllische Trinität“ gedeutet wurde und formal ihre nächste Entsprechung in der gallo-römischen Büste von Condat mit den drei radial angeordneten, am Hinterkopf zusammengewachsenen Köpfen [1, Abb. 126 bis 128] besitzt.
VI. Fortleben vorchristlicher Anschauungen in der ma. dt. Plastik
Von den romanischen deutschen Beispielen erscheint besonders interessant das quadratische Relief an der Westfassade von Maursmünster i. Elsaß, um 1140–50 (Abb. 7). Von einem stark untersetzten, breiten menschlichen Körper steigen drei isoliert nebeneinander stehende, gleichwertige Köpfe auf; zwei weitere auf dem Schoß liegende und ein dritter zwischen den Unterschenkeln befindlicher Kopf weisen wohl auf die alte Überlieferung hin, daß dieser D. einstmals Menschenopfer dargebracht worden sind. Wir besitzen in diesem Flachrelief sicherlich keine Darstellung der Dreifaltigkeit oder des Teufels, sondern ein Apotropaion in Gestalt einer zumindest seit keltischer Zeit im Volke fortlebenden Gottesvorstellung, die nun aber in das Reich des Dämonischen abgesunken war und dadurch von der Kirche ohne Einspruch als Abwehrsymbol zugelassen werden konnte. Auf den drei erhaltenen Seiten eines verwitterten Kapitells aus Rufach im Museum zu Kolmar wachsen, wieder aus einem übermäßig verbreiterten Körper, drei diesmal bärtige Köpfe heraus, von denen der mittlere von einer runden Scheibe umgeben ist (vielleicht ein völlig mißverstandener gallischer torques?; [18] Abb. 12). Daß die drei Köpfe auf dem Scheitelstein aus Kloster Polling, 12. Jh. (B.N.M., Kat. Halm-Lill I, 1924, Nr. 3 Taf. 3), als Analogie zum Dreigesicht als D. zu deuten sind, ist sehr wahrscheinlich. Am Choreingang des Baseler Münsters ist ein doppelschwänziger Triton mit bärtigem Dreigesicht, bei dem die radiale Anordnung wieder an die gallo-römischen Altäre erinnert (Abb. 8). Ein pyramidaler Aufbau der drei Köpfe erscheint auf einer stark beschädigten Konsole des Wormser Andreasmuseums (Inv. d. Steindenkmäler 117, phot. Füller) und ehemals am Westportal der Abteikirche zu Münchsmünster (Hans Karlinger, Roman. Steinplastik in Altbayern u. Salzburg, Augsburg 1924, Taf. 124). Wieder auf keltische Überlieferung geht der Frauenkopf auf dem Tympanon der Kirche zu Forchtenberg zurück [18, Abb. 13], wo anstelle der Augen zwei kleinere Köpfe innerhalb des größeren herauswachsen, sicherlich wieder ein Apotropaion. Das Bedürfnis nach Schutz gegen schadenbringende Einflüsse dämonischer Mächte wird auch bei dem spätgotischen Dreigesicht an der Marienkirche in Zwickau [1, Abb. 211] maßgeblich gewesen sein und dürfte manchmal auch bei den Beispielen in der Renaissance und im Barock bis in das 19. Jh. hinein, wie sie von Panofsky, Hackel, Kirfel u. a. zusammengetragen wurden, eine Rolle spielen.
Zahlreiche im Gegensatz zu den innerdeutschen und elsässischen recht gleichförmig behandelte französische Beispiele des 12./13. Jh. sind von Durand-Lefebvre [12] gesammelt worden; zu einem Dreikopf an der Spitze der Portaldekoration der Kirche von Clonfert, Mittelirland, s. Gg. Troescher, Zs. f. Kg. 17, 1954, Abb. 21.
Zu den Abbildungen
1. Reims, gallo-röm. Dreikopfaltar (Espérandieu Nr. 3652). Erste Jhh. n. Chr. 44 cm h. Nach [11], Taf. 19, Abb. 57.
2. München, St. B. Clm. 14 075, Missale aus St. Emmeram in Regensburg, Initial V mit Dreifaltigkeit. Dat. 1406. Fot. Marburg 102 847.
3. Ottobeuren, Museum, Relief der Dreifaltigkeit im Kreuznimbus mit Engeln. Hans Kels d. J. zugeschr., um 1560. Fot. Hugo Schnell, München.
4. Graz, Joanneum, Inv. Nr. 1097, Dreifaltigkeitsstatuette aus Klein-Sölk, Stmk. Birnholz, gefaßt, 18,2 cm h. Wohl 18. Jh. Fot. Mus.
5. Lambsheim Krs. Frankenthal (Pfalz), Torstein des Hofes Hauptstraße 21. 1741 (?). Fot. Bayer. L.A. f. Dpfl., München.
6. Matth. Grünewald, Kreidezeichnung. Berlin, Kk. 1515. Fot. Kk. 118.
7. Maursmünster i. E., Relief an der Westfassade. 1140–50. Fot. Marburg 26 531.
8. Basel, Münster, Kapitell am Choreingang. E. 12. Jh. Nach [11], Taf. 20, Abb. 64.
Literatur
1. Willibald Kirfel, Die dreiköpfige Gottheit. Archäologisch-ethnologischer Streifzug durch die Ikonographie der Religionen, Bonn 1948. – 2. Adolphe-Napoléon Didron, Iconographie chrétienne. Histoire de Dieu, Paris 1843, S. 543–80. – 3. Julius von Schlosser, Heidnische Elemente in der christlichen Kunst des Altertums (1894), in: Präludien, Berlin (1927), S. 29–35. – 4. Hermann Usener, Die Dreiheit. Versuch einer mythologischen Zahlenlehre, Rheinisches Museum für Philologie 58, 1903; Bonn 19222. – 5. Bergner S. 541. – 6. Gustav Münzel, Die Zeichnung Grünewalds: Der Kopf mit den drei Gesichtern, Zs. f. christl. Kunst 25, 1912, 215–22; 241–48. – 7. Künstle I, S. 223. – 8. Erwin Panofsky, Signum triciput, ein hellenistisches Kultsymbol in der Kunst der Renaissance, in: Hercules am Scheidewege, Stud. d. Bibl. Warburg 18, Leipzig-Berlin 1930, S. 1–35. – 9. Alfred Hackel, Die Trinität in der Kunst. Eine ikonographische Untersuchung, Diss. Heidelberg, Berlin 1931, S. 98 bis 117. – 10. Wolfgang Krause, Die Religion der Kelten, in: Bilderatlas zur Religionsgeschichte, Lfg. 17, Leipzig 1933. – 11. Karl von Spieß, Marksteine der Volkskunst I, in: Jb. f. histor. Volkskunde 5/6, 1937, S. 93–125 (Die männlichen Dreigestalten. Dreikopf und Dreigesicht). – 12. Marie Durand-Lefebvre, Art gallo-romain et sculpture romane, recherches sur les formes, Paris 1937, S. 157 bis 162. – 13. Waldemar Deonna, L’art national de la Suisse romaine, Genava 19, 1941, 153ff. – 14. Pierre Lambrechts, Contribution à l’étude des divinités celtiques, Brügge 1942. – 15. G. J. Hoogewerff, „Vultus trifrons“. Emblema diabolico. Immagine improba della Santissima Trinità (saggio iconologico), Rendiconti, Atti della Pontif. Accad. Romana di Archeol. 19, 1942/43, 205–46. – 16. Emil Markert, Trias Romana. Zur Deutung einer Grünewaldzeichnung, Wallr.-Rich.-Jb. 12/13, 1943, 198–214. – 17. Raffaele Pettazzoni, The Pagan Origin of the Three-Headed Representation of the Christian Trinity, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 9, 1946, 135–51. – 18. Georg Troescher, Keltisch-germanische Götterbilder an romanischen Kirchen?, Zs. f. Kg. 16, 1953, 12–17.
Verweise
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